Einträge: (Erkenntnisse, gemischt)
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Über dieses E-Book
Hans-Jürgen Schleicher
Geboren am 27.11.1949 in Ulm/Donau. Dort auf die Waldorfschule gegangen und Abitur gemacht. Anschließend in Stuttgart Architektur studiert, mit einem Ausflug in die Bildhauerei (Alanus-Hochschule). Im Berufsleben vor allem als Entwurfs- und Wettbewerbsarchitekt tätig, überwiegend in freier Mitarbeit in verschiedenen Büros in und um Stuttgart. In Fellbach Mitarbeiter und Mitbegründer eines privaten Kulturforums, mit Seminar-, Vortrags- und Ausstellungsbeiträgen. 1987 erscheint das Sachbuch "Architektur als Welterfahrung" im S. Fischer Taschenbuch Verlag. Später dann Übergang zu eher literarischen Produktionen wie Romane, Novellen, Gedichte. Mehr zu diesen Texten und Entwürfen kann man auf der Website "www.architexxt.de" erfahren.
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Buchvorschau
Einträge - Hans-Jürgen Schleicher
Schaue um dich, und du wirst deinem Anteil an der Welt gewahr. Schaue in dich, und du wirst das Wirken der Welt in dir erkennen.
Inhaltsverzeichnis
Zutrauen
Das Geplante und das Ungeplante
Schmetterlingsfrei
Bäumeversteher
Fischzug
Anglerbeute
Wellengekräusel
Von Oben her
In der Fremde
Abschiedsblick
Das Meer der Möglichkeiten
Umkehrung der Perspektive
Unendliches Bewusstsein
Zweierlei Blickrichtungen
Renegat
Gegenwartssein
Was möglich ist, wird
Bewusstseinsaufhellung
Grenzen
Welten. Vorstellungen davon
Kein Gerüst mehr
Echsenmenschen, Siriusbewohner
Stimmen
Giordano Bruno
Kränkungen
Uranfang. Bewusstsein
Bewusste Existenz (Schellings Echo)
Verirrt
Wieder am Meer
Gespräch. Am Lagerfeuer
Erzählungen
Zuhörer
Freiheit
Wortwand
Sinnwort
Puppe in der Puppe
Superposition
Schreiben: woher die Worte?
Nimm den Faden auf
Fragmente
Die Welt erklären: Erzählungen
Geschichten entstehen
Neugeschaffen
Im Boot
Gewächshaus
Glocke/Klangweben
Resonanz
Polaritäten
Kontakt
Kontakt II
Evidenz
Luzide
Kindbewusstsein
Wette
Annahme
Gläubigkeit und Skepsis
Faktenwissen - Wissensquell
Was und warum und wie
Haltungen
Teilen und bereichern
Schattenwurf
Ereignisse, einschneidend
Rahmen
Zum Licht
Himmel
Himmel 2
Bipolar
Spiel und Freiheit
Nadelöhr
Determinismus
Wie kommt das Neue in die Welt?
Denken
Abschirmung
Mauern
Kätzchen im Baum
Sich herantasten
Googlebot
Paradox
Zuschreibung
Person
Ich
Bei mir
Verwickelt sein
Schläfer
Aufwachen
Kongruenz
Karma
Erinnern
Vergänglichkeit
Personen
Person - Ich - Individualität
Ego
Was bin ich?
Dasein
Entwicklung
Kette
Wunschwollenintention
Jenseits der Zeit
Blick von weither
Zutrauen
Zutrauen zur Welt - auf was beruht es? Wenn nicht ein Misstrauen da ist, eine grundlegende Skepsis, leben wir doch in einem Zutrauen zur Welt, zur Existenz, zum Gegebenen. Zutrauen ist uns angeboren. Skepsis ist erworben. Durch traumatische Erfahrung vielleicht, durch Enttäuschung des Vertrauens.
Oder trifft dies nur auf uns arglose Zöglinge einer menschlichen Fürsorgegemeinschaft zu, die durch Kontakt und sozialen Austausch zur Person heranwachsen? Schaut man auf ein Küken, welches durch eine verdächtige Silhouette am Himmel gewarnt, instinktiv in ein schützendes Versteck flüchtet, ohne Vorerfahrung mit Raubvögeln gehabt zu haben, dann sieht das dann doch wieder anders aus. Jedenfalls, in unserer menschlichen Biographie fangen wir mit Zutrauen an. Zu unseren Eltern, zum gewohnten Rhythmus von Wachen und Schlafen (die Welt wird noch immer existieren, wenn ich wieder aufwache), zum Sinn der Worte, die wir zu sprechen lernen - zu allem, was wir uns aneignen, uns zu eigen machen. Ohne das Zutrauen würden wir es nicht lernen, würden wir es uns nicht zu eigen machen. Und was wären wir dann?
Der Zweifel kommt später. Das Misstrauen. Ist das wirklich wahr? Bist du mir wirklich gut? Kann ich meinen Sinnen trauen? Sind das nicht Fake News? Auf eine nicht naive Art Zutrauen in das Universum zu haben, auf einen Sinn im Leben, auf die Möglichkeit von Erkenntnis - das setzt einiges an Entwicklung voraus, an Auseinandersetzung, an Reifung durch Überwindung von Anfechtungen. Und setzt die Verarbeitung der tiefen Kränkung voraus, die uns das Leben durch den Bruch des scheinbaren Versprechens, dass unser Zutrauen zu ihm immer belohnt werden wird, unausweichlich zufügt.
Das Geplante und das Ungeplante
Ich hätte gerne, dass alles, was ich unternehme, wie geplant verläuft. Mehr noch: dass alles meinem Plan entspricht. Bei diesem Satz zögere ich jedoch: Will ich wirklich, dass alles, was für mich existiert, meine eigene Unternehmung ist? Von mir geplant wurde? Nein, ich möchte mich ebenso darauf verlassen dürfen, dass mich auch das Ungeplante trägt. Mir nicht feindlich, sondern zukömmlich ist. Das Ungeplante nicht als Katastrophe, sondern als Freund. Als vertrauliches Dasein. Dieser Wunsch ist stark, nicht nur in mir. Er tritt als kindliches Urvertrauen auf, als Gottvertrauen, als Behaglichkeitstraum. Und sogleich mit dem Auftauchen dieses Gedankens ruft sich der Verstand zur Ordnung: Aufgepasst, die Welt ist nicht behaglich. Überall können Gefahren lauern. Nur dort, wo du alles durchgeplant hast, den blinden Zufall ausgeschaltet hast, kannst du dir sicher sein, dass sich nichts Schädliches in dein Leben mischt. Dass du nicht abhängig davon bist, was auf dich zukommt, egal ob positiv oder negativ. Also stehe ich im Dilemma der beschädigenden Verarmung des Lebens durch Kontrollzwang oder der Beschädigung durch leichtgläubige Nachlässigkeit.
Oder gibt es dieses Dilemma nicht wirklich - entsteht der Zwiespalt nicht eher aus einer Selbstüberschätzung des planenden Ichs, welches sich auch dort für zuständig hält, wo in Wahrheit die Automatismen von Gewohnheit und Konditionierung greifen? Automatismen, die es möglich machen, dass wir beruhigt dem Gang der Dinge vertrauen können, erst wieder alarmiert und aufgeschreckt, wenn etwas offensichtlich schiefläuft und der Kapitän wieder ans Ruder muss. Wobei, um in der Metapher zu bleiben, für manche Neurowissenschaftler dieser Akteur eher ein blinder Passagier ist, der sich für den Kapitän hält, während hinter den Kulissen ganz andere Kräfte den Ozeanriesen steuern. So pessimistisch in Bezug auf meine Rolle im Leben will ich nun nicht sein, doch ist unbestreitbar, dass das sich als Selbst erlebende Bewusstsein zu viel von dem außer Acht lässt, was ebenso (oder noch mehr) bestimmend für seine Existenz ist, wie das bewusst Herbeigeführte. So bin ich weder der Maschinist auf diesem imaginierten Ozeanliner, noch das Küchenpersonal, noch irgendwer der fleißigen Akteure unter Deck, und auch die Mehrzahl der Passagiere bleiben mir verborgen, nur ab und zu kommt ein Gespräch beim Kapitänsdinner mit einzelnen zustande und es zeigt sich ein identifizierbares Gesicht.
Dieses Faktum braucht man dennoch nicht als panikmachendes Feld der Ungewissheit ansehen, es kann auch als Geschenk betrachtet werden, welches der eigene Körper und die soziale und weitere Umwelt dem darauf beruhenden Bewusstseinslicht machen. Als Geschenk des Gegebenen an uns, des Zugrundeliegenden, dem wir alles verdanken; des Grundlegenden, welches trägt, ohne in Erscheinung zu treten - oder nur in seltenen Momenten der Offenbarung. Unsere biologische Ausstattung (einschließlich unseres Gehirns) ist ein Beispiel dafür. Der soziale Beziehungsraum, in den wir hineingeboren wurden ein anderes. Ebenso der Geschichtsraum, die Koordinaten unseres Hier und Jetzt. Freilich stellt sich damit auch die Frage: Wieweit sind wir bloß Getriebene dieser Mächte, Automaten, geformt und abhängig von den Umständen? Was an uns ist autonom? Was halten wir wirklich in unseren Händen, wenn wir unser Leben in die eigenen Hände nehmen?
Schmetterlingsfrei
Rückzug ins Abseits, um der Freiheit willen - das scheint eine merkwürdige Strategie zu sein. Aber sie funktioniert, wenigstens bei Menschen wie mir - eine Zeitlang zumindest. Frei und unbehelligt sich selbst entfalten zu können - einem verpuppten Schmetterling ähnlich - ist ein selbsttragendes Gefühl, weitend und klärend. Doch irgendwann gerät das Ganze ins Stocken. Die Wärme fehlt.
Der Schmetterling hat die Sonne, hat sein Programm in sich.