Walter Benjamin: Deutsche Menschen: Das Buch versammelt 27 Briefe aus den hundert Jahren zwischen 1783 und 1883, von der Französischen Revolution bis zur Gründerzeit
Von Ann K. Boulis
()
Über dieses E-Book
"Deutsche Menschen" ist eine Briefsammlung, zusammengestellt und kommentiert von Walter Benjamin. Das Buch versammelt siebenundzwanzig Briefe aus den hundert Jahren zwischen 1783 und 1883, also ungefähr von der Französischen Revolution bis zur Gründerzeit. Mit dem 1936 unter dem Pseudonym Detlef Holz in der Schweiz gedruckten Buch "Deutsche Menschen" beabsichtigte Walter Benjamin unter anderem, dem vom Nationalsozialismus beherrschten Deutschland das bessere Beispiel eines aufgeklärten und humanistischen Bürgertums vorzuhalten. Die Briefe und Kommentare waren schon 1930/31 in der Frankfurter Zeitung erschienen. Der Titel "Deutsche Menschen" war auch darauf berechnet, das Buch an der nationalsozialistischen Zensur vorbei auf den deutschen Markt zu schmuggeln.
Ann K. Boulis
WALTER BENJAMIN (1892–1940) was a German-Jewish Marxist literary critic, essayist, translator, and philosopher. He was at times associated with the Frankfurt School of critical theory and was also greatly inspired by the Marxism of Bertolt Brecht and Jewish mysticism as presented by Gershom Scholem.
Mehr von Ann K. Boulis lesen
Gesammelte Weihnachtsmärchen für Kinder (Illustrierte Ausgabe): Die Heilige Nacht, Die Schneekönigin, Nussknacker und Mäusekönig, Die Frau Holle, Das Geschenk der Weisen, Der Tannenbaum, Der Schneemann, Der Weihnachtsabend, Knecht Nikolaus und viel mehr Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Dritte Fassung (Autorisierte Endfassung): Ein Gründungsdokument der modernen Medientheorie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerliner Kindheit um Neunzehnhundert: Die 41 Miniaturen zeichnen sich als Schlüsseltexte der Moderne aus Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Gesammelte Werke: Essays + Aufsätze + Satiren + Kritiken + Autobiografische Schriften: Über 600 Titel in einem Buch: Goethes Wahlverwandtschaften + Ein Drama von Poe entdeckt + Baudelaire unterm Stahlhelm + Brechts Dreigroschenroman + Berliner Kindheit um Neunzehnhundert… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEs war einmal zur Weihnachtszeit: Die schönsten Weihnachtsgeschichten, Märchen & Sagen: Über 100 Titel in einem Buch: Das Geschenk der Weisen, Die Heilige Nacht, Der Schneider von Gloucester, Der Tannenbaum, Der Schneemann, Der Weihnachtsabend, Knecht Nikolaus und viel mehr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Walter Benjamin
Ähnliche E-Books
Deutsche Menschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Menschen: Das Buch versammelt 27 Briefe aus den hundert Jahren zwischen 1783 und 1883, von der Französischen Revolution bis zur Gründerzeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFrauen der Antike Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke Walter Benjamins Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWalter Benjamin - Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Schatten der Titanen Erinnerungen an Baronin Jenny von Gustedt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErinnerungen an Emile Verhaeren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStufen - Eine Entwicklung in Aphorismen und Tagebuch-Notizen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAbgründe der Macht: Historischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie grüne Fee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Liebe der Erika Ewald und andere Novellen: Verwirrung der Gefühle, Der Stern über dem Walde, Vergessene Träume, Geschichte in der Dämmerung… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJenes hügelige Sein: Leben, Tun und Denken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Schatten der Titanen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEtzel Andergast Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAus einer Reise in die Schweiz über Frankfurt, Heidelberg, Stuttgart und Tübingen im Jahre 1797 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerwirrung der Gefühle und andere Novellen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBettina von Arnim - Die Biografie: Lebensgeschichte der bedeutenden Schriftstellerin der deutschen Romantik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Grafenschloss: Novelle Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke des Johann Heinrich Voß Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebesbriefe großer Männer: ewig dein, ewig mein, ewig uns Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFerne Frau: Die tragische Geschichte von Frank van Halen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGräfin Faustine (Autobiografischer Roman): Die Geschichte einer emanzipierten Gräfin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGräfin Faustine Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Weg als Deutscher und Jude Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm späten Nachmittag: Wege in die Freiheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEugénie Grandet Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Frau in Weiß Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGoethes Briefe an Leipziger Freunde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUm Volk und Geist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Biografien – Geschichte für Sie
Schirach: Eine Generation zwischen Goethe und Hitler Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchlachthof 5: oder Der Kinderkreuzzug Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSPIEGEL-Gespräche mit Helmut Schmidt: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBonhoeffer: Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Rudolf Augstein über Bismarck: Mit einer Einführung von Hauke Janssen. Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Kollege Putin: Als KGB-Agent in Dresden 1985-1990 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen1000 Tage im KZ: Ein Erlebnisbericht aus den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Gusen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Max Reger: Der konservative Modernist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Nahe und das Ferne: Eine Autobiographie in Gesprächen mit Didier Eribon Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit der 60. Infanteriedivision von Danzig nach Stalingrad: Arthur Krüger: Kindheit und Soldatenzeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZwölf Jahre als Sklave - 12 Years a Slave Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Rothschild: Glanz und Untergang des Wiener Welthauses Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUniverselle Erfinder (Geschichte und Biographie der Erfinder) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFranz Josef Strauß - Größe und Grenzen: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGoethes Briefwechsel mit einem Kinde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Geschichte: Von 1806 bis heute Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Vorgang Benario: Die Gestapo-Akte 1936-1942 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Tagebuch der Gräfin Marie Festetics: Kaiserin Elisabeths intimste Freundin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnne Lister: Eine erotische Biographie Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Hitlers Mann im Vatikan: Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTassilo III.: Höchster Fürst und niedrigster Mönch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte: Von der Antike bis zum 17. Jahrhundert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSignale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarie Antoinette: Zwischen Aufklärung und Fake News – Im Zentrum der Revolution – Königin der Lust Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMargarete Schneider: Die Frau des Predigers von Buchenwald Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErzherzogin Sophie: Die starke Frau am Wiener Hof. Franz Josephs Mutter, Sisis Schwiegermutter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen1941-1953 von Leningrad nach Kaukasus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen2. Juni 1967 - Der Schuss auf Benno Ohnesorg: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Walter Benjamin
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Walter Benjamin - Ann K. Boulis
Walter Benjamin
Walter Benjamin: Deutsche Menschen
Das Buch versammelt 27 Briefe aus den hundert Jahren zwischen 1783 und 1883, von der Französischen Revolution bis zur Gründerzeit
Books
- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
musaicumbooks@okpublishing.info
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1688-8
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Karl Friedrich Zelter an Kanzler von Müller
Georg Christoph Lichtenberg an G. H. Amelung
Johann Heinrich Kant an Immanuel Kant
Georg Forster an seine Frau
Samuel Collenbusch an Immanuel Kant
Heinrich Pestalozzi an Anna Schulthess
Johann Gottfried Seume an den Gatten seiner früheren Verlobten
Friedrich Hölderlin an Casimir Böhlendorf
Clemens Brentano an den Buchhändler Reimer
Johann Wilhelm Ritter an Franz von Baader
Bertram an Sulpiz Boisserée
Ch. A. H. Clodius an Elisa von der Recke
Johann Heinrich Voss an Jean Paul
Annette von Droste-Hülshoff an Anton Matthias Sprickmann
Joseph Görres an den Stadtpfarrer Aloys Vock in Aarau
Justus Liebig an August Graf von Platen
Wilhelm Grimm an Jenny von Droste-Hülshoff
Karl Friedrich Zelter an Goethe
David Friedrich Strauss an Christian Märklin
Goethe an Moritz Seebeck
Georg Büchner an Karl Gutzkow
Johann Friedrich Dieffenbach an einen Unbekannten
Jacob Grimm an Friedrich Christoph Dahlmann
Fürst Clemens von Metternich an den Grafen Anton von Prokesch-Osten
Gottfried Keller an Theodor Storm
Franz Overbeck an Friedrich Nietzsche
(Anhang)
Friedrich Schlegel an Schleiermacher
Von Ehre ohne Ruhm
Von Grösse ohne Glanz
Von Würde ohne Sold
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Die fünfundzwanzig Briefe dieses Bandes umfassen den Zeitraum eines Jahrhunderts. Der erste ist von 1783, der letzte von 1883 datiert. Die Reihenfolge ist chronologisch. Außerhalb ihrer ist das folgende Schreiben gestellt. Aus der Mitte des hier umspannten Jahrhunderts stammend, gibt es den Blick auf die Anfänge der Epoche – Goethes Jugend – frei, in welcher das Bürgertum seine großen Positionen bezog; es gibt ihn aber – durch seinen Anlaß, Goethes Tod – auch auf das Ende dieser Epoche frei, da das Bürgertum nur noch die Positionen, nicht mehr den Geist bewahrte, in welchem es diese Positionen erobert hatte. Es war die Epoche, in der das Bürgertum sein geprägtes und gewichtiges Wort in die Waagschale der Geschichte zu legen hatte. Freilich schwerlich mehr als eben dieses Wort; darum ging sie unschön mit den Gründerjahren zu Ende. Lange ehe der folgende Brief geschrieben wurde, hatte, im Alter von sechsundsiebzig Jahren, Goethe dieses Ende in einem Gesicht erfaßt, das er Zelter in folgenden Worten mitteilte: »Reichthum und Schnelligkeit ist, was die Welt bewundert und wornach jeder strebt. Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle mögliche Facilitäten der Communication sind es, worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren … Eigentlich ist es das Jahrhundert für die fähigen Köpfe, für leichtfassende praktische Menschen, die, mit einer gewissen Gewandtheit ausgestattet, ihre Superiorität über die Menge fühlen, wenn sie gleich selbst nicht zum Höchsten begabt sind. Laß uns soviel als möglich an der Gesinnung halten, in der wir herankamen; wir werden, mit vielleicht noch Wenigen, die Letzten seyn einer Epoche, die so bald nicht wiederkehrt.«
Karl Friedrich Zelter an Kanzler von Müller
Inhaltsverzeichnis
Berlin, den 31. März 1832.
Erst heute, verehrtester Mann, kann ich Ihnen für die freundschaftlichste Theilnahme danken, von welcher Art auch die Gelegenheit diesmal seyn mag.
Was zu erwarten, zu fürchten war, mußte ja kommen. Die Stunde hat geschlagen. Der Weiser steht wie die Sonne zu Gibeon, denn siehe auf seinen Rücken hingestreckt liegt der Mann, der auf Säulen des Hercules das Universum beschritt, wenn unter ihm die Mächte der Erde um den Staub eiferten unter ihren Füßen.
Was kann ich von mir sagen? zu Ihnen? zu allen dort? und überall? – Wie Er dahinging vor mir, so rück’ ich Ihm nun täglich näher und werd’ ihn einholen, den holden Frieden zu verewigen, der so viel Jahre nach einander den Raum von sechsunddreyßig Meilen zwischen uns erheitert und belebt hat.
Nun hab’ ich die Bitte: hören Sie nicht auf, mich Ihrer freundschaftlichen Mittheilungen zu würdigen. Sie werden ermessen, was ich wissen darf, da Ihnen das niemals gestörte Verhältnis zweyer, im Wesen stets einigen, wenn auch dem Inhalte nach weit von einander entfernten Vertrauten bekannt ist. Ich bin wie eine Wittwe, die ihren Mann verliert, ihren Herrn und Versorger! Und doch darf ich nicht trauern; ich muß erstaunen über den Reichthum, den er mir zugebracht hat. Solchen Schatz hab’ ich zu bewahren und mir die Zinsen zu Capital zu machen.
Verzeihen Sie, edler Freund! ich soll ja nicht klagen, und doch wollen die alten Augen nicht gehorchen und Stich halten. Ihn aber habe ich auch einmal weinen sehn, das muß mich rechtfertigen.
Zelter.
Man kennt den berühmten Brief, den Lessing nach dem Tod seiner Frau an Eschenburg schrieb: »Meine Frau ist tot: und diese Erfahrung habe ich nun auch gemacht. Ich freue mich, daß mir viel dergleichen Erfahrungen nicht mehr übrig sein können zu machen; und bin ganz leicht. – Auch tut es mir wohl, daß ich mich Ihres, und unsrer übrigen Freunde in Braunschweig, Beileids versichert halten darf.« – Das ist alles. Diesen großartigen Lakonismus hat auch der soviel längere Brief, den Lichtenberg, nicht viel später und aus verwandtem Anlaß, an einen Jugendfreund gerichtet hat. Denn so ausführlich er über die Lebensumstände des kleinen Mädchens ist, das Lichtenberg in sein Haus nahm, so weit er in ihre Kindheit zurückgreift, so unvermittelt und erschütternd ist, wie er – ohne ein Wort von Krankheit und Krankenlager mittendrin abbricht, als hätte der Tod nicht nach der Geliebten allein, sondern auch nach der Feder gegriffen, die ihre Erinnerung festhält. In einer Umwelt, die in ihren Tagesmoden vom Geist der Empfindsamkeit, in ihrer Dichtung vom genialischen Wesen erfüllt war, prägen unbeugsame Prosaisten, Lessing und Lichtenberg an der Spitze, preußischen Geist reiner und menschlicher aus als das fredericianische Militär. Es ist der Geist, der bei Lessing die Worte findet: »Ich wollte es auch einmal so gut haben wie andere Menschen. Aber es ist mir schlecht bekommen« und Lichtenberg die grausame Wendung eingibt: »Die Ärzte hoffen wieder. Mich dünkt aber es ist alles vorbei, denn ich bekomme kein Gold für meine Hoffnung.« Die in Tränen gebeizten, in Entsagung geschrumpften Züge, die aus solchen Briefen uns ansehen, sind Zeugen einer Sachlichkeit, die mit keiner neuen den Vergleich zu meiden hat. Im Gegenteil: wenn irgend eine, so ist die Haltung dieser Bürger unverbraucht und von dem Raubbau unbetroffen geblieben, den das neunzehnte Jahrhundert in Zitaten und Hoftheatern mit den »Klassikern« trieb.
Georg Christoph Lichtenberg an G. H. Amelung
Inhaltsverzeichnis
Göttingen, Anfang 1783.
Mein allerliebster Freund,
Das heiße ich fürwahr deutsche Freundschaft, liebster Mann. Haben Sie tausend Dank für Ihr Andenken an mich. Ich habe Ihnen nicht gleich geantwortet, und der Himmel weiß, wie es bei mir gestanden hat! Sie sind, und müssen der erste sein, dem ich es gestehe. Ich habe vorigen Sommer, bald nach Ihrem letzten Brief, den größten Verlust erlitten, den ich in meinem Leben erlitten habe. Was ich Ihnen sage, muß kein Mensch erfahren. Ich lernte im Jahre 1777 (die sieben taugen wahrlich nicht) ein Mädchen kennen, eine Bürgerstochter aus hiesiger Stadt, sie war damals etwas über dreizehn Jahre alt; ein solches Muster von Schönheit und Sanftmut hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen, ob ich gleich viel gesehen habe. Das erste Mal, da ich sie sah, befand sie sich in einer Gesellschaft von fünf bis sechs andern, die, wie die Kinder hier tun, auf dem Wall den Vorbeigehenden Blumen verkaufen. Sie bot mir einen Strauß an, den ich kaufte. Ich hatte drei Engländer bei mir, die bei mir aßen und wohnten. God almighty, sagte der eine, what a handsome girl this is. Ich hatte das ebenfalls bemerkt, und da ich wußte, was für ein Sodom unser Nest ist, so dachte ich ernstlich, dieses vortreffliche Geschöpf von einem solchen Handel abzuziehen. Ich sprach sie endlich allein, und bat sie, mich