Sagenhaftes Blankenburg
Von Carsten Kiehne
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Über dieses E-Book
All diese und andere atemberaubenden, schönen Plätze gehören zu der wohl größten, vorchristlichen Kultstätte Europas. Wundersam, aber daher nicht verwunderlich, dass es über 100 Sagen gibt, die von jenen Kraftplätzen berichten; Geschichten, die den alten Glauben und das geheime Wissen unserer Altvorderen wiederspiegeln. Lass dich verzaubern von altüberlieferten Ritualen und den Heiligtümern Blankenburgs.
Carsten Kiehne
Carsten Kiehne gehört seit vielen Jahren zu den renommiertesten Kennern der Harzer Sagenwelt. Als Autor und Herausgeber vieler Bücher wie KRÄUTERSAGEN AUS DEM HARZ, SAGENHAFTES GLÜCK, ZAUBERPFLANZEN - HEILIG & HEILSAM sowie BÄUME - HEILIG & HEILSAM sowie TV-Auftritten im ZDF & MDR ist er überregional bekannt. Als Initiator der Interessensinitiative Sagenhafter Harz gibt er Workshops und Führungen zum Thema im gesamten Harz und bildet seit Jahren Sagen- & Märchenerzähler aus. (Carsten Kiehne: Dipl.SozPäd., Psychotherapeut HP, Reikimeister, Meditationslehrer, Sagen- & Märchenerzähler)
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Buchvorschau
Sagenhaftes Blankenburg - Carsten Kiehne
Inhaltsverzeichnis
Sagen von Burg & Festung Regenstein
Woher der Name kommt
Die kleine Rosstrappe
Sich selbst zum Affen machen
Traumminister
Beten kann ein anderer
Raubgraf
Den Bock zum Gärtner machen
Erstürmung der Lauenburg
Femgericht Achtwort
Der Fluch
Der Zimmermannsnagel
Kopfloser Reiter
Im Fegefeuer
Gründung des Siechenhofes
Teufelsloch
Warum die Mühle kein Wasser hat
Das Kreuz
Die letzten Regensteiner
Dedingstein
Weshalb der Blitz einschlug
Verlorener Posten
Eroberung des Regensteins
Ein einziger Schuss
Die stumme Braut
Wächterstein Postraub
Sagen der Teufelsmauer
Vom Großvaterfelsen
Blankenburger sind alle verwandt
Der Drachenrücken
Die Teufelsmauer
Die Egbert-Sage
Der Fuchsfelsen
Die Teufelssessel
Der Kuhstall
Des Teufels Badewanne
Der Leichenweg
Auferstehen der Toten
Der Leichenzug
Sagen von Blankenburg
Blankenburgs Mühlen
Wie die Beamten Schwielen an den Händen bekamen
Ein Tag am Thie
Unerwarteter Reichtum
Ulrich der Unglückliche
Das Sühnekreuz
Vom Vögeln
Die weiße Frau
Gastmahl für die Templer
Die unkeuschen Nonnen
Das Grab unter den Linden
Die Schäferlinde
Beinwell als Reisegesell
Im 30jährigen Krieg
Die Wilhelm-Raabe-Warte
Ein Gott zu Gast im Ziegenkopf
Sagen vom Volkmarskeller & Kloster Michaelstein
Kuhstein
Volkmarskeller
Der Eremit
Leberblümchen
Wie das Kloster entstand
Hans & Henning Mönch
Zwerge unterm Kreuzgang
Teufelsbad
Spuk im Mönchsmühlenteich
Heilung des Teufels
Ritter vom Michaelstein
Kleine Lauenburg
Sagen der Heimburg & des Umlandes
Heimburger Heimchen
Hass & Liebe
Hangeleiche
Preis des Übermuts
Schatz von Hüttenrode
Hedefrauen
Verlorenes Wasser
Wetter-zauber am Thorstein
Woher die Menhire kommen
Vom ersten Osterfeuer
Opfer-stein Ostaras
Der Tyrstein
Ulenburg
Knappenstein
Prinzenstein
Pastorenstein
Mittelpunktstein
Einleitung
Kaum eine Gegend ist so sagenumwoben, wie das kleine Städtchen Blankenburg am Harz. Und kaum ein Flecken in Deutschland gibt den Heimatforschern und Archäologen mehr Rätsel auf, denn immer wieder beeindrucken faszinierende Funde aus Altstein- und Bronzezeit & werden gewaltige (über 7.000 Jahre alte) Gräberfelder entdeckt. Viele Kult- & Kraftplatzforscher sind sich einig:
Die Gegend um Blankenburg herum, war einst
das größte vorchristliche Heiligtum Europas!
Und noch heute zeugen die Orts- & Flurnamen der Felsen, Haine und anderer herausragender Plätze vom alten Glauben der hier ansässigen Menschen; viele sind später von den Christen verballhornt oder verteufelt worden: u.a. der Höllen- oder Hellbach (heiliger Bach), Helsungen (von Hölle bzw. Frau Holle), das Osterholz (benannt nach der Frühlingsgöttin Ostara) & sein Tyrstein, die Menhire, der Ziegenkopf & der nahegelegene Bielstein (Thor geweiht) ebenso wie der Thorstein in den Thekenbergen, der Volkmarskeller & Kloster Michaelstein (einst Odins Orte), der Eselstall (Platz der Asen, der alten Gottheiten), die Lauseberge, der Großvater (Synonym für den „großen Vater") an der Teufelsmauer! Unter christlicher Herrschaft sollte Schluss sein mit dem alten Glauben, mit dem vermaledeiten Götzendienst. Die Leute sollten in die Kirche gehen; anstatt die Opfergaben in den Wald zu tragen, lieber fürs Seelenheil Kollekte geben, Ablassbriefe kaufen, weshalb man Angst schürte und den Leuten verkaufte:
„Der Teufel hat die Steine aufgetürmt & seine Orte mit Blut bemalt.
Wer dort umgeht, bei Nacht, wenn’s stürmt,
hat seine Seele dem Bösen bezahlt!"
Nun ja, ich war da, hab mich umgesehen, doch spürte ich nichts Böses herum um mich stehen. Ich war nur von Wundern & Schönheit umgeben!
+++ Eilmeldung: Die Teufelsmauer - Von wegen vom Teufel gebaut! +++
Bekannter Harzer Sagenerzähler auf frischer Tat ertappt!
Neben der Teufelsmauer ragt kaum ein Felsen so unübersehbar ins weite, offene Harzvorland wie die Burgruine Regenstein, dessen Namen sich vom altnordischen Begriff Regan herleiten lässt, was so viel wie „Gottheiten oder „ratende Wesen
bedeutet. Hierbei handelt es sich vermutlich um einen Platz der Götter, des hohen Rats, oder eines anderen Herrschersitzes. Mysteriös und sagenumwoben: Das „Teufelsloch (vermutlich für rituelle Waschungen), der „verlorene Posten
(Sonnenheiligtum), die „kleine Rosstrappe" & ihre Näpfchenlöcher (Hochzeitsort), der Kalender- & der Orakelfelsen. Heimatforscher, wie Diesing, sind sich sicher: Der Regenstein ist Teil einer gewaltigen Kultplatzanlage. – Vielleicht gelingt es den Sagen, manch uraltes Geheimnis zu lösen!? Viel Spaß beim Lesen,
Es klagt ein tiefes Trauern um den erloschnen Glanz von ernsten, frommen
Schauern erbebt die Seele ganz: Doch sieht man unverwittert, den Fels dort oben
stehn, und ob der Fels zersplittert, 7 sein Ruhm wird nie vergehn.
(aufgeschrieben von J. Kreis in Bechstein)
Sagen von Burg Regenstein
Woher der Name Regenstein kommt
Anno 479 toch de Königk Melverikus to Doringk myt Macht over den Hart,
Im Jahre 479 kam der König der Thüringer, Melverikus mit Namen, mit einer großen Streitmacht (mit Macht) über den Harz,
unde wolde de Sassen vordryven wedder uth dem Orde des Landes, vor dem Harte, dar nu Reghensteyn unde Warnigerode licht,
und wollte die Sachsen aus dem Landstrich vorm Harz vertreiben, dort, wo heute der Regenstein und Wernigerode liegt.
unde de Sassen kemen öme underwegen in de Möte by dem Torppe Vedekenstidde, dar sloghen se de Doringk, dat der vele dot bleven, by vyff dusent,
Aber die Sachsen (flohen nicht, sondern) kamen ihnen in der Nähe des Dorfes Vedekkenstedt entgegen und schlossen die Thüringer ein, worauf fünftausend Feinde starben.
de Königk to Doringk nam de Flucht, unde vele siner Lüde. Na düssen Stride gingen de Sassen to Rade, na deme dat yt vor dem Harte wat noch woyste was,
Der König der Thüringer floh mit vielen seiner Leute. Nach diesem Streit gingen die Sachsen zu einem Ratsplatz (Gerichtsplatz), der vor dem Harze liegt und berieten sich,
unde geven eynem eddelen Manne, de was strytbar, unde wanede in dem Torppe to Veddekenstidde, de heyt Hateboldus,
und gaben einem edlen Mann, der sich im Kampf verdingte (der streitbar war) und in der Schlacht vom Dorf Vedekkenstedt in erster Reihe stand, und Hatebold hieß
eyne Stidde vor dem Harte to buwende, wur öne dat bet bevelle; so rechte he sick na örem Bode, unde reyth vor dem Harte here,
eine Stätte vor dem Harz, die er bewohnen dürfe, eine, die ihm gerecht wird. So suchte er sich den verdiente Boden und ritt am Harz entlang,
unde fand eynen groten Steynen-Berch, unde sprack, düsse Steyn iß gereghent,
und fand einen großen, steinernen Berg und sprach: „Dieser Berg steht (wie ich) in erster Reihe!"
darupp schall myne Woning wesen, unde buwede upp den Steyn eyne Borch, unde wart geheten de Grave to Reghensteyne, unde buwede Blankenborch unde Heymborch.
„Darauf soll meine Wohnstatt sein!", und baute sich auf dem Stein eine Burg, und ward seit dem, der Graf von Regenstein genannt und baute die Blanken- und die Heimburg. (umgangssprachlich nach Pröhle)
Die kleine Rosstrappe
Oder Wie man prüft, ob der Partner einen wirklich liebt!
Kommt man vom Norden her, dem Felsmassiv des Regensteins entgegen, sieht man aus dem Walde tretend, schroffe Felswände und zackige Klippen vor sich aufsteigen. Zwei kolossale Felsenpfeiler markieren den Eingang. Es heißt sie prüfen dich in deiner Absicht hindurchzugehen. Bist du reines Herzens kannst du passieren. Schon Manchem geschah es aber, dass Steine hernieder gingen - ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen.
Oben auf der kleinen Rosstrappe, prangen hunderte kleine Hufspuren, die eben der einzigartigen Rosstrappe überm Bodetal gleichen, nur viel kleiner sind. Nein, hier sind nicht alle Prinzessinnen der deutschen Lande flüchtend von Klippe zu Klippe gesprungen. Vielmehr sollen sich einst Paare auf dem Felsen die ewige Liebe geschworen haben. Es gleiche einem „riesigen heidnischem Standesamt, zu dem die Jungfrauen in stürmischer Eile gestrebt sein sollen", schrieb Hoffmann.
War die „kleine Rosstrappe also ein Hochzeitsort unserer Ahnen? Vielleicht! - Spannend ist auf jeden Fall der Aspekt, dass sich das Wort Hochzeit vom mittelhochdeutschen hōhzīt (hōhgezīt) herleiten lässt und zunächst alle weltlichen bzw. kirchlichen Feste im großen Jahreskreis beschrieb. Es waren die „hohen Zeiten
zu denen die Menschen unter freiem Himmel zusammenkamen, feierten und tranken, Recht sprachen und sich berieten, den Göttern opferten, dankten und um Hilfe baten.
Manch eine junge Frau, findet den Gedanken vielleicht spannend, ihren Zukünftigen ins Felsentor unter der kleinen Rosstrappe zu stellen und die Wahrhaftigkeit seiner Liebe zu prüfen.
Schwört er zwischen den Klippen seine Liebe und er überlebt's, weil kein Stein zu Boden geht, ist der Kerl es vielleicht wirklich wert, sich ihm oben in der Abendsonne hinzugeben. Wurde er aber beim Schwur erschlagen, war's um ihn nicht schade, hat das Los ihn doch für untauglich befunden! – Ja, manche Dinge, waren früher scheinbar einfacher. An dieser Stelle muss leider gesagt werden, meine lieben Frischverlobten, dass das Felsentor längst nicht mehr zugänglich ist. Heute ist der Bereich umzäunt, vom Sanitätsdienst der Bundeswehr ... offenkundig gab es zu viele Untaugliche, deren Kopfverletzungen (von herunterkollernden Steinen) versorgt werden mussten.
(aufgeschrieben nach Hoffmann)
Sich selbst zum Affen machen
Noch bevor der Regenstein bei Blankenburg eine preußische Festung war, als nicht einmal die mittelalterliche Burg auf jenem Felsen stand, da kamen die Menschen an diesen Ort, ihren Göttern nahe zu kommen, Rat und Beistand erhoffend und überall im Harzer Gau sprach man vom „Raginstein", vom Felsen der Götter, der ratgebenden Wesen und Ratsuchenden.
Mitten auf dem Regenstein, in einem aus dem Stein herausgearbeiteten Gewölbe, saß oft ein steinaltes Männlein, von dem man nicht genau sagen konnte, ob er mehr an Jahren auf dem Buckel hatte oder der Felsen auf dem er saß. Fragte man ihn, ob die Ernte eingebracht, man selbst gesund werden oder das Kindlein kräftig auf die Welt kommen würde, antwortete er mit manchmal wirren Worten. Nur diejenigen unserer Ahnen, die ihren Geist ganz frei machen konnten, verstanden die Weisheit hinter seiner Narretei. Über den „heiligen Räumen des „Weisen
war ein seltsames Gesicht in den Felsen gehauen. „Dies ist ein Affe!", sagte der Alte. „Ein wildes abnormes Tier, schlau, aber wie ein Mensch. Gehe ein Jahr gen Süden und von dort ein Jahr gen Osten, dann findest du Wälder, groß und tief, …
… und die Bäume gewaltig, und die Tiere seltsam anzuschauen. Doch schaust du ihnen länger zu, wirst du bemerken, sie handeln wie wir. Und dann redete der Alte davon, dass Menschen von den Affen abstammen und, dass sie uns in einem überlegen sind: „Sie sind mit Wenigem zufrieden!
„So will ich dir raten, dich zum Affen zu machen!, lachte der Alte, sprang plötzlich auf die Beine und begann, ausgelassen zu tanzen, als hätten seine Knochen nicht schon hundert Mal den Frühling gesehen. Wie ein junger Rehbock, der für ein Weibchen balzt, sprang er umher, breitete dann seine Schwingen wie ein Adler, flog von Felssprung zu Felssprung, dicht an den Klippen, worauf er sich am Abhang aufrichtete und sich mit den Fäusten immer abwechselnd auf den Brustkorb schlug. Dabei brüllte er entsetzlich. Mit offenen Mündern standen die Ratsuchenden noch immer da, als sich der Alte mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht zu Boden gesetzt hatte und sagte: „Sich zum Affen zu machen, befreit den Geist, verjüngt den Leib, und verjagt jeden Krankheitsdämon!
Und wie er den Satz beendet hatte, träumte der Alte sich weg. Es war, als ob er schliefe, sagte kein Wort mehr, verstand lächelnd aber alles, was um ihn herum geschah.
Solche Rituale, die den Geist beruhigen, weil der Körper an seine Grenzen kommt und darüber in Trance gerät, kennt heute jede Religion: Im Sufismus tanzt man, im Islam und Buddhismus wirft man sich nieder, immer und immer wieder. Der Christ pilgert, betet und arbeitet und Oshos Anhänger meditieren dynamisch. - In einem solchen Zustand fragt der Geist nicht, ob er sich „zum Affen macht, was heute meint, dass man sich fürchterlich blamiert. Der Geist fragt nicht mehr, weil es ihm gleich ist, weil er sich im Zustand des absoluten Glücks befindet! Heute machen wir uns auf den Mittelalter- oder Vikingermärkten, wie hier und heute auf dem Regenstein „zum Affen
, schlüpfen in andere Rollen, aber was soll’s! Zum Glück gibt es unterschiedliche Wege zum Glück, man sagt, das wussten