Vom Himmel das Blau: Dr. Sonntag 6 – Arztroman
Von Peik Volmer
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Über dieses E-Book
Diese spannende Arztserie überschreitet alles bisher Dagewesene. Eine Romanserie, die süchtig macht nach mehr!
Ist es nicht erstaunlich, verehrte Leserin, geehrter Leser, wie schnell aus völlig unbekannten Menschen gute Bekannte, vielleicht sogar Freunde werden können? Bis vor kurzem kannten Sie Egidius noch nicht, seine Frau Corinna, und Daniel, den Schriftsteller. Haben Sie einen Sohn wie Lukas daheim? Ein lieber Junge, aber mit 15 mitten in der Pubertät! Dagmars Probleme scheinen gelöst. Endlich kennt sie ihre Eltern, und mit Anton scheint sie ihre große Liebe gefunden zu haben – im Gegensatz zu Frau Fürstenrieder! Den kleinen Hannes kann ich gut verstehen, aber auch Lily. Natürlich macht sie sich Sorgen um den Jungen, der ja unter einer psychischen Erkrankung leidet. Philipp und Chris gehen entspannter mit ihm um, vermutlich fühlt er sich bei den beiden wohler als bei seiner Mutter. Ich habe gerade eben das Ende des fünften Bandes noch einmal gelesen. Drei Informationen schulde ich Ihnen noch. Sie erinnern sich doch sicher an das Wichtelgeschenk für Ludwig, den jungen Assistenzarzt. Die Lotto-Ziehung fand am Samstag, den 22. 12. statt. Dann die Frage, wo und mit wem Lukas Silvester feierte. Und drittens: Wie verlief eigentlich der Besuch bei Professor Tauber? Egidius Sonntag mit seinem untrüglichen Gefühl für das richtige »timing«, wie man sagt, hatte ja exakt zu dem Zeitpunkt angerufen, an dem der Chefarzt der Pädiatrie, alles für sinnlos haltend, beschlossen hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen ... »Könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen?
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Vom Himmel das Blau - Peik Volmer
Dr. Sonntag
– 6 –
Vom Himmel das Blau
Peik Volmer
Ist es nicht erstaunlich, verehrte Leserin, geehrter Leser, wie schnell aus völlig unbekannten Menschen gute Bekannte, vielleicht sogar Freunde werden können? Bis vor kurzem kannten Sie Egidius noch nicht, seine Frau Corinna, und Daniel, den Schriftsteller. Haben Sie einen Sohn wie Lukas daheim? Ein lieber Junge, aber mit 15 mitten in der Pubertät! Dagmars Probleme scheinen gelöst. Endlich kennt sie ihre Eltern, und mit Anton scheint sie ihre große Liebe gefunden zu haben – im Gegensatz zu Frau Fürstenrieder! Den kleinen Hannes kann ich gut verstehen, aber auch Lily. Natürlich macht sie sich Sorgen um den Jungen, der ja unter einer psychischen Erkrankung leidet. Philipp und Chris gehen entspannter mit ihm um, vermutlich fühlt er sich bei den beiden wohler als bei seiner Mutter. Ich habe gerade eben das Ende des fünften Bandes noch einmal gelesen. Drei Informationen schulde ich Ihnen noch. Sie erinnern sich doch sicher an das Wichtelgeschenk für Ludwig, den jungen Assistenzarzt. Die Lotto-Ziehung fand am Samstag, den 22.12. statt. Dann die Frage, wo und mit wem Lukas Silvester feierte. Und drittens: Wie verlief eigentlich der Besuch bei Professor Tauber? Egidius Sonntag mit seinem untrüglichen Gefühl für das richtige »timing«, wie man sagt, hatte ja exakt zu dem Zeitpunkt angerufen, an dem der Chefarzt der Pädiatrie, alles für sinnlos haltend, beschlossen hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen ...
Zur rechten Zeit
»Könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen? Lasst mich doch einfach alle in Ruhe! Was habe ich euch denn getan? Ich – kann einfach nicht mehr!«
Tauber schluchzte auf. Egidius war alarmiert.
»Herr Tauber, ich stehe praktisch schon vor Ihrer Tür. Und: Nein, ich werde Sie nicht in Ruhe lassen. Ich bin ärztlicher Direktor, und die Qualität Ihrer hervorragenden Arbeit trägt zum exzellenten Ruf unserer Klinik bei. St. Bernhard wäre nicht die Institution, die sie ist, ohne Sie. Bitte, öffnen Sie mir, wenn ich klingele.«
Egidius hatte das Schlimmste befürchtet. Als auf sein Läuten hin der Summer ertönte, der die Eingangstür freigab, zischte er erleichtert und knurrte: »Dem Himmel sei Dank!« Er sprang die Treppen empor, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Tauber lag im Flur. Tränen liefen über sein Gesicht.
»Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr! Warum tut Sie mir das an? Warum tut Antretter mir das an?«
»Aber lieber Herr Tauber, darf ich Sie erinnern? Sie sind geschieden!«
»Aglaja hat sich scheiden lassen, nicht ich!«
»Das mag sein, ändert aber nichts am Resultat!«, erwiderte Egidius bestimmt. »Sie müssen akzeptieren, dass Ihre Ex-Frau ihre eigenen Wege geht. Es steht ja auch Ihnen frei, Ihre eigenen Wege zu gehen. Der Weg allerdings, an den Sie gerade eben gedacht haben, ist völlig untauglich!« Mit dem scharfen Auge des Arztes hatte er den kleinen Ritz in der Haut über dem linken Handgelenk seines Kollegen entdeckt, der leicht blutete, allerdings nicht lebensgefährlich.
Egidius kletterte über den liegenden Kollegen hinweg.
»Ich mach mal Kaffee«, erklärte er. »Milch steht im Kühlschrank?«
»Die ist nicht mehr gut!«
»Dann eben schwarz. Soll ja schön machen!«
Wenig später saßen die Kollegen sich im spärlich möblierten Wohnzimmer des Pädiaters gegenüber. Man merkte dem Raum immer noch an, dass er offenbar nur eine Art Notbehelf war. Zwei Sessel, ein Couchtisch, ein kleiner Esstisch und zwei Stühle. Auf einem kleinen Rollwagen stand ein altmodischer Fernseher mit integriertem Videorecorder, worüber Egidius gegen seinen Willen grinsen musste.
»Der gehört ins Museum, oder?«
»Für die ›Tagesschau‹ reicht’s! Und ›Criminal minds‹!«
Egidius’ Gesicht wirkte wie ein Fragezeichen.
»Ich sehe es eben gern.« Tauber klang trotzig, wie ein kleiner Junge. Fehlte nur noch das Aufstampfen mit dem Fuß.
Schweigend tranken die Herren ihren Kaffee. Egidius sprach nach einer längeren Pause.
»Ich verstehe gut, wie Sie sich fühlen, Herr Tauber. Mir würde es nicht viel anders gehen, wenn Corinna … Ich will mir das gar nicht vorstellen. Ihr Leben aber ist zu wichtig, um es wegzuwerfen. Darf ich Sie an den Fall dieses syrischen Jungen erinnern? Wie hieß er noch gleich?«
»Nazem. Nazem Almansour.«
»Bitte. Sie haben ihn gerettet, und dem Jungen geht es gut. Glauben Sie, dass jemand anders das geschafft hätte?«
»Jeder ist ersetzbar, Herr Sonntag. Bichler ist ein fantastischer Mann und etwas, was in unserer Zunft nicht häufig ist. Er ist ein guter Mensch.«
»... der alles, was er kann und weiß, von Ihnen gelernt hat. Sie haben doch auch mal den Eid des ollen Hippokrates geschworen, oder? Erinnern Sie sich? Unter anderem steht da, dass sie geloben, ›diese Kunst zu lehren ohne Entgelt und ohne Vertrag; Ratschlag und Vorlesung und alle übrige Belehrung meinen und meines Lehrers Söhnen mitzuteilen‹. Diesen heiligen Eid wollen Sie brechen? Mal ganz von der Verpflichtung abgesehen, alles für Ihre Patienten zu tun!«
»Und wer hilft dem Helfer?«
»Ich. Ich habe nämlich nicht vor, Sie fallenzulassen. Ich befürchte, dass Sie sich noch einmal ein der Entzugsklinik vorstellen müssen. Und Sie werden sicher psychotherapeutisch betreut werden müssen. Aber glauben Sie mir, es lohnt sich. Ich glaube an Sie. So, und jetzt nehme ich Sie mit!«
»Wohin?«
»Entweder zu mir nach Hause oder in die Klinik!«
»Nein, Sie können mich hier lassen. Ich verspreche Ihnen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen. Und gleich nach den Feiertagen stelle ich mich in Garmisch vor. Lech-Mangfall-Klinik. Die erinnern sich sicher noch an mich!«
»Na gut. Ich vertraue Ihnen. Versprechen Sie mir, dass Sie sich melden, wenn es Ihnen schlechter geht. Und bitte bedenken Sie, Herr Kollege, dass wir nicht auf der Welt sind, um den Erwartungshaltungen anderer zu entsprechen. Leider ist Ihre Erwartungshaltung Ihnen selbst gegenüber viel zu hoch. Bitte erwarten Sie von sich nur, was Sie zu leisten imstande sind.«
Egidius Sonntag verabschiedete sich, und fuhr nachdenklich heim. Er würde um Tauber kämpfen. Wer konnte glauben, dass ein Mann, der unzähligen Kindern geholfen, ihnen das Leben gerettet hatte, vor seinen eigenen Problemen kapitulierte? »So viel zum Thema ›Halbgott in Weiß‹«, knurrte er leise. Ob irgendein Patient je darüber nachdachte, dass auch ein Arzt gepeinigt wurde durch Ängste, ein gebrochenes Herz, Selbstzweifel?
Millionären widerspricht man nicht
Frau Fürstenrieder hatte eine kalte Platte arrangiert und eine Thermoskanne voll Früchtetee zubereitet. Dem gemütlichen Fernsehabend stand nichts mehr im Weg. Ludwig hatte es sich auf der Couch bequem gemacht und sah auf die Uhr.
»Ach, verflixt!«, schimpfte er. »Ich wollte unbedingt die Lottozahlen sehen, wegen dem Schein!«
»Wegen des Scheines«, korrigierte Frau Fürstenrieder mild. »Warte noch ein Viertelstündchen. Am Ende der Tagesschau werden die noch einmal verlesen! Was schauen wir uns an?«
»Wo ist die Programmzeitschrift?«
»Hier!«
»Die endete gestern. Freitag. Ich meine die neue, mit dem Programm ab heute!«
»O weh! Die muss ich vergessen haben! Wie dumm!«
»Macht nichts. Es gibt ja den Bildschirmtext!« Ludwig ergriff die Fernbedienung. »Also: Erstes – Drama mit Christiane Hörbiger als alkoholischer Architektin. Zweites – Komödie mit Christine Neubauer als verliebte Nonne. Bayern – Zünftig aufgspuit. Volksmusik aus dem Tölzer Land. RTL – Casting-Show. SAT1 – Erotikkomödie mit der Ferres als Mutter, deren Mutter und deren Schwester in einer Dreifachrolle. RTL II – Kochshow. Kabel – Sylvester Stallone. Rambo I-IV, 1982. ARTE – eine tschechische Tragödie mit französischen Untertiteln. VOX – Arztserie. Nein, Arztserien hasse ich! Die sind immer voll unglaubwürdig. Und viel zu schmalzig!«
»Das hört sich ganz entsetzlich an, außer