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Atychiphobia: Gespräche zum Thema Scheitern
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Atychiphobia: Gespräche zum Thema Scheitern
eBook131 Seiten1 Stunde

Atychiphobia: Gespräche zum Thema Scheitern

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Über dieses E-Book

ATYCHIPHOBIA (dt. Atychiphobie) ist die "Angst vor Unfällen". Tychos steht für "Unfall", Phobos für die "Furcht".
In der Praxis wird der Begriff für die Angst vor dem Scheitern, vor Fehlern, Kritik oder Ablehnung verwendet. Die Angst davor, eigene oder (vermeintliche) fremde Erwartungen nicht zu erfüllen. Dahinter steckt die Sorge vor der Ungewissheit und die Gewissheit der eigenen Fehlbarkeit.

Begleitend zur Theaterperformance "ATYCHIPHOBIA - The Importance of Failure in modern Society" haben Sandy Tomsits und Oliver Gruber-Lavin Gespräche zum Thema Scheitern geführt.

Gesprächspartner waren: Ceciliy Corti (ehem. Leiterin der VinziRast), Hannes Androsch (ehem. Vizekanzler & Unternehmer), Michael Herzog (Anlagenbauer), Sabine Scholl (Schriftstellerin), Günther "Gunkl" Paal (Kabarettist), Gabriel Halat (Unfallchirurg), Konrad P. Liessmann (Philosoph), Frau M. (Insassin einer JVA), Sedea Killinger (Vollzugsleiterin einer JVA) Wolfgang Kimmel (Pfarrer in Wien) und Veronika Steinböck (Künstlerische Leiterin des Kosmos Theater in Wien).

Die mit großer Offenheit geführten Gespräche geben einen Einblick in unseren persönlichen und gesellschaftlichen Umgang mit diesem Phänomen.
SpracheDeutsch
HerausgeberArt Libre
Erscheinungsdatum24. Apr. 2019
ISBN9783901209215
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    Buchvorschau

    Atychiphobia - Art Libre

    Wenn einer keine Angst hat,

    hat er keine Phantasie

    (Erich Kästner)

    Inhalt

    Vorwort der Herausgeber

    Cecily Corti

    Hannes Androsch

    Michael Herzog

    Sabine Scholl

    Günther „Gunkl" Paal

    Gabriel Halat

    Konrad Paul Liessmann

    Frau M.

    Seada Killinger

    Wolfgang Kimmel

    Veronika Steinböck

    Stückentwicklung

    Die Gruppe „Alte Meister"

    Die GesprächspartnerInnen

    Die HerausgeberInnen

    Vorwort der Herausgeber

    Gescheit scheitern

    Über das Projekt, die Gruppe und die Begegnungen mit den InterviewpartnerInnen

    Im generationenübergreifenden Projekt „Atychiphobia- The Importance of Failure in modern Society ist Scheitern, oder die Angst davor, etwas oder jemandem nicht zu genügen, oder abgelehnt zu werden, zu einem Transformationsprozess für alle Beteiligten geworden. Scheitern wird unterschiedlich wahrgenommen. Es gibt die, die ,,nie scheitern, weil sie am Punkt des Scheiterns sofort nach neuen Lösungsmöglichkeiten suchen, oder einen Haken schlagen, um nicht in eine missliche Lage zu kommen. Und die, die existentiell scheitern, weil sie am Weg nicht achtsam mit ihren Ressourcen umgingen, oder böse Überraschungen erleben, die meist von hierarchischen Systemen ausgehen und nicht wirklich abschätzbar waren. Über das Scheitern miteinander zu sprechen, es nicht zu tabuisieren, ist notwendig, wenn wir die ganzheitliche Entwicklung von Menschen jetzt und in Zukunft verstehen wollen.

    Die Tanz-Theater-Gruppe aus fünf jungen Erwachsenen und vier SeniorInnen der Seniorentheatergruppe Alte Meister Wien hat sich in zufälliger Auswahl zusammengefunden und über ein Semester gemeinsam gearbeitet. Mit Methoden der Theaterpädagogik versuchten Sandy Tomsits und Adriana Zangl ein Gesellschaftsbild zu zeichnen, in denen Denkmuster, Vorurteile über die jeweilig andere Generation und allgemeinmenschliche Ängste in bewegten Bildern - (fast) ohne Worte - ihren Ausdruck fanden. Körpersprache stand hier im Vordergrund. Beobachtungen von individuellen Verhaltensweisen im öffentlichen Raum und globale Themen wie Umweltverschmutzung und Vereinsamung in Städten flossen in die Dramaturgie des Stückes ein.

    Eine zusätzliche Bereicherung war das Buchprojekt, das dem Stück nachträglich Worte verleiht. - Die Idee: Menschen, Persönlichkeiten der Öffentlichkeit aus unterschiedlichsten Berufsgruppen, sowie Privatpersonen und ihren Schicksalen hier Raum zu geben, um ihre Wahrnehmungen, Lebensgeschichten und ihren Blickwinkel auf das Thema ,,Scheitern" widerzuspiegeln. Nebeneinander, miteinander, ohne Wertung.

    Dem geschätzten Leser sei hier ein interessanter Einblick in den Ist-Zustand gewährt. Allen Interviewten sei ein herzlicher Dank ausgesprochen für die tiefen Einblicke in ihre Gedanken- und Lebenswelt.

    Cecily Corti

    (Ehemalige Leiterin der VinziRast in Wien)

    Kriege mit uns selbst

    Sie sagten im Vorgespräch: Ein Neunjähriger und ein Obdachloser, die reflektieren das ,,Scheitern" nicht wirklich. Wie haben Sie das konkret gemeint?

    Ich hab’s in Frage gestellt. Ich würde das nicht beurteilen.

    Was sind Ihre Erfahrungen, oder Wahrnehmungen im Umgang mit Obdachlosen?

    In der Notschlafstelle, wo ich mich aufgehalten habe, oft vier Mal pro Woche, hatte ich nicht wirklich die Gelegenheit für lange Gespräche, aber wo das der Fall war, war in der Schreibwerkstatt, die die Renate Welsh-Rabady regelmäßig ein Mal pro Monat seit 2007 macht, diese Einrichtung ist ein großes Geschenk gewesen, von Anfang an, weil da die Teilnehmer, Menschen, die obdachlos waren, nicht gewohnt sind, zuzuhören, vor allem aber auch, sich selber sprechen zu hören und Gedanken zu formulieren und wahr zu nehmen, dass die anderen still sind: Diesen Aspekt finde ich kostbar. - Das Scheitern im Speziellen - kann ich mich nicht erinnern, dass das jemals thematisiert wurde. Es ist nur ein Faktum, dass Entwürfe fürs Leben sich nicht realisiert haben. Wer ist Schuld daran? Das Leben, die Umstände, der Verlust einer wichtigen Bezugsperson?

    Inwieweit kann man dann von einem Bewusstsein sprechen, am eigenen Scheitern Anteil zu haben?

    Es gibt schon ein Bewusstsein darüber, dass sie selber auch Anteil haben und der Alkohol, immer wieder der Alkohol. Aber was es bedeutet, diese Geborgenheit zu erleben, zu einer Gemeinschaft zu gehören, das ist das eigentlich Entscheidende. Für viele von ihnen ist das eine erste Erfahrung. Auch Sicherheit ist eine wichtige Erfahrung, und damit ist ein Rahmen gesetzt, dass das Scheitern nicht im Vordergrund steht. Der VinziRast geht es nicht darum, diese Menschen vom Alkohol wegzubringen, oder aus der Obdachlosigkeit, sondern ihnen einen Raum anzubieten, wo sie nicht beurteilt werden, in dem man sie sein lässt wie sie sind. Bedingungslose Akzeptanz.

    Was bedeutet Ihnen die VinziRast persönlich?

    Das ist für mich ein Ort der Übung für viele Aspekte, der für mich immer wichtiger geworden ist, für persönliche Aspekte des Lebens, des Reifens und des Wachsens. Im Zusammensein mit Obdachlosen hat das für mich eine besondere Bedeutung bekommen, denn das sind ja - von außen gesehen - die Menschen, die gescheitert sind und die immer mit Urteilen und Vorurteilen belegt werden - und mit Erwartung. Für mich galten da drei Regeln: Keine Erwartung, kein Urteil, kein Vorurteil. Denn diese drei ,,Regeln" spielen ja in jedem Menschenleben eine wichtige Rolle. Ich glaube, dass das die Atmosphäre in der VinziRast geschaffen hat, dass wir relativ wenig Aggression und Gewalt hatten.

    Sie nennen die Menschen, die in die Notschlafstelle kommen, ,,Gäste. - Was könnten wir von den ,,Gästen der VinziRast lernen, wenn wir uns mehr mit ihnen auseinandersetzen würden?

    Na ja auf einer bestimmten Ebene der Umgang mit dem Scheitern. Das betrifft nicht nur Obdachlose, das habe ich auch immer wieder im Kennenlernen der Geschichten von Überlebenden der Konzentrationslager erfahren, wie eigentlich stark dieser Überlebenswille ist, wie sehr Gemeinschaft eine tragende Rolle spielt.

    Sie bewegen sich in verschiedenen gesellschaftlichen Räumen und Rollenbildern. Wenn Sie dann in die VinziRast gekommen sind, fielen da nicht ganz viele Rollen plötzlich ab?

    Ich habe ganz stark das Gefühl gehabt, ich begegne der Wirklichkeit. Das war einer der Gründe, warum ich gerne hingegangen bin: Der Schein, die Fassade, spielen dort in der Regel keine Rolle. Natürlich wollen einige auch etwas aufrecht erhalten, aber das fällt ganz schnell wieder in sich zusammen.

    Welche Wirkung hat dieser Umstand auf Sie als Mensch?

    Ehrlicher zu sein. Noch mehr die eigene Wahrheit ernst zu nehmen und die Sehnsucht danach. Durch die Konfrontation mit den Menschen habe ich ganz stark das Gefühl gehabt auch dem wirklichen Leben näher zu kommen. Ich fühle mich auch viel freier im Umgang mit den Menschen, wenn ich dort bin. Allein das Wahrnehmen, das Anschauen, das Lächeln - ja - das ist eine große Barriere, die da gefallen ist, das macht für die Betroffenen viel aus, aber auch für mich, weil es den Raum der Freiheit erweitert. Ich will mich auch von dem Druck, etwas geben zu müssen, befreien, und

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