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Moderne Crewführung auf Sportbooten
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eBook253 Seiten2 Stunden

Moderne Crewführung auf Sportbooten

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Über dieses E-Book

Dieses Praxisbuch stellt ein neues Konzept der Crewführung vor, das auf Beteiligung der Crew an Entscheidungen des Skippers statt auf das althergebrachte "Befehl und Gehorsam" setzt. Es bildet verschiedene Führungsstile und -modelle sowie Teambuilding-Maßnahmen und den Aufbau einer Feedback-Kultur ab, um eine empathische Anleitung der Menschen an Bord und damit eine sichere Schiffsführung sowohl in Alltags- als auch in Krisensituationen zu erzielen. Thematisch ist das Buch bewusst auf die nachfolgenden Softskills eingegrenzt, nötige Hardskills aus den Bereichen Schiffsführung und Seemannschaft werden deshalb (nahezu) außen vor gelassen: • Führung und Teamarbeit • Psychologie fürs Team und in der Krise • Vom Micromanagement zur Selbststeuerung • Kommunikationssysteme • Werkzeuge zur Stärkung des subjektiven Kompetenzempfindens • Arbeitsorganisation an Bord Getreu dem Motto, dass der "Master next God" ausgedient habe, hält dieses Buch ein flammendes Plädoyer für ein Crew-Beteiligungsmodell und stellt damit einen neuen Ansatz in der Schiffsführung vor.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum14. Juli 2017
ISBN9783667111760
Moderne Crewführung auf Sportbooten

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    Buchvorschau

    Moderne Crewführung auf Sportbooten - Richard Jeske

    Teil I. Unser mentales Modell – was wir an unseren Einstellungen einstellen können

    Ein Moment der Muße.

    Ist Führung noch modern?

    Die erfolgreichste Führung ist die, von der alle am Ende annehmen, man habe sie nicht gebraucht.

    Bei der Vorstellung unseres Crewbeteiligungsmodells fragt man uns manchmal: »Wollt Ihr den Skipper abschaffen?« Nein, das wollen wir nicht. Dieses Buch handelt vielmehr davon, wie und nicht ob geführt werden soll.

    Führung und Teamarbeit

    Ein Hoch auf das Team!

    Warum soll das Team eigentlich gut funktionieren?

    Segeln ist grundsätzlich ein Teamsport. Aber eigentlich kann eine gute Skipperin oder ein guter Skipper das Schiff doch notfalls auch allein von A nach B bringen – oder? Nicht wenige Törns scheinen auch heute noch nach diesem Leitbild unter »Anleitung« von wortkargen brummeligen Seemännern zu laufen. Kommunikation findet in solchen sozialen Gebilden vorwiegend »von oben nach unten« und nach den Buchstaben der DSV-Kommandotafel statt. Fragen, Anmerkungen oder gar Diskussionen stören da nur. Nehmen wir ein Fazit dieses Buches einfach schon einmal vorweg: Ein gut geführtes Team ist in seiner Gesamtheit sowohl im Alltag als auch in der Krisensituation leistungsfähiger als einzelne Führungskräfte, die hauptsächlich mit dem System »Befehl und Gehorsam« arbeiten. Die Zeit der einsamen Wölfe (in uns) ist abgelaufen, und der »Master next God« hat ausgedient. Wir brauchen empathisch angeleitete, gut funktionierende Teams auch in der Sportschifffahrt. »Empathisch« heißt dabei vor allem: offen und zugewandt, mit Interesse für die Menschen an Bord, ihr Zusammenwachsen als Crew, ihre Lernfortschritte und ihr Wohlbefinden. Warum glauben wir, dass das gebraucht wird? Vor allem aus zwei Gründen:

    1. Aus Sicherheitsgründen

    Die Situation auf See kann sich innerhalb kürzester Zeit grundlegend ändern. Sehr schnell findet man sich in einer bedrohlichen Situation wieder. Doch je mehr Menschen an Bord Ahnung von der Materie haben, je besser das Team zusammenarbeitet, je weniger Eifersüchteleien, Konkurrenzkämpfe oder Ähnliches ausgefochten werden, desto souveräner kann eine solche Situation gemeistert werden.

    2. Aus Sicherheitsgründen

    Mitglieder eines funktionierenden Teams achten aufeinander, machen sich und die Schiffsführung auf Gefahren aufmerksam, machen Vorschläge zur Optimierung von Arbeitsabläufen, kommunizieren miteinander mit der Absicht gegenseitigen Verständnisses und vermeiden so Unfälle. Ganz nebenbei trägt so ein Team zum Wohlbefinden der einzelnen Teammitglieder und damit in der Regel zu einem gelungenen Urlaub bei. Man setze an die Stelle dieser positiven Merkmale einfach einmal die negativen Pendants und kann sich vorstellen, mit welcher gefährlichen Chaos-Mixtur man es dann an Bord zu tun hätte. Wenn eine Crew nicht aufeinander achtet und nicht jede*r mitdenkt, wenn das Crewmitglied auf dem Vorschiff das Gefühl hat, es werde sowieso nicht gebraucht, und dann z. B. nicht mitteilt, dass am Bug eine Leine ins Wasser hängt, ist die Panne oder Schlimmeres nur eine Frage der Zeit. Machen wir uns keine Illusionen, wie viele solcher Zeitbomben zur See fahren und von wie vielen solcher Zeitbomben wir schon einmal ein Teil waren … Das Wohlbefinden der Menschen an Bord und ein hoher Sicherheitsstandard sind die Hauptgründe, warum ein gut funktionierendes Team unverzichtbar ist. Beides bedingt einander.

    Hand in Hand – ein Ziel im Auge. Das Team steht.

    Crewbeteiligung – die Ursprünge

    Führung durch Beteiligung der Crew – woher kommt das? Der große Bruder unseres Crewbeteiligungsmodells ist das Crew Resource Management (CRM). Das sind Techniken, um die Crew, das Team und deren Qualifikationen, Fähigkeiten, Ideen zur Bewältigung von Alltags- und Krisensituationen zu nutzen. CRM begann in den 1970er/80er-Jahren in der Fliegerei Einzug zu halten. Heute gehört das regelmäßige Training im CRM zum Standard in der Aus- und Weiterbildung von Piloten und Flugcrews. Auch in anderen Bereichen wie Krankenhäusern, Feuerwehr, Berufsschifffahrt, Krisenstäben finden CRM-Trainings Anwendung. Dass die Fliegerei dabei ganz vorn liegt, mag damit zusammenhängen, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Airline unmittelbar mit dem Sicherheitsimage verbunden ist, das sie in der Öffentlichkeit hat. Entsprechend wird von den Unternehmen in diesem Bereich viel investiert.

    Dem Thema CRM und CRM-Training wurde in der Sportschifffahrt bislang jedoch kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Aber das muss nicht so bleiben. Erkenntnisse und Erfahrungen aus mehreren Jahrzehnten CRM und der Forschung dazu können auch für die Arbeit in der Sportschifffahrt genutzt werden. Dabei fällt ein wesentlicher Unterschied auf: Im klassischen CRM trainiert man alle Crewmitglieder. In der Fliegerei hat man das Cockpitteam und das Kabinenteam im Training, in der Schifffahrt mindestens die Offiziere, die sich auf der Brücke begegnen können. Die Profis haben im Team alle die gleiche Grundlage. Wie wir sehen werden, gilt dies nicht unbedingt für die Freizeitschifffahrt.

    Auch für uns in der Sportschifffahrt hat die Beschäftigung mit CRM im Profibereich begonnen. Als Anbieter von Segelreisen und Qualifizierungskursen habe ich (Richard Jeske) ein Interesse daran, dass meine Törns sicher und für die Kunden angenehm verlaufen. Über die Ausbildung und interne Weiterqualifizierung meiner Skipper*innen in Sicherheits- und Krisentrainings entstand die Auseinandersetzung mit CRM-Beispielen aus anderen Bereichen.

    Als Psychologin, Beraterin und Teamentwicklerin arbeite ich (Birgit Carstensen) ebenfalls mit Profiteams aus Unternehmen und Organisationen an ihrer Kommunikation und Zusammenarbeit, insbesondere in (oft krisenhaften) Umbruchsituationen. Ob ein Team oder eine Organisation Veränderungen gut meistert oder nicht, hängt wesentlich davon ab, wie die interne Verständigung gelingt. Die vergleichbaren Team-Anforderungen an Crews in der Sportschifffahrt beschäftigten mich, seit ich mit dem Segeln anfing.

    »Wenn es nicht lustig ist, mach ich nicht mit.« (Karlsson vom Dach)

    Durch unsere Zusammenarbeit – auch mit anderen engagierten Kolleg*innen – wurde daraus das Projekt SkipPsy sowie ein Führungs- und Kommunikationsmodell, das über das Thema Sicherheit und Krisenbewältigung hinaus geht und den gesamten Bereich der Crewführung umfasst.

    Aus der CRM-Forschung weiß man, dass viele Unfälle hätten vermieden werden können, wenn Crewmitglieder die Führung auf Fehler hingewiesen hätten, die die Führung selbst nicht bemerkt hatte. So sind schon manche Flugzeuge und Schiffe quasi sehenden Auges in die Katastrophe geflogen oder gefahren. Nur eben, dass die sehenden Augen nicht die der Führung waren. Der Gedanke »Der Kapitän wird schon wissen, was er tut!« war für die Sehenden oft der Grund, den Mund zu halten. Ein drastisches Argument dafür, warum wir die Crew und ihre Ressourcen nutzen sollten.

    Wenn wir in der (professionellen) Sportschifffahrt CRM trainieren, können wir das in der Regel nur mit der (Schiffs-)Führung tun. Der restliche Teil der Crew steht bei uns für die Trainings meist nicht zur Verfügung. Das erhöht die Anforderungen an die Schiffsführung.

    Wenn Skipper*innen in der Sportschifffahrt die Ressourcen der Crew aktivieren und effektiv nutzen wollen, erreichen sie das vor allem, indem sie Vorbild sind in allen Bereichen, die wir in diesem Buch vorstellen möchten:

    • offene, sowohl sachbezogene als auch beziehungsorientierte Kommunikation,

    • Fördern und Wertschätzen von kritischen Anmerkungen (»Speaking Up«) und Fehlerfreundlichkeit,

    • die Berücksichtigung der Grundbedürfnisse von Menschen in Teams,

    • Anleiten / aktive Kompetenzförderung und selbst lernen.

    Und damit diese guten Vorsätze nicht so schnell wieder untergehen, hilft es Skipper*in und Crew, wenn sie ein System ganzheitlicher Kommunikation im Bordalltag etablieren.

    Das Beispiel Brendan Hall

    Der Profiskipper Brendan Hall war erst 28 Jahre alt, als er mit einer reinen Amateurcrew das Clipper Around the World Yacht Race 2009/10 gewann.

    Er war erst 28: Round the World Skipper Brendan Hall.

    Zehn baugleiche 68-Fuß-Yachten mit jeweils 18-köpfiger Crew aus zahlenden Kund*innen, die teilweise nur für einen der 14 Rennabschnitte an Bord waren (Halls Crew auf der »Spirit of Australia« umfasste insgesamt 44 Personen), lieferten sich über zehn Monate und 35 000 Seemeilen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Team »Spirit« gewann nach Meinung des Skippers schließlich dadurch, dass er von vornherein nur zu 20 % auf fachliches Können und zu 80 % auf Teamarbeit und Teamführung, vor allem auf die Kommunikation, gesetzt hatte. Hall hatte sich beim Einlaufen des Feldes der Vorläufer-Regatta 2008 geschworen, auch er werde eines Tages dieses Rennen fahren und gewinnen. Er interviewte nach und nach die Skipper dieser Regatta und befragte sie nach den Faktoren ihres Erfolges und danach, was sie im Nachhinein lieber anders gemacht hätten. Aus seiner anfänglichen Überzeugung, dass nämlich beste Seemannschaft, fachliche Entscheidungen und vor allem Wettertaktik das Rennen machen würden, wuchs mit jedem dieser Interviews die Einsicht, dass nur eine überragende Teamleistung über Sieg oder Rang entscheiden würde.

    Er beschreibt in einem Buch, wie er sich auf seine Führungsaufgabe vorbereitet und mit welchen Prinzipien und Mitteln er aus lauter anspruchsvollen Individuen mit höchst unterschiedlicher Motivation zum Mitfahren ein starkes, kompetentes, selbst- und sicherheitsbewusstes Team geschmiedet hat, das mit Engagement und beharrlicher Ausdauerleistung aufs Siegerpodest gesegelt ist und auch noch Spaß daran hatte! Er setzte ab Tag Eins der Vorbereitung auf offene und systematische Kommunikation im Team, auf Kompetenzzuwachs und ständige Verbesserung, indem Ideen von jedem Einzelnen einbezogen werden, setzte auf 360°-Feedback und gegenseitige Unterstützung. Der Höhepunkt dabei: Mitten im Nordpazifik musste ein Skipper eines Konkurrenzbootes aufgrund einer schweren Verletzung von Bord geholt werden. Unter abenteuerlichen Bedingungen wechselte Hall auf das Boot über, um dort den Skipper zu ersetzen. Die restlichen ca. fünftausend (!) Meilen fuhr seine Crew mit seinem Boot ohne ihren Skipper weiter. Zwar in regelmäßigem Funkkontakt, aber ansonsten der ursprünglichen Führung ledig. Offenbar wurde bis dahin Großartiges an Teambuilding und Kompetenzzuwachs geleistet.

    Wir werden hin und wieder auf Brendan Hall und seine Methoden und Erkenntnisse zurückkommen, denn das Kommunikationssystem, das er für sein Team »Spirit« entwickelt hat, ist unserem System in vielen Punkten sehr ähnlich. Allen, die Englisch lesen mögen, sei sein Buch »Team SPIRIT – Life and Leadership on one of the World’s toughest yacht races« (2012 bei Adlard Coles Nautical erschienen) wärmstens ans Herz gelegt. Wer ein Vorbild sucht, wie moderne Führung aussehen kann, findet hier eine spannende und lebendige Beschreibung sowie viele gute Anregungen für sich selbst.

    Für uns ist wichtig, dass auch bei Nicht-Profis der Grundsatz gilt: Fachkompetenz allein bringt kein Boot ins Ziel. Ohne gute Teamarbeit und Teamführung entsteht keine Höchstleistung. Egal, was Sie auf Ihrem Törn erreichen möchten – ein weit entferntes Ziel in begrenzter Zeit anzusteuern oder eine entspannte Woche auf See zu verbringen –: Sie brauchen dafür die Zusammenarbeit aller Beteiligten, und diese Zusammenarbeit braucht Führung. Immer wieder.

    Die alte Schule der Crewführung bleibt achteraus.

    Unsere Vision eines gelungenen Törns

    Nachfolgend werden wir viel über Führungsmodelle, Teamentwicklung und Interventionsmöglichkeiten sprechen. Dabei wollen wir uns hin und wieder daran erinnern, wofür und warum wir das alles eigentlich tun. Ganz poetisch dazu der große Weltumsegler Bernard Moitessier², der uns damit aus der Seele spricht:

    »Der Wind, die Flauten, der Nebel und die Sonne verschmelzen alle zusammen zu einer riesigen Einheit und erscheinen als das große Licht des Lebens. Natürlich gibt es Momente der Furcht. Aber über den Tiefen dieser Furcht steht die Freude an der See, die alles andere wegwischt.« (aus: »Der verschenkte Sieg«, 1976).

    Was ist für Sie eigentlich ein idealer Segel- oder Motorboot-Tag? Eine spannende Frage, über die es sich vor jedem Törn zu reden lohnt. Doch ganz gleich, was Ihr Traumtörn sein mag – vielleicht gefällt Ihnen dabei unsere Vision eines wundervollen Abschlusses: Lächelnd geht die Crew von Bord – nicht alle auseinander rennend, sondern gemeinsam, miteinander lachend und froh, wenn auch redlich erschöpft von einem befriedigenden und ereignisreichen letzten Tag. »Gerne wieder mit dir, gerne wieder mit euch!« heißt es. Doch was muss dazu vorher passieren?

    Die Crew hat auch dieses letzte Anlegemanöver souverän und gelassen gemeistert. Die Nachbesprechung war kurz, es gibt ein paar Kleinigkeiten, die man beim nächsten Mal noch besser machen könnte, doch insgesamt hat es super geklappt. Die Schiffsführung stand nicht am Ruder und hat den Ablauf nur durch gelegentliche Anregungen unterstützt. Oder sie war – bei fortgeschrittener Crew – vielleicht gar nicht an Deck? Vielleicht kam sie auch nur hoch, als alle Leinen fest waren, um die Mannschaft zum gelungenen und freundlich

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