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Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit: Eine Kanon-Novelle
Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit: Eine Kanon-Novelle
Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit: Eine Kanon-Novelle
eBook113 Seiten1 Stunde

Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit: Eine Kanon-Novelle

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Über dieses E-Book

Jenseits der Grenzen der Schöpfung, im Mittelpunkt der Zeit, liegt, so steht es geschrieben, das sagenumwobene Land Tamuria. Unbedarfte Reisende behaupten, es sei nicht mehr als ein ephemeres Trugbild, und sein Name lediglich ein ausgeschmücktes Anagramm des Wortes "Traum". Meta-Somnambulisten, Wachkoma-Automaten und Zwölfschläfer wissen jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall ist.

Wenn Menschen, Mechanoide oder Neuronenglänzer bezeugen, sie hätten einen wunderbaren, einen aufregenden oder gar einen furchterregenden Traum geträumt, waren sie womöglich zu Besuch in jenem Land, das so fern aller Länder und Welten liegt - und doch so nah, dass jeder es bei Tag und Nacht zu bereisen vermag. Wenn Traumwandler behaupten, sie hätten geträumt, dann waren sie womöglich über Tamurias Flure gewandelt; mit Freude, Entzücken und Lust - oder auch mit Grauen, Schauder und Schrecken, denn der Mittelpunkt der Zeit wahrt für jeden, der seine Gestade erreicht, ein eigenes Gesicht.

Die Fortsetzung zum "Kanon mechanischer Seelen".

Bereits bei Amrun erschienen:
Der Kanon mechanischer Seelen
Der Garten des Uroboros (März 2019)
SpracheDeutsch
HerausgeberAmrûn Verlag
Erscheinungsdatum12. Jan. 2019
ISBN9783958693838
Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit: Eine Kanon-Novelle

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    Buchvorschau

    Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit - Michael Marrak

    Schiller

    I 1 I

    CHRONIK DER TEMPORALEN ZEITMASCHINE AEON ALUMNI

    Kapitel I: Tempora mutantur

    ÜBERSETZT UND TRANSKRIBIERT

    VON DER MASCHINE, DIE ALLE PROBLEME LÖST UND UNSERE SPRACHE SPRICHT

    ANNO 8299 MAGNI DYNAMI AETERNI FASTIS

    Vor der Zeit, dem Raum und dem Äther gab es nur das Nichts – und Myriaden vergehender, ziellos umhergeisternder Partikel dessen, was davor gewesen war. Bemüht, ersten unfertig erdachten Proto-Zeitfunken auszuweichen, trieben sie auf der Suche nach Sinn und Bedeutung durch unmechanische Eindimensionalität.

    Das Nichts war wild, still und voller Punkte.

    Als die Zeit begann, verhielt sich alles Erdenkliche mit einem Mal undenkbar merkwürdig. Eine erste Molekülwolke geriet in Turbulenz, begann selbstvergessen zu rotieren, drohte ohne ein strahlendes Ideal jedoch einsam wieder zu verwehen. Sie stieß zur Stabilisierung eine unter ihrer Temporalkorona verborgene Akkretionswolke aus, stolperte in die Dynamik der Ekliptik und entkam einer fatalen Kausalkette nur durch das Auswerfen jovianischer Materiegeschwüre. Erleichtert zündete sie ihren Kern, erstrahlte hell, erschrak ob ihrer einzigartigen Schönheit, schlingerte geblendet aus ihrem Brennpunkt – und verglühte.

    Zeit verging. Raum expandierte.

    Lichtbögen tanzten verblassend ins Nichts.

    Ein erstes stabiles Kontinuum bildete sich und schuf einen Urgrund ohne Horizonte. Unsichtbares geschah, Sichtbares nicht, manches mit Absicht, das meiste ohne.

    Dann öffnete sich das Substanzverlies, und der Gott mit den unzertrennlichen Entitäten trat heraus. Es war ein Augenblick universeller Sensation und Illumination. Der große Himmelsmechaniker begann zu schöpfen, tat es länger, bald schon höher und auch weiter. Er duplizierte sich, trat auf sich zu, wich wieder zurück und hielt Rücksprache mit der Parallelität. Schwebte vorwärts in die Mitte des expandierenden Raumes, zählte seine Geistesblitze, zog sie von allen bereits existierenden Atomen ab und erhielt minus acht. Schwebte rückwärts, begann eine Romanze mit einer mikrokosmischen Betise, subtrahierte sie von seinem Intellekt und erhielt ebenfalls minus acht. Sinnierte über die Wahrscheinlichkeit des Zufalls, addierte ihn zu seinen Entitäten, kam jedoch auf keinen grünen Zweig. Schließlich begnügte er sich einen kosmischen Atemzug lang mit Abstrakta, verlor das Gleichgewicht und stürzte in den kausalen Zusammenhang der niederen Quantenphysik.

    Das Substanzverlies schloss sich, die Entitäten des Gottes ohne Entitäten blieben zurück. Verwaisten. Begannen umherzuwandeln. Erreichten die Grenzen des Vorstellbaren. Kehrten zum Mittelpunkt des Universums zurück und ließen sich nieder als Zeit und Raum.

    I 2 I

    Ninive ließ ihren Blick über das acht Meter hohe Stadttor schweifen. Es hieß, der Große Dynamo selbst hätte es einst anfertigen lassen, nachdem er beim Durchschreiten des alten hölzernen Tores mit seinem Magnetwalzen-Cephalon am First hängengeblieben war. Da es einem Mecharegenten nicht oblag, sich beim Betreten seiner eigenen Kronstadt vor selbiger zu verneigen, hatte er kurzerhand verfügt, das alte Stadttor zu verfeuern und ein neues zu errichten. Ein würdiges, monumentales, ehernes Portal, das ihn und seinesgleichen lobpries, sobald er oder niedererer Mecha-Adel sich ihm näherten. Und das Streuner, Gesindel und Wildmechanoiden in die Schranken wies, sobald es ihrer gewahr wurde, um sie von der Stadt fernzuhalten.

    Umrahmt von aus Bronze gegossenen Konterfeis aller Magistrate und Ratspräsidenten, die in den vergangenen tausend Jahren die Geschicke der Stadt gelenkt hatten, prangte im Zentrum der Torflügel ein lebensgroßes Abbild des Großen Dynamos.

    Staunend betrachtete Ninive das monumentale Relief. Es zeigte ein kegelförmiges Gebilde mit Kugelkopf und sechs armartigen Auswüchsen, aus deren Enden stilisierte Blitze zuckten. Auf die Wandlerin wirkte er mehr wie ein Weltenzerstörer als ein Deus mechanicus.

    Einige der Magistratengesichter hatten den Blick gesenkt und starrten grimmig auf die Besucherin herab.

    »Hallo!«, rief Ninive in die Höhe. »Mein Name ist …«

    »Ich kenne dich!«, grollte das Tor aus allen Mündern. »Jeder kennt dich! Du bist hier nicht erwünscht!«

    Unbewusst war die Wandlerin einen Schritt zurückgetreten.

    »Was soll das denn heißen?«

    »Dass du ein Problem bist.«

    »Ich könnte dich entseelen«, warnte Ninive. »Problem gelöst.«

    »Mitnichten, Menschending. Ich wurde vom Großen Dynamo persönlich zum Leben erweckt. Daran beißt selbst du dir die Zähne aus.«

    »Wir können es gerne auf einen Versuch ankommen lassen«, schlug Ninive vor.

    »Zudem ist Wildwandlern das Beund Entseelen innerhalb dieser Mauern aufs Strengste untersagt!«, fügte das Tor eilig hinzu, als die Besucherin sich ihm mit ausgestreckter Hand näherte.

    »Bereits der Gedanke daran, diese verwerfliche Gabe zu nutzen, ist meldepflichtig und unbedingt ahndungswürdig!«

    Ninive verdrehte die Augen. »Was willst du?«, rief sie. »Einen Obolus?«

    Die Köpfe auf dem Tor warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu.

    »Das ist zu wenig«, erklang es im Chor. »Einen für jeden von uns! Das ist gerecht.«

    »Sie darf passieren!«, widersprach eine Frauenstimme. »Und gewiss zollfrei.«

    Den bronzenen Gesichtern gefror das Lächeln auf den Lippen.

    »Verräterin!«, gifteten sie, bevor die Unbekannte überhaupt zu sehen war. »Zwietrachtsäerin! Ich mache Meldung! Jawohl, Meldung!«

    Am Fuß des Portals hatte sich der Spalt einer Tür geöffnet. Aus dem Dunkel dahinter schlüpfte jedoch kein Mecha oder beseeltes Artefakt ins Freie, sondern eine alte, fast gänzlich in weiße und violette Tücher gehüllte menschliche Frau. Obwohl sie auf Ninive nicht wirkte, als führte sie Böses im Schilde, wich diese erneut ein Stück zurück.

    »Ninive Barthellemy«, sagte die Frau, nachdem sie aus dem Schatten getreten war. »Willkommen!«

    Die Wandlerin blickte skeptisch auf das Stadttor. »Ach, wirklich?«

    »Nein!«, grollten die Magistratenköpfe.

    »Schweigt still!«, gebot die Frau ihnen, ohne das Lächeln auf den Lippen zu verlieren. Sie blieb vor Ninive stehen, musterte die Besucherin von oben bis unten und sagte: »Ich habe lange auf diesen Tag gewartet, mein Liebes. Trägst du Waffen bei dir?«

    »Was? Nein!«

    »Was hast du in deinem Rucksack?«

    »Nur …«

    »Zeig her!«

    Ehe Ninive sich versah, hielt die Frau selbigen in den Händen.

    »Wie … wie habt Ihr das gemacht?«, staunte die Wandlerin, zu perplex, um wütend auf die Dreistigkeit ihrer vermeintlichen Helferin zu sein.

    »Ich bin alt«, murmelte die Frau. »Und lebe in einer Stadt voller Mecha-Gauner, die einem beim Laufen die Schuhe von den Füßen und den Schmalz aus den Ohren klauen, wenn man nicht Acht gibt.« Sie kramte mit einer Hand im Rucksack, verdrehte dabei die Augen und murmelte »Mhm« und »Aha«. Dann reichte sie ihn Ninive zurück, nickte mit dem Kopf zum Tor und sagte: »Wir sollten uns beeilen, ehe einer der Ordnungsbarken auffällt, dass die Tür offensteht.«

    »Warum tut Ihr das?«, fragte die Wandlerin. »Bekommt Ihr wegen mir keinen Ärger mit dem Exekutiv-Paragraphon?«

    »Ach, was soll mir die alte Brüllschüssel denn schon anhaben?« Sie schob Ninive in Richtung Portal. »Ich erhalte eine Anzeige wegen Schleuserei, das Stadttor von mir eine Anzeige wegen Wegezollschleicherei, das gibt sich die Waage. Aber bevor die ersten Wächter ausschwärmen und das ganze Geheule und Geschepper losgeht, sollten wir uns von hier verdünnisiert haben.«

    Hinter dem Stadttor lag ein halbkreisförmiger, zu Ninives Erstaunen menschenund maschinenleerer Platz, über dem lediglich ein gutes Dutzend bunte Willkommensfahnen im Wind flatterten. Von ihm führten drei schmale, bald schon finstere, mit Oberhäusern, Promenadendächern, zahllosen Torbögen und Etagentunnels überbaute Gassen in die Limbusstadt, die den Kernzonenbereich ringförmig umgab. Über den

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