Marianne
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Buchvorschau
Marianne - Ferdinand von Saar
Marianne
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Anmerkungen zu dieser Ausgabe
Impressum
Marianne
Die folgenden Mitteilungen rühren von einem Poeten her, welcher seinerzeit einiges von sich reden gemacht, nunmehr aber, wie so mancher andere, verschollen und vergessen ist. Das Wenige, das er geschrieben, mag noch hie und da im Bücherschrank eines Literaturfreundes oder in dem bestäubtesten Fache einer Leihbibliothek zu finden sein, und der Zukunft bleibt es anheimgestellt, ob sein Name noch einmal genannt werden wird oder nicht.
Am 15. April ...
Ostern ist vorüber, teuerster Fritz, und allmählich schließen sich die Salons der Residenz. Ach, wie oft hab' ich im Laufe dieses Winters Deiner und der stillen Universitätsstadt gedacht, wo Du mit einer kleinen Schar begeisterter Hörer ganz Deiner Wissenschaft lebtest, während ich hier, von Einladungen und gesellschaftlichen Verpflichtungen aller Art im Kreise herumgejagt, zu keiner Ruhe und Sammlung des Geistes, zu keiner gleichmäßigen Tätigkeit gelangen konnte. Und dabei noch das drückende Gefühl, daß man all den Leuten, die einem ihre schimmernden Prunkgemächer öffnen, doch eigentlich nichts ist und auch nichts sein kann! Wenn ich so in später Nacht mißmutig und abgespannt aus irgendeiner glänzenden Gesellschaft in meine entlegene Vorstadt zurückkehrte, da fiel mir dieser leidige Müßiggang stets schwer aufs Herz, und mehr als einmal nahm ich mir vor, alle Beziehungen abzubrechen, in welche ich durch meine so plötzlichen literarischen Erfolge wider Willen hineingeraten war. Aber wie hätte ich diesen Entschluß ausführen können, ohne geradezu rücksichtslos zu sein, ohne die Menschen zu verletzen, welche mich in der besten Absicht, zu nützen und zu fördern, mit den hervorragendsten Kreisen bekannt gemacht. Und so blieb mir nichts übrig, als wohl oder übel bis ans Ende auszuharren. Doch nun will ich mit doppeltem Behagen wieder ganz mir selbst angehören und mich gleich einer Raupe in dem kleinen Hause der guten Frau Heidrich einspinnen, deren Sohn noch immer als Ingenieur an der fernen Bahnstrecke weilt, wohin er sich im vorigen Sommer mit seiner Gattin, der Tochter eines hiesigen Kaufmannes, gleich nach der Hochzeit begeben hatte. Alles um mich her sieht mich wieder so bekannt und vertraut an: die Bilder an den Wänden, die vergilbten Schiller- und Goethe-Büsten, das alte treue Tintenfaß auf dem Schreibtische und es weht durch meine Stube wie ein Hauch aus jenen Tagen, wo ich noch in seliger Verborgenheit über meinen ersten Arbeiten saß. So hell und freundlich wie damals ist es nun allerdings bei mir nicht mehr. Denn man hat meinen Fenstern gegenüber, an der Stelle des Holzplatzes mit den prächtigen Nußbäumen, ein hohes palastähnliches Gebäude aufgeführt, das mir Luft und Sonne nimmt, wie denn überhaupt die weitläufige Gasse, in der es, wie Du weißt, vor einigen Jahren noch ganz ländlich aussah, mehr und mehr durch großstädtische Wohnkasernen verengt und verdüstert wird. Doch dafür entschädigt mich ja unser Hausgarten, welcher bis jetzt dem Himmel sei Dank! der allgemeinen Bauwut entgangen ist. Ich habe dort stets meine glücklichsten Schaffensstunden gehabt, und schon beginnt der Lenz in