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Harmagedon: Die letzten Tage der Erde
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Harmagedon: Die letzten Tage der Erde
eBook412 Seiten5 Stunden

Harmagedon: Die letzten Tage der Erde

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Über dieses E-Book

Harmagedon - die entscheidende Schlacht zwischen den Mächten der Finsternis und des Lichts - steht kurz bevor. Der Antichrist vereint die Truppen der ganzen Welt in Israel, sodass sich die Gläubigen in Petra einer Armee gegenübersehen, gegen die sie nichts werden ausrichten können.

Wer wird angesichts der Gefahren seinem Glauben treu bleiben? Sollten sich die Gläubigen wirklich in die Sicherheit von Petra zurückziehen, während in Jerusalem noch Millionen von Juden ausharren und auf ihren Messias warten?

Im 11. Band der "Finale"-Reihe setzen die Autoren die weltweit erfolgreichste Roman-Serie fort. Folgen Sie der Tribulation Force um die ganze Welt, während die Geschichte der Menschheit ihrem Ende entgegengeht. Begeben Sie sich auf das Schlachtfeld von Harmagedon, wenn der Antichrist seine Armeen gegen Petra und Jerusalem marschieren lässt ...
SpracheDeutsch
HerausgeberGerth Medien
Erscheinungsdatum24. Apr. 2015
ISBN9783961221073
Harmagedon: Die letzten Tage der Erde
Autor

Jerry B. Jenkins

Jerry B. Jenkins is the author of more than 180 books, including the 63,000,000-selling Left Behind series. His non-fiction books include many as-told-to autobiographies, including those of Hank Aaron, Bill Gaither, Orel Hershiser, Luis Palau, Walter Payton, Meadowlark Lemon, Nolan Ryan, and Mike Singletary. Jenkins also assisted Dr. Billy Graham with his memoirs, Just As I Am. He also owns the Jerry Jenkins Writers Guild, which aims to train tomorrow’s professional Christian writers.

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    Buchvorschau

    Harmagedon - Jerry B. Jenkins

    Sechs Jahre nach Beginn der Trübsalszeit – zweieinhalb Jahre nach Beginn der Großen Trübsalszeit

    Die Christen

    Rayford Steele, Ende 40, flog als Flugkapitän für die Fluglinie Pan-Continental und verlor bei der Entrückung Frau und Sohn. Nach den dramatischen Ereignissen wurde er Flugkapitän von Potentat Nicolai Carpathia. Er ist Gründungsmitglied der Tribulation Force. Mittlerweile ist er ein international gesuchter Flüchtling. Aufenthaltsort: Petra.

    Cameron „Buck" Williams, Anfang 30, ehemaliger Chefreporter des Global Weekly und früherer Herausgeber des Global Community Weekly. Er ist Gründungsmitglied der Tribulation Force und mittlerweile Herausgeber einer Internet-Zeitung mit dem Namen „Die Wahrheit". Er hält sich als international gesuchter Flüchtling in San Diego auf.

    Chloe Steele Williams, Mitte 20, war vor den Ereignissen Studentin an der Stanford-Universität und hat Mutter und Bruder bei der Entrückung verloren. Sie ist die Tochter von Rayford, Ehefrau von Buck und Mutter des dreieinhalbjährigen Kenny Bruce. Darüber hinaus ist sie Leiterin und Initiatorin der „Internationalen Handelsgesellschaft", einem Untergrundnetzwerk von Christen. Auch sie ist Gründungsmitglied der Tribulation Force. Sie hält sich als international gesuchter Flüchtling in San Diego auf.

    George Sebastian, Ende 20, ehemaliger Kampfhubschrauberpilot der in San Diego stationierten US-Luftwaffe. Er hält sich mit anderen Mitgliedern der Tribulation Force im Untergrund in San Diego auf.

    Ming Toy, Mitte 20, Witwe, früherer Wachoffizier in einem belgischen Frauengefängnis, hat sich unerlaubt vom Dienst entfernt. Sie hält sich in San Diego im Untergrund auf.

    Ree Woo, Mitte 20, Pilot der „Internationalen Handelsgesellschaft". Er hält sich in San Diego im Untergrund auf.

    Tsion Ben-Judah, Anfang 50, früher rabbinischer Gelehrter und ehemaliger israelischer Staatsmann. Er sprach im israelischen Fernsehen öffentlich über seinen Glauben an Jesus als den Messias, woraufhin seine Frau und seine beiden Kinder ermordet wurden. Einige Zeit lang war er geistlicher Führer und Lehrer der Tribulation Force, heute lehrt er die jüdischen Flüchtlinge in Petra. Über das Internet kommuniziert er täglich mit mehr als einer Milliarde Menschen.

    Dr. Chaim Rosenzweig, Anfang 70, israelischer Nobelpreisträger, Botaniker und Staatsmann. Er verübte den Anschlag auf Carpathia. Er führt die jüdischen Flüchtlinge in Petra an.

    Abdullah Smith, Mitte 30, war früher jordanischer Kampfflieger und danach Erster Offizier der Phoenix 216. Man nimmt offiziell an, dass er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, in Wahrheit hält er sich aber in Petra auf.

    Al B. (Albie), Anfang 50, gebürtig aus Al Basrah im Norden Kuwaits. Er ist Pilot und ein international tätiger Schwarzmarkthändler. Heute ist er Mitglied der Tribulation Force und hält sich im Untergrund in Al Basrah auf.

    Mac McCullum, Anfang 60, ehemaliger Pilot Carpathias. Man nimmt offiziell an, dass er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, in Wahrheit hält er sich im Untergrund in Long Grove, Illinois, auf.

    Hannah Palemoon, Anfang 30, arbeitete als Krankenschwester in dem Krankenhaus der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon. Auch sie saß angeblich in dem abgestürzten Flugzeug, befindet sich aber im Untergrund in Long Grove, Illinois.

    Lea Rose, Anfang 40, ehemals Oberschwester im Arthur Young Memorial Hospital in Palatine, Illinois. Sie hält sich im Untergrund in Long Grove, Illinois, auf.

    Lionel Whalum, Ende 40, früher Geschäftsmann, heute Pilot der „Internationalen Handelsgesellschaft". Er befindet sich ebenfalls im Versteck in Long Grove, Illinois.

    Chang Wong, 20, ist Ming Toys Bruder. Er ist Maulwurf der Tribulation Force im Hauptquartier der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon.

    Gustaf Zuckermandel jr. (Zeke oder Z.), Mitte 20, ist Urkundenfälscher und Verkleidungsspezialist. Sein Vater starb durch die Guillotine. Er hält sich in einem Untergrundversteck in Avery, Wisconsin, auf.

    Die Feinde

    Nicolai Jetty Carpathia, Ende 30, war während der dramatischen Ereignisse Präsident von Rumänien und wurde dann Generalsekretär der Vereinten Nationen. Carpathia war bis zu seiner Ermordung in Jerusalem selbst ernannter Potentat der Weltgemeinschaft. Drei Tage später kehrte er auf dem Palastgelände der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon ins Leben zurück.

    Leon Fortunato, Mitte 50, ist Carpathias rechte Hand. Augenblicklich ist er der allerhöchste geistliche Führer des Carpathianismus und verkündet den Potentaten als den auferstandenen Gott. Er hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

    Viv Ivins, Ende 60, ist schon lange mit Carpathia befreundet und arbeitet für die Weltgemeinschaft. Sie hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

    Suhail Akbar, Mitte 40, Carpathias Sicherheits- und Geheimdienstchef. Er hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

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    Prolog

    „Zum ersten Mal seit langer Zeit, begann Nicolai, „spielen wir das Spiel wieder gleichberechtigt mit. Die Wasserwege regenerieren sich selbst und im Bereich der Infrastruktur ist einige Aufbauarbeit zu leisten. Wir wollen dazu beitragen, alle unsere loyalen Bürger wieder auf eine Stufe mit uns zu stellen. Direktor Akbar und ich haben für die Abtrünnigen einige Überraschungen parat. Wir sind wieder im Geschäft, Leute. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Verluste wegstecken und selbst wieder austeilen.

    Die neue Stimmung dauerte drei Tage. Dann gingen die Lichter aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Alles wurde dunkel. Nicht nur die Sonne, sondern auch der Mond, die Sterne, Straßenlaternen, elektrische Lichter, die Scheinwerfer. Alles, was je Licht abgegeben hatte, war jetzt dunkel. Die Nummern auf den Telefonen, die Taschenlampen, alles, was schillerte, was im Dunkeln glühte. Die Notlichter, Ausgangsbeleuchtung, Alarmleuchten – alles. Es war stockdunkel.

    Wie hieß noch die Redewendung? Dass man die Hand nicht vor Augen sehen könne? Das traf zu. Gleichgültig, welche Tageszeit es war – die Menschen konnten nichts sehen. Weder ihre Uhren, Armbanduhren, nicht einmal Feuer, Streichhölzer, nichts. Es schien, als sei das Licht nicht einfach nur ausgegangen. Jede Spur davon schien vom Universum verschluckt worden zu sein.

    Die Menschen schrien vor Angst auf, als sie sich mit dem schlimmsten Albtraum ihres Lebens konfrontiert sahen – und es hatte bisher wirklich viele gegeben.

    Sie waren blind – vollständig unfähig, irgendetwas anderes außer Dunkelheit zu sehen, 24 Stunden am Tag.

    Sie tasteten sich durch den Palast, sie drängten sich nach draußen. Sie versuchten, jedes Licht und jeden Schalter anzuknipsen, an die sie sich erinnern konnten. Sie sprachen miteinander, um zu erfahren, ob nur sie das Problem hatten oder alle anderen auch. Sucht eine Kerze! Reibt zwei Stöcke aneinander! Erzeugt Reibung auf dem Teppich und statische Elektrizität. Tut alles. Alles! Irgendetwas muss doch den Hauch eines Schattens erzeugen, einen kleinen Lichtstrahl.

    Aber alles war umsonst.

    Chang verspürte den Drang zu lachen. Er wollte in brüllendes Gelächter ausbrechen. Er wünschte, er könnte allen Menschen überall erzählen, dass Gott erneut einen weiteren Fluch ausgesprochen hatte, ein weiteres Gericht über die Erde hatte kommen lassen, von dem nur diejenigen betroffen waren, die das Zeichen des Tieres trugen. Denn Chang konnte sehen. Es war zwar anders, da auch er keine Lichter sah. Er sah alles dunkler, als hätte jemand in einem Kronleuchter die Wattzahl heruntergedreht.

    Er sah, was er sehen musste, auch seinen Computer, seinen Bildschirm, seine Uhr und seine Wohnung. Sein Essen, sein Waschbecken, seinen Herd – alles. Und das Beste war, er konnte auf seinen Gummisohlen im Palast herumschleichen, zwischen seinen Kollegen hindurch, während sie sich vorantasteten.

    Schon nach wenigen Stunden passierte etwas noch Seltsameres. Die Leute starben nicht an Hunger oder Durst. Sie konnten sich den Weg zu Essen und Trinken ertasten. Aber sie konnten nicht arbeiten. Es gab nichts, über das man sprechen konnte, kein anderes Gesprächsthema als die verfluchte Dunkelheit. Und aus irgendeinem Grund fingen sie auch an, Schmerz zu empfinden.

    Es juckte und sie kratzten sich. Sie hatten Schmerzen und sie rieben. Sie schrien auf und kratzten sich noch mehr. Bei vielen wurde der Schmerz so stark, dass sie auf dem Fußboden zusammensanken, sich wanden, sich kratzten und Erleichterung suchten.

    Je länger es dauerte, desto schlimmer wurde es, und jetzt verfluchten die Menschen Gott und bissen sich auf ihre Zungen. Sie krochen über die Flure, suchten nach Waffen, flehten Freunde und sogar Fremde an, sie zu töten. Viele begingen Selbstmord. Der gesamte Palastkomplex wurde zu einem Heim der Schreie, des Stöhnens und des Jammerns, während in den Menschen die Überzeugung wuchs, dass dies das Ende der Welt war.

    Aber sie hatten kein Glück. Wenn sie nicht den Mut aufbrachten, sich selbst zu töten, litten sie. Ihr Leid verschlimmerte sich von Stunde zu Stunde. Von Tag zu Tag. Es ging immer weiter. Und nach einer ganzen Weile hatte Chang die beste Idee seines Lebens.

    Wenn es je einen guten Zeitpunkt für ihn gegeben hatte, aus dem Palast zu fliehen, dann jetzt. Er würde sich mit Rayford oder Mac in Verbindung setzen, mit irgendjemandem, der bereit und in der Lage war, ihn abzuholen. Er ging davon aus, dass es den anderen Mitgliedern der Tribulation Force, ja, sogar allen Gläubigen auf der Welt, die das Siegel Gottes trugen, genauso erging wie ihm.

    Jemand würde mit einem Jet herfliegen und hier in Neu-Babylon landen. Die Angehörigen der Weltgemeinschaft würden alle in De-ckung gehen, da sie keine Ahnung hatten, wie so etwas in vollkommener Dunkelheit möglich sein sollte. Solange niemand sprach, konnte auch niemand identifiziert werden. Die Tribulation Force könnte Waffen und Flugzeuge anfordern, was immer sie wollte.

    Falls jemand sie ansprach oder ihnen drohte, so hatte die Tribulation Force immer noch den Vorteil, dass sie sehen konnte. Aber da Christus in einem Jahr wiederkommen würde, dachte Chang, waren die Guten sogar noch besser dran als damals, als sie nur tagsüber ihre Arbeit hatten tun können.

    Im Augenblick waren die Gläubigen im Vorteil, solange Gott es für angemessen hielt, die Rollläden heruntergezogen und die Lichter ausgeknipst zu halten.

    „Gott, betete Chang, „gib mir nur noch ein paar Tage Dunkelheit.

    1

    Zum ersten Mal seit dem Start bekam Rayford Steele Bedenken wegen ihres Passagiers.

    „Wir hätten sie nicht mitnehmen sollen, Smitty", seufzte er. Er warf Abdullah, der am Steuerknüppel saß, einen verstohlenen Seitenblick zu.

    Der Jordanier schüttelte den Kopf. „Das war Ihre Entscheidung, Captain, so leid es mir tut. Ich habe versucht, Ihnen klarzumachen, wie wichtig sie für Petra ist."

    Die Dunkelheit, die nur Neu-Babylon einhüllte, aber schon aus einer Entfernung von gut 100 Meilen sichtbar war, war anders als alles, was Rayford bisher in seinem Leben gesehen hatte. Als Abdullah mit der Gulfstream den Landeanflug auf Irak begann, war es 12 Uhr mittags Palastzeit.

    Gewöhnlich funkelten die prächtigen Gebäude der neuen Welthauptstadt in der hellen Mittagssonne. Jetzt erhob sich, so weit das Auge sehen konnte, von Neu-Babylons ausgedehnten Grenzen eine schwarze Säule in den wolkenlosen Himmel.

    Chang Wong war Rayfords Maulwurf im Inneren des Palastes. Im Vertrauen auf die Aussage des jungen Mannes, dass sie im Gegensatz zu allen anderen würden sehen und alles erkennen können, warf Rayford Abdullah einen weiteren Seitenblick zu, als dieser das Flugzeug aus der Helligkeit des wolkenlosen Tages in die Dunkelheit steuerte. Abdullah schaltete die Landescheinwerfer an.

    Rayford blinzelte. „Brauchen wir das ILS?"

    „Das Instrumenten-Landesystem?, fragte Abdullah. „Ich glaube nicht, Captain. Ich habe ziemlich gute Sicht.

    Angesichts der unheimlichen Dunkelheit, die in Neu-Babylon herrschte, musste Rayford unwillkürlich an den strahlenden Sonnenschein in Petra denken. Er spähte über die Schulter zurück zu der jungen Frau. Sicher hatte sie Angst. Doch sein prüfender Blick verriet ihm, dass dies nicht der Fall war.

    „Wir können immer noch umkehren, schlug er vor. „Dein Vater schien über unseren Abflug nicht gerade begeistert gewesen zu sein.

    „Er hat sich vermutlich um Sie Sorgen gemacht, erwiderte Naomi Tiberias. „Dass ich klarkommen werde, weiß er.

    Der Humor und Witz der noch jungen Computerexpertin waren legendär. Im Umgang mit Erwachsenen wirkte sie anfangs schüchtern und zurückhaltend, doch wenn sie jemanden besser kannte, wurde sie ihm gegenüber offener. Sie hatte Abdullah geholfen, seine Computerkenntnisse zu erweitern, und seit in Neu-Babylon die Lichter ausgegangen waren, war sie praktisch unablässig mit Chang in Kontakt geblieben.

    „Warum ist es nur hier so dunkel?, fragte Naomi. „Das ist so seltsam.

    „Ich weiß es nicht, erwiderte Rayford. „In der Prophezeiung heißt es, die Ereignisse würden nur ‚den Thron des Tieres‘ betreffen und über sein Reich würde sich Dunkelheit legen. Mehr wissen wir auch nicht.

    Bei jedem seiner Besuche in Petra hatte Rayford festgestellt, dass Naomis Verantwortungsbereich und ihr Einfluss unter den Israeliten gewachsen waren. Schon früh hatte sie sich als Technologiespezialistin zu erkennen gegeben und ihr Wissen an andere weitervermittelt. So war sie trotz ihres Alters langsam, aber sicher zur Leiterin des umfangreichen Computerzentrums in Petra avanciert – zur Lehrerin, die die Lehrer lehrte.

    Das Computerzentrum, das von Changs Vorgänger, dem verstorbenen David Hassid, geplant und eingerichtet worden war, ermöglichte es den Israeliten, die in Petra Zuflucht gesucht hatten, Tag für Tag mit den Menschen außerhalb der Felsenstadt in Kontakt zu bleiben. Mithilfe von Tausenden von Computern konnten die Mentoren über das Internet mit Tsion Ben-Judahs weltweiter Leserschar Verbindung aufnehmen. Naomi koordinierte den Kontakt zwischen Chang in Neu-Babylon und den Mitgliedern der Tribulation Force auf der ganzen Welt.

    Dass sie zusammen mit den anderen nach Neu-Babylon kam, um Chang abzuholen, war dessen Idee gewesen. Rayford selbst war anfangs nicht damit einverstanden gewesen. Da der 7500 Meilen weite Flug von San Diego nach Petra sehr anstrengend gewesen war, hatte Abdullah für die letzten 500 Meilen den Steuerknüppel übernommen. Der kampferprobte George Sebastian wäre im Grunde besser geeignet gewesen, aber Rayford fand, dass dieser in letzter Zeit sehr beansprucht worden war. In San Diego gab es genug für ihn zu tun, und außerdem wollte Rayford Georges Kräfte für die „Schlacht des großen Tages Gottes, des Allmächtigen" sparen, wie Dr. Ben-Judah sie nannte. Diese Schlacht würde in weniger als einem Jahr stattfinden.

    Mac McCullum und Albie, die in Al Basrah, knapp 200 Meilen südlich von Neu-Babylon, stationiert waren, standen ebenfalls bereit. Aber für sie hatte Rayford andere Aufgaben.

    Rayfords Schwiegersohn Buck Williams und seine Tochter Chloe hatten angeboten, bei der Rettung Changs aus der Höhle des Löwen zu helfen, aber Rayford war davon überzeugt, dass Buck schon bald in Israel von größerem Nutzen sein würde. Und was Chloe betraf – die Internationale Handelsgesellschaft brauchte dringend ihre Kompetenz und ihr Sachwissen. Außerdem musste sich jemand um den kleinen Kenny kümmern.

    „Pack alles zusammen, was du gebrauchen kannst, Chang, hatte Rayford diesen ermuntert. „Smitty und ich werden dich in ein paar Tagen abholen.

    Chang hatte erwidert, diese Aufgabe sei zu umfangreich, um sie alleine bewältigen zu können. Wenn Naomi ihm helfen könnte, würden sie viel schneller aufbrechen können.

    „Es darf nichts zurückbleiben. Naomi könnte von großem Nutzen sein. Ich möchte den Palast von überall überwachen können."

    „Keine Sorge, beruhigte Rayford ihn. „Du wirst sie schon bald persönlich kennen lernen.

    „Ich weiß nicht, was Sie meinen."

    „Ihr Vater gehört zu den Ältesten in Petra, weißt du?"

    „Ach ja?"

    „Sie sind die Einzigen, die von ihrer Familie noch übrig sind. Sein Beschützerinstinkt ist sehr stark ausgeprägt."

    „Wir haben beide viel zu erledigen."

    „Aha."

    „Ich meine es wirklich ernst, Captain Steele. Bitte bringen Sie sie mit. Es ist ja nicht so, als hätte ich sie nicht bereits auf dem Bildschirm gesehen."

    „Und, was hältst du von ihr?"

    „Das habe ich Ihnen doch gesagt. Wir haben viel zu erledigen."

    Rayford spürte einen Ruck an seinem Copilotensitz. Naomi beugte sich vor. „Kann Mr Smith denn genug sehen, um diesen Flieger zu landen?"

    „Das ist noch nicht sicher, erwiderte Rayford. „Es sieht so aus, als hätte jemand unsere Fenster braun übermalt. Sieh mal zu, ob du unseren Jungen aufwecken kannst.

    Chang war sicher, dass die Landebahnen in Neu-Babylon frei waren, aber er konnte natürlich von dort aus nicht telefonieren, weil er befürchtete, jemand könnte ihn belauschen. Naomi holte einen kleinen, schmalen Computer aus einer Aluminiumhülle und tippte eifrig darauf herum.

    „Meiden Sie die Landebahnen 3 links und rechts, erklärte sie. „Und er möchte wissen, für welche Landebahn Sie sich entscheiden, damit er dort auf uns warten kann.

    Rayford entgegnete mit einem Blick zu Abdullah: „Meint er das ernst, Naomi?"

    Sie nickte.

    „Sag ihm, der Tower sei geschlossen und wir würden unsere Ankunft sowieso nicht melden. Von hier oben aus können wir nicht sehen, welche Landebahn es ist, darum wird er uns schon die Koordinaten geben müssen und –"

    „Einen Augenblick, unterbrach Naomi ihn und tippte wieder etwas ein. „Er hat alles durchgegeben, was Sie brauchen. Sie reichte Rayford den Laptop und deutete auf den Anhang der Mail. „Der Rechner ist stimmaktiviert. Sagen Sie nur, was Sie wissen möchten."

    „Die Maschine erkennt meine Stimme?", fragte Rayford und starrte auf den Bildschirm.

    „Ja", erwiderte der Computer.

    Naomi lachte.

    „E-Mail-Anhang bitte", sagte Rayford.

    Ein ausführliches Raster mit einer Luftaufnahme des Flughafens von Neu-Babylon erschien auf dem Bildschirm.

    „Ich werde die Koordinaten für Sie eingeben, Smitty", bot Rayford an. Er programmierte die Daten in das Flugsystem ein.

    „Dieses Teil macht alles für Sie außer kochen, Captain Steele, sagte Naomi stolz. „Haben Sie einen Infrarotanschluss?

    „Ich denke schon. Haben wir so was, Smitty?"

    Abdullah deutete auf ein Licht am Instrumentenbord.

    „Hier, erklärte Naomi. „Lassen Sie mich mal. Sie beugte sich über Rayfords Schulter und richtete die Rückseite des Laptops auf den Port aus. „Bereit zur Landung, Captain?", fragte sie.

    „Roger."

    „Landeanflug eingeleitet", sagte sie und drückte auf einen Knopf.

    „Landebahnwahl?", fragte der Computer.

    Naomi blickte Rayford an, der wiederum zu Abdullah hinübersah. „Erkennt das Ding sogar meinen Akzent?", fragte der Jordanier.

    „Ja, erwiderte der Computer. „Landebahnen 3 links und 3 rechts sind belegt. Wählen Sie Landebahn 11 oder 16.

    „11", entschied Abdullah.

    „Links oder rechts?", fragte der Computer nach.

    „Links, erwiderte Abdullah. „Warum auch nicht?

    Abdullah schaltete den linken Autopiloten ein und nahm die Hände vom Steuerknüppel. „Danke", sagte er.

    „Gern geschehen", erwiderte der Computer.

    Sechs Minuten später setzte die Gulfstream auf der Landebahn auf.

    Um kurz nach ein Uhr morgens fuhr Buck in San Diego im Bett hoch.

    Chloe rührte sich auch. „Schlaf weiter, Liebling, forderte sie ihn auf. „Du hast jetzt drei Nächte Wache gehalten. Nicht heute Nacht.

    Er hob die Hand und wollte etwas einwenden.

    „Du brauchst deinen Schlaf, Buck."

    „Ich dachte, ich hätte etwas gehört."

    Das kleine Funksprechgerät auf seinem Nachttisch meldete sich. Sebastians Spezialcode. Buck schnappte sich das Gerät.

    „Ja, George?"

    „Die Bewegungsmelder", flüsterte Sebastian.

    Jetzt fuhr auch Chloe hoch.

    „Ich werde mich mit dem Periskop mal umsehen", schlug Buck vor.

    „Vorsichtig, warnte Sebastian. „Schieb es nicht höher und dreh es auch nicht.

    „Verstanden. Hat sonst noch jemand was gemerkt?"

    „Nein."

    „Also gut. Dann wollen wir mal."

    Chloe war bereits aus dem Bett gesprungen und zog sich ein Sweatshirt über. Sie schloss einen Schrank auf, holte zwei Maschinengewehre heraus und warf Buck eines davon zu, während er zu dem Periskop neben Kennys kleiner Kammer marschierte. Er lehnte die Waffe gegen die Wand, steckte das Funkgerät in die Tasche seines Schlafanzugs und sah durch das Periskop. Während sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, hörte er, dass Chloe die Tür zu Kennys Zimmer öffnete und wieder schloss. Mit seinen fast vier Jahren schlief Kenny jetzt länger, aber nicht mehr so tief wie früher.

    „Ist er wach?", fragte Buck, ohne den Blick von dem Periskop zu lösen.

    „Schläft tief und fest, erwiderte Chloe. Sie legte Buck einen Pullover über die Schultern. „Wie du es eigentlich auch tun solltest.

    „Ich wünschte, es wäre so", seufzte Buck.

    „Das glaub ich dir gern. Sie legte ihm die Hände auf die Schultern. „Was siehst du?

    „Nichts. George sagt, ich solle das Fernrohr nicht drehen. Im Augenblick ist es auf Bodenhöhe nach Westen ausgerichtet. Ich würde es gern sechs Zentimeter höherschieben, damit ich einen besseren Überblick bekomme."

    „Er hat recht, Schatz, wandte sie ein. „Du weißt, dass es immer quietscht, wenn es bewegt wird. Jeder, der da draußen ist, könnte es hören.

    „Ich glaube nicht, dass jemand da ist", erwiderte Buck. Er wandte sich ab und rieb sich die Augen.

    Sie seufzte. „Möchtest du einen Stuhl?"

    Er nickte und kehrte zum Periskop zurück. „Könnte natürlich ein Tier gewesen sein. Vielleicht der Wind."

    Chloe schob einen Stuhl gegen seine Knie und drückte ihn darauf. „Darum solltest du mich einfach –"

    „Oh nein", stöhnte er.

    „Was ist?"

    Er legte den Finger an die Lippen und zog sein Funkgerät aus der Tasche.

    „George, flüsterte er. „Sechs, sieben, acht, neun. Neun bewaffnete Soldaten der Weltgemeinschaft unmittelbar im Westen.

    „Was tun sie?"

    „Nicht viel. Sie lungern rum. Sie wirken gelangweilt. Vielleicht hat im Vorbeifahren irgendetwas ihre Aufmerksamkeit erregt."

    „Irgendwelche Fahrzeuge?"

    „Kann ich nicht sehen. Ich müsste das Rohr ausfahren und drehen."

    „Das geht nicht. Sind da noch mehr Soldaten?"

    „Kann ich von hier aus nicht erkennen. Es kommen keine mehr dazu. Jetzt kann ich nur noch drei sehen."

    „Achte auf Motorengeräusche."

    Buck schwieg eine Weile. Dann: „Ja, ich kann einen Motor hören. Und jetzt noch einen."

    „Ich höre sie auch, bestätigte George. „Ich glaube, sie fahren weg. Kann ich rüberkommen?

    „Sag ihm, er soll lieber nicht kommen", flüsterte Chloe.

    Die Flughafenangestellten, die Rayford durch das Cockpitfenster in der unheimlichen gelbbraunen Landschaft erkennen konnte, schienen entsetzliche Schmerzen zu erleiden. Chang hatte ihm gesagt, die Leute würden sich winden und stöhnen, aber der landende Jet hatte sie offensichtlich in Panik versetzt. Sie mussten davon ausgehen, dass das Flugzeug abstürzen würde, wie es auf den Landebahnen 3 links und rechts augenscheinlich bereits mit anderen Maschinen geschehen war.

    Es war, als hätten die Menschen den Versuch aufgegeben, etwas sehen zu wollen. Jeder, der sich in der Nähe der Gulfstream IX befand, war in die Dunkelheit getaumelt, um dem Jet zu entkommen, und jetzt kauerten sie in kleinen Gruppen hier und dort am Boden.

    „Das muss Chang sein", sagte Rayford. Er deutete auf einen schlanken Asiaten, der auf sie zueilte und sie wild gestikulierend aufforderte, die Tür zu öffnen.

    „Lass mich das machen, Naomi", erwiderte Abdullah. Er löste seinen Gurt und stieg über ihre Beine hinweg. Nachdem er die Tür geöffnet und die Trittleiter heruntergelassen hatte, sah Rayford, wie Chang sich an eine kleine Gruppe von Männern und Frauen in dunklen Arbeitsoveralls wandte, die tastend hinter ihm herkamen.

    „Bleibt weg!, rief er. „Gefahr! Heiße Motoren! Und außerdem tritt Öl aus!

    Sie wandten sich um und zerstreuten sich in alle Richtungen. „Wie ist sie heruntergekommen?", rief jemand.

    „Das ist ein Wunder", bemerkte ein anderer.

    „Habt ihr auch an Schuhe mit Gummisohlen gedacht?", fragte Chang, als er ihnen aus dem Flugzeug half.

    „Ich finde es auch schön, dich zu sehen, Chang", begrüßte Abdullah ihn grinsend.

    Chang bedeutete ihm zu schweigen. „Die Leute hier sind blind, flüsterte er. „Aber nicht taub.

    „Chang, begann Rayford, doch der junge Mann war gerade dabei, sich mit Naomi bekannt zu machen. „Also gut, ihr zwei, ihr könnt euch später kennen lernen. Jetzt wollen wir erst mal erledigen, was wir zu tun haben, und dann hier verschwinden.

    „Soll ich mich anziehen?", fragte Buck, als er Sebastian im Overall entdeckte.

    „Nein. Den habe ich immer an, wenn ich Wache schiebe. Lass mich mal sehen." Er spähte durch das Periskop.

    „Nichts. Soll ich es ausfahren und drehen, Buck?"

    „Nur keine Scheu."

    „Alles klar. Falscher Alarm."

    Chloe schnaubte. „Das sagt ihr nur, um mich zu beruhigen. Mindestens neun Soldaten der Weltgemeinschaft waren dort draußen und vermutlich waren es sogar noch mehr. Sie kommen bestimmt zurück."

    „Hey, wandte Sebastian ein. „Wir sollten das Beste annehmen und nicht das Schlimmste.

    „Vielleicht tue ich das ja?, widersprach sie. „Priscilla und Beth Ann haben weitergeschlafen?

    Er nickte. „Vielleicht erzähle ich Priss lieber gar nichts davon, darum wäre ich euch dankbar, wenn –"

    „Wenn ich es auch nicht tun würde? Das ist vernünftig, George. Die kleine Frau lieber nur nicht beunruhigen. Sie braucht ja nicht zu merken, dass es Zeit ist weiterzuziehen", spottete Chloe.

    „Weiterziehen?, fragte Buck. „Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

    „Dann sitzen wir also einfach hier herum und warten, bis sie uns finden, was sie vielleicht sogar schon getan haben?"

    „Chloe, hör mir zu, beruhigte Buck sie. „Du hättest dir diese Jungs vielleicht einfach mal ansehen sollen. Sie waren nicht einmal misstrauisch. Vermutlich haben sie nur darüber gesprochen, dass das hier früher einmal eine Militärbasis gewesen ist. Sie wirkten überhaupt nicht angespannt, haben sich nicht einmal richtig umgesehen. Sie haben die Ventile entdeckt und sie überprüft, das war alles.

    Chloe schüttelte den Kopf und sank auf einen Stuhl. „Ich hasse es, so zu leben."

    „Ich auch, seufzte Sebastian. „Aber welche Möglichkeiten haben wir? Die Weltgemeinschaft hat gestern in den Überresten von Los Angeles eine Enklave von Menschen gefunden, die das Zeichen nicht trugen. Sie haben mehr als zwei Dutzend hingerichtet.

    Chloe schnappte nach Luft. „Gläubige?"

    „Ich glaube nicht. Normalerweise sagen sie es, wenn es sich um Judahiten handelt. Ich hatte den Eindruck, dass es eher ein Schlupfwinkel von irgendwelchen Milizgruppen gewesen ist. Etwas in der Art."

    „Das sind die Menschen, die wir erreichen wollen, sagte Chloe. „Und wir sitzen hier herum und können unser Gesicht nicht auf der Straße zeigen, ziehen Kinder groß, die fast nie die Sonne sehen. Gibt es nicht irgendeinen Ort mitten im Nichts, wo die Weltgemeinschaft uns nicht aufstöbern kann?

    „Die beste Alternative wäre natürlich Petra, bemerkte Buck. „Sie wissen, wer da ist, können aber nichts dagegen unternehmen.

    „Dieser Gedanke gefällt mir immer besser. Aber wie auch immer, was werden wir wegen dem unternehmen, was gerade passiert ist?"

    Buck und Sebastian sahen sich an.

    „Kommt schon, Jungs, sagte Chloe. „Du denkst, Priscilla hätte nicht gemerkt, dass du weg bist, und würde nicht fragen, wo du gewesen bist?

    „Sie weiß, dass ich Wache habe."

    „Aber hierher kommst du nur, wenn etwas los ist."

    „Ich hoffe, dass sie weitergeschlafen hat."

    Chloe erhob sich und setzte sich auf Bucks Schoß. „Seht mal, ich will wirklich nicht mit euch streiten … Buck, sag es ihm."

    „Chloe Steele Williams will wirklich nicht mit uns streiten", verkündete er.

    „Okay, murmelte Sebastian. „Sie hätte mich durchaus täuschen können.

    Chloe schüttelte den Kopf. „George, bitte. Du weißt, wie froh wir sind, dass du Teil der,Tribulation Force‘ bist. Dein Talent ist von unschätzbarem Wert für uns und mehr als einmal hast du uns vor einer Katastrophe bewahrt. Aber alle, die hier leben, haben es verdient zu erfahren, was ihr heute Nacht gesehen habt. Das den Leuten zu verschweigen, so zu tun, als sei es nie geschehen, wird nichts an der Tatsache ändern, dass wir beinahe entdeckt worden wären."

    „Aber wir wurden nicht entdeckt, Chloe, wandte Sebastian ein. „Warum sollen wir die anderen in Aufregung versetzen?

    „Wir sind doch bereits aufgescheucht worden! Ich bin den ganzen Tag mit diesen Frauen und Kindern zusammen. Selbst ohne die Schnüffler von der Weltgemeinschaft, die mitten in der Nacht direkt über unsere Köpfe hinwegtrampeln, leben wir wie die Präriehunde. Die Kinder kommen nur dann an die frische Luft, wenn sie zufällig aufwachen, bevor die Sonne aufgeht, und jemand sie nach draußen bringt. Ihr Jungs müsst euch wegschleichen und 30 Meilen fahren, um zu euren Flugzeugen zu kommen, und das in der Hoffnung, dass ihr nicht verfolgt werdet. Ich sage nur, dass wir, wenn wir uns selbst verteidigen müssen, das Recht haben, darauf vorbereitet zu sein."

    Rayford nahm sich vor, Tsion danach zu fragen. Was war an dieser Dunkelheit so Besonderes, dass die Opfer Schmerzen litten? Er hatte von Katastrophenszenarien gehört – Zugunfällen, Erdbeben, Schlachten –, bei denen die Helfer noch jahrelang nach der Katastrophe von den Schreien und dem Stöhnen der Verletzten verfolgt wurden. Während er zusammen mit Abdullah und den beiden jungen Leuten über die Landebahn schlich, betrachtete er die sich vor Schmerzen windenden Menschen. Offensichtlich wären diese lieber tot, als so zu leiden.

    Und einige waren bereits gestorben. Die Trümmer von zwei abgestürzten Flugzeugen blockierten zwei Landebahnen. Sie schwelten noch und viele verkohlte Leichen saßen noch auf ihren Sitzen.

    Während er sich von den Toten zu den Leidenden bewegte, wurde Rayford von seinen Gefühlen überwältigt. Das Jammern und Klagen der Menschen drang ihm wie ein scharfes Messer ins Herz. Er verlangsamte seine Schritte, wollte so gern helfen. Aber was konnte er tun?

    „Oh! Bitte! Das war der Schrei einer Frau mittleren Alters. „Bitte, helft mir doch! Helft mir!

    Rayford blieb stehen und starrte sie an. Sie lag auf der Seite auf dem Asphalt in der Nähe des Terminals. Andere wollten sie zum Schweigen bringen.

    Ein Mann rief: „Wir sind alle genauso orientierungslos und blind, Frau! Wir brauchen genauso Hilfe wie du!"

    „Ich habe Hunger!, jammerte sie. „Hat jemand was zu essen?

    „Wir haben alle Hunger! Halt den Mund!"

    „Ich möchte sterben."

    „Ich auch!"

    „Wo ist der Potentat? Er wird uns retten!"

    „Wann hast du den Potentaten das letzte Mal gesehen? Er hat seine eigenen Sorgen."

    Rayford konnte sich nicht von der Szene lösen. Er hob den Blick, aber auch er konnte nur etwa sechs Meter weit sehen. Er hatte die anderen verloren.

    Abdullah kam wieder zurück. „Ich wollte Sie nicht

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