Katamaran segeln: Für Einsteiger und Fortgeschrittene
Von Tom Phipps und Brian Phipps
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Buchvorschau
Katamaran segeln - Tom Phipps
TEIL 1
DER ANFANG AUF ZWEI RÜMPFEN
KATAMARAN-MODELLE
Die große Vielzahl der Katamaran-Modelle unterscheidet sich hinsichtlich der Rumpfform, des Segelplans, der Anzahl der Crew, der Komplexität des Bootes und der Segelleistung. Manche Kats haben Schwerter, andere haben Skegs oder gar asymmetrische Rümpfe. Welche Ausführung man auch wählt: Die Grundlagen der Segeltechnik und der Funktion sind gleich. Wichtig ist, dass der Kat den eigenen Erwartungen an geplantem Einsatz, Spaß und Leistung entspricht.
Vertrauen Sie nicht allein auf die Angaben des Herstellers oder des Vorbesitzers – testen Sie das Boot auf dem Wasser, lassen Sie sich alles zeigen, sprechen Sie mit anderen Katseglern, fragen Sie nach Klassenvereinigungen, Werterhaltung, technischem Service, Ersatzteilbeschaffung, und erkundigen Sie sich über das geplante Segelrevier. Schließlich sollte der Kat sowohl Ihren Anforderungen als auch Ihrem Geldbeutel entsprechen. Es ergibt wenig Sinn, einen voll ausgestatteten Rennkatamaran zu kaufen, wenn man nur entspannt fahrtensegeln möchte oder es im Verein bereits eine große Flotte einer anderen Bootsklasse gibt.
Als Neueinsteiger macht man sich über Kenterungen und Wendemanöver oft die größten Gedanken. Gut konstruierte Katamarane lassen sich jedoch leicht aufrichten, wenden und manövrieren, sofern man die richtige Technik beherrscht. Wie bei jeder anderen Neuanschaffung gilt auch hier: Holen Sie verlässlichen Rat ein, organisieren Sie ein Probesegeln, und Sie werden den Kauf nicht bereuen.
RUMPFFORM
Welche Rumpfform am besten geeignet ist, hängt von den eigenen seglerischen Ansprüchen ab. Nahezu alle Ausführungen zeigen in einem gewissen Bereich angemessene Performance und haben ihr größtes Leistungsvermögen bei ganz bestimmten Bedingungen. Je leistungsstärker der Rumpf, desto mehr muss er geschützt, regelmäßig gewartet und seine Oberfläche gepflegt werden.
RÜMPFE MIT SKEG
Diese Rümpfe haben beide dieselbe Form. Für seitlichen Widerstand im Wasser sorgt eine ausgeprägte Kielform, die als sogenannter Skeg über ungefähr zwei Drittel der Rumpflänge reicht.
Viele europäische Renn- und Freizeit-Katamarane sind so ausgeführt, da sie sich für Küsten- und Binnenreviere gleichermaßen eignen und Leistung mit Einfachheit kombinieren.
Rumpf mit Skeg (wie beim Dart 18).
ASYMMETRISCHE RÜMPFE
Durch diese Rumpfform sollen Schwerter ersetzt werden. Die Rümpfe sind genau spiegelbildlich zueinander geformt. Das ist zwar nicht ganz so effizient wie Rümpfe mit Schwertern, vereinfacht aber das Deckslayout, die Handhabung und Pflege.
Die Krümmung eines Rumpfes an seiner Unterseite wird »Rocker« genannt und beeinflusst die Stabilität im Wasser. Mehr Rocker bedeutet weniger Stabilität vorn und achtern.
Asymmetrische Rümpfe (wie beim Hobie 16)
RÜMPFE MIT SCHWERTERN
Katamarane mit Schwertern haben in der Regel die besten Amwindeigenschaften. Dafür ist mehr Sorgfalt bei der Pflege sowie beim Wassern und Anlanden nötig. Ein Hindernis unter Wasser kann schnell zu Beschädigungen an den Schwertern oder am Rumpf führen.
Kielschwerter lassen sich in einen Schwertkasten im Rumpf aufholen, Steckschwerter stehen dagegen im aufgeholten Zustand über das Deck nach oben über. Achten Sie darauf, dass beim Anlanden keine Steine oder Sand zwischen Schwerter und Rumpf gelangen, da es die Schwerter schwergängig machen und zu Beschädigungen im Inneren führen kann.
Rümpfe mit Steckschwertern (wie beim F16)
Schwerter, die beispielsweise als C- oder J-Foils ausgeführt sind, erzeugen auch vertikalen Auftrieb, siehe Teil 4.
RUMPFMATERIALIEN
HOLZ FORMVERLEIMT
Mit der Holz-Epoxi-Bauweise lassen sich leichtgewichtige Rümpfe im Selbstbau herstellen. Diese Bauweise zeichnet sich durch ein sehr gutes Verhältnis von Gewicht zu Festigkeit aus, ist aber in der Serienproduktion moderner Katamarane kaum noch anzutreffen. Die Rümpfe älterer formverleimter Katamarane müssen sorgfältig begutachtet werden.
POLYETHYLEN IM ROTATIONSVERFAHREN
Eine in neuerer Zeit weit verbreitete Bauweise für Katamarane, vor allem zum Einsatz in Segelschulen. Die Herstellung ist preisgünstig, und die Rümpfe sind nahezu unverwüstlich, wartungsarm und halten dem rauen Einsatz und wiederholtem Anlanden am Strand stand. Im Gegenzug sind sie etwas schwerer, weniger steif und schwieriger zu reparieren. All diese Kriterien bestimmen, wie praktikabel ein Katamaran im Unterhalt und wie leistungsstark er auf dem Wasser ist.
GFK (GLASFASERVERSTÄRKTER KUNSTSTOFF)
Laminierharze, Verstärkungsmaterialien und Fertigungsmethoden wurden seit den frühen 1960er-Jahren fortlaufend weiterentwickelt. GFK ist das am stärksten verbreitete Material für die meisten Klassen- und Regattakatamarane. Es vereint hohe Festigkeit mit geringem Gewicht und hat eine lange Lebensdauer. Schäden können meist von einem erfahrenen Bootsbauer so repariert werden, dass keine Leistungseinbußen entstehen.
CFK (KOHLEFASERVERSTÄRKTER KUNSTSTOFF)
Kohlefaser ist das Material für High-Tech-Katamarane und bietet maximale Festigkeit und Steifigkeit bei geringstmöglichem Gewicht. Katamarane, die an der Spitze der Entwicklung stehen, werden meist aus Kohlefaser gebaut. Die hohen Kosten entsprechen der technologisch sehr aufwendigen Herstellung.
DER SEGELPLAN
Fast alle Katamarane haben ein durchgelattetes Großsegel und eine hochgeschnittene Fock, um so effizient wie möglich zu sein. Die Segel bestehen meist aus Dacron (Polyester) oder Mylar, je nach Schnitt und Funktion. Manche Großsegel werden an einem Baum gefahren, andere haben ein loses Unterliek ohne Baum. Der Baum ermöglicht zusätzliche Trimmeinstellungen bei Segelprofil und Riggspannung. Einfacher und weniger hinderlich ist ein Großsegel ohne Baum, das nur über die Großschotspannung, den Traveller und den Schotholepunkt getrimmt wird.
ANZAHL DER CREW
Einen Katamaran als Team zu segeln, lässt sich mit nichts anderem vergleichen. Steuermann und Vorschoter arbeiten Hand in Hand, um die größtmögliche Segelleistung aus ihrem Kat herauszuholen. Doch oft ist es gar nicht so leicht, einen Mitsegler zu finden, der regelmäßig Zeit hat. Zum Glück gibt es auch eine große Auswahl an Katamaranen für Einhandsegler.
Der Shadow X ist ein leistungsstarker Einhand-Katamaran.
TEILE EINES KATAMARANS
Die Abbildungen auf den Seiten 19 und 20 erklären die meisten Fachausdrücke, die auf einem Katamaran vorkommen. Hier noch eine kurze Auflistung von weiteren nautischen Begriffen, die man kennen sollte:
DETAILBESCHREIBUNGEN
DIE RÜMPFE
Jeder der Rümpfe bildet eine versiegelte Einheit, die ihre Schwimmfähigkeit auch im Falle einer Beschädigung beibehält. Bei Luftdruckschwankungen sorgt ein kleines Belüftungsloch oberhalb der Wasserlinie für einen Druckausgleich. Alle am Rumpf befestigten Beschläge sind abgedichtet, damit kein Wasser eindringen kann.
GROSSSEGEL-VORLIEKSTRECKER (AUF JOLLEN AUCH CUNNINGHAM GENANNT)
Der Vorliekstrecker am Großsegel greift am Hals des Segels an und dient zum Trimm des Segelprofils. Ohne Zug am Vorliek, der Vorderkante des Segels, wirkt das Segel wie ein flaches Stück Karton und hat wenig Ausformung. Zieht man am Vorliekstrecker, verformen sich Mast und Segel zu einem Profil, das wie eine Tragfläche wirkt.
EINROTIERER ODER SPANNLEINE
Der sogenannte Einrotierer ist auf Strandkatamaranen in der Regel am Baum oder am Unterliek des Großsegels befestigt und führt von dort zum Mastfuß. Er dient zur Kontrolle der Mastdrehung, damit die nötige Luftströmung über das Großsegel im Verhältnis zur Mastbiegung eingestellt werden kann.
FOCK- UND GROSSSEGELFALL
Mit den Fallen werden die Segel hochgezogen. Oft führen sie über ein sogenanntes Fallenschloss, das später noch genau erklärt wird.
WANTEN, VORSTAG UND HAHNEPOT
Das sind Drahtseile oder Leinen, die den Mast aufrecht halten und zusammen als stehendes Gut bezeichnet werden. An ihnen treten sehr hohe Zugkräfte auf, weshalb sie zusammen mit ihren Endbeschlägen regelmäßig auf Anzeichen von Korrosion oder Abnutzung überprüft werden sollten.
TRAPEZDRÄHTE
Die Aufgabe der Trapezdrähte ist es, den Vorschoter oder den Steuermann zu halten, wenn sie sich mit den Füßen an der äußeren Deckskante abstützen und mit dem Körper ganz nach außenbords lehnen und somit »im Trapez stehen«.
Die Trapezdrähte sind am Mast auf ungefähr zwei Drittel seiner Höhe befestigt und führen nahezu parallel zu den Wanten nach unten. Sie haben einen großen Ring an ihrem unteren Ende, mit dem sie in die Trapezweste eingehängt werden können. Nach unten sind sie mit einer Gummileine mit dem Rumpf verbunden. Die Länge kann verstellt werden, um in der richtigen Höhe im Trapez zu stehen.
TRAPEZ-HALTELEINE
Diese Halteleine ist am Heck befestigt und kann zusammen mit dem Trapez verwendet werden, um bei starkem Wind und schnellen Raumschotgängen Standfestigkeit zu gewähren und zu verhindern, dass der Vorschoter nach vorn geschleudert wird.
RUDERPINNEN UND ANLENKSTANGE
Die Ruder werden normalerweise am Strand in der aufgeholten Position fixiert und erst im Wasser abgesenkt. Beide Pinnen sind durch eine querverlaufende Anlenkstange verbunden, die über den Pinnenausleger vom Steuermann kontrolliert wird. Der Pinnenausleger stellt somit die Verbindung zur Ruderanlage dar und sollte beim Segeln nie aus der Hand gelegt werden.
GROSSSCHOT, FOCKSCHOT UND TRAVELLER
Mit diesen Leinen wird die Anstellung der Segel zum Wind verändert. Steuermann und Vorschoter sollten sie bei einer Änderung der Windrichtung oder -stärke jederzeit nachtrimmen können, genau wie man im Auto den Druck auf Gaspedal oder Bremse laufend anpasst.
TRAMPOLIN UND AUSREITGURTE
Das Trampolin ist zwischen den Rümpfen gespannt, damit man schnell von einem Rumpf zum anderen gelangen kann. Die Ausreitgurte liegen auf dem Trampolin und bieten Halt für die Füße, wenn man sich zum Ausreiten über die Seite des Rumpfes hinauslehnt. Sobald Vorschoter und Steuermann mit dem Trapezsegeln vertraut sind, werden vermehrt die Fußschlaufen (falls vorhanden) genutzt, die entlang der Rumpfseite angebracht sind.
HAUPTBEAM UND HINTERER BEAM
Beams oder Holme werden die Querträger genannt, die die zwei Rümpfe verbinden. Es gibt mehrere Methoden, wie sie an den Rümpfen befestigt sind, zum Beispiel durch Einstecköffnungen, Bolzen oder Schellen. Die Verbindung muss fest und in einwandfreiem Zustand sein.
MAST UND MASTKUGEL
Der Mast steht auf der Mastkugel, die am Hauptbeam befestigt ist, und kann um seine Längsachse gedreht werden, um die Anströmung der Segel zu verbessern. Der Mast ist meist luftdicht verschlossen, um Auftrieb zu gewähren und einer Durchkenterung entgegenzuwirken oder, falls das doch einmal passiert, den Kat leichter wieder aufstellen zu können.
DIAMANTVERSTAGUNG UND SALINGE
Damit wird der Masttrimm auf leistungsstärkeren Katamaranen kontrolliert. Mit der Kombination aus Salingswinkel und Spannung der Diamantverstagung können die Mastbiegung in Längsrichtung eingestellt und die Steifigkeit querschiffs erhöht werden.
GENNAKER
Dieses weitverbreitete, leichtgewichtige Segel, auch asymmetrischer Spinnaker genannt, ermöglicht mehr Segelleistung bei achterlichen Winden. Bei Amwindkursen oder bei Nichtgebrauch wird es in der Regel in einem Bergeschlauch an Deck oder einer Tasche gestaut.
AUFRICHTLEINE
Die Aufrichtleine erleichtert es, den Katamaran nach einer Kenterung aufzurichten. Sie wird meist neben dem Mastfuß gestaut, wo sie gut erreichbar ist.
STANDARD-KATAMARAN
Ein Dart 18 und seine Einzelteile.
HIGH-PERFORMANCE-KATAMARAN
Ein Formula 16 und seine Einzelteile.
EINEN KATAMARAN AUFBAUEN
Dieses Kapitel gibt eine allgemeine Übersicht, wie vorzugehen ist, wenn ein Katamaran in Form von zwei Rümpfen, einem Mast und einer Kiste Einzelteile geliefert wird, egal ob es sich dabei um einen Einhandoder Zweimann-Katamaran handelt. Spezielle Anleitungen zum Aufbau des Riggs sind vom Masthersteller erhältlich und helfen zusätzlich.
STANDARD-KATAMARAN
ZUSAMMENBAU DER PLATTFORM
Um einen Katamaran zusammenzubauen, muss man:
•Die Beams mit den Rümpfen verbinden.
•Das Trampolin an der Plattform befestigen.
Die genaue Befestigung sowohl der Beams als auch des Trampolins kann sich je nach Modell geringfügig unterscheiden, aber die Bildfolge zeigt eine der gebräuchlichsten Methoden.
Nach dem Zusammenbau sollte man sich mit den verschiedenen Beschlägen und den vorhandenen Trimmeinrichtungen vertraut machen: den Klemmen für Großschot und Fockschot, der Position der Ausreitgurte und, am allerwichtigsten, wie die Ruder und Schwerter (falls vorhanden) aufgeholt und abgesenkt werden.
Zusammenbau der Plattform beim Dart
1 Legen Sie die verschiedenen Einzelteile aus und identifizieren Sie sie.
2 Legen Sie die Rümpfe auf ebenem Grund im Abstand von ungefähr drei Metern nebeneinander.
3 Drücken Sie den Haltewinkel nach innen, um den Hauptbeam einzustecken.
4 Stecken Sie den Hauptbeam mit der Mastkugel nach oben in einen der Rümpfe. (Bei manchen Modellen bilden die Beams einen Rahmen oder sie werden mit Bolzen mit den Rümpfen verbunden.)
5 Schieben Sie den Beam bis zum Anschlag durch.
6 Stecken Sie den hinteren Beam mit dem Traveller nach oben ein.
7 Bringen Sie den anderen Rumpf in Position und schieben Sie ihn über die Enden der Beams, ohne ihn dabei zu verkanten.
8 Vergewissern Sie sich, dass der Haltewinkel in der korrekten Position ist.
9 Setzen Sie die Gummidichtungen und Lukendeckel ein.
10 Ziehen Sie das Trampolin in die Nut am Hauptbeam ein.
11 Ziehen Sie das Trampolin in die Nuten an den Rümpfen ein.
12 Führen Sie die Stange in das Trampolin ein.
13 Spannen Sie die Stange zum hinteren Beam. Führen Sie die Verschnürung durch die Beschläge.
14 Spannen Sie die Verschnürung des Trampolins. Beachten Sie, dass sich das Trampolin im Gebrauch dehnt und später noch nachgespannt werden muss.
15 Befestigen Sie die Ausreitgurte, indem Sie die Leine durch die Schlaufe im Gurt, dann um den Beam herum und nochmal durch die Schlaufe im Gurt führen.
16 Stecken Sie abschließend das lose Ende der Leine durch das Auge am anderen Ende der Leine, und knoten Sie es gut