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Mitreißende Leidenschaft
Mitreißende Leidenschaft
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eBook417 Seiten5 Stunden

Mitreißende Leidenschaft

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Über dieses E-Book

Niemand schreibt eine Liebesgeschichte wie Jill Barnett, deren romantische Geschichten "so magisch und einzigartig sind wie keine andere, die Sie je mit Freuden gelesen haben" (Romantic Times). Jetzt entführt sie uns auf eine neblige, abgelegene Insel vor der zentralen Küste von Maine, wo zwei schottische Brüder mit zwei unabhängigen Frauen aneinander geraten ...

Die stolzen Nachkommen eines Highland-Clans, Calum und Eachann MacLachlan, leben abgeschieden auf einer Insel in Maine. Die beiden Brüder sind vom Wesen her genauso unterschiedlich wie im Aussehen. Obwohl der eine dunkel und vernünftig ist, der andere blond und abenteuerlustig, haben sie eines gemeinsam: Sie brauchen Ehefrauen. Als die beiden widerspenstigen Kinder von Eachann der Schule verwiesen werden, ist er noch entschlossener zu heiraten. Eachann beschließt, das Problem sowohl für sich als auch für seinen Bruder nach alter, schottischer Tradition zu lösen ...

Als er eine schicke Gesellschaftsparty ausspioniert, sieht Eachann die Lösung seines Problems direkt vor sich: Die stets kompetente Debütantin Georgina Bayard sonnt sich im Licht ihres eigenen Balls, während Amy Emerson im Garten tapfer darum kämpft, ihr erstes gebrochenes Herz zu verbergen. Vom jungen, entschlossenen Schotten entführt, werden beide Frauen zu Gefangenen. Entführt und wütend, nur mit der anderen als Unterstützung an ihrer Seite, haben Amy und Georgina die Wahl: Kämpfen sie um das Leben, das sie vorher kannten ... oder lassen sie sich von ihren Herzen und ihrer Leidenschaft mitreißen? ...

SpracheDeutsch
HerausgeberBadPress
Erscheinungsdatum2. Juni 2020
ISBN9781071544938
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    Buchvorschau

    Mitreißende Leidenschaft - Jill Barnett

    Jill Barnett

    Mitreißende Leidenschaft

    ––––––––

    übersetzt von Sabine Weiten  

    Mitreißende Leidenschaft

    von Jill Barnett

    Copyright © 2020 Jill Barnett

    Alle Rechte vorbehalten

    Herausgegeben von Babelcube, Inc.

    www.babelcube.com

    Übersetzt von Sabine Weiten

    Redaktion: Petra Milde

    Einband Design © 2020 Dar Albert

    Babelcube Books und Babelcube sind Schutzmarken der Babelcube Inc.

    Romane von Jill Barnett

    Etwas Wunderbares

    Großartig

    Wild

    Wundervoll

    Verhext

    Träumerei

    Magische Flaschenpost

    Mitreißende Leidenschaft

    Nur einen Kuss entfernt

    Im Herzen verankert

    Ein Ritter in schmutziger Rüstung

    Der falsche Highlander

    Daniel und der Engel

    Eleanors Held

    Mein Glückspfennig

    Reise der Erinnerungen

    Die Tage des Sommers

    Brücke ins Glück

    Mitreißende Leidenschaft

    von

    Jill Barnett

    ––––––––

    Jill Barnett Books

    Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Orte und Begebenheiten sind entweder das Ergebnis der Vorstellungskraft der Autorin oder sind willkürlich und ohne jeglichen besonderen Grund gewählt worden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen (tot oder lebendig), Vorkommnissen oder Örtlichkeiten sind rein zufällig.

    Jill Barnett Books

    Ebook ISBN: 978-1-948053-52-5 

    Copyright © 1996 by Jill Barnett

    Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Weise verwendet oder reproduziert werden, einschließlich der informellen Speicherung oder Abfrage, ohne schriftliche Genehmigung der Autorin. Ausnahmen sind kurze Zitate, die Teil einer Rezension sind.

    www.jillbarnettbooks.com

    Umschlaggestaltung: Dar Albert

    Auf Dewey Weber Surfbretter und '57er Chevys,

    Palm Springs zu Ostern

    Und Herumfahren auf dem Hawthorne Boulevard,

    Die Essensschlachten in der Cafeteria

    Und schiefes Lächeln in der Geometriestunde;

    Auf Beatles-Lieder und Abschlussbälle,

    Skifahren auf Heavenly

    Und darauf, immer noch den Surfer‘s Stomp zu tanzen.

    Auf schnelle Autos und alte Tankstellen;

    Die Aufregung über den ersten gefangenen Marlin

    Und die Freuden der Vaterschaft;

    Auf Tränen und Berührungen,

    Schnarchen und wirklich schlechte Witze.

    Auf einen Mann, der wusste, wie alles funktioniert,

    Weil er irgendwann in seinem Leben

    Alles auseinandergenommen hatte;

    Der gleiche Mann, der mir in all den Jahren

    Gezeigt hatte, was Liebe ist.

    JOHN CHRISTOPHER STADLER

    14. Mai 1948 - 8. Februar 1996

    Ich hoffe, dass es im Himmel auch Hot Rods gibt, Liebster.

    Kapitel 1

    Um ihre Eier zu behüten

    Legen Kormorane sie in Tüten

    Aus Papier – so kann das Licht

    Ihnen schaden nicht.

    Was sie dabei ganz vergessen,

    sind Bären, die gern Brote fressen.

    Für die Krumen tun die Schlauen

    Sammeltüten klauen.

    —Anonymous

    Am letzten klaren Tag im August flogen sieben große schwarze Kormorane in einem Keil über den Atlantik und ließen sich auf einem Felsen in einer Bucht auf Arrant Island nieder. Das war nicht besonders ungewöhnlich; Kormorane sind Seevögel und Seevögel landeten schon immer auf Felsen. Nur dass diese Vögel immer genau dasselbe machten, zur selben Zeit des Tages, den ganzen Sommer lang. Jeden Morgen landeten sie auf diesem Felsen und standen mit ausgebreiteten Flügeln da, als ob sie die Wäsche trocknen würden. Sie bewegten sich nicht, auch nicht, als ein schmackhafter Schwarm von Maifischen an ihnen vorbei schwamm. Sie starrten einfach für Stunden vor sich hin, als ob sie darauf warteten, dass etwas passierte.

    Hätte es sich bei den Vögeln um Krähen gehandelt, hätte man ihr Verhalten einfach erklären können. Neuengländer wussten, dass die Anzahl von Krähen, die man zur gleichen Zeit sieht, die Zukunft vorhersagt:

    Eine für Trauer,

    Zwei für Heiterkeit,

    Drei für eine Hochzeit,

    Und vier für eine Geburt.

    Aber diese Vögel waren keine Krähen. Sie waren Kormorane, die Raben des Meeres. Den Einheimischen zufolge waren sie verhasste Vögel, wie sie am Himmel von Maine herumflogen, weil sie mehr als einmal nicht nur den Fang der Fischer ruiniert hatten, sondern auch die Bäume der Insel. Wenn jemand vom Festland gewusst hätte, dass diese Vögel auf dem Felsen hocken, hätten sie vermutlich gesagt: „Gleich und gleich gesellt sich gern." Die Insel, so schien es, hatte nämlich einen ebenso schlechten Ruf wie diese Vögel.

    An einem klaren Tag, wenn das Meer ruhig und blaugrün war, konnte man vom Ufer aus einen schnellen Blick hinüber zur Insel Arrant erhaschen, die aussah, als ob jemand eine stolze, mittelalterliche Burg auf einen hohen Felsen gebaut hätte. Aber sobald sich das Wetter änderte, veränderte sich auch die Insel, da sie dann nur noch wie eine geheimnisvolle blaue Wolke erschien, die am Horizont schwebte.

    Es gab Tage, an denen kam der Wind von Süden und die Felsen um die Insel wurden hart und gefährlich; Gischt sprühte über die felsige Küste. Aber die Insel stand immer fest und unnachgiebig da, unbeeindruckt von Wind und Wasser, wie ein steiniges Gesicht, das Geheimnisse verbergen muss.

    Es waren nur knapp zwanzig Meilen bis zu der zerklüfteten Küste von Maine, wo riesige Sommeranwesen und elegante Wohnanlagen nur einen Steinwurf von den Holzhütten der Fischer und ihren wettergegerbten Anlegestellen entfernt lagen, verstreut an der Mündung des Kennebec. Für die eleganten Schoner, die in den Werften von Bath gebaut wurden, war die Insel bei schönem Wetter schnell zu erreichen. Nicht weit davon war die Stelle, an dem Fischerboote Kabeljau, Makrelen und die riesigen Schwärme von Silberheringen jagten, die, wenn der Mond hochstand, das Wasser schimmern ließen, als ob die Milchstraße in den Ozean gefallen wäre.

    Dennoch, auch mit der geschäftigen Küste in greifbarer Nähe, gab es eine Art von Einsamkeit auf der Insel, ein Gefühl der Isolation. Nicht nur, weil sie von Wasser umgeben war, sondern auch, weil es einem schon fast so vorkam, als wäre die Insel Arrant eine andere Welt, verborgen, bis sich der Frühnebel verzog und man auf den zweiten Blick erkennen konnte, dass es sie wirklich gab.

    Um die Insel rankten sich seit langer Zeit viele Geschichten. Die Kinder der Fischer versammelten sich im Winter um das Feuer und hörten Geschichten von den wilden Schotten, die einst dort lebten, von Männern, die nicht wirklich leibhaftig waren, so sagte man, sondern die Geister derer, die vor langer Zeit im Moor von Culloden gestorben waren. Geister, die über den Atlantik geflohen waren auf ein zerklüftetes, kaltes und unwirtliches Stück Land, das ihren geliebten Highlands ähnelte.

    Manche bezeichneten die MacLachlans, denen die verwunschene Insel gehörte, nur als ‚die verrückten Schotten‘. Und Kinder wuchsen heran und hatten Angst vor dem Vollmond, denn sie waren überzeugt, wenn sie keine weiße Daunenfeder eines Papageitaucher-Kükens neben ihr Kissen legten, würde ein verrückter MacLachlan auf einem weißen Pferd mit flatternder Mähne heranstürmen und sie aus ihren warmen Betten stehlen!

    Wenn der Wind um die Häuser herum wütete und die Dachziegel von den Hütten der Fischer riss, sagte man, dass ein MacLachlan des Nachts ausreiten würde, um den Wind anzufachen. An manchen Nächten stöhnten die Weiden unter diesem Wind und es klang, als weinte jemand. Mütter würden ihre Kinder mit warmen Wolldecken zudecken und ihnen versichern, dass niemand draußen wäre. Das Geräusch sei nur der Wind, der durch die Äste der Bäume fegte.

    Aber die Vorstellungskraft der Kinder war so wild wie der Wind in den Weiden. Sie steckten ihre kleinen Köpfe zusammen und hielten sich eng umschlungen, während sie sich zuflüsterten, dass das Geräusch wirklich ein Weinen war, das einer armen Seele, die ein weißes Pferd der MacLachlans gesehen hatte, wie es aus dem Nebel herangestürmt kam.

    Daher nahm in diesem Sommer, als jene lästigen schwarzen Seevögel sich so seltsam benahmen, auch niemand Notiz davon. Es gab schon genügend Geschichten, die erzählt wurden, der Stoff, aus dem Albträume und Träume gemacht wurden, dunkle und heftige Geschichten von wilden Schotten, die auf ihren weißen Pferden angeritten kommen und dich mitnehmen.

    Kapitel 2

    Ob ich vielleicht ... möglicherweise

    Einen glänzenden Ritter seh‘ auf seiner Reise,

    Ganz plötzlich, wie er seinen Weg sich bahnt

    Vom Blau ins Grüne, wie man ahnt,

    Dass er es tat vor langer Zeit ...

    Möglicherweise. Ich bin bereit.

    —A. A. Milne

    Für Amelia Emerson war es einer dieser strahlenden Tage, an denen der Himmel aussah wie das Innere einer großen, blauen Schüssel. Eine jener Keramikschüsseln, in denen der Koch jeden Samstagmorgen den Brotteig ansetzte. Sogar die Wolken spielten mit und sie zogen über den blauen Schüsselhimmel wie dünne, weiße Spuren von weißem Mehl.

    Amy hielt ihr Gesicht in die warme Augustsonne und schloss ihre Augen. In Gedanken stellte sie sich Gott im Himmel vor, mit einem weißen Gewand und einer Schürze, seine langen, grauen Haare unter einer gestärkten Kochmütze versteckt, als er den Himmel auf den Kopf stellte, um allen auf der Erde einen perfekten Tag zu schenken.

    Im Juni hatte es auch solch einen blauen Schüsseltag gegeben, genau wie heute Damals hatte William De Pysters sie zu einer Kanufahrt auf den Kennebec Fluss mitgenommen. Als das Kanu lautlos über das glasklare Wasser glitt, trieben die roten Ahornblüten den Fluss hinab und breiteten sich neben ihnen aus wie ein roter Samtteppich vor einer Königin. Der Tag war nahezu perfekt gewesen, so perfekt wie sie es sich nur vorstellen konnte:  Ein Lächeln hier und da, ein wenig Smalltalk - und einen zarten Kuss später stieg Amy aus dem Kanu und hatte ihre Hand auf Williams starke Hand gelegt, die gleiche Hand, mit der er ihr eine zarte rote Blüte hinter ihr Ohr gesteckt hatte und einen Verlobungsring mit Smaragd an ihren Finger.

    Es war schon seltsam, wie sich das Leben auf einmal ändern konnte. Ihre Eltern waren vor drei Jahren gestorben und deshalb verbrachte sie ihre Sommer in Maine. Einer ihrer Nachlassverwalter hatte ihr vorgeschlagen, dass ihr die frische Seeluft helfen könnte, und die anderen hatten ihm schnell zugestimmt.

    Die Sommer-Koterie kam aus allen Richtungen: Boston, Philadelphia, New York, reiche Karawanen der gehobenen Gesellschaft, bereit für den Sommer in Maine, wo die Blaubeeren dick und süß wuchsen, wo die leichte Meeresbrise das Leben unbeschwert und leichte machte, wo sie segelten und sich in ihrer eigenen, idyllischen Welt trafen, einer Welt von blauem Blut und Geld.

    Amelia Emerson hatte Geld, sehr, sehr viel Geld. Genug Geld, um ihren Namen hoch auf die Liste von Beach zu setzen - einem Gesellschaftsverzeichnis, das die Größe und die Herkunft jedes einzigen Yankees aufführte. Genug Geld, um die geheiligten Tore zu öffnen, die das abschotteten, was in Amerika noch am ehesten mit Adel zu vergleichen war. Genug Geld, damit Amy immer die richtigen Einladungen erhielt, unterzeichnet mit Namen wie Cabot und Livingston, Dearborn und Winthrop, Namen des alten Geldadels. Sie ging zu ihren Partys, auch nachdem ihr bewusst wurde, dass sie nicht wirklich willkommen war. Sie war eine Ausgestoßene, weil ihre Familie doch wirklich die Unverfrorenheit besessen hatte, ihre Millionen selbst zu verdienen anstatt das Geld von einem Urgroßvater zu erben, der die alte Heimat vor mehreren hundert Jahren verlassen hatte, um nach Amerika zu kommen und bunten Mais mit den Indianern zu essen.

    Sie konnte immer noch nicht verstehen, warum Reichtum, der durch harte Arbeit und Einfallsreichtum verdient wurde, weniger sozial anerkannt war als Geld, dass auf einer Bank oder in Wertpapieren vor sich hin schimmelte oder seit mehr als hundert Jahren in riesigen Ländereien steckte. Das Prinzip „altes Geld gegen neues Geld" überstieg ihr Verständnis.

    Aber Amy fehlte es an Menschenkenntnis. Sie hatte ein enges Verhältnis zu ihren Eltern gehabt, die sie sicher und behütet in ihrer kleinen Familie aufwachsen ließen. Dort wusste sie, dass sie geliebt wurde.

    Sie konnte sich gut an das vertraute Bild ihres Vaters erinnern, als wäre es gestern gewesen. Er saß auf einem winzigen weißen Stuhl, dem Stiefmütterchen auf die Lehnen gemalt waren, die langen Beine in einem seltsamen Winkel gebogen. Er war ein sehr großer Mann gewesen, aber er konnte eine winzige Porzellan-Teetasse und einen Unterteller auf seinen knubbeligen Knien balancieren, während er ein Gurkensandwich aß und dabei seinen kleinen Finger abspreizte.

    Er hatte ihr beigebracht, die Schönheit in den Bäumen und den Blumen zu sehen, im Ruf eines Vogels und im Glanz eines Sommerhimmels. Er hatte ein sehr starkes Bewusstsein von Richtig und Falsch und davon, was ihm wichtig war.

    Manchmal schüttelte er seinen dunklen Kopf, wenn er mit Amy spazieren ging. Er sagte, er würde nie verstehen, wie jemand eine blühende Rose ansehen konnte, oder einen roten Ahorn, der die Farben wechselt, oder wie er dem Lied eines Staren am Morgen zuhören konnte und doch nicht glauben könnte, dass es einen Gott gibt. Den gleichen, verwunderten Blick hatte er, wenn er sie ansah und Amys Mutter, ganz so, als ob er nicht glauben könnte, dass sie wirklich existierten.

    Amys Mutter gab ihr immer ein Gefühl der Geborgenheit. Sie wusste es stets, wenn Amy eine Umarmung brauchte, einen Rat, oder auch einfach nur die Berührung einer streichelnden Hand. Sie wusste nach einem kurzen Blick, ob Amy Fieber hatte und dazu brauchte sie ihr nie eine Hand auflegen oder ihre Lippen auf Amys Stirn pressen.

    Amy konnte nicht sagen, wie oft sie plötzlich Hunger verspürte, sich umdrehte und auf einmal ihre Mutter in ihrer Zimmertür stehen sah mit einer Schüssel Obst oder einem Teller mit Gebäck. Ihre Mutter kam immer dann in Amys Zimmer, ehe die Müdigkeit sie einen kurzen Moment später, überfiel. Im Handumdrehen war Amy in ihrem Nachthemd und lag zugedeckt in einem gemütlichen Bett, während ihre Mutter die Lampen herabdrehte und ihre Gute Nacht wünschte. Ihre Stimme war dabei so sanft und ruhig, als käme sie direkt aus dem Himmel.

    Als Amy gerade einmal sieben Jahre war, entdeckten sie und ihre Mutter eine Puppe mit einer vorzüglichen Aussteuer im Fenster von F A O Schwarz. Amy konnte sich daran erinnern, wie sie auf ihren Zehen stand, damit sie in den Laden sehen konnte.

    Ihr Atem ließ die Fenster beschlagen, weil sie ihre Nase gegen die eiskalte Scheibe gepresst hatte. Ihre Mutter beugte sich mit einem freundlich amüsierten Ausdruck zu ihr hinab und wischte die Scheibe mit einem Taschentuch trocken, sodass Amy sich die Auslage ansehen konnte. Sie mussten dort bestimmt für mindestens eine halbe Stunde gestanden haben, während der Schnee auf ihre Handwärmer aus Fell und ihre samtenen Mantelkrägen fiel. Aber ihre Mutter hatte sie nie weiter gescheucht, sie gab Amy Zeit zum Anschauen.

    An diesem Weihnachten öffnete Amy Schachtel um Schachtel mit Puppenkleidern. Nicht die, die sie im Spielzeuggeschäft gesehen hatte, aber Samtkleider mit Brokatbesatz, kleine Hüte mit Schleifen und Federn, sogar kleine Samthandtaschen mit geflochtenen Zuziehbändern aus Seide. Alles waren genaue Kopien der Puppenkleider, und alle waren von ihrer Mutter handgenäht.

    Ihre Eltern hätten ihr einfach die Kleider aus dem Laden kaufen können. Ihr Vater war schon damals erfolgreich, aber sie taten es dennoch nicht. Ihre Mutter hatte Stunden damit zugebracht, die Puppenkleider für Amys eigene Puppe anzufertigen, was sie für Amy noch wertvoller machte als alles Geld in allen Banken Manhattans. Jede einzelne Perle, jedes Band und jede Schleife waren mit der Liebe ihrer Mutter genäht.

    So wunderbar und freudig diese Jahre kostbarer Erinnerungen auch waren, ihre Eltern hatten einen Fehler gemacht: Sie hatten sie nie einer anderen Welt ausgesetzt als der, die sie für sie geschaffen hatten. Einem Ort, an dem sie geliebt und beschützt wurde, wo ihr Güte und Liebe beigebracht wurde und Achtsamkeit; Werte, die nichts mit Geld zu tun hatten.

    Ihre Kindheit war eine besondere Welt, die sich um ihre Familie drehte, eine Welt, die plötzlich, in einem tragischen Moment, aufhörte zu existieren. Denn in dem Moment, als ihre Eltern starben, starb auch die einzige Welt, die sie je gekannt hatte.

    Amy wurde den praktischen Händen ihrer Nachlassverwalter überlassen, die Fremde für sie waren. Ihr Vater mochte ihnen vertraut haben, aber für sie waren sie nur Männer des Rechts, die nicht verstehen konnten, wie es war, eine junge Frau zu sein und plötzlich ganz allein auf der Welt. Also hatten sie sie jeden Juni nach Maine verfrachtet.

    Wann immer Amy sich in einer großen Gruppe befand, fühlte sie sich still, schüchtern und fehl am Platz, vor allem in der Gemeinschaft, die jeden Sommer vor der Hitze der überfüllten östlichen Städte in die Freiheit der kühlen Küste von Maine floh. Für sie definierten sich Werte lediglich über Geschäftsvermögen, über Markenzeichen und Geldwert. Das Qualitätssiegel war der Name, ob es sich um den einer alten angesehenen Familie handelte oder ein Kleid von Worth.

    Jeder schien immer ganz anders zu sein als sie, so perfekt und an Ort und Stelle, ein schmückendes Beiwerk, wie ein Salon, der mit weicher und subtiler Perfektion ausgestattet ist. Unter ihnen fühlte sie sich bloßgestellt wie ein greller Fleck von schockierendem Rot in einem Raum voller weicher Rosatöne.

    Und doch geschah an einem schönen Junitag nach ihrer Kanufahrt durch leuchtende Blumen etwas Magisches. Es war fast so, als wäre Amy Teil von jemandem. Sie begann sich Stück für Stück wieder ganz zu fühlen. In ihrem Herzen und ihrem Kopf glaubte sie wieder, die Macht des Namens De Pysters hinter sich zu haben anstatt des bürgerlichen Schmutzes des neuen Geldes. Sie würde nicht mehr das grelle Rot sein. Wegen William, dem wunderbaren, starken William, wäre Amy bald ein weiches Rosa, hätte die gleiche dezente Farbe wie alle anderen.

    Es waren Tage wie dieser letzte Samstag im August, die jene besonderen, einmaligen Ereignisse auslösten, Ereignisse, die ihr Leben für immer verändern würden. An einem Tag wie heute war einer von Amys Träumen wahr geworden.

    So wandte sie sich widerstrebend von der warmen Sonne ab und blickte auf das Meer, blau-grün und ruhig. In der Ferne sah sie vor dem kornblumenblauen Himmel die Silhouette der nördlichsten Insel. Für einen Augenblick lang sah diese harte zerklüftete Insel aus wie eine Burg in einem Märchen, groß und grau und majestätisch. Sie könnte sich Ritter auf weißen Pferden vorstellen, die über die Insel ritten, auf der Suche nach einem Drachen, den sie töten konnten, um das Herz einer Dame zu erobern.

    Die einzigen Drachen in Amys Leben waren jedoch die hellen, flügelförmigen Libellen, die sie umkreisten. Sie flogen schnell in der Augustluft hin und her und schossen dann den Hang hinunter in Richtung einer Ansammlung wilder Heidelbeersträucher. Sie folgte ihnen an den Weinrosen vorbei, die das Unterholz durchzogen und wedelte die Honigbienen fort, die in hellen Wolken vor ihr schwebten.

    In der Nähe der hohen Weidenbäume, deren papierartige Stämme von Efeuranken bedeckt waren, hörte sie das lyrische Lied eines Staren. Indigofinken flogen von Ast zu Ast und ihre leuchtend blauen Federn verschmolzen mit dem wunderbaren Himmel.

    Amy summte ihr eigenes, fröhliches Lied und kniete neben den hohen Büschen nieder, wo die wilden Heidelbeeren so reif und schwer voller Saft waren, dass man sie nur mit der Fingerspitze berühren musste und sie fielen einem direkt in die Hand. Sie stupste einige der Beeren an.

    Wie Perlen von einer Schnur rollten ihr die Heidelbeeren mit ihren dunklen und glänzenden Oberflächen in die Hand. Sie lagen nur eine Sekunde dort, bevor Amy der Verlockung nachgab und sie in ihren Mund warf. Während sie kaute, waren ihre Wangen so dick wie die einer Maus, die den Weihnachtskuchen gefunden hatte.

    Sie war sehr hungrig, weil sie sich so beeilt hatte, um die Beeren pflücken zu können. Sie hatte sich beeilen müssen, damit die anderen keine Gelegenheit hatten, sie zurückzulassen, daher hatte sie nicht einmal einen Bissen zum Frühstück gegessen.

    Ihre Knie versanken in der weichen, braunen Erde, sie pflückte weitere Beeren und ließ sie von ihrer Handfläche in einen Korb rollen, der neben ihren verlassenen Schuhen und Strümpfen stand. Innerhalb weniger Minuten war der Korb halb voll und Amy steckte so tief im Gebüsch, dass nur ihre nackten und schlammigen Zehen unter den Büschen zu sehen waren.

    Männliche Stimmen und das knirschende Geräusch von Stiefeln auf Kies übertönten das Lied des Staren und das leise Summen der Libellen und Honigbienen. Amy erstarrte beim Klang dieses Lachens, unsicher, ob sie etwas sagen oder einfach nur still bleiben sollte. Durch die Blätter der Büsche konnte sie nichts als ein paar Hosen sehen.

    „Ich bezweifle, dass es etwas Schlimmeres geben könnte, Drew. Selbst ich könnte nicht ein solches Opfer bringen."

    Jonathan Winthrop hatte eine scharfe und unverwechselbare Stimme, die sie sofort erkannte und „Drew" war Andrew Beale. Beide waren Freunde ihres Williams. Sie hörte leise zu, als sie durch die Blätter hindurch die Beine zählte. Es waren sechs Männer.

    „Das ist eine viel, viel bessere Sache, die du machen kannst, ... für all das Geld", zitierte einer von ihnen, und die Männer lachten wieder.

    „Ich würde lieber mit dieser Gruppe verrückter Schotten auf Arrant Island im Exil leben, als mich an die zu binden."

    „Plaids haben dir noch nie zu Gesicht gestanden, Drew. Es wurde noch mehr gelacht. „Und deine Familie braucht diese Millionen nicht.

    „Selbst wenn meine Familie es bräuchte, bezweifle ich, dass ich das Opferlamm spielen würde."

    „Du würdest es tun. Wenn du das Geld so dringend bräuchtest wie William."

    Amy erstarrte in dem Moment, als sie begriff, dass sie über sie sprachen. Sie hielt den Atem an und hörte zu.

    „Wann geht das Opferlamm, oder sollte ich sagen Widder, zum Schlachten?"

    Es wurde noch mehr gelacht.  „Irgendwann im Dezember."

    „Dezember. Jemand lachte. „Im Dezember ist der Untergang und die Vernichtung der De Pysters.

    „Sag das sechsmal schnell hintereinander."

    Amy saß da und konnte fast spüren, wie sich alles in ihrem Inneren zusammenzog, als ob ihre Hoffnungen und ihre Freude aus ihr herausgesaugt würden, bis sie nicht mehr als eine leere Hülle war. Die Männer lachten wieder und machten Wortspiele mit dieser letzten Beleidigung. Sie wurde rot vor Verlegenheit.

    „Du weißt doch, was man sagt: Du kannst eine Frau für Geld und Sex heiraten und hast immer noch Spaß ... verschwende ihr Geld, benutz ihren Körper und liebe jede Minute davon!"

    Mit jedem Lachen, jedem Witz, der folgte, wurden ihre Wangen heißer und ihre Augen brannten vor Demütigung. Sie saß in ihrem Versteck und weinte leise, als sie Williams Freunden zuhörte, wie sie sich über sie lustig machten. Das waren Leute, die nicht aufgehört haben, einen Vogel fliegen zu sehen, einen Sonnenuntergang zu beobachten oder an einer Rose zu riechen. Handgenähte Puppenkleidung wäre ihnen nicht gut genug. Die Dinge brauchten ein teures Preisschild oder „einen Namen".

    Amy besaß nicht den richtigen Namen, aber gerade genug Geld, um jeden Preis zu zahlen, dem sie jemals begegnen würden. Es war fast so, als hätte sie sich genau dort in den Heidelbeersträuchern von einer Person in nicht einmal eine halbe Person verwandelt, oder einer schlechten Person, sondern in etwas viel Schlimmeres: in ein Bankkonto.

    Sie schloss die Augen und zum tausendsten Mal in den letzten drei Jahren wünschte sie, dass ihre Eltern noch am Leben wären. Sie wünschte, ihre Mutter wäre mit ihrem Spitzentaschentuch da, nicht um den Nebel von einem Fenster zu putzen, sondern um die Tränen wegzuwischen, die sie nicht aufhalten konnte.

    Sie wünschte, sie könnte die Arme ihrer Mutter um sich spüren, nur dieses eine Mal noch, um ihr das Gefühl zu geben, dass sie wieder ganz wäre, wieder ein wertvoller Mensch. Sie wünschte, ihr Vater wäre am Leben, damit sie in seine Augen schauen und jemanden sehen konnte, für den sie besonders war. Sie wünschte, sie wäre irgendwo, außer dort in den Büschen, und sie wünschte, sie hätte Williams starken Arm, an dem sie sich festhalten könnte.

    Als die Männer aufhörten zu lachen, öffnete sie ihre Augen und starrte auf die Heidelbeerblätter um sie herum. Ihr wurde klar, dass sie nicht wirklich wollte, dass William, der einzige Mann, der sich um sie kümmerte, die Witze und das Gelächter seiner Freunde hörte. Sie konnte es nicht ertragen, dass er die Scham sah, die sie fühlte. Scham, von der sie nicht wusste, wie sie sie überwinden sollte. Scham, weil sie nicht mit dem richtigen Namen geboren wurde.

    Ein paar weitere Momente grausamer und boshafter Witze folgten und dann gingen die Männer in Richtung Cabot-Haus, wo ein al fresco Essen in Chassy Cabots formellen Rosengärten serviert wurde, bevor alle aufbrechen würden, um an der letzten Veranstaltung des Sommers teilzunehmen, der jährlichen Gala auf dem Bayard Estate.

    Amy kroch aus den Büschen und stand langsam auf. Es kümmerte sie nicht, dass Blätter, Schmutz und zerdrückte Heidelbeeren an ihren blonden Haaren und an den Seiten ihres Seidenrocks klebten, oder dass Schlamm zwischen ihren nackten Zehen hervorquoll. Eine tiefe Männerstimme klang zu ihr herüber, die etwas sagte wie, dass man einen Orden für Tapferkeit für dieses Opfer verdient hätte.

    Sie fuhr herum, fassungslos und ungläubig, und starrte auf die lockigen braunen Haare und den breiten Rücken von William De Pysters, dem einen Mann, von dem Amy geglaubt hatte, dass er sie liebte. Sie fühlte sich, als hätte sie einen dieser luziden und schrecklichen Momente, kurz bevor man fällt. Dem Moment, in dem einem die Offenbarung dessen, was gerade passiert, regelrecht ins Gesicht schlägt.

    Ihr Hals zog sich zu als wäre er mit kaltem Fett überzogen. Sie atmete tief durch, um nichts Dummes zu tun, wie in lautes Schluchzen auszubrechen, das sie nicht kontrollieren konnte. Ihre Hand bedeckte ihren Mund, als sie beobachtete, wie die Männer einen von Bäumen gesäumten Weg in Richtung der breiten grünen Rasenflächen hinuntergingen.

    Tief in ihrer Brust schien ihr Herz plötzlich zu sterben. Ihre Welt, ihre törichte kleine Wunschwelt, die es nie wirklich gegeben hatte, war plötzlich in sich zusammengefallen.

    Es war Williams Stimme gewesen, die sie gehört hatte und der behauptete, er hätte einen Orden verdient. Also beobachtete sie ihn von hinten, wie er mitten in der Gruppe seiner grausamen Freunde stand. Er war immer noch so groß, wie er immer gewesen war. Er sah immer noch stark aus, wie er da draußen im Sonnenlicht stand.

    Sie hatte gedacht, er sei der Mann, der für sie Drachen töten würde. Aber als sie ihr Kinn hob und den dicken Klumpen in ihrem Hals herunterschluckte, der sich anfühlte, als wäre es ihr Herz, erkannte sie die Wahrheit: Es war ihr William, der am lautesten lachte.

    Kapitel 3

    Liebe ist wie ein Kuchen.

    Beide brauchen Salz

    Und Zucker

    Um gut zu werden.

    — Altes Sprichwort aus Neuengland

    Es gab Löcher in der Polsterung. Georgina Bayard schnappte sich ein besticktes Kissen, das einst Marie Antoinette gehört hatte, und schob es auf das Sofa, so dass es die abgenutzten Stellen bedeckte. Auf der anderen Seite des Zimmers schlug die Glocke in einer Standuhr zur vollen Stunde. Sie drehte sich um und starrte auf die Uhr. Neun weitere Stunden. Sie schnappte sich ein Honigbrötchen vom Frühstückstisch und aß es, während sie vor den großen französischen Türen, die zu den Gärten führten, hin und her lief.

    Sie schluckte den letzten Bissen und blickte auf den Horizont, wo heute der Himmel auf ein ruhiges Atlantikmeer traf. Aber Georgina wusste, dass das Meer so wechselhaft war wie das Glück ihres Bruders. An einem Tag war das Wasser flach und ruhig, unbeweglich, als ob der Ozean nie brüllen, spucken und so hart gegen die felsige Küste von Maine stürzen könnte, dass die lokalen Fischer es „Heuler" nannten.

    Sie schlichen sich an, diese heulenden Stürme, direkt nach Tagen wie diesem, nach perfekten Tagen. Langweiligen Tagen. Tage, die einen in ein Gefühl von Wohlbefinden und Frieden einlullten, als ob in der Welt alles in Ordnung wäre und es niemals anders sein könnte. Aber diejenigen, die die Küste kannten, die so viel Zeit in Maine verbracht hatten wie sie, die wussten, dass das Ende des Sommers wie jede andere Jahreszeit wankelmütig sein könnte.

    Wenn es eine Sache gab, die Georgina Bayard verstand, dann war es die, dass das Leben wankelmütig war. Nur Narren glaubten an Schicksal und Glück. Ihr Bruder war der größte Narr von allen gewesen, jagte seinen Träumen hinterher, um tot und pleite zu enden, und hinterließ ihr nicht mehr als schlechte Investitionen, ein tief verschuldetes Geschäft, ein Herrenhaus in Boston, und ein Sommerhaus, das sie liebte, beide mit riesigen Hypotheken belastet, die sie nicht zurückzahlen konnte.

    Sie verspeiste noch drei weitere süße Brötchen, biss nervös ab und kaute, ohne etwas zu schmecken. Angewidert warf sie sich in einen Sessel und starrte aus dem Fenster, wo die Aussicht durch diesen hässlichen grauen Klumpen einer Insel getrübt wurde. Der Ort, von dem die Einheimischen sagten, dass er überfüllt mit Geistern dieser verrückten Schotten war, die von ihren Häusern vertrieben worden waren.

    Verrückte Schotten ... ja, ganz bestimmt. Sie lachte. Als ob auch nur irgendwer diesen Unsinn glauben

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