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Zukunft Europa: Kurzstücke
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eBook148 Seiten1 Stunde

Zukunft Europa: Kurzstücke

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Über dieses E-Book

"Europa: optimistische Anhäufung von Ländern, die bei der erstbesten Gelegenheit flöten ging"

Ariane Koch und Joël László erhielten vom Theater Marie in Aarau den Auftrag, Kurzstücke zum Thema "Zukunft Europa" zu schreiben. Es sind fünf Texte entstanden, in denen aus der Zukunft über unser gegenwärtiges und das kommende Europa gesprochen wird – und es sieht nicht besonders rosig aus.

In "Costa Concordia. Mare Nostrum" sucht eine Gruppe Europäer mit dem Schiff nach einem neuen Kontinent. Europa ist zerstört. Mit an Bord ein Stier. Die Vorräte gehen langsam aus: Soll man dem Stier huldigen oder soll man ihn einfach aufessen? Und wie wird man wohl empfangen in der neuen Heimat? Gibt es überhaupt noch andere Menschen? Seicht schaukelt das Boot ins Ungewisse.

In "Fiverr.com" thematisiert die Autorin das Outsourcen von Produktionsprozessen in Billiglohnländer. Zur Veranschaulichung hat sich Koch kurzerhand Texte für ihr Stück auf einer Internet-Plattform gekauft, die Liedtexte aus Indien oder Reden aus Venezuela zum Preis von 5,00 Dollar anbietet. Die Texte, die Ariane Koch auf diese Weise erworben hat, werfen von außen einen kritischen Blick auf die europäischen Verhältnisse.

Kochs "Enzyklopädie des Verschwindens" lässt uns im Lexikon der Zukunft blättern. Was wird es später noch geben, was uns heute so vertraut ist? Unruhig suchen wir nach altbekannten Begriffen, stoßen dabei aber lediglich auf erschreckende Wahrheiten.

Joël László lässt uns in "Ich bin das Tier mit dem Fell" Platz nehmen im Friseursalon. Das Echthaar ist längst abgeschafft, aber den Besuch beim Friseur möchte man nicht missen: So werden Perücken frisiert und über die animalische Vergangenheit geplaudert, in der es noch echtes Geld gab und die Menschen noch gestorben sind. Der Einbruch der Unendlichkeit in die Endlichkeit ist bereits geschafft.

In Lászlós "Reykjavik-Pinakothek" definieren zwei Kuratoren nach der völligen Zerstörung einen neuen Kanon der Kunst. Nachdem der Isenheimer-Altar gesprengt wurde, gibt es wieder ein wenig mehr Platz. Jetzt gilt es, gründlich zu überlegen.

Es ist eine Zeitreise, die wir gemeinsam mit dem Schweizer Autorenduo unternehmen. Doch während wir uns zurücklehnen und in den einzelnen Episoden verfolgen, wie es in der Zukunft so aussehen könnte auf unserem Kontinent, wird schlagartig klar: Was man mit Abstand betrachten wollte, kommt doch erschreckend nahe, und während die beiden Autoren noch schreiben, werden sie eingeholt von den aktuellen Ereignissen, die doch erst in düsterer Zukunft liegen sollten.

Die Kurzstücke verstehen sich als Sammlung, die keiner festen Reihenfolge unterliegt. Es ist ein Stücke-Pool, aus dem frei ausgewählt und neu zusammengesetzt werden darf.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum20. Apr. 2020
ISBN9783961192182
Zukunft Europa: Kurzstücke

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    Buchvorschau

    Zukunft Europa - Ariane Koch

    Ariane Koch / Joël László

    Zukunft Europa

    Fünf Kurzstücke

    FELIX BLOCH ERBEN

    Verlag für Bühne, Film und Funk

    Inhaltsverzeichnis

    Title Page

    Costa Concordia. Mare nostrum

    Ich bin das Tier mit dem Fell

    Reykjavik–Pinakothek

    Enzyklopädie des Verschwindens

    Fiverr.com

    Über die Autoren

    Über die Kurzstücke

    Impressum

    Costa Concordia. Mare nostrum

    Ein Stück von Ariane Koch

    Ein paar Menschen machen eine Reise mit dem Schiff. Im Gepäck ein Stier. Dort, wo sie herkommen, können sie nicht zurück. Sie suchen ein neues Zuhause, einen neuen Kontinent, irgendwo muss doch noch einer rumschwimmen. Es herrschen Unwetter, Wasser- und Nahrungsknappheit, also unmenschliche Bedingungen, außerdem wird der Stier langsam unheimlich. Ü, ö und ä sind der dritten oder vierten Lautverschiebung zum Opfer gefallen. Dazwischen immer mal wieder das Tageshoroskop.

    Zehn kleine – fuhren ins Meer hinein

    Einer blieb am Strand zuruck, da warens nur noch neun

    Neun kleine – luden auf sich Fracht

    Der eine war drunter eingeklemmt, da warens nur noch acht

    Acht kleine – wollten sich verlieben

    Der eine kusste einen Fisch, da warens nur noch sieben

    Sieben kleine – assen einen Keks

    Der eine war verschimmelt schon, da blieben nur noch sechs

    Sechs kleine – irrten umher im Sumpf

    Der eine grad versank darin, da warens nur noch funf

    Funf kleine – futterten den Stier

    Der eine fiel hinein ins Maul, da warens nur noch vier

    Vier kleine – schlugen sich zu Brei

    Der eine uberlebte nicht, da warens nur noch drei

    Drei kleine – wollten mal sein frei

    Einer hupfte sodann ins Meer, da blieben nur noch zwei

    Zwei kleine – hatten keine Dollarscheine

    Der eine wurd sofort verkauft, da blieb nur noch der eine

    Ein kleiner – wusst nicht wohin gehen

    Er segelte ins Meer hinein und wurd nie mehr gesehen

    Prolog

    Mars und Saturn machen Ihren heutigen Tag zur Holle. Am besten Sie bleiben einfach zuhause.

    Man fahrt mit einem Schiff

    Und es schaukelt

    Welle fur Welle

    Wie verruckt

    Kein Mensch weiss

    Ob man jemals ankommt

    Man ist gefluchtet

    Und hoffet still

    Dass irgendwo

    Auf dieser Welt

    Ein Platzchen frei ist

    Wo man sich niederlasst

    Und sich ein Bier gonnt

    Das ist ein Matrosenlied

    Wir singen es so laut wir konnen

    Es trostet gegen Wind und Wetter

    Es halt die Eisberge fern

    Und die Eisbaren

    Wo sind wir hier eigentlich

    Wisst ihr noch

    Als wir sind aufgehupft

    Im letzten Moment

    Auf diesen Schlepper

    Der angeblich schwimmt nach archimedischem Prinzip

    Dass ich nicht lache

    Dass ich nicht grole

    Wie eine Schar Mowen

    Wo doch hier jeder weiss

    Dass der kleinste Fels

    Bringt den Oltanker zum Erliegen

    Einige haben gebrullt und gestampft

    Die es nicht mehr geschafft haben

    An Bord

    Sondern sind zuruckgeblieben

    Im Zerfall Hundertdreiundfunfzig

    Mehr hatten keinen Platz

    Wir haben uns moglicherweise verirrt

    Wir sind moglicherweise verloren

    Wen sollen wir nun zuerst essen

    Die Hunde oder die Sklaven

    War nur ein Scherz

    Naturlich haben wir keine Sklaven

    Gelachter

    Der osterreichische Matrose hebt sein Glas

    Und prostet uns zu

    Ist der bescheuert

    Oder was

    Ach Tragodie Tragodie

    Nein wir haben sonst keine Tiere an Bord

    Wir sind hier nicht die verdammte Arche Noah

    Die Hunde haben wir langst gegessen

    Klagelieder singen wir

    Solange bis uns jemand Rettungsboote zukommen lasst

    Bitte

    Kolumbus

    Denken Sie an Ihre Vorbilder. Wie hatten diese eine schwierige Situation gemeistert?

    Und fraglich ist

    Wonach wird gesucht

    Mit diesem Schaukelschiff

    Dass einen macht ganz seekrank

    Sodass man sich ubergeben muss In eine Kotzetute

    Wir suchen einen neuen Kontinent

    Das ist doch selbstverstandlich

    Oder sah der Alte etwa so aus

    Als konne man da noch hausen

    Irgendwo muss doch noch ein Platzchen frei sein

    Fur uns Wenigen

    So viele sind wir namlich nicht Wenn man mal zahlt

    Weisst du noch 1492

    Da hat einer Amerika entdeckt

    Es ist also nicht unmoglich

    Dass auch wir finden ein neues Land

    Das wir konnen neu besiedeln

    Und ein frohliches Leben fuhren

    Jedenfalls segeln wir auf Kurs

    Was auch immer das bedeutet

    Denn eigentlich haben wir keinen Kurs

    Wir suchen ja nur ganz schuchtern

    Nach einem neuen genugsamen Heim

    Was tragst du uns hier vor

    Und schwafelst ohne End

    Hier gibts ein Boot zu lenken

    Hier gibt es Leben zu retten

    Oder siehst du hier irgendwo nen Kapitan

    Die Vorrate werden langsam durftig

    Und einer guckt hungriger als der Nachste’

    Ab jetzt wird rationiert

    Finger weg Rumane

    Finger weg Englander

    Wir tumpeln hier noch ewig

    Kommt Manner

    Wir hissen mal die Flagge

    Welche Flagge du Blodian

    Ist das hier eigentlich ein Schiff

    Oder eher ein Irrenhaus

    Aber eigentlich ists mir funferlei

    Stier

    Der Stier weiss, was er will. Er ist stur, aber diskutierfreudig.

    Hier stinkt es irgendwie nach Pferd

    Doch nicht nach Pferd nach Stier naturlich

    Ein Geschopf das riecht halt

    Was will man machen

    Und ein Stierentier erst recht

    Ja reitets euch der Teufel

    Den Ubeltater an Bord zu nehmen

    Mir lauft es kalt den Rucken hinab

    Den schmeiss ich eigenhandig von der Reling

    Wenn ihrs nicht macht

    Ihr Hubis

    Nicht irgendein Stier

    Ein Schneeweisser ist

    Mit den schonsten Hornern

    Die je ein Mensch gesehen

    Klar man konnt ihm mal ein Opfer bringen

    Oder zwei

    Damit er ist besanftigt

    Und trotzdem

    Ein Gehornter an Boot

    Wie soll das Gluck bringen

    Wie sollen wir das uberleben

    Und dann brullt er immer so

    Als war er brunftig

    Der Stier das damliche Saugetier

    Wann essen wir das endlich

    Oder warum tut ihr so

    Als war es gottlich

    Das konnen wir nicht essen

    Das ist alles was wir habe

    Wenn wir es toten

    Werden wir versinken

    In schaumenden Wellen fur immer

    Staub

    Lassen Sie die Vergangenheit ruhen. Sie brauchen dringend einen Neuanfang.

    Es war ja nicht so

    Dass der alte Ort uns nicht mehr hatte begluckt

    Er hat uns sogar sehr behagt

    Aber die Erde war so staubig

    Dass alles fing standig Feuer

    Als triebe der Teufel sein Unwesen

    Wir kommen her aus einem schonen Land

    Das nun keins mehr ist

    Und nie mehr eins sein wird

    Ausser man setzt die Brosmelchen

    Millionen an der Zahl

    Prazise wieder zusammen

    Ganz unglucklich wird man

    Wenn man zuruckdenkt

    An das flachgedruckte Gehaus

    Ich wunscht ich war ein Fisch

    Der niedertaucht

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