Buch der Klagen
Von Anita Zöhrer
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Über dieses E-Book
Anita Zöhrers erste Sammlung verschiedener Kurzgeschichten und lyrischer Texte.
Anita Zöhrer
Anita Zöhrer - eine Pilgerin fürs Leben und stets auf der Gottessuche ...
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Buchvorschau
Buch der Klagen - Anita Zöhrer
Inhaltsverzeichnis
Watschelstadt
Michael
Kälte
Pater Johannes
Der Franziskaner
Spuren Im Schnee
Unser Zirkusverein
Schlitzohr Sepp und Pater Weinerlich
Heather
Marionette Gottes
Das licht einer kerze
Kommissar Pater Raphael
Buch der klagen
Ein kleiner Junge
WATSCHELSTADT
Enten watscheln durch die Stadt, quaken zu Ehren der Diktatorin im Chor die Hymne ihrer Heimat Watschelstadt. Andere wiederum quaken und tanzen den „Vogeltanz".
Jeden Tag dasselbe, jeden Tag das gleiche Spektakel. Langsam wird es dem im Hintergrund für seine Familie sorgenden Diktator zu blöd. Den Gesang seiner Untertanen – er kann ihn nicht mehr hören, ihre Tänze nicht mehr sehen und wird es ihm beim Anblick des Porträts seiner Frau auf den Schirmmützen und Plakaten kotzübel. Dass sie von der Bevölkerung von Watschelstadt nahezu vergöttert wird, kann er nicht mehr ertragen. Nicht, dass er nicht bereits versucht hätte, dem verrückten Treiben ein Ende zu bereiten. Schon mehrmals hat er seine Untertanen wie auch seine Frau darauf aufmerksam gemacht, dass seine Familie nichts Besseres ist als die anderen Enten, bloß, weil sie an der Macht ist, doch niemand hat auf ihn hören wollen. Die Diktatorin genießt den Trubel um ihre Person, und im Gegenzug genießen ihre Fans die Anerkennung und Vorteile, die sie dafür erschleimen.
Er hätte Kopfweh, behauptet der Entenpapa ausgerechnet an ihrem Geburtstag, und wartet, bis die Mutter außer Haus und allem voran außer Reichweite ist. Eine Überraschung sei für sie geplant, erklärt er den vier ebenfalls scheinbar kranken Kindern, als sie weit genug weg ist, um nichts mehr davon mitzubekommen, was sich in ihren vier Wänden abspielt.
Begeistert von der Idee, ein ganz besonderes Geschenk für die Diktatorin vorzubereiten, machen sich die Kinder sogleich ans Werk und schwirren durchs Haus, toben sich aus, noch ehe ihr Vater ihnen zu Ende erklärt hat, was sie zu tun haben.
Lautes Gelächter und Gequake, Geklirre und Gepolter dringt nicht lange darauf hinaus ins Freie und man sieht durch die Fenster die Kinder wie aufgescheuchte Hühner kreuz und quer durchs Haus fliegen. Der Entenpapa hingegen liegt im Freien auf der Terrasse und liest in aller Ruhe den neusten Klatsch und Tratsch aus Watschelstadt im täglich erscheinenden „Entenblatt".
Am nächsten Morgen würde ein Sonderblatt über seine schockierte Frau erscheinen. Nur selten ist er schadenfroh, jedoch in diesem Falle schon. Für viele Tage und Wochen würde seine Familie in der Stadt Gesprächsthema Nummer eins sein, und hofft er auch, dass sich seine Untertanen die Schnäbel über sie zerreißen. Denn vielleicht ist es dann endlich vorbei, dass sich seine Frau ständig darum bemüht, allen alle Wünsche zu erfüllen. Vielleicht hat sich in weiterer Folge auch die lächerliche und übertriebene Verehrung erledigt.
Wenn sie schon nicht hören will, musste sie eben fühlen. Wenn sie ihm nicht glauben will, dass ihre Untertanen sie nur ausnutzen, muss er es ihr eben durch einen Skandal beweisen. Um sie wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen und für ein normales Leben ohne tagtägliches Affentheater sorgen, ist ihm mittlerweile jedes Mittel recht. Auch nimmt er gern in Kauf, dass sie lange Zeit auf ihn zornig sein würde, wenn er sie vor der ganzen Stadt lächerlich macht.
Geduldig wartet der Entenpapa darauf, dass es seinen Kindern im Haus zu dumm wird und sie nach draußen gewatschelt kommen. Er lobt sie und versichert ihnen, dass sich ihre Mutter sehr über ihre Überraschung im Haus freuen würde, holt als Belohnung für seinen Nachwuchs etwas unter seinen Flügeln hervor. Es sind Schirmmützen mit dem Porträt seiner Frau. Der Diktator setzt sie seinen Kindern auf und hat auch noch eine Kappe für sich übrig. Vom Größten bis zum Kleinsten reihen sie sich daraufhin hintereinander auf und watscheln im Entenmarsch los. Quakend rappen sie dabei bekannte Lieder, welche die Diktatorin nicht ausstehen kann und der Entenpapa daher bewusst ausgewählt hat.
Kaum ein paar Schritte ihres Weges getan, hören sie ein seltsames Knarren und Knacksen, und beginnend vom Vater bleibt einer nach dem anderen stehen und wendet sich um. Es ist ihr Haus, das diese merkwürdigen Töne von sich gibt. Ihr Haus, das, noch ehe sie wissen, wie ihnen geschieht, in sich zusammenfällt und in Flammen aufgeht. Quakend springen die Küken auf und ab und flattern mit ihren Flügeln. Die Aufregung ist groß. Die Küken können nicht verstehen, was da mit ihrem geliebten Zuhause geschieht. Ihr Vater grinst, kann sich ein schadenfrohes „Haha" nicht verkneifen.
Zuerst führt der Entenpapa seinen Nachwuchs an die Stadtgrenze. Wächter mit dressierten Mardern an der Leine