Organspende: Hintergründe und Entscheidungshilfen
Von Robert Badenberg und Renate Knoch
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Über dieses E-Book
Robert Badenberg
Dr. theol. Robert Badenberg, Jg. 1961, arbeitete von 1989 bis 2003 in Sambia und promovierte über kulturelle Aspekte von Krankheit und Heilung. Heute unterrichtet er theologische Themen an mehreren europäischen Ausbildungsstätten.
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Buchvorschau
Organspende - Robert Badenberg
Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-7751-7307-0 (E-Book)
ISBN 978-3-7751-5674-5 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book:
CPI books, Leck
© der deutschen Ausgabe 2016
SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scmedien.de · E-Mail: info@scm-verlag.de
Umschlaggestaltung: Jens Vogelsang, Aachen
Titelbild: fotolia.com
Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Inhalt
Inhalt
Organspende – persönlich betrachtet
Organspende – Ja oder Nein?
Organspende – persönliche Erfahrungen
Kapitel I: Die rechtlichen Rahmen-bedingungen
Das Transplantationsgesetz – Deutschland
Lebendorganspende – ein Weg zurück ins Leben
Geltende Bedingungen für eine Lebendorganspende
Aufklärung des Spenders ist zwingend
Versicherungsrechtliche Regelung zur Absicherung des Spenders
Aufklärung des Empfängers ist zwingend
Risikoabklärung
Gutachten und Stellungnahme
Organmangel – Wege der Abhilfe
Jeder soll sich persönlich entscheiden
Die gesetzlichen Regelungen in Europa
Das Transplantationsgesetz (OTPG) – Österreich
Das Transplantationsgesetz – Schweiz
Kapitel II: Die naturwissenschaftlich-medizinische Perspektive
Wichtige Meilensteine der Organtransplantation
Postmortale Organspende – ein Weg, Leben zu retten
Die Zu- und Nichtzustimmung durch einen Organspendeausweis
Die Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (Hirntod)
Was bei der Diagnose »Hirntod« zu beachten ist
Die Geschichte der Hirntoddiagnostik
Wie wird »Hirntod« definiert?
Der Ablauf einer postmortalen Organspende
Kapitel III: Die ethisch-theologische Perspektive
Organspende als »Spende«?
Eine Spende ist immer freiwillig
Was die Werbung vermittelt
Das zehnte Gebot
Organspende und die Frage der Nächstenliebe
Das Doppelgebot der Liebe
Die Haltung der Kirchen
Nächstenliebe – doch wer ist mein »Nächster«?
Mein Körper – mein Eigentum?
Die Diskussion im Europarat
Biblische Aspekte zur Körperlichkeit
Die Medizin als Sinnstifter
Kapitel IV: Kritische Anfragen und klärende Informationen
Kritische Anfragen an gängige Praktiken
Organtransplantation – machtvolle Akteure
Organspende – eine Bürgerpflicht?
Boni für Transplantationen?
Honorare für Hirntoddiagnostik?
Datenmanipulation und Dokumentationsfehler
Organhandel – ein weltweites Problem
Organhandel – auch in Deutschland profitiert man von illegalen Machenschaften
Organhandel in China
Organhandel weltweit
Organhandel und der »Transplantations-Tourismus«
Zunehmende Kritik an der Hirntoddiagnostik
Hirntod und Schmerzempfinden
Kritik von Medizinern
Kritik des US-Ethikrates (2008) und die Stellungnahme des Deutschen Ethikrates (2015)
Kritik von Verfassungs- und Gesundheitsrechtlern
Kritik von Theologen und Philosophen
Kapitel V: Entscheidungshilfen und Empfehlungen
Keine einfachen Lösungen!
Entscheidungshilfen aus theologischer und ethischer Sicht
Abschließende Empfehlungen
Literatur und Quellen
Weiterführende Literatur zu Organspende und Organtransplantation
Wichtige Internetadressen
Dokumentationen
Anmerkungen
Über die Autoren
Robert Badenberg, Dr. theol. (UniSA), Jg. 1961, arbeitete von 1989 bis 2003 in Sambia und promovierte über kulturelle Aspekte von Krankheit und Heilung. Heute unterrichtet er theologische und interkulturelle Themen an mehreren europäischen Ausbildungsstätten.
AutorRenate Knoch, Dr. med., Jg. 1961, ist Mitglied des Ethikkomitees am Klinikum Altmühlfranken und dort seit 2013 ehrenamtliche Patientenfürsprecherin. Als Pfarrfrau hat sie zudem langjährige Erfahrung in der Seelsorge.
Autor[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
ORGANSPENDE – PERSÖNLICH BETRACHTET
Organspende – Ja oder Nein?
Organtransplantation, Organspende – diese »Schlagworte« begegnen uns immer wieder. Und wir sind mehr oder weniger persönlich davon betroffen. Vielleicht, weil wir Menschen kennen, denen durch eine Organtransplantation geholfen wurde, oder weil wir miterlebt haben, dass Angehörige nach einem Todesfall nach der Spendenbereitschaft gefragt wurden oder Ähnliches. Die medizinisch-technische Entwicklung hat es bereits vor 60 Jahren möglich gemacht, Organe von einem Spender auf einen Empfänger zu übertragen. Die erste Nierentransplantation fand im Jahr 1954 statt und die erste Herztransplantation 1967. Die Medizin konnte vielen Tausend Menschen durch eine Organtransplantation das Leben retten oder die Lebensqualität verbessern. Organtransplantationen sind im 21. Jahrhundert medizinische »Routine« geworden, nur fehlen die bereitwilligen Organspender, um den Organbedarf ausreichend abzudecken. Die Deutsche Bischofskonferenz nennt im April 2015 drei Gründe, warum die Spendebereitschaft in Deutschland rückläufig ist: »An erster Stelle sind hier die wiederholten Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Patientendaten bei der Vergabe von Spenderorganen an mehreren deutschen Universitätskliniken zu nennen. Daneben dürften aber auch Unzulänglichkeiten in der Behandlung von Zweifeln am Konzept des sog. Hirntodes sowie verschiedene Versäumnisse im praktischen Umgang mit potenziellen Organspendern und ihren Angehörigen dafür verantwortlich sein, dass die Zahl der Organspenden in unserem Land in letzter Zeit dramatisch zurückgegangen ist.«¹
Die Bemühungen, mithilfe der Medien potenzielle Spender anzusprechen oder durch Organspendeausweise Menschen für die se »Sache« zu gewinnen, führen nicht zum gewünschten Erfolg. Organspendeskandale aus jüngster Zeit und ein weltweit florierender Organhandel werfen medizinische und ethische Fragen auf. Zugleich ergeben sich jedoch persönliche Fragen, zum Beispiel: Wie würde ich entscheiden, wenn ich gefragt würde, ob ich bereit wäre, im Falle meines Todes für (einen) sterbenskranke(n) Menschen ein oder mehrere Organe zu spenden? Wie würde ich für meinen Ehepartner, mein Kind entscheiden? Und wenn ich der sterbenskranke Mensch wäre: Würde ich ein Spenderorgan haben wollen, um weiterleben zu dürfen?
Die Initiative, mehr Personen für eine Organspende zu gewinnen, wird durch die Politik (Transplantationsgesetz) und die Krankenkassen (Organspendeausweise) unterstützt und fordert die deutsche Gesellschaft eindringlich auf, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. So gesehen besteht in zweifacher Hinsicht die Notwendigkeit einer Stellungnahme, nämlich als Bürger² und als Kassenmitglied.
Prinzipiell kann jeder Bürger ein Organspender werden. Allerdings kommt längst nicht jeder Spendenwillige als solcher infrage, da nur gesunde und funktionstüchtige Organe übertragen werden können. Die meisten Menschen sterben an einem Herz-Kreislauf-Versagen und sind von vorneherein nicht als Spender geeignet. Nur bei einer kleinen Gruppe von Patienten können Organe zu einer Transplantation entnommen werden, nämlich, wenn die Durchblutung und die Funktionen des Gehirns vollständig ausgefallen, die Organe aber noch funktionstüchtig sind beziehungsweise durch künstliche Beatmung und Aufrechterhaltung des Kreislaufs ihre Funktion erhalten bleibt. Freilich wäre die Antwort möglich: »Ja, natürlich, klare Sache« oder »Nein, möchte ich nicht.« Sich zwischen einem klaren Ja und einem eindeutigen Nein zur Organspende zu entscheiden, fällt jedoch vielen Menschen schwer. Um seinen ganz persönlichen Standpunkt zu finden, ist es nötig, sich möglichst umfangreich zu informieren, das heißt eine umfassende, aber auch eine vielschichtige und kritische Aufklärung über dieses Thema zu erhalten, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo dies noch möglich ist, ohne unter Druck zu stehen.
Dabei ist es unumgänglich, dass wir uns mit unserem eigenen Tod und dem Tod von Angehörigen beschäftigen. Das ist ein unangenehmes Thema, weil wir vor solchen Situationen Angst haben und uns wünschen, sie nicht erleben zu müssen. Und dennoch: Es ist sinnvoll, dass wir uns damit zu Lebzeiten befassen, denn dann schieben wir die Entscheidung nicht ab auf unsere Angehörigen, sondern sie wissen, wie »in meinem Sinne« zu entscheiden ist. Die Frage, ob von dem soeben Verstorbenen Organe für Organspenden entnommen werden dürfen, stellt für viele Hinterbliebene eine nahezu unerträgliche Herausforderung dar, da sie sich durch den Tod des Angehörigen ohnehin in einem emotionalen Ausnahmezustand, einem Schockzustand befinden und die Frage des Arztes nach der Organspendenbereitschaft als taktlos empfinden. Wenn diese Entscheidung bereits getroffen wurde und die Antwort auf einem Organspendeausweis dokumentiert ist, können solche zusätzlich belastenden Fragen vermieden werden, da sie bereits beantwortet sind. Auch um solche Situationen zu vermeiden, werden wir von unserer Krankenkasse im Abstand von zwei Jahren dazu aufgefordert, uns der Frage nach der Bereitschaft zur Organspende zu stellen.
Während ich (R. Knoch) an diesem Buch schrieb, wurde die Frage nach »Organspende – Ja oder Nein?« auch in meiner Familie diskutiert. Schließlich kam unsre Tochter zu dem Entschluss, einen Organspendeausweis auszufüllen und darin festzulegen, welche Organe zu einer Spende entnommen werden dürften und welche nicht. Und sie teilte uns ihre Überzeugung mit: »Falls mir etwas passiert und ihr gefragt werdet, ob ich zu einer Organspende bereit bin, dann sollt ihr wissen, dass in meinem Portemonnaie ein Organspendeausweis zu finden ist.« Als Mutter will ich mich mit dem Gedanken an einen Unfalltod meiner Tochter gar nicht beschäftigen, weil ich ihn kaum ertragen kann; wenn ich mir allerdings vorstelle, in solch einer Extremsituation das erste Mal darüber nachdenken zu