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Hansestadt Kiel: Von Händlern & Ratsherren, von Grafen & Piraten
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eBook226 Seiten2 Stunden

Hansestadt Kiel: Von Händlern & Ratsherren, von Grafen & Piraten

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Über dieses E-Book

Kaum etwas hat den europäischen Raum im Mittelalter so geprägt wie die Zeit der Hanse. Auch Kiel war lange Zeit eine Hansestadt und Mitglied dieser einzigartigen Handelsvereinigung, bis die Mitgliedschaft zu Beginn des 16. Jahrhunderts endete. Was war passiert? Wie ging es weiter mit Kiel? Und was genau war denn nun eigentlich die Hanse? Diesen Fragen widmet sich das von der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte herausgegebene Buch. Der Autor Thomas Hill trägt neueste Forschungen und Quellenstudien zum Thema Stadtgeschichte und Hanse-Forschung zusammen und legt überzeugend dar, wie die Hanse sich entwickelte, welche Interessen Kiel in der Hanse verfolgte und warum Kiel schließlich aus der Städtegemeinschaft ausschied.
SpracheDeutsch
HerausgeberWachholtz Verlag
Erscheinungsdatum14. Jan. 2020
ISBN9783529092701
Hansestadt Kiel: Von Händlern & Ratsherren, von Grafen & Piraten

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    Buchvorschau

    Hansestadt Kiel - Thomas Hill

    Sonderveröffentlichungen der

    Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte

    Herausgegeben von Jürgen Jensen

    Band 91

    Thomas Hill

    Hansestadt Kiel

    Von Händlern & Ratsherren,

    von Grafen & Piraten

    Für Philine, den kleinen Engel

    Vorsatz: Die älteste Ansicht Kiels aus dem Jahr 1588, Kupferstich von Georg Braun und Franz Hogenberg (Stadtarchiv Kiel).

    Nachsatz: Die Ausdehnung des hansischen Handels (aus: Philippe Dollinger: Die Hanse, neu bearbeitet von Volker Henn und Nils Jörn, Stuttgart ⁶2012, Karte 5).

    1. Auflage 2019

    © 2019 Wachholtz Verlag – Kiel/Hamburg

    Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    ISBN 978-3-529-05040-4

    eISBN 978-3-529-09270-1

    Gesamtherstellung: Wachholtz Verlag

    Printed in Europe

    Besuchen Sie uns im Internet:

    www.wachholtz-verlag.de

    Inhaltsverzeichnis

    1.Einleitung

    2.Die Anfänge Kiels

    2.1.Das frühe Kiel

    2.2.Neugründung der Stadt um 1240

    3.Was war die Hanse?

    3.1.Eine mittelalterliche Definition: die Hanse ein Henkel?

    3.2.Der hansische Handel

    3.3.Organisation und Politik der Hanse

    3.4.Zusammenfassung

    4.Kiels Wirtschaftsbeziehungen im Mittelalter

    4.1.Handwerkerstadt und regionaler Marktplatz

    4.2.Kiels Handel im Ostseeraum

    4.3.Kiel und der Nordseeraum

    4.4.Kiels Teilhabe am hansischen Handel

    4.5.Der Kieler Umschlag – eine neue wirtschaftliche Perspektive im 15. Jahrhundert?

    4.6.Zusammenfassung

    5.Kiel und die Städtehanse

    5.1.Der Kieler Rat als Vertreter der Stadt nach außen

    5.2.Kiel und die Entstehung der Städtehanse

    5.3.Zur Teilnahme Kiels an den Kriegen gegen Waldemar IV.

    5.4.Verhansung Kiels Ende des 14. Jahrhunderts?

    5.5.»Piratennest« Kiel um 1420

    5.6.Kiel auf Hansetagen im 15. Jahrhundert

    5.7.Das Ende der Hansemitgliedschaft Kiels

    5.8.Versuch einer Wiederaufnahme 1554

    5.9.Kiel und die Hanse – eine Bilanz

    6.Was bleibt? Eine Spurensuche im heutigen Kiel

    7.Anhang

    Endnoten

    Zeittafel

    Quellen- und Literaturverzeichnis

    Danksagung

    1. Einleitung

    Heute ist Kiel eine Großstadt mit knapp 250 000 Einwohnern und Hauptstadt des Landes Schleswig-Holstein. Im Mittelalter sah das ganz anders aus. In Kiel lebte nie mehr als ungefähr ein Prozent der heutigen Einwohnerschaft, denn die Stadt hatte bis ins 16. Jahrhundert maximal 2500 Einwohner. Kiel war also eine Kleinstadt.¹ Städte vergleichbarer Größe gab es damals auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holsteins knapp ein Dutzend, zum Beispiel in der Nachbarschaft Kiels Rendsburg und Eckernförde. Das, was Kiel aber vor diesen Kleinstädten auszeichnete, war die Mitgliedschaft der Fördestadt in der Hanse. Bis 1518 lässt sich Kiel als Hansestadt nachweisen. Neben Lübeck, mit ca. 20 000 bis 30 000 Einwohnern eine der größten Städte des mittelalterlichen Reiches² und »Königin der Hanse«, war Kiel die einzige schleswig-holsteinische Stadt, die zur Hanse gehörte!

    Die Hanse war eine Gemeinschaft norddeutscher Kaufleute und Städte, die vom 13. bis ins 16. Jahrhundert Handel zwischen Ost- bzw. Nordeuropa und Westeuropa mit Ausläufern in den Süden betrieben. So reichte das hansische Handelsgebiet von Nordwestrussland und Skandinavien bis nach Flandern und England. Seit dem späten 14. Jahrhundert wurde der Handel zur französischen Westküste, nach Spanien, Portugal, Italien und bis nach Island ausgedehnt. Die Hansestädte sind heute über acht europäische Staaten verteilt und 25 der heute 45 europäischen Staaten wurden vom hansischen Handel erfasst. Und so wird aktuell die Hanse mitunter sogar als ein frühes Beispiel für das Zusammenwachsen und die Zusammengehörigkeit Europas gesehen, quasi als ein Vorläufer der Europäischen Union.³ Der Handel der Hanse erfolgte aber nicht nur europaweit, über Lemberg, Brügge und Venedig bezogen die niederdeutschen Kaufleute auch Waren aus Fernost und aus Afrika, seit dem späten 15. Jahrhundert über Antwerpen, Lissabon und Sevilla zudem Güter aus Süd- und Mittelamerika. So besaß die Hanse globale Züge.⁴ Was aber hatte die Kleinstadt Kiel in dieser wahrhaft internationalen Gemeinschaft »verloren«? Seit wann gehörte Kiel zur Hanse? Welche Interessen verfolgte Kiel in der Organisation? Was für Aktivitäten entfaltete die Stadt in der Hanse? Welche Handlungsspielräume besaß Kiel dabei als Kleinstadt? Aus anderer Perspektive gefragt: Hatte Kiel überhaupt eine Bedeutung für die Hanse? Und wenn ja, welche? Und schließlich: Warum endete Kiels Mitgliedschaft nach 1518?

    Wer auf diese Fragen Antworten sucht, kann auf vorliegende Literatur zurückgreifen. Als Erster hat sich 1882 Christian Jessen in seinem Aufsatz »Kiel als Mitglied der deutschen Hanse« mit den Beziehungen Kiels zur Hanse befasst.⁵ Auf der Basis der ihm zugänglichen Quellen hat Jessen gründlich und methodisch verlässlich Kiels Rolle in der Hanse vom ausgehenden 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts untersucht. Es dauerte dann mehr als ein halbes Jahrhundert, bis das Thema wieder behandelt wurde. 1948 betrachtete Edwin Pomsel in einem kurzen Artikel das Ende der Hansemitgliedschaft Kiels.⁶ Danach hat es lange Zeit keine weiteren eigenständigen Forschungsarbeiten zu Kiel als Hansestadt gegeben. Denn letztlich stützen sich die jüngeren wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Kiel und der Hanse beschäftigen, alle auf die Untersuchungen von Jessen und Pomsel: die Promotion von Helmut Willert zum frühen Kiel aus dem Jahr 1990, der Beitrag von Helmut G. Walther zur mittelalterlichen Geschichte des Ortes, der 1991 in der »Geschichte der Stadt Kiel« erschienen ist, sowie die kleineren Arbeiten von Timo Erlenbusch und Stefan Inderwies aus den Jahren 2011 bzw. 2014.⁷ Allerdings war die Quellengrundlage für Jessens und Pomsels Untersuchungen mitunter nur bruchstückhaft und bei Weitem nicht vollständig, Jessen selbst beklagt dies.⁸ Auch hat die Hanseforschung seit den Studien Jessens und Pomsels große Fortschritte gemacht, sodass deren Bewertung Kiels als Hansestadt heute keine Gültigkeit mehr beanspruchen kann. Deshalb habe ich vor wenigen Jahren einen Neuansatz versucht und bin in einer kleinen Studie von den Erkenntnissen der modernen Forschung zum Wesen und Charakter der Hanse ausgegangen, um vor diesem Hintergrund die Rolle Kiels in der frühen Zeit der Städtegemeinschaft (ca. 1250 bis um 1400) zu beleuchten.⁹ An den Aufsatz knüpft dieses Buch an, das aber die Beziehungen Kiels zur Hanse in Gänze analysieren will.

    Im Folgenden werden zunächst die Stadt Kiel und die Hanse gesondert vorgestellt, ehe die Beziehungen der beiden zueinander gründlicher untersucht werden. So wird im zweiten Kapitel auf die Anfänge Kiels im 12. Jahrhundert und die Neugründung der Stadt um 1240 eingegangen. Und im dritten Kapitel wird auf die Frage geantwortet: Was war die Hanse? Zu diesem Zweck wird die Hanse in wirtschaftlicher und politisch-organisatorischer Hinsicht betrachtet, denn zur Hanse gehörten immer zwei Seiten, zum einen der Handel der Kaufleute und zum anderen die Organisation der Hanse durch die Städte zum Schutz des Handels.

    Anschließend folgen die zwei zentralen Untersuchungen dieses Werks. Im vierten Kapitel geht es um die wirtschaftlichen Außenbeziehungen Kiels im Mittelalter. Damit wird bestimmt, inwieweit Kiel in den hansischen Handel integriert war. Es ist unerlässlich diese Frage zu klären, denn nur so können die ökonomischen Interessen Kiels erfasst werden, die wiederum für das Engagement der Stadt innerhalb der Hanse als politischer Organisation bestimmend waren. Darauf wird im fünften Kapitel eingegangen. Außer nach den wirtschaftlichen Interessen der Stadt ist bei der Betrachtung ihrer Aktivitäten innerhalb der hansischen Gemeinschaft stets nach dem Handlungsspielraum, über den Kiel verfügte, zu fragen. Kiel war eine Kleinstadt in der Grafschaft Holstein, die bei ihrer hansischen Politik nicht nur die Hanse und deren Interessen berücksichtigen musste, sondern auch und gerade beachten musste, was ihr Stadtherr wünschte. Ohne zu viel vorwegzunehmen, kann jetzt schon gesagt werden, dass Kiels Handlungsspielraum im Mittelalter des Öfteren gering war und die Stadt aus Rücksicht auf die Belange ihrer Stadtherrschaft in Auseinandersetzungen mit Lübeck und den Hansestädten geriet.

    In einem abschließenden Kapitel wird unter der Überschrift »Was bleibt? Eine Spurensuche im heutigen Kiel« ein großer Zeitsprung vollzogen: Ausgehend von der Ergebnissen zur Rolle Kiels in der mittelalterlichen Hanse wird der Bogen in die Gegenwart geschlagen, um zu sehen, welchen Stellenwert die Erinnerung an die Hanse und an die Hansemitgliedschaft Kiels im heutigen Kiel hat.

    Wie sieht die Materialgrundlage dieser Untersuchung aus? Die folgenden beiden Kapitel zur frühen Geschichte Kiels im 12. und 13. Jahrhundert und zur Hanse allgemein stützen sich in hohem Maße auf eine Auswertung der relevanten stadtgeschichtlichen Arbeiten (Kapitel 2)¹⁰ und einer Reihe sehr guter Überblicksdarstellungen zur Geschichte der Hanse, die in den letzten Jahren erschienen sind (Kapitel 3).¹¹

    Im vierten und fünften Kapitel wird eine intensivere Quellenarbeit betrieben. Im Kieler Stadtarchiv sind zur Hanse und zu Kiels hansischen Verbindungen nur vergleichsweise wenige Bestände erhalten. Diese Quellen – bzw. deren Inhalt – sind auch bereits in verschiedenen Editionen veröffentlicht.¹² Für die Betrachtung des Kieler Handels kann die Überlieferung anderer Städte oder der hansischen Niederlassungen im Ausland herangezogen werden. Allerdings ist es nicht möglich, den mittelalterlichen Fernhandel der Fördestadt detailliert zu rekonstruieren oder gar Konjunkturverläufe nachzeichnen zu können. Man muss sich leider mit recht allgemeinen Aussagen zum Handelsraum der Kieler Schiffer und Kaufleute zufriedengeben.

    Hinsichtlich der politischen Beziehungen Kiels zur Hanse sind die 28 dickleibigen Bände der »Hanserezesse« herangezogen und ausgewertet worden. In Rezessen wurden die Ergebnisse der hansischen Städteversammlungen, der Tagfahrten bzw. Hansetage, in einer Art Protokoll festgehalten. Hansegeschichte kann ohne die Rezesse nicht geschrieben werden. Sie sind der »Kern hansischer Geschichtsforschung« (Behrmann).¹³ Seit 1870 wurden diese Rezesse nebst zugehörigen »Akten« für die Zeit bis 1537 vom Hansischen Geschichtsverein herausgegeben. Jedoch ist die Arbeit mit den Hanserezessen nicht unproblematisch. Denn deren Edition ist »als Kompilation von Schriftgut aus verschiedenen Provenienzen und Kontexten in den letzten Jahren vermehrt in die Kritik geraten« (Huang).¹⁴ Die Hanserezesse, so ein Vorwurf, würden durch die Auswahl und Erläuterung der herausgegebenen Quellen eine bestimmte Sicht der Hanse konstruieren, statt die Geschichte der Hanse zu dokumentieren. Eine methodische Forderung, die sich daher stelle, lautet: »Die Nutzung der Edition sollte sich demnach auf die gezielte Bearbeitung einzelner Stücke beschränken« (Huang, Kypta).¹⁵ Das ist auch der Ansatz, wie die Hanserezesse in dieser Untersuchung benutzt werden. Es wird von den einzelnen Quellen zu Kiel, die in den Hanserezessen herausgegeben sind, ausgegangen und dieses Material wird dann ausgewertet. So sind für diese Studie die Hanserezesse ausgesprochen hilfreich. Denn gerade die Bearbeitung der in den Hanserezessen erfassten und veröffentlichten Quellen zu Kiel aus zahlreichen hansestädtischen Archiven ermöglicht es doch, ein einigermaßen klares Bild der Rolle Kiels in der Hanse zu gewinnen, das nur mit dem Quellenmaterial Kieler Provenienz nicht zu erlangen wäre.

    Insgesamt wird mit dieser Untersuchung nicht nur eine Lücke in der Kieler Stadtgeschichte geschlossen. Auch für die Hanseforschung dürfte diese Arbeit ein Gewinn sein. Durch die Jahrhunderte gehörten ca. 200 Städte der Hanse an.¹⁶ Die meisten waren kleinere, oftmals auch im Binnenland gelegene Städte, deren Beitrag zur Hansegeschichte zu großen Teilen noch nicht erforscht ist.¹⁷ Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Hansestädte konzentriert sich doch meist noch auf die größeren Städte, vorneweg Lübeck. Diese Studie will hingegen helfen, die Stellung kleiner Städte innerhalb der Hanse am Beispiel Kiels besser zu verstehen.

    2. Die Anfänge Kiels

    2.1. Das frühe Kiel

    2017 feierte die Stadt Kiel das 775-jährige Stadtjubiläum stolz mit einem großen Festakt in der Nikolai-Kirche und einer Ausstellung im Stadtmuseum. Gemeinhin nämlich gilt das Jahr 1242 als das Gründungsjahr Kiels. Denn in diesem Jahr verlieh Graf Johann I. von Holstein aus dem Haus der Schauenburger (ca. 1229–63) in einer Urkunde dem Ort das Lübische Stadtrecht.¹⁸ Allerdings ist die Urkunde Graf Johanns I. nicht im Original erhalten, sondern nur in einer Abschrift aus dem 18. Jahrhundert. Und Zweifel an ihrer Echtheit sind immer wieder geäußert worden. Zwar hat der Historiker Helmut G. Walther in der großen Stadtgeschichte, die 1991 aus Anlass des 750-jährigen Stadtjubiläums aufgelegt worden ist, das Dokument noch einmal gründlich untersucht und ist zu dem Schluss gelangt, dass die Urkunde echt sei.¹⁹ Aber 2008 wurden wieder Zweifel an der Authentizität der Stadtrechtsverleihung wach, als Stefan Eick in seiner Doktorarbeit zum Urkundenwesen der holsteinischen Grafen im 13. Jahrhundert feststellte, dass die Quelle in formaler Hinsicht nicht im Jahre 1242 entstanden sein könne, sondern erst nach 1291 verfasst worden sein dürfte.²⁰

    Auch in anderer Hinsicht kann der Aussagewert der Urkunde Johanns I. in Zweifel gezogen werden. Denn Kiel ist älter als 1242. Archäologische Grabungen in den Jahren 1989 bis 1991 im Bereich der Kieler Altstadt, die im Mittelalter noch eine Halbinsel in der Kieler Förde war, haben ergeben, dass es hier schon im 12. Jahrhundert eine Siedlung gegeben hat. Sowohl im Zentrum der Stadt als auch am nordwestlichen Rand konnten zahlreiche Besiedlungsreste aus dem 12. Jahrhundert aufgedeckt werden. Gerberei sowie Leder und Metallverarbeitung und damit die Existenz von Handwerk konnten nachgewiesen werden. In großen Mengen wurden einheimische Keramik und Keramikimporte aus dem Rheinland und dem niederländischen Raum gefunden. Über eine Kirche hat diese Siedlung wohl auch schon verfügt. Denn eine Quelle aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, das älteste Stadtbuch Kiels aus dem Jahre 1264, erwähnt eine »alte Kirche« (»ecclesia antiqua«) als Vorläuferin der damaligen Pfarrkirche St. Nikolai. Die Archäologin Anke Feiler fasst die Erkenntnisse zum frühen Kiel folgendermaßen zusammen: »Die Vorgängersiedlung des 12. Jahrhunderts besaß bis auf das Stadtrecht bereits alle Elemente einer vollentwickelten Stadt. Es finden sich direkte oder indirekte Hinweise auf einen städtischen Charakter. So waren Handwerk und Handel durch Befunde und Funde direkt nachzuweisen. Hieraus kann ein Markt indirekt erschlossen werden. Eine künstliche Befestigung wurde bisher nicht gefunden. Doch spricht die Wahl der Halbinsel als Siedlungsort dafür, daß hier die natürliche Schutzlage, die Befestigungscharakter besitzt, bewusst gewählt wurde. In den Schriftquellen finden sich Hinweise auf eine frühe Kaufmannskirche, die ›ecclesia antuiqua‹. Wahrscheinlich ist im Umfeld der Kirche in Ufernähe der Förde auch gesiedelt worden; für die Anlage eines Hafens oder Schiffslandeplatzes wäre diese Stelle ebenfalls günstig gewesen. Es kann somit angenommen werden, daß auch die Vorgängersiedlung bereits mit einem Hafen und einer Kaufmannskirche ausgestattet war.«²¹

    Diese »Frühe Stadt« (Feiler) des 12. Jahrhunderts besaß also offensichtlich einen Hafen an der Förde, die in die

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