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Ein Tag mit dem Teufel
Ein Tag mit dem Teufel
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eBook235 Seiten3 Stunden

Ein Tag mit dem Teufel

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Über dieses E-Book

Um aus dem Koma erwachen zu können, muss Jakob ein Spiel gegen den Teufel gewinnen. Sollte es ihm nicht gelingen, aus fünf Personen diejenige herauszufinden, welche nach ihrem Ableben in den Himmel darf, lässt ihn der König der Unterwelt sterben. Auf seiner kuriosen Reise wird er unter anderem in einen Banküberfall verwickelt, schlägt sich mit einem Hollywood-Regisseur und lernt die Liebe seines Lebens kennen. Doch stellen sich bei all der Aufregung die Fragen: Kann Jakob ein gerechtes Urteil fällen? Was ist Gerechtigkeit überhaupt?
SpracheDeutsch
HerausgeberMystic Verlag
Erscheinungsdatum1. Apr. 2019
ISBN9783947721290
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    Buchvorschau

    Ein Tag mit dem Teufel - Charli Hukopf

    Danksagung

    Kam 'ne Brotbox geflogen

    Jakob rannte auf das große Bürogebäude in der Humbertus-Allee zu. Er war spät dran.

    Am Eingang quetschte er sich an zwei Bauarbeitern vorbei, die irgendwelche Stangen von A nach B transportierten. Er nickte dem Portier in der Eingangshalle zu, doch der bemerkte ihn nicht einmal. Die Zeitung in seiner Hand war ihm wichtiger.

    In einem hüpfenden Sprint eilte Jakob weiter zu den Fahrstühlen. Er drückte viermal ganz schnell hintereinander auf den Knopf, der den Aufzug anwies, nach unten zu fahren. Es war schrecklich für ihn, jetzt warten zu müssen. Ob er doch lieber die Treppen nehmen sollte? Vier Stockwerke hoch sprinten, sollte doch drin sein, oder? Eine vage Erinnerung an seine letzte sportliche Aktivität kam ihm in den Sinn. Sie hatte etwas mit zwei dicken Schulrowdys zu tun, vor denen er in der elften Klasse weggelaufen war. Die zwei brauchten bei Wandertagen alle hundert Meter eine Verschnaufpause, aber Jakob holten sie damals innerhalb weniger Sekunden ein. Sport war keine Lösung, hatte er damals gelernt.

    Er verwarf den Gedanken mit der dämonischen Treppe, stattdessen kündigte ein heller Klang die Ankunft des Fahrstuhls an. Jakob sprang hinein und drückte sofort viermal ganz schnell auf die Taste mit der Vier.

    Als die Türen im gewünschten Stockwerk aufglitten, klang das für ihn wie der Startschuss für einen Athleten. Allerdings in der Disziplin ‚Schnelles Gehen'. Es sollten ja nicht unbedingt alle Mitarbeiter seine Verspätung mitbekommen.

    Jeder Platz im Großraumbüro war von Schallschutzwänden eingekesselt. Nur zu den Gängen, also im Rücken der Mitarbeiter, standen keine, sodass man, wenn man sich umdrehte, den Hinterkopf einer anderen Person bestaunen konnte.

    Als Jakob endlich an seinem Schreibtisch ankam, drückte er eilig den Power-Knopf seines PCs, schmiss die Jacke über die Stuhllehne und setzte sich hin.

    »Das ist ganz schön gefährlich, was die da draußen machen«, sagte jemand hinter seinem Rücken. Jakob drehte sich um und sah in das rundliche Gesicht von Ludwig. Eine riesige Brille mit glänzendem braunem Rahmen stach genauso schnell ins Auge, wie seine von Fett ebenso glänzenden schwarzen Haare.

    »Ludwig, war Herr Schwarz schon hier?«

    Ludwig starrte nach vorne gebeugt den Gang hinunter zu den Fenstern. Dort konnte man außen am Gebäude einen Mann schweben sehen, der mit einem Schraubenzieher am Rahmen hantierte.

    »Sie haben das Gerüst nicht richtig eingekleidet. Das verstößt gegen jede deutsche Norm«, beschwerte sich Ludwig mit zusammengekniffenen Augen. »Ich hab’ bei gutefrage.net nachgeschaut. Die müssen Sicherheitsnetze außen anbringen, damit ihr Werkzeug nicht aus Versehen auf Passanten fallen kann.«

    »Ludwig, ich habe gefragt, ob Herr Schwarz schon hier war?«

    »Ich verklag die, sag ich dir. Ich sehe schon, wie ein Hammer auf mich fällt, wenn ich nach Hause gehen will. Und das alles nur, um unser dummes Firmenlogo an die Wand draußen zu klatschen.«

    »Ludwig«, wiederholte Jakob wieder, jetzt aber lauter, »Herr Schwarz, war er schon hier?«

    Langsam drehte sich Ludwigs Kopf zu ihm. »Herr Schwarz? Ja, der war hier. Hat kurz auf deinen Platz geguckt und ist dann weitergegangen. Wieso?«

    Jakob klatschte sich seine Hände ins Gesicht. »So ein Mist. Ich hätte ihm gestern Abend noch einen Bericht bringen müssen. Ich wollte es heute Morgen erledigen, bevor er da ist, doch mein dummer Wecker klingelte nicht.«

    »Interessanter Fun Fact«, antwortete Ludwig, »meistens glaubt man nur, dass der Wecker nicht geklingelt hat. In Wahrheit wurde man davon wach und hat ihn instinktiv wieder ausgemacht. Wenn man dann innerhalb von drei Minuten einschläft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man den Vorfall komplett vergisst.«

    Ludwig besaß die seltene Gabe, auf Partys das Epizentrum jeder Unterhaltung zu werden. Ein Erdbeben des Gähnens ging in der Regel von ihm aus. Nun war endlich der Computer hochgefahren. Jakob schrieb die letzten beiden Absätze seines Berichts hastig zu Ende und druckte die Datei sofort aus.

    »Herr Peters?«, sprach abermals jemand hinter seinem Rücken.

    Jakob drehte sich um. Diesmal traf sein Blick nicht auf ein schwarzes glänzendes Brillengestell, sondern auf die üppige Oberweite einer jungen Dame. Eilig huschten seine Augen eine Etage höher zu dem Gesicht der Frau, in der Hoffnung, dass diese davon nichts mitbekommen hatte.

    »Herr Peters, Herr Schwarz möchte Sie sprechen. Kommen Sie doch bitte gleich in sein Büro.«

    Jakob schluckte schwer. Er nickte, woraufhin die junge Dame wieder verschwand. Ludwig beugte sich aus seiner kleinen Schallschutzbox heraus, um ihr nachschauen zu können.

    »Frau Schöntag … die ist so heiß! So heiß wie … wie …« Ludwig war noch nie besonders kreativ, was Vergleiche anging, »wie etwas, das heißer als die meisten Sachen ist.«,Jakobs vollschlanker Freund log nicht. Frau Schöntag war wunderschön. Ein blonder Engel, der immer mit sanfter Stimme sprach und viel lachte, auch bei schlechten Witzen. Als sie den Gang zum Büro des Chefs hinunterging, lugten so einige männliche Köpfe hinter den Schallschutzwänden hervor. Doch selbst ihr Anblick vermochte Jakob jetzt nicht zu trösten. Er nahm den ausgedruckten Bericht und stand auf.

    »Frag sie, ob sie mit dir ausgeht«, meinte Ludwig.

    »Das ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt.«

    »Und ob. Wenn dich Herr Schwarz gleich mächtig anschreit und du danach erhobenen Hauptes in das Vorzimmer gehst und sie dann direkt nach einem Date fragst, ist sie bestimmt beeindruckt. Nichts kann diesen Mann erschüttern, wird sie denken.«

    »Unsinn«, sagte Jakob kleinlaut. »Ich bin bestimmt nicht ihr Typ.«

    »Nur weil du abgemagert und unsportlich bist und deine Nase etwas zu groß ist? Wenn du Angst vor einer Zurückweisung hast, denk daran, was Eddard Stark einst sagte. Auf die Frage, ob ein Mann mutig sein könne, wenn er Angst habe, hat er geantwortet, dass dies der einzige Moment ist, in dem ein Mann mutig sein kann

    »Eddard Stark wurde kurz darauf geköpft.«

    Auf Ludwigs Stirn bildeten sich Denkfalten. »Mmh ja, stimmt.«

    »Wir sehen uns dann in der Hölle«, verabschiedete sich Jakob.

    Der Weg durch das Großraumbüro bis zu dem Büro von Herrn Schwarz war eigentlich lang, doch empfand ihn Jakob als viel zu kurz. Im Nu stand er vor der gläsernen Tür, die zum Vorzimmer führte. Diese zu öffnen, fiel nicht schwer. Das Vorzimmer war der Garten Eden, ein Hort der Hoffnung und Träume, das Schlafzimmer der Aphrodite und der Heimathafen für alle Seefahrer, die einen Sturm überwunden hatten, um endlich heil nach Hause zu kommen. Kurzum, hier saß Frau Schöntag.

    Sie lächelte ihn an und meinte, dass Herr Schwarz schon warte. Der Anblick der jungen Dame kam einem Galgenschmaus gleich. Denn nun öffnete Jakob die Pforte des Verderbens. Als er die Tür zum Büro hinter sich schloss, war es, als wäre er in einer anderen Klimazone. Herr Schwarz saß in seinem Bürostuhl und starrte seitlich auf einen Monitor. Er tat so, als hätte er Jakob gar nicht bemerkt. Sein grauer Schnauzbart sah wie eine Sichel über den hängenden Mundwinkeln aus.

    »Ähm, Herr Schwarz«, machte sich Jakob zaghaft bemerkbar. Sein Boss schloss augenblicklich die Augen und begann laut zu zählen: »Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn.« Danach öffnete er langsam seine Augenlider und sah Jakob an. »Herr Peters, ich vermisse einen Bericht von Ihnen.«

    »Ja, nun ja, den habe ich hier.« Er legte den Bericht auf den Schreibtisch.

    »Herr Peters, können Sie mir sagen, wie spät es ist?«

    Von der Frage etwas verwirrt schaute Jakob auf seine Armbanduhr: »Ja, na klar, es ist zehn nach acht.«

    »Hervorragend, Sie besitzen eine Uhr. Wie ich sehe, ist das auch noch eine Digitaluhr. Da steht doch auch sicher das Datum drauf, oder?«

    Allmählich ahnend worauf das hinauslief, meinte Jakob: »Ja, das tut es.«

    »Gut, dann wissen Sie ja vielleicht auch, dass Sie sich ein klein wenig im Abgabetermin vertan haben.«

    »Ja, Herr Schwarz, das tut mir außerordentlich leid. Das kommt nicht wieder vor.« Der Mund seines Chefs lächelte, doch die Augen schrien nach Blut. »Das kann ja mal passieren. Aber sicher haben Sie daran gedacht, den Krizki-Vorfall zu erwähnen, oder?«

    Natürlich hatte er das nicht. Jakobs Augen wurden riesengroß vor Schreck. »Vielleicht bedarf der Bericht noch einer klitzekleinen Überarbeitung.«

    Herr Schwarz schloss wieder die Augen: »Eins, zwei, drei …« Den kommenden Zahlen fügte er etwas Schärfe hinzu: »vier, fünf, sechs, sieben …« Nun wurde er dezent lauter: »… acht, neun, verdammte ZEEHHHN. Peters, wenn Sie mir nicht in einer Stunde diesen Bericht fertig auf den Schreibtisch legen, können Sie gleich nach Hause gehen. Haben Sie mich verstanden?«

    Jakob schluckte und nickte. Mit rasendem Herzen trat er aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich.

    Frau Schöntag sah ihn mitleidig an. »Hat er wieder gezählt?« Jakob musste sich erst räuspern, um den Frosch im Hals loszuwerden, bevor er antworten konnte: »Ja, hat er.«

    »Tja, das macht er neuerdings immer, um sich selbst zu beruhigen. Hat ihm sein Therapeut angeordnet. Er macht zwar viel Sport zum Ausgleich, doch reicht das wohl nicht.«

    Sie lächelte ihn noch mal abschließend an und sah dann wieder auf ihren Bildschirm. Jakob erinnerte sich an die Worte Eddard Starks. Er trat an den Schreibtisch der Sekretärin heran und fragte leise und vor Aufregung nuschelnd: »Wollen Sie vielleicht mal mit mir ausgehen?«

    Frau Schöntag sah auf: »Verzeihung, wie bitte?«

    »Ich fragte, ob …«, Jakob stockte. Verglichen mit dieser Situation wirkte der brüllende Chef gar nicht mehr so angsteinflößend. »Ich fragte, ob sie mit mir eine rauchen wollen. Frische Luft schnappen, draußen.«

    Frau Schöntag lächelte wieder. »Nein danke, ich rauche nicht.«

    Genau wie ich, dachte Jakob, als er das Vorzimmer verließ. Ihm war bewusst, wie dumm seine Worte waren. Geknickt kam er zu seinem Platz im Großraumbüro zurück. Ludwig empfing ihn mit der Frage: »Und? Hast du ein Date?«

    »Nein, sie raucht nicht.«

    »Was hat das damit zu tun?«

    »Das verstehe ich auch nicht.«

    »Na egal, ich habe zwei Karten für die Klassikvorstellung von The Dark Knight bekommen. Nimm dir also Freitagabend nichts vor.«

    »Als wenn ich jemals Freitagabend etwas vorhätte.«

    Die nächste halbe Stunde verbrachte Jakob damit, den Bericht zu Ende zu schreiben. Er kam schneller voran als gedacht, doch als er ihn endlich ausdrucken wollte, streikte die Technik.

    »Ludwig, der Computer sagt, dass der Drucker nicht erreicht werden kann.«

    »Der Computer spricht zu dir? In welcher Sprache redet er denn?«

    »Witzig. Ist er kaputt?« Tatsächlich war er defekt. Der zweite Drucker hatte keine Farbe mehr und der dritte war schon seit drei Wochen außer Betrieb. So blieb nur noch der Kopierladen, der sich glücklicherweise direkt auf der anderen Straßenseite befand. Jakob schwang sich seine Jacke um die Schultern und flitzte los. Ludwig brüllte ihm noch: »Kannst du mir ‘n Eis mitbringen?«, hinterher.

    Der Portier war in der Eingangshalle immer noch in seine Zeitung vertieft und so rannte Jakob einfach an ihm vorbei. Er öffnete fix die Glastür und tat gerade mal zwei Schritte nach draußen, als er ein melodisches »Aaaachtung« aus der Höhe vernahm. Jakob sah nach oben und konnte noch knapp den quadratischen Umriss eines stählernen Kastens bestaunen, bevor er zu Boden fiel.

    Alles drehte sich. Leute schrien. Der Mann, der eben von oben »Achtung« gebrüllt hatte, schrie nun: »Verzeeeiiihung.«

    Jakob öffnete ein letztes Mal die Augen und sah eine silberne Brotbüchse, auf der das Batmanlogo schwarz schimmerte. Der Rand war rot vom Blut. Dann verlor er das Bewusstsein.

    Willkommen in meinem Reich

    Langsam öffnete Jakob die Augen. Er saß aufrecht auf einer Couch. Sie war schon derart durchgesessen, dass er mehrere Federn spürte, die sich in sein Gesäß bohrten. Er befand sich in einem klassischen Vorzimmer, wie man es aus Detektivfilmen der 60er Jahre kannte. Durch die abgedunkelten Fenster, den grauen Teppich und die ausschließlich aus dunklem Holz bestehenden Möbel bekam der Raum eine düstere Atmosphäre. Neben der Tür, die offensichtlich zum Büro führte, stand ein Schreibtisch, an dem eine griesgrämig dreinschauende Sekretärin handschriftlich etwas notierte. Es stand kein Monitor auf dem Schreibtisch. Hinter ihr bäumte sich bloß ein riesiger Aktenschrank auf.

    Nachdem Jakob mehrere Minuten still dasaß, sich mit der Umgebung vertraut machte und versuchte, sich irgendwie einen Reim daraus zu machen, fragte er die Sekretärin: »Ähm, Verzeihung? Könnten Sie mir bitte sagen, wo ich bin?«

    Die ältere Dame sah über ihren Brillenrand zu ihm auf. Ob nur die tiefen Falten und das spärliche Licht sie so grimmig wirken ließen oder sie es tatsächlich war, konnte Jakob nicht einschätzen.

    »Gedulden Sie sich noch etwas«, sagte sie mit einer Stimme, die nun keinen Zweifel mehr an ihrer schlechten Laune ließ. »Herr Zebub ist gleich für Sie da.«

    Jakob hatte keinen blassen Schimmer, wer Herr Zebub sein mochte. Aber er würde sich ja wohl gleich selbst vorstellen. Es war Zeit, das Vorzimmer weiter zu erkunden.

    Es lag stickiger Rauch in der Luft, auch wenn es nur sehr schwach nach Tabak roch. In den einzelnen Lichtstrahlen, die durch die winzigen Lücken in den Jalousien drangen, sah man Partikel in der Luft auf und ab tanzen. Irgendwie wirkten alle Einrichtungsgegenstände alt und schwer. Das Wort Ikea war in diesen Räumlichkeiten gewiss nie benutzt worden. Erst jetzt fiel Jakob auf, dass sich in dem Zimmer nur eine einzige Tür befand. Diese besaß ein milchiges Fenster, durch welches man lediglich brennendes Licht auf der anderen Seite erkennen konnte. Unter dem Fenster hing ein Namensschild, aber aus der Entfernung konnte Jakob die kleinen Buchstaben nicht lesen. Doch wie sollte er hier reingekommen sein, wenn diese Tür offensichtlich in das Büro dieses Herrn Zebub führte?

    Und noch etwas irritierte ihn. Direkt neben der Couch, auf der er saß, befand sich ein stattlicher Kamin. Dessen bloße Anwesenheit erschien keineswegs seltsam, er passte in diese ohnehin rustikale Einrichtung gut hinein. Doch warum musste er so überdimensional groß sein? Er war bestimmt zwei Meter hoch und anderthalb Meter breit. Jakob hätte sich zweimal in ihn hineinstellen können. Das Innenleben dieses Monstrums schien groß genug, um eine Hexenverbrennung zu zelebrieren. Jakob fühlte sich an Harry Potter erinnert. Dort konnten sich die Zauberer doch in solchen riesigen Dingern teleportieren. Doch warum so abstrakt denken? Wahrscheinlich befand sich in dem Kamin einfach nur eine versteckte Tür. Das würde die Größe und den fehlenden Eingang erklären.

    »Herr Peters«, machte sich die Sekretärin bemerkbar. »Herr Zebub erwartet Sie jetzt.«

    Unsicher stand Jakob auf. Sein Puls fing zu rasen an, als wäre er gerade zu einer mündlichen Prüfung aufgerufen worden. Er hatte keine Ahnung, was ihn jetzt erwarten würde.

    »Sie müssen schon reingehen«, drängte ihn die Sekretärin, was von einem Handwedeln untermalt wurde, als er sich längere Zeit nicht von der Stelle rührte.

    »Ähm, ja, genau.«

    Holzdielen knarzten unter seinen schwarzen Turnschuhen. Mit der Hand bereits am Knauf der Tür hielt er noch mal inne. B. Zebub stand auf dem kleinen Schild. Durch das milchige Fenster glaubte Jakob ein großes Feuer lodern zu sehen. Dieser Ort mutete seltsam an. Er musste sich mit viel Kraft gegen dieses schwere Mistding von Tür stemmen, bis sie ächzend nachgab.

    Das Büro war sehr schlicht eingerichtet. Ein Schreibtisch, jeweils ein Stuhl vor und hinter diesem und das ganze umzingelt von einem Heer aus Sideboards, auf dem Lampen, Papierstapel, ein Aschenbecher und viele weitere Kleinigkeiten verstreut herumstanden. Auf dem Schrank hinter dem Schreibtisch befand sich sogar ein kleiner Röhrenfernseher, auf dem ein alter Schwarz-Weiß-Schinken lief. Ein Mann, der wohl Herr Zebub sein musste, sah dem Treiben in der alten Kiste zu.

    Jakob konnte nur dessen lichten schwarzen Schopf von hinten betrachten. Eine kleine Speckfalte entblößte sich zwischen Haaransatz und Hals, als der Mann vor Lachen den Kopf in den Nacken schlug.

    »Immer wieder herrlich«, sagte eine rauchige Stimme.

    »Herr … Herr Zebub?«, versuchte Jakob auf sich aufmerksam zu machen. Ihm war bewusst, dass er wie ein kleines Mäuschen klang.

    Das Lachen des Mannes erstarb. Langsam drehte er sich auf dem Bürostuhl Richtung Eingang.

    Das größte Grinsen, das Jakob je gesehen hatte, offenbarte sich. Massive Augenbrauen ruhten weit unten in seinem Gesicht, als wollten sie den Platz der Augen übernehmen. Diese wiederum starrten Jakob begierig an. Es kam ihm vor, als würde ihn eine Elster voller Vorfreude begaffen und er selbst war ein silberglänzender Löffel, der beim Picknick im Gras vergessen worden war.

    »Herr Peters, willkommen in meinem Reich. Setzen Sie sich doch.«

    Herr Zebub wies auf einen Stuhl direkt vor dem Schreibtisch. Jakob setzte sich. Scheinbar lagen die Möbelstücke hier in einem Wettstreit, welches das unbequemste von ihnen war. Der Stuhl erwies sich als so hart und rau wie diese steinernen Tischtennisplatten, die Jakob aus Ferienlagern in seiner Kindheit kannte.

    »Herr Zebub, Verzeihung, aber ich weiß gar nicht, was ich hier eigentlich mache. Ich meine, ich war noch gerade eben ...«

    »Nananaaa«, unterbrach ihn Herr Zebub kopfschüttelnd. Das Grinsen blieb fest in seinem Kopf verankert, während er sprach. »Sie können mich Bill nennen. Ist es in Ordnung für Sie, wenn wir uns duzen?«

    Jakob nickte.

    »Ich weiß, du bist verwirrt. Wäre ich … einen Moment bitte.« Bill drehte sich um und machte das Röhrengerät aus, da die Filmmusik gerade etwas lauter geworden war. Als er sich zurückdrehte,

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