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Von der Kunst, Dinge zu sehen: Essays
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eBook61 Seiten1 Stunde

Von der Kunst, Dinge zu sehen: Essays

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Über dieses E-Book

Als John Burroughs im März 1921 kurz vor seinem vierundachtzigsten Geburtstag starb, war er der berühmteste und meistverkaufte Nature Writer der USA. Beeinflusst von Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau, befreundet mit Walt Whitman, schrieb er über Vögel, die Jahreszeiten, Bäume, Tiere und den Menschen in all dem.
Im deutschsprachigen Raum ist John Burroughs kaum bekannt – Grund genug, seine Essays Die Kunst, Dinge zu sehen und Von der Heiterkeit der Landstraße als deutsche Erstübersetzung in gewohnt schöner Ausstattung herauszubringen. Eindringlich plädiert Burroughs darin dafür, bewusst aufmerksam zu sehen, zu hören, überhaupt wahrzunehmen, und erzählt vom Zu-Fuß-Gehen und der Interaktion zwischen dem Gehenden, der Landschaft und seinem Innenleben.
SpracheDeutsch
HerausgeberLimbus Verlag
Erscheinungsdatum4. Dez. 2019
ISBN9783990391754
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    Buchvorschau

    Von der Kunst, Dinge zu sehen - John Burroughs

    John Burroughs

    Von der Kunst, Dinge zu sehen

    Von der Heiterkeit der Landstraße

    Zwei Essays

    Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Klaus Bonn

    Von der Kunst,

    Dinge zu sehen

    I

    Ich habe nicht die Absicht, meinem Leser zu sagen, wie er Dinge sehen soll, sondern ich möchte nur so über die Kunst, die Dinge zu sehen, sprechen, wie man über irgendeine andere Kunst sprechen könnte. Man könnte über die Kunst der Poesie, der Malerei oder über die Redekunst sprechen, ohne die Hoffnung zu hegen, seine Leser oder Zuhörer zu Poeten, Malern oder Rednern zu machen.

    Das Wissen von allem Möglichen kann beigebracht oder durch ein Studium erworben werden; zur Kunst davon gelangt man über die Praxis oder durch Inspiration. Die Kunst, Dinge zu sehen, ist nicht etwas, das in Regeln übermittelt werden kann; es ist eine lebendige Angelegenheit im Auge und im Ohr, wahrhaftig im Geist und in der Seele, deren Organe sie sind. Ich kann so wenig auf meine Befähigung hoffen, dem Leser zu sagen, wie er die Dinge sehen soll, wie bei dem Versuch, ihm zu sagen, wie er sich verlieben oder sein Abendessen genießen sollte. Entweder tut er es, oder er tut es nicht, und das ist alles. Manche Menschen werden anscheinend mit Augen in ihren Köpfen geboren, und andere mit Knöpfen oder bemalten Murmeln, und kein Wissen der Welt vermag den einen dem anderen gleich zu machen, was die Kunst, Dinge zu sehen, angeht. Die große Masse des Menschengeschlechts ist diesbezüglich wie das Fußvolk bei den Soldaten: Sie feuern mal einfach so in die Richtung des Feindes, und wenn sie treffen, dann ist das eher dem Zufall geschuldet als einer genauen Zielsetzung. Aber hier und da gibt es den Beobachter mit den scharfen Augen; er ist der Scharfschütze; sein Auge macht den Unterschied; seine Absicht trifft ins Schwarze.

    Selbst der erfolgreiche Angler scheint so geboren und nicht gemacht zu sein; er scheint instinktiv die Wege der Forelle zu kennen. Das Geheimnis liegt zweifelsohne in der Liebe zum Sport. Die Liebe schärft das Auge, das Ohr und den Tastsinn; sie belebt die Füße, beruhigt die Hand, sie wappnet gegen Nässe und Kälte. In dem, was wir gerne tun, erbringen wir auch eine gute Leistung. Wissen ist nicht alles; es ist nur die Hälfte. Eine Sache zu lieben, macht die andere Hälfte aus. Wordsworths¹ Dichter wäre zufrieden, wenn er an den Dingen Gefallen fände, die andere verstanden. Das ist gemeinhin die Haltung der jungen und poetischen Natur. Der Mann der Wissenschaft dagegen ist zufrieden, wenn er die Dinge verstehen kann, woran andere Gefallen finden: Darin besteht sein Vergnügen. Kontemplation und Absorption für den einen; Erkundung und Klassifikation für den anderen. Wir verfolgen vermutlich alle in unterschiedlichen Abstufungen den einen oder anderen Weg, uns an der Natur zu erfreuen: entweder das teilnahmsvolle und emotionale Vergnügen an ihr, das dem jungen, künstlerischen und poetischen Temperament zu eigen ist, oder das Vergnügen mittels unserer von der Naturwissenschaft gespeisten Erkenntnisfähigkeit, oder, was auch möglich ist, beide vereint, was gewiss bei einem Mann wie Tyndall² der Fall war.

    Aber nichts kann die Liebe ersetzen. Die Liebe ist das Maß des Lebens: Nur sofern wir lieben, leben wir wirklich. Die Vielfalt unserer Interessen, die Bandbreite unserer Anteilnahme, die Empfänglichkeit unseres Herzens – was, wenn nicht diese, gibt unserem Leben ein Maß? Im Lauf der Jahre sind wir alle mehr oder weniger zwei Gefahren ausgesetzt, nämlich der Gefahr der Versteinerung und der Gefahr der Zersetzung; sei es, dass wir verhärten und abstumpfen, durch Gewohnheiten und Konventionen verkrusten, bis uns kein neuer Licht- oder Freudensstrahl mehr erreicht, oder dass wir nachlässig und unordentlich werden und den Bezug zu den wirklichen und lebendigen Quellen des Glücks und der Stärke verlieren. Nun gibt es kein anderes Schutz- und Desinfektionsmittel, nichts, was das Herz jung hält, als die Liebe, das Mitgefühl, sich mit voller Begeisterung einem werten Gegenstand oder Anliegen zuzuwenden.

    Wenn ich die drei kostbarsten Ressourcen des Lebens benennen sollte, so wären dies Bücher, Freunde und die Natur; und die größte, wenigstens die beständigste und stets zuhandene

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