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Die Tote aus dem Adventskalender: Ein Wipperfürth-Krimi - Der erste Fall von Sam Tschibulski
Die Tote aus dem Adventskalender: Ein Wipperfürth-Krimi - Der erste Fall von Sam Tschibulski
Die Tote aus dem Adventskalender: Ein Wipperfürth-Krimi - Der erste Fall von Sam Tschibulski
eBook425 Seiten6 Stunden

Die Tote aus dem Adventskalender: Ein Wipperfürth-Krimi - Der erste Fall von Sam Tschibulski

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Über dieses E-Book

Die Tote aus dem Adventskalender

Warum stürzte die allgemein beliebte Vorzimmerdame des Bürgermeisters aus dem Rathausfenster?

Und wer ist die rätselhafte Person, die in Wipperfürth anonyme Geldspenden verteilt?

Wieso stirbt ein altes Ehepaar mitten auf der Landstrasse?

Drei Tote in zwei Tagen in unserem beschaulichen Wipperfürth.
Aber das ist doch Irrsinn. Das hier ist doch Wipperfürth und nicht Klein Chicago.

Es sieht aber schon sehr geplant aus, eher wie eine Hinrichtung!

Wenn hier ein irrer Auftragskiller frei rumläuft...
Und wir haben nicht mal den Hauch eines Verdächtigen!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. Dez. 2019
ISBN9783750463202
Die Tote aus dem Adventskalender: Ein Wipperfürth-Krimi - Der erste Fall von Sam Tschibulski
Autor

Thomas Jammers

Liebe Leserschaft Wie sie bereits wissen, schreibe ich, wenn es mir meine berufliche Zeit erlaubt in meiner Freizeit. Ich selbst betrachte mich eher als Hobbyautor. Nach meinem zweiten Buch mit Weihnachtsgeschichten folgt nun hier der dritte Streich. Mit Irgendwie nach Panama möchte ich sie mitnehmen auf eine kleine Reise voller kurzer Geschichten, ob Kriminalität, Heiterkeit, Satire aber auch voller Abenteuer, Freundschaft und Fantasie. Des weiteren ist auch ein Buch mit Kindergeschichten in Arbeit das uns berichten wird von den Abenteuern der Löwentigerzahnameisen, aber auch andere fantasievollen Wesen werden uns darin begegnen. Freuen Sie sich auf Trolle und Kobolde. Haben Sie vielleicht schon mal was von den Flummmumbels gehört? Nein, na dann! In meinem neuen Krimi Der Fall Janus geht es richtig zur Sache. Viele warten auch sicher schon auf eine Fortsetzung meines Debütromans Die Tote aus dem Adventskalender. Ich kann ihnen nur so viel sagen, ich bin dran. Näheres erfahren sie in kleinen Podcasts oder Livestreams. Bleiben Sie mir gewogen und vor allem bleiben Sie Gesund. Viel Spaß beim lesen wünscht Ihnen Ihr Thomas Jammers Bei BoD im Buchshop und im Handel erhältlich sind bisher: Die Tote aus dem Adventskalender, ein Regio-Krimi Weihnachtswunschpunschgeschichten von Opa Jasper, Kurzgeschichten für die Weihnachtszeit

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    Buchvorschau

    Die Tote aus dem Adventskalender - Thomas Jammers

    Man muss dem Leben immer einen Whisky voraus sein

    William Friedkin

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Kapitel Eins

    Kapitel Zwei

    Kapitel Drei

    Kapitel Vier

    Kapitel Fünf

    Kapitel Sechs

    Kapitel Sieben

    Kapitel Acht

    Kapitel Neun

    Kapitel Zehn

    Kapitel Elf

    Kapitel Zwölf

    Kapitel Dreizehn

    Kapitel Vierzehn

    Kapitel Fünfzehn

    Kapitel Sechzehn

    Prolog:

    „Heinz, Heinz, nicht so schnell. Dat du auch immer so rasen musst. Ich will gemütlich radeln. Nun warte doch!"

    Heinz hielt an und schaute kurz hinter sich, stieg mit einem Fuß vom Pedal und rief in schönstem Kölner Platt seiner Frau zu: „Hilde nun komm doch endlich, et is nit mehr weit. Noch zwei bis drei Kilometer und wir sind in dr Groov." Sie wollten zum Rosenmontagsfrühstück beim Jupp pünktlich sein.

    Seit Jahren fuhren sie schon zusammen Rad, eines ihrer vielen gemeinsamen Hobbys. Große und kleinere Touren hatten sie schon gemacht. Und wie jedes Jahr fuhren sie auch dieses Jahr am Rosenmontag von Bonn nach Köln, den Rhein entlang zu ihrem ehemaligen Trauzeugen, dem Jüppchen Schmitz und seiner Frau Gerda. Die Entfernung war ein Klacks für die beiden geübten Radtouristen. Das Wetter war schön für Anfang Februar, kalt und trocken. Es hatte in der Nacht aufgeklart, und sollte im Laufe des Tages nur ein wenig fieseln, wie der Rheinländer sagt. Also hier und da ein paar Regentropfen fallen. Sie würden Kaffee trinken, lecker frühstücken, ein wenig über alte Zeiten klönen. Dann gegen zehn Uhr würden sie zusammen in die Stadt hinein fahren und sich von ihren reservierten Plätzen im Hotel Ernst am Dom aus den Umzug anschauen – wie jedes Jahr. Ansonsten hatten sie nicht mehr viel mit Karnevalsfeiern am Hut, aus dem Alter waren sie ja langsam raus. Hilde war jetzt dreiundsechzig Jahre alt und Heinz fünfundsechzig, Gerda und Jupp waren beide auch schon weit über die sechzig. Beide waren aber auch nicht mehr so fit wie sie selbst. Heinz und Hilde waren bis zu ihrer Rente in einem Großraumbüro bei einer großen Versicherung tätig gewesen. Jupp hatte immer auf dem Bau malocht, und seine Gerda war eine tolle Köchin im Hotel Ernst und später beim Lommy, eine Institution in der Kölner Gastronomie, gewesen.

    Eines Tages war Lommy gestorben, und über Nacht war nix mehr mit Arbeit. Ja gut, da war Gerda auch schon Mitte fünfzig gewesen. An Umschulung und so'n Kram war nicht mehr zu denken. Während Jupp und Gerda noch mal einen Neustart wagten und in Porz ne kleine Kneipe aufmachten, zogen er und seine Hilde nach Bonn, weil sie sich dort ein nettes Reihenhaus in Randlage gekauft hatten, und nun ihre gut angelegte Rente nutzen konnten. Sie hatten zwar keine Reichtümer, lebten aber nicht schlecht. Wie sagte man so schön: Sie hatten ein gutes Auskommen mit ihrem Einkommen, sozusagen.

    „Hilde nu komm, mach ens hinne, et is gleich halb neun, wir wollten eigentlich schon am Tisch hocken und lecker frühstücken." Er hasste Unpünktlichkeit.

    Es begann zu regnen, kleine feine Tropfen fegte ihm der aufkommende Wind ins Gesicht. Er rollte seine Kapuze aus der Kapuzenjacke und zog sie über den Kopf.

    Hilde war noch ungefähr fünfzehn Metern von ihm entfernt und strampelte sich ab.

    „Du hast den falschen Gang drin Schatz, du musst nicht so strampeln, stell deine Gangschaltung mal um in den zweiten Gang, hier ist doch alles ebenerdig, dann kommst du auch besser voran", rief Heinz ihr zu. Als Hilde bei ihm angekommen war, verschnauften sie einen Augenblick und genossen die Aussicht auf den Rhein. Da drüben auf der anderen Rheinseite, das musste Sürth sein oder Weiß, die Übergänge der Stadtteile waren fließend und nicht klar zu erkennen von hier. Rechts hinten war eine größere Baustelle zu sehen, das musste die neue Hochwassermauer sein, von der sie im Express gelesen hatten Da begann also Köln-Weiß. Einige Karnevalsjecken in Kostümen gingen am Rhein entlang. So früh waren wenige Leute unterwegs, ein paar Kostümierte führten ihre Hunde Gassi.

    Hier auf der Rheinseite waren ihnen noch so gut wie gar keine Leute begegnet, in den Bonner Vororten war ihnen der eine oder der andere begegnet, als sie losgefahren waren, vielleicht um Brötchen zu holen. Ein paar Leute im Karnevalskostüm hatten sie auch gesehen, aber hier in den Ausläufern der Wahner Heide zwischen den Kornfeldern und dem Brachland, das für die Überflutungen des Rheins angelegt worden war, hier war es ruhig.

    Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, als sie ihn erreichte. Einen Augenblick später schnallte er seinen Helm über der Kapuze fest und schwang sich wieder aufs Rad.

    „Komm Schatz, wir müssen weiter. Noch zwei Kilometer, dann sind wir da.Willst du vorausfahren, oder soll ich?", fragte er.

    „Fahr schon zu, ich trink noch nen Schluck, und dann sind wir ja gleich da. Ich kann nicht so flott wie du Liebling."

    Während sie ihre Wasserflasche vom Rad nahm, fuhr Heinz weiter. Er war noch kaum sechs Meter weit gekommen, als sie weiter vorne quietschende Reifen und ein Scheppern hörte.

    Sie schaute auf und sah nur noch, wie ein dunkelblauer PKW mit Anhänger sich eilig entfernte.

    Um Himmels Willen, Heinz? Heinz, was ist mit dir?

    Heinz lag vor ihr neben seinem Rad in Höhe des Radweges auf der anderen Straßenseite.

    Jetzt sah sie es, hier querte eine asphaltierte Straße den Radweg. Der Wagen musste unten vom Rhein gekommen sein, ein Angler vielleicht, der sich einfach aus dem Staub gemacht hatte. Vielleicht hatte er Heinz nicht gesehen? „Heinz, Heinz", rief Hilde und warf ihr Rad achtlos beiseite. Sie lief zu ihrem Mann.

    „Dieser Hundsfoot, dieses Arschloch, hat der denn keine Augen im Koop?"

    Beim Aufstehen fluchte er wie ein Rohrspatz, so hatte Hilde ihren Mann noch nie fluchen gehört. „Hast du etwas gesehen, wie sah der Fahrer denn aus? Oder war es eine Frau, Heinz?"

    „Gott sei Dank, ist dir nix passiert?, rief sie. Heinz schaute an sich hinunter. Seine Hose war an der Seite aufgerissen, seine Knie waren verschrammt. Er fühlte sich ein wenig zittrig, und er merkte wie sein Kreislauf nachgab. „Anzug, stammelte er, „Anzug! Hilde!?"

    Er fasste sich an die Brust. „Hilde", hörte er sich sagen. Dann wurde es dunkel um ihn.

    Hilde wählte die Notrufnummer von ihrem Handy.

    „Polizeistation Köln-Süd, Wachtmeister Völkel am Apparat, Kölle Alaaf, wo drückt der Schuh?"

    „Müller hier, Hilde Müller", stammelte Hilde aufgeregt.

    „Beruhigen Sie sich mal erst, gute Frau. Was ist denn passiert?

    Name, Adresse, Telefon?"

    Hilde berichtete rasch, was geschehen war, und wo sie sich befanden.

    „Ich schicke eine Streife vorbei, sagte der Polizist, „und den Notarzt hab ich schon informiert. Wo war das genau, sagten Sie?

    „Wahner Heide kurz vor Porz in der Groov, zwischen Zündorf und Porz."

    „Ach ja, o. k. Eh, ja, hab ich verstanden, kurz vor der Groov.

    Ja, ja Frau Müller, die Kollegen sind unterwegs zu Ihnen.

    Können Sie da, wo Sie sind, etwas auf sich aufmerksam machen? Ist Ihr Mann ansprechbar? Nein? Dann schauen Sie nach ihm. Wie gesagt, die Kollegen sind unterwegs."

    Hilde warf achtlos ihr Handy beiseite, setzte sich zu ihrem Mann und nahm zärtlich seinen Kopf in ihren Schoß. Sie schaute in sein käsig-weißes Gesicht. Was sollte sie nur tun?

    „Heinz, Heinz, sag doch was!"

    Sie küsste ihn liebevoll auf die Stirn. Seine Haut war eiskalt, und sein Atem ging schwach.

    Da hörte sie den Krankenwagen kommen.

    „Das ging aber schnell", fuhr es ihr durch den Kopf. Sie merkte, dass es ein Einsatzfahrzeug der Polizei sein musste.

    „Mein Gott, ein ganzes Großaufgebot scheint da zu kommen."

    Sie stand auf, um besser sehen zu können, und auch, damit man sie besser sehen konnte. Ein Polizeiwagen fuhr am Rhein entlang mit lautem Tatütata, und noch einer und noch einer.

    Jedoch, ihr Atem stockte, sie fuhren ja auf der falschen Seite.

    Sie hatte doch gesagt, Höhe Porz, Groov, Wahner Heide, am Rhein, der Fahrradweg, oder nicht?

    Ihr wurde schlecht. „Heinz, Heinz, was machen die nur?"

    „Frau Müller?"

    Hilde drehte sich um. Ja, ein Rettungssanitäter und ein Notarzt standen vor ihr.

    Sie schickt der Himmel, dachte sie. Dann wurde ihr schwarz vor Augen. Sie merkte, wie ihre Beine nachgaben und sie nach vorne ins Nichts fiel.

    Kapitel Eins

    Ich fuhr schon eine ganze Weile auf der Autobahn entlang, meine Gedanken kreisten immerzu um dieses Scheiß Essen.

    Warum wollten die auch alle Kaninchen haben?

    Kaninchen Consommé, Kaninchenroulade mit Wurzelgemüse gefüllt an Pommery-Senfsoße, Kaninchenkeule in Schokoladensoße, Kaninchen katalanische Art, Kaninchenragout. Alles nur Karnickel. Also suchte ich Kaninchen. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie lange ich unterwegs war. Überall waren sie ausverkauft. Metro, Handelshof, alle Lieferanten, die ich kannte, hatte ich angerufen, keiner hatte Kaninchen vorrätig. Ich fand es schon makaber, dass die Hochzeitler im Kaninchenzüchterverein ausgerechnet Kaninchen im Buffet essen wollten, aber dem Wunsch der Gäste musste man gehorchen. Gut, für hundert Personen benötigte man ja schon ne Menge Karnickel.

    Beinahe fielen mir die Augen zu. Nun befand ich mich auf der A 1 auf dem Weg ins Münsterland, um bei einem ehemaligen Kochkollegen und Kaninchenzüchter einige Tiere zu kaufen.

    Was war nur los? Wieder fielen mir die Augen zu. Ich parkte auf dem nächsten Rastplatz und wollte ein kleines Nickerchen machen. Da klopfte es an meine Autotür.

    Ein überdimensionales Riesenkaninchen fragte mich nach dem Weg zu seinem Bau. Verwundert rieb ich mir die Augen, aber da waren noch mehr Kaninchen, und um meinen Wagen herum war alles voller Kaninchen, große, kleine, mittlere, weiße, schwarze, braun gefleckte, belgische Riesenrammler ... Ich stieg aus, griff nach der Pfanne, die sich merkwürdigerweise auf dem Beifahrersitz befand, und wollte sie alle mit meiner Pfanne erschlagen.

    Wieso hatte ich eine Pfanne in der Hand? Wo war mein Auto?

    Es war fort, verschwunden! Jedes Mal, wenn ich mich bückte, um nach den Kaninchen zu schlagen, hoppelten sie weiter und weiter, und ich rannte hinterher, bekam keines zu fassen. Jetzt stand ich vor einem großen Loch im Boden. Die Kaninchen hockten ringsum und schienen zu flüstern, zu feixen und mir lange Nasen zu machen. Sie rümpften die Nasen, grinsten sich an, sahen zu mir hin und raunten sich etwas zu, dann kicherten sie laut und sprangen allesamt in das Loch hinein.

    Auf einmal war alles still. Ein riesiger Schatten verdunkelte die Sonne und fiel auf das Loch. Das Riesenkaninchen kam in großen Sprüngen auf mich zu, setzte zu einem letzten Sprung an, um, wie die anderen, im Boden zu verschwinden. Meine letzte Chance, dachte ich, na warte, dich krieg ich, du allein reichst für zweihundert Personen, wenn ich mit dir fertig bin. Ich ließ die Pfanne los, die ich unsinnigerweise immer noch festhielt, und sprang mit einem Satz dem Riesenkaninchen hinterher. Ich bekam es an seinem buschigen Schwänzchen zu fassen, das die Dimension eines Kühlschranks hatte., In dem Moment registrierte ich, dass ich immer schneller und tiefer in einen dunklen Brunnen fiel und fiel und fiel ...

    Das Kaninchen krallte sich an der Brunnenwand fest. Durch den unerwarteten Ruck ließ ich unversehens los und stürzte allein hinab. Als ich nach oben in das Gesicht des Riesenkaninchens schaute, sah ich, dass es ein rosa Fell hatte.

    Es grinste mich an, nein, es lachte mich aus und klingelte mit einer Glocke. „Essen ist fertig", rief es, und immer wieder:

    „Essen ist fertig."

    „Nein, nicht Essen, rief ich, „nicht Essen ...

    Schmerzlich schlug ich auf dem Boden auf. „Aah, mein Arm", schrie ich.

    Ich öffnete die Augen, mein Arm war seltsam verdreht, weil ich neben meinem Bett lag und den Arm zwischen dem Bettrand und der Matratze eingeklemmt hatte. Mein Handy klingelte.

    Während ich mich aus der etwas misslichen und schmerzhaften Lage zu befreien versuchte, hielt ich mit den Augen nach meinem Handy Ausschau. Mein Schädel brummte. Ein voller Aschenbecher, Zigarettenschachteln, Geldscheine, Münzen, ein leerer Pizzakarton auf dem kleinen Wohnzimmertisch, meine Jeans neben dem Bett, mein Lieblingsshirt mit der berühmtesten Zunge der Welt drauf, Socken und ein Berg schmutziger Wäsche. Kein Handy. Bierdosen, leere und volle.

    Eine Flasche Tequila. Wo kam die denn her? War wohl etwas heftig gestern gewesen. Ich sollte wohl mal aufräumen. Da klingelte es wieder. Herrgott, wo war denn das Scheissteil bloß? Max, mein Kater, sprang mir auf die Schulter und maunzte vorwurfsvoll, als wollte er sagen, kannst ja mal aufräumen, Alter, und überhaupt, steh endlich mal auf, mach mal voran, ich hab Hunger. Ja, ja, hast ja recht. Ich schwang mich auf und schlich nach neben an in meine Küche.

    Da lag es doch auf dem Tisch. Unbekannte Nummer auf dem Display. Ich meldete mich: „Zentrum der Arbeit, Krematorium West, Ofen 4, Chefheizer Ackerschott am Apparat, wer stört?"

    „Äh, 'tschuldigung, da hab ich mich wohl verwählt", sagte eine männliche Stimme.

    „Nix für ungut, grinste ich ins Telefon, „kann ja mal passieren. Tut, tut, tut. Aufgelegt. Ich ging in mein Wohnschlafzimmer zurück und zündete mir eine Luckys an.

    Ich hatte nur noch drei Stück in der Packung. Alter, dachte ich, da musste auf jeden Fall noch Kippen besorgen.

    Max, mein Kater, schlich um meine Beine und rieb sich an mir.

    Ja, ich gebe dir was zu fressen, ist ja gut. Auf dem Weg in die Küche zurück, klingelte es wieder. Unbekannte Nummer. Ich nahm an und sagte meinen Spruch. Mittendrin unterbrach mich der Anrufer.

    „Herr Tschibulski, das ist nicht sehr nett von Ihnen, mich hier so verhohnepipeln zu wollen. Sagte der gerade verhohnepipeln? Das Wort hatte ich zuletzt in meiner Kindheit gehört. Wer redet denn so? „Wer ist denn da, fragte ich.

    „Müllenborn mein Name. Oberamtsrat Bernd Müllenborn.

    Finanzamt Köln Mitte, sagte die Stimme. „Sind Sie zu Hause, oder wo erreiche ich Sie gerade, Herr Tschibulski?

    „Äh, ehm, mh, Finanzamt?, fragte ich zögerlich, „was, was kann ich für Sie tun?

    „Das würde ich gerne persönlich mit Ihnen besprechen, Herr Tschibulski, sind Sie derzeit zu Hause?"

    „Ja, ja, sicher, antwortete ich zögerlich, „bin ich.

    „Dann wäre es sehr nett, wenn Sie mir die Tür öffnen könnten.

    Sie wohnen doch Weißer Landstraße lb, Parterre links?"

    „Ja, wieso?"

    „Tja, Ihre Klingel ist wohl defekt, denn ich stehe hier schon eine geraume Zeit vor Ihrer Haustüre. „Eh, ja, dann lass ich Sie wohl mal rein, kleinen Augenblick noch, ich muss mir erst was anziehen."

    Ruck, zuck, sprang ich in Jeans und T-Shirt, steckte die Münzen und die Kippen vom Tisch in die Hosentasche. Den Müll und die Geldscheine schob ich in den Pizzakarton, schnell noch die Bierdosen drauf, die Klamotten warf ich in den Wohnzimmerschrank unter dem Fernseher. Jetzt sah es doch wieder ganz manierlich aus! Ich setzte mein bestes Lächeln auf und betätigte den Türöffner.

    „Morgen, Herr Tschibulski, Müllenborn vom Finanzamt, wie schon erwähnt. Ich habe hier ein Schreiben vorliegen, in dem ich befugt bin, alles in Ihrem Besitz befindliches Barvermögen zu pfänden. Haben Sie Geld hier?"

    „Nö", antwortete ich verdattert. Mir wurde heiß und kalt zugleich.

    „Sie haben Ihre KFZ- Steuer nicht überwiesen, wenn ich das hier richtig sehe. Da wir auf Ihrem Konto kein Vermögen vorfanden und es sich nach unseren Erkenntnissen um ein P-Konto handelt auf das wir keinen Zugriff erlangen konnten, mache ich nun eine Wohnungs-, Mobiliar- oder Taschenpfändung bei Ihnen, es sei denn, Sie hätten den Betrag von 170,65 Euro im Haus. Zur Sicherheit kann ich natürlich auch Eigentum von Ihnen pfänden. Was ist denn ihr Auto wert, von dem wir hier reden? Kann ich das Fahrzeug bitte mal sehen? Und wie sieht's aus mit dem Fahrzeugbrief?"

    „Äh, wie, pfänden? Auto? Ich habe kein Auto mehr."

    „Aber Sie sind doch Samuel Archimedes Nepomuk Tschibulski, geboren am 7. September 1967 in Aachen, oder nicht?"

    „Ja sicher, schon, aber ich habe seit dem Unfall auf der Autobahn kein Auto mehr, und überhaupt, derzeit bin ich in ärztlicher Behandlung und krankgeschrieben."

    „Ja, Herr Tschibulski, das tut mir zwar leid, aber irgendwie müssten Sie mir schon entgegenkommen und was bieten.

    Außerdem bin ich nicht befugt, über äußere persönliche Umstände ihre Person betreffend, ein Urteil abzugeben. Wir haben Sie ja auch schon des Öfteren angeschrieben. Sie hätten ja Stellung dazu beziehen können. Sollten Sie also keine Bar- oder Sachwerte besitzen, sehe ich mich gezwungen, Sie in Erzwingungshaft setzen zu lassen."

    Jetzt begann ich, mich fürchterlich aufzuregen.

    „Hä, Erzwingungshaft? Guter Mann, wie Sie sehen, habe ich hier nix von Wert und mein gebrauchter Fiesta stand bis vor wenigen Tagen noch vor der Tür. Der wurde mir allerdings gestohlen. Also, wie soll ich sagen, ich hab nix für Sie. Davon mal abgesehen, wie kommen Sie überhaupt dazu, am Rosenmontag hier aufzutauchen und die Leute aus dem Bett zu klingeln. Wir haben Karneval, Mann. Karneval verstehen Sie?

    Lachen, Spaß haben, fröhlich sein, verstehen Sie das überhaupt?

    „Herr Tschibulski, ich bin Finanzbeamter und Sauerländer. Ich nehme meinen Beruf ernst. Sehr ernst. Wenn ich auch zugeben muss, dass meine Kollegen alle Karneval feiern. Aber ich feiere eben nicht, und deshalb hätte ich jetzt gerne von Ihnen 170,65, Euro KFZ-Steuer!"

    „Sie spinnen doch, wagte ich mich entrüstet vor, „wo soll ich die jetzt denn her holen?Max, mein Kater, sprang auf den Küchentisch und fauchte den Finanzbeamten an. Das schlaue Tier merkte, dass der Mann nicht gerade zu den nettesten Zeitgenossen gehörte.

    „Setzen Sie sich doch erst mal, ich bot dem Beamten einen meiner Küchenstühle an. „Und du Dicker, du verschwindest jetzt mal, grummelte ich zu Max. Er verschwand Richtung Wohnzimmer. Ich öffnete ihm das Fenster, worauf er nach draußen in die Botanik verschwand, um sich eine Maus zu fangen. „Wie spät ist es denn eigentlich?", fragte ich beiläufig.

    „Acht Uhr einundzwanzig und zehn Sekunden, antwortete der Mann vom Finanzamt wie aus der Pistole geschossen. Ich wollte gerade „Piep sagen, unterdrückte aber den Reflex.

    Stattdessen meinte ich, auf den Schreck bräuchte ich erst mal nen Kaffee.

    „Sie auch einen?", wandte ich mich an meinen beamteten Gesprächspartner.

    „Nein danke, ich trinke nur Tee."

    „Tja, äh, Tee ist gerade aus, vielleicht ein Wasser?"

    „Nee, lassen se mal, ich schau mich hier mal um, wenn sie nichts dagegen haben", bekam ich zur Antwort. Er spazierte vom Flur aus in mein Wohnschlafzimmer.

    „Machen se nur, erwiderte ich, „ich bin zwar noch nicht zum Aufräumen gekommen, aber sehen Sie sich ruhig um.

    Während ich mir den Kaffee in meiner Senseo ansetzte, dachte ich angestrengt nach, wie ich den Kerl wieder loswerden könnte. Während Herr Müllenborn sich umsah, trank ich meinen Kaffee. Erst schien er nichts Verwendbares zu finden.

    „Von wann ist denn der Fernseher, fragte er dann, „haben Sie dafür einen Beleg?

    „Ein Erbstück meines Vaters, sagte ich, ließ mich demonstrativ in meinen Fernsehsessel fallen, nahm meine Kippen aus der Hosentasche und schaute ihm mit mehr oder weniger Desinteresse zu. Irgendwie musste ich den Kerl doch loswerden. Max kam unter der Couch hervor. Als ich ihn streichelte, begann er zu schnurren. Mit einem Satz sprang er auf den Tisch und fauchte wieder den Mann an, der unserer einhelligen Meinung hier im Wohnzimmer absolut gar nichts verloren hatte. „Was hat sie denn, fragte Herr Müllenborn und beugte sich runter zu Max.

    „Die Sie ist ein Er, und er hat was gegen Ruhestörung am Morgen, bemerkte ich und bot ihm eine Zigarette an. „Nein danke, ich bin Nichtraucher. Im gleichen Moment erschrak Max und riss den Pizzakarton samt Inhalt und die Bierdosen herunter. Es zischte und spritzte nach allen Seiten. Herr Müllenborn sprang nach links und mein Kater verschwand wild fauchend nach rechts durch das offene Fenster.

    „Ich hole sofort was zum Aufwischen", rief ich, sprang aus dem Sessel und rannte in die Küche.

    „Lassen sie sich ruhig Zeit", rief Herr Müllenborn mir hinterher. Als ich zurück war, grinste er mich an und fischte fein säuberlich die Geldscheine aus dem Müll.

    „Zwar etwas mitgenommen, aber auch das ist Geld", sagte er.

    „Ich Idiot!", schoss es mir durch den Kopf.

    „Was haben wir denn da? Hundert plus zwanzig plus fünfzig Euro, geht doch",grinste Herr Müllenborn unverschämt und zückte irgendeinen Wisch hervor.

    „Ich will mal nicht so sein. Die fünfundsechzig Eurocent können Sie uns dann ja in den nächsten vier Wochen überweisen. Seien Sie bitte so nett und unterschreiben Sie mir doch bitte hier unten rechts das Formular, dann bin ich auch schon wieder verschwunden, und Sie können Karneval feiern."

    In diesem Moment klang ein ohrenbetäubender Lärm von draußen und schien das Haus zum Zittern zu bringen. Ich ging ans Fenster. Gerade fuhren scheinbar mehrere Hundertschaften Polizei vorbei. Was war denn da los?

    Nachdem der Lärm etwas gesunken war, wandte ich mich wieder Herr Müllenborn zu.

    „Was sagten Sie gerade?"

    „Bitte hier unten rechts unterschreiben, er deutet auf sein Formular. Ich unterschrieb zähneknirschend. Schönen Tag noch und denken Sie dran, spätestens in vier Wochen fünfundsechzig Eurocent überweisen.

    Er packte seine Tasche und war so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.

    So ein Mist, was mache ich denn nun, ging es mir durch den Kopf. Wieder fuhr mit lautem Gedröhn ein Einsatzfahrzeug der Polizei an meiner Wohnung vorbei. Manchmal hasse ich es, so nah an der Hauptstraße zu wohnen, aber andererseits war die Wohnung zentral gelegen und das hatte auch seine Vorteile.

    Mein Handy spielte Peter Gunn, die Melodie aus Blues Brother, das machte es immer wenn mein bester Freund Rüdiger anrief. Rüdiger war IT -Manager fuhr gerne BMW und hatte außer seinen Katzen und gelegentlichen Kontakten zu mir eigentlich nicht viel vom Leben. Er war wohl das, was man einen Einsiedler nennen konnte. Er lebte für seine Katzen und seinen Job. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und zusammen durch manchen Scheiß, den wir schon so verbockt hatten. Doch trotzdem oder gerade, weil wir uns nicht oft sahen, hatte diese Freundschaft schon seit fünfunddreißig Jahren Bestand, länger als manche Ehe. Wir waren wie Pott und Deckel, konnte man sagen. Ich ging also ran.

    „Zentrum der Arbeit, du Traum meiner schlaflosen Nächte", meldete ich mich. Grinsend, mit sanfter Stimme, aber auch etwas zerknirscht.

    „Du Arsch!, tönte es zurück, „was machste gerade so?

    „Och nix, bin am krankfeiern bei Tequila und Bier, außerdem ist Karneval, und was machst Du so? „Sollen wir uns in Wipperfürth treffen zum Karnevalfeiern", kam es durch den Hörer.

    „Klar, wieso nicht, wann denn?Na gleich, in Kreuzberg geht ab dreizehn Uhr de Zoch. Wie lange brauchst du denn von Köln nach Wipp?"

    „Alter, ich habe gerade weder Geld noch Auto, bei mir ist gerade der Gerichtsvollzieher mit meiner letzten Kohle verschwunden", sagte ich.

    „Kein Problem, ich hol dich ab, und das mit dem Geld kriegen wir auch hin. Mach dir mal keinen Kopp. Will eh ein, zwei Sachen mit dir besprechen."

    „So, was denn," fragte ich?

    „Ach weißte, wir haben Klassentreffen im Dezember in Wipperfürth. Das muss geplant werden. Außerdem hätte ich hier ne Wohnung für dich, wenn du willst. Müssten wir uns dann mal ansehen, wenn du Zeit hast und möchtest. In Köln versauerst du doch eh.

    „An Karneval", fragte ich?

    „Wenn Du willst, oder später, können wir ja dann noch bekakeln. Was jetzt? Soll ich dich nun holen oder nicht?"

    „Klar, wann bist du da?.

    „Tja, ich bin in am Flughafen Köln/Bonn, gerade gelandet und hab jetzt ein paar Tage frei. In fünfundzwanzig Minuten kann ich bei dir sein. Je nach Verkehr, o. k., kein Thema. Bis gleich."

    „Gut, bis gleich", sagte ich und legte auf. Ich öffnete das Küchenfenster und rief nach Max, aber keine Katze meldete sich weit und breit. Ich stellte ihm etwas von dieser Fertigplempe hin, die einem das Essen schon wieder hochkommen lässt, wenn man die Dose aufmacht. Aber was soll's? Meine Katze stand drauf. Mit Thunfisch, war auf der Packung zu lesen. Wasser stellte ich auch noch auf die Fensterbank, dann machte ich mich fertig. Ich wollte draußen an der frischen Luft warten. Als ich vor die Tür trat, fing es zu schneien an. Ich überquerte die Straße und stellte mich zu den Jecken in die überfüllte Bushaltestelle. Jede Menge Kostüme waren zu sehen, nur ich kam mir wie ein Alien vor unter ihnen, da ich nur normale Sachen an hatte.

    „Haben Sie schon gehört?", fragte mich ein ziemlich bunter Clown mit Blume im Knopfloch.

    „Nee, was denn?"

    „Na hier, die Polizei und das Gedröhne mit dem Blaulicht und so!"

    „Ja", sagte ich, „habe ich mit bekommen. „Was ist denn passiert, brennt der Dom?

    „Nee, nee, sagte der Clown mit der Blume im Knopfloch, „da war wohl ein Überfall.

    „Überfall, wo denn? fragte ich. Eine als Nonne verkleidete Frau mit einem kleinen Tiger an der Hand sagte: „Drüben an der Sparkasse in Sürth.

    „Heute?"

    „Ja, gerade eben."

    „Und? Haben sie den oder die Täter?"

    „Keine Ahnung", mischte sich einer als Althippie verkleideter Pimpf ein. Er mochte vielleicht fünfzehn oder sechzehn Jahre alt sein. Er bemerkte meinen Blick auf sein Kostüm.

    „Nach dem Zooch geh ich noch auf ne Motto-Party, die Sachen hab ich mir bei meinem Ollen ausgeliehen."

    „Coole Klamotten", sagte ich.

    „Wieso war denn da die Bank überhaupt auf?"

    „Keine Ahnung, meinte der Jung-Hippie, „ich war mir eben noch Geld ziehen, da war alles prima.

    Ich erblickte Rüdiger, der gerade vor der Bushaltestelle einparkte.Mein Taxi ist da, freute ich mich, „schönen Tag noch."Irgendwie war mir nicht nach Feiern, ich hatte plötzlich eine miese Stimmung.

    Kapitel Zwei

    Es war Samstagmorgen. Der sechste Dezember. Der Winter ließ noch ein wenig auf sich warten, das Wetter war durchwachsen, grauweiße Wolken zogen vorbei. Ab und zu guckte die Sonne zwischen den Wolken durch. Ein eisig kalter Wind fegte durch die Straßen. Es roch nach Schnee in der ältesten Stadt im Bergischen Land, ein typisch bergischer Winter eben, dachte ich so bei mir. Alle meine Besorgungen waren gemacht; Katzenfutter, zwei leckere Lummerkoteletts, Sahne, Butter, Brot, Aufschnitt, Milch, etwas Pfefferminzschokolade und ein paar Schokoladenkekse mit dem Prinzen drauf. Mühsam schleppte ich mich mit meinen vollen Einkaufstaschen wieder die Sanderhöhe hoch. Nach dem Wegräumen der Lebensmittel legte ich mich auf die Couch. Moritz, eine meiner Katzen schlich um mich herum.

    „Ich werde heute Abend weg sein. Du passt hier auf. Ich bin verabredet. Klassentreffen. Wir werden uns unterhalten, besaufen und über alte Zeiten quatschen."

    Moritz streckte sich, leckte sein Fell sauber, als wolle er sagen:

    Was interessiert's mich, Alter. Dann sprang er auf und versuchte eine Fliege zu fangen, die am Fenster entlang summte und sich ab und an auf einer meiner Orchideen niederließ.

    „Ihr passt auf das Haus auf, befahl ich, „und dass mir keine Klagen kommen von deinem Kumpel. „Futter hab ich euch auch gekauft."

    Moritz verschwand Richtung Katzenklo auf der Suche nch seinem Kumpel Max, um ihm die wichtige Nachricht mitzuteilen, dass ich heute Abend nicht da wäre. Begeisterung sah anders aus. Ich stellte mir vor, dass sie zusammen im Katzenklo hockten, so in etwa als konspirativer Treffpunkt, und sich nun gerade darüber austauschten, was sie alles anstellen könnten, wenn der Alte heute Abend nicht da war. Das Klingeln meines Handys entriss mich meiner Gedankenwelt.

    Eine SMS. „Ich muss dich sehen, sofort, bin im Rathaus.

    Mucki."

    Mehr stand da nicht. Mucki, wer nannte mich denn Mucki, das hatte ich schon ewig nicht mehr gehört. Ich schaute auf das Display, unbekannte Nummer. Mucki, Mucki, sinnierte ich.

    Die einzige Person, die mir einfiel, die das immer gesagt hatte, war meine ehemalige Freundin Monika gewesen. Soviel ich wusste, war sie verheiratet und arbeitete im Büro des Bürgermeisters als Sekretärin. Aber die würde ich doch heute Abend sehen, beim Klassentreffen, oder war ihr was dazwischengekommen? Max und Moritz kamen angetigert.

    „Da ist jemand, den ich nicht mehr näher kenne, erklärte ich, „was sagt ihr? Soll ich runter gehen? Ich sehe sie eh heute Abend.

    Meine Katzen haben die Angewohnheit, mich vollkommen zu ignorieren, wenn ich etwas von ihnen will. In diesem Fall war der Kratzbaum, den ich ihnen gekauft hatte, interessanter als ein zustimmendes Miauen oder ein gequältes Maunzen, es kam nix von den beiden.

    „Sie wird ja wohl im Rathaus sein. Wo sie wohnt, weiß ich ja sowieso nicht, versuchte ich zu erklären. Während ich so laut nachdachte, drehten sich meine Katzen weg, als wenn ich Luft wäre. „Ja, nee, is klar, da fragt man euch um Rat, und ihr zieht den Schwanz ein. Hallo, das ist nee WG hier? Ich zahl' euer Futter, mach das Katzenklo sauber. Dafür habt ihr für meine Unterhaltung da zu sein, ist das klar?

    Max gab einen leisen kläglichen Heulton von sich, oder war's ein Seufzen, als wolle er sagen: Alter, die ruft an, nix wie hin, wie doof kann man sein?

    Moritz schlich davon, anscheinend beleidigt. Vielleicht fühlte er sich zu wenig beachtet. Schnell sprang ich ins Bad. Rasieren, duschen, und ab in die Klamotten. Draußen hatte sich der Regen in Schnee verwandelt. Trotzdem entschloss ich mich, zu Fuß runter zu gehen. An der Drahtzieherei vorbei, über den schmalen Steg am Turbinenhaus entlang, vorbei am Putscherdenkmal. Danach wählte ich den Weg über den Kirchplatz auf die Untere Straße. Schon stand ich auf dem prachtvoll geschmückten Marktplatz. Links von mir, vor der Kreissparkasse, stand der riesige geschmückte Weihnachtsbaum. Ein paar ausländische Mitbürger lungerten mit ihren Handys herum. Leute flitzten in die Bank und verließen sie wieder. Es herrschte ein reges Treiben. Überall waren Buden und Verkaufsstände der Vereine aufgebaut.

    Stimmt ja, dachte ich, es ist ja Weihnachtsmarkt an diesem Wochenende. An allen Ecken duftete es nach Glühwein und ofenfrischem Gebäck. Aus den Lautsprechern dröhnte „White Christmas" von Bing Crosby. Der heilige Martin ritt gerade an mir vorbei, um den Auftritt vor einer Schar Kinder nicht zu verpassen. Eine kleine Theatergruppe führte keine zehn Meter vor mir das Stück des heiligen Mannes auf. Jetzt war sein Einsatz gekommen. Ich sprang vor seinem Pferd beiseite, bog nach rechts ab Richtung Hansecafe. Mein Blick fiel auf das wundervoll geschmückte Rathaus, jedes Fenster war mit Ziffern des Adventskalenders versehen. Wie ein riesiger Adventskalender sah das Gebäude aus. Die Rathausuhr schlug zweimal. Vierzehn Uhr. Langsam wurde der Schneefall dichter.

    Ein Geruch von gebratenem Fleisch stieg mir in die Nase. An einer Bude des Karnevalsvereins der KG Baulemann gab es Feuerzangenbowle, nebenan bot einer Pulled Pork an. Hungrig fiel mir ein, dass ich noch nicht gegessen hatte. Wieder an einer anderen Bude wurden selbstgebackene Waffeln und Krapfen aneboten. Kinder flitzten in einen Stand hinein, wo man selbst Kerzen ziehen durfte. Die Atmosphäre strahlte etwas von einer geschäftigen Ruhe aus der guten alten Zeit aus, man merkte das Besinnliche der Vorweihnachtszeit trotz der vielen Menschen auf dem Platz. Alle wirkten heiter und unbeschwert. Ich steuerte auf die große Rathaustreppe zu. Erinnerungen kamen auf. Hier war ich groß geworden, hier hatte ich als Kind gespielt. Aus fast allen Rathausfenstern drang Licht nach außen, links zwischen den Fenstern waren Lichterkettentannenbäume angebracht worden, rechts zwischen den Fenstern zogen ein paar Rentiere den Schlitten des Weihnachtsmannes. Ich befand mich in Höhe der Commerzbank, als ich Glas splittern hörte. Mit einem gellenden Schrei stürzte eine blonde Gestalt aus dem Rathausfenster mit der Zwanzig. Die Leute erschraken, schauten auf das Geschehene, schrien entsetzt auf, und liefen kreuz und quer und hin und her. Mütter hielten Kindern die Augen zu, andere rannten ganz schnell weiter. Ich stürzte Richtung Treppe, wo sich schon eine kleine Menschentraube gebildet hatte. Es war ein schauriges Bild, was sich mir bot. Der völlig verdrehte Körper der Frau lag in einer Blutlache, der

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