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Sonntagsschüsse: Fußballfieber in der Kreisklasse
Sonntagsschüsse: Fußballfieber in der Kreisklasse
Sonntagsschüsse: Fußballfieber in der Kreisklasse
eBook447 Seiten5 Stunden

Sonntagsschüsse: Fußballfieber in der Kreisklasse

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Über dieses E-Book

Feierwütige Fußballspieler, cholerische Spielleiter, einfältige Zuschauer der Kreisklasse und rassige Derbys - Sonntagsschüsse ist ein Buch über die Liebe zum Fußball. Der humorvolle Sportroman ist ein Muss für alle Fußballfans und Amateur-Kicker!

Der junge Amateurfußballer Marco Tanner zieht mit seinen Eltern von Hamburg nach Oberfranken. In seinem neuen Heimatort Weiherfelden macht sich der Amateur-Kicker wegen seines fußballerischen Talents einen Namen. Während Marco in der schrulligen Kreisklasse Nord die zünftigen Untiefen des fränkischen Wesens erkundet, stolpert er mit sympathischer Naivität von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Doch plötzlich wird es ernst: Die hoch gehandelte Amateur-Fußballmannschaft steckt mitten im Abstiegskampf. Marco muss entscheiden, was er nach dem Zivildienst mit seinem Leben anfangen möchte. Gleichzeitig bringt ihn die komplizierte Hassliebe zur süßen Annika beinahe um den Verstand. Der Auftakt zu einem turbulenten Saisonfinale!

Eingefleischte Amateurfußballer werden sich in den episodenhaften Geschichten über den TSV Weiherfelden mit einem wissenden Schmunzeln an die eine oder andere legendäre Anekdote aus dem eigenen Verein erinnern.

Der Forchheimer Autor Jonas Philipps spazierte während seiner Elternzeit regelmäßig kinderwagenschiebend an einem Sportplatz vorbei. Viele Geschichten aus seiner eigenen Fußball-Zeit erweckten Erinnerungen aus der damaligen Vereinszeit. Kurzerhand setzte er sich zu Hause an den Schreibtisch und klopfte seinen Sportroman Sonntagsschüsse in die Tasten.

Wer selbst oft auf dem Sportplatz steht, im Verein trainiert oder gerne Bücher aus Franken liest, wird von diesem witzigen Sportroman begeistert sein. Jetzt kaufen und die schönsten Geschichten aus dem Amateur-Fußball aufleben lassen!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum2. Aug. 2017
ISBN9783744860420
Sonntagsschüsse: Fußballfieber in der Kreisklasse
Autor

Jonas Philipps

Jonas Philipps wurde im Jahr 1981 in Forchheim geboren und lebt in Strullendorf bei Bamberg. Nach ersten Gehversuchen im Genre Fantasy fokussierte sich Philipps auf witzige, unterhaltsame Romane rund um Sport und Musik. In seinem Fußballroman "Sonntagsschüsse - Fußballfieber in der Kreisklasse" erinnert sich der Vollblutfranke an seine eigenen langjährigen Erfahrungen in der Welt des Amateurfußballs. Im Musikroman "Wer probt hat´s nötig" erzählt Jonas Philipps die unterhaltsame Geschichte der schlechtesten Band der Welt. Website: www.jonas-philipps.de

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    Buchvorschau

    Sonntagsschüsse - Jonas Philipps

    Über den Autor

    Jonas Philipps wurde im Jahr 1981 in Forchheim geboren. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen im Landkreis Bamberg.

    Die Leidenschaft für das Schreiben von Geschichten entdeckte Jonas Philipps im Alter von 18 Jahren durch die Verfassung von Song-Texten für eine Heavy Metal Band.

    Nach ersten Gehversuchen im Genre Fantasy fokussierte sich Philipps auf witzige, unterhaltsame Romane rund um Sport und Musik.

    „Sonntagsschüsse - Fußballfieber in der Kreisklasse" ist Jonas Philipps erste Veröffentlichung. In diesem Buch erinnert sich der Vollblutfranke an seine eigenen langjährigen Erfahrungen in der Welt des Amateurfußballs.

    Aktuell arbeitet Philipps bereits an einer Fortsetzung.

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Trainingsauftakt

    TSC Hersberg – TSV Weiherfelden

    DJK Dreientor – TSV Weiherfelden

    FC Dreibrücken - TSV Weiherfelden

    FC Kohlenmoor – TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden – 1. FC Leimbach

    ASV Neundorf – TSV Weiherfelden

    SC Hohenstein – TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden – FC Blau-Weiß Forchheim

    TSV Weiherfelden - 1. FC Kirchthein

    SV Möhrich - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden – SC Hubertsheim

    SV Ebensreus – TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - FSV Eggenheim

    1. FC Hohentannen - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden – SV Obsthofen

    Bergfrieder SV – TSV Weiherfelden

    SC Kühnwald - TSV Weiherfelden

    Viktoria Settenheim - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - BSC Elsen

    SpVgg Fahrten - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden – FC Ambachtal

    TSV Weiherfelden - FC Streitenburg

    SpVgg Mastberg - TSV Weiherfelden

    SG Pfaffbergen / Mallenburg - TSV Weiherfelden

    DJK Zangendorf - TSV Weiherfelden

    SC Kehlerheim - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - SVMöhrich

    SC Hubertsheim - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - SV Ebensreus

    TSV Weiherfelden – SC Hohenstein

    1. FC Kirchthein - TSV Weiherfelden

    FSV Eggenheim – TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - 1. FC Hohentannen

    SV Obsthofen - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - Bergfrieder SV

    Spielfrei

    TSV Weiherfelden - Viktoria Settenheim

    BSC Elsen - TSV Weiherfelden

    TSV Weiherfelden - SpVgg Fahrten

    FC Ambachtal - TSV Weiherfelden

    FC Streitenburg - TSV Weiherfelden

    TV Haselberg – TSV Weiherfelden

    Epilog

    Schlusswort & Danksagung

    Vorwort

    „Sonntagsschüsse" ist eine heitere Hommage an den Amateurfußball.

    Fernab von Millionengehältern, genialen Supertalenten wie Messi, Ronaldo oder Ribéry, Ernährungsplänen und sportwissenschaftlich ausgefeilten Trainingsplänen, gehen in Deutschland über zwei Millionen Amateurfußballer ihrem zeitintensiven Hobby nach.

    „Sonntagsschüsse" handelt von einem dieser kleinen Dorfvereine. Geprägt durch familiären Zusammenhalt und Kameradschaft wird hier das Fußballspiel in seiner pursten, reinsten Form gelebt. Spaß am Mannschaftssport steht im Vordergrund, wenn uns jeden Sonntag Millionen Amateurfußballer zeigen, dass echte Leidenschaft in keinem Zusammenhang zu Millionengehältern und Medienrummel steht.

    Klar, dass bei einem Dorfverein die eine oder andere Koryphäe anzutreffen ist. Im jugendhaften Eifer der feiernden Fußballspieler ereignet sich so manche lustige, spektakuläre Geschichte. Und aufgrund von mangelndem Talent oder einer nicht wirklich sportfreundlichen Spielvorbereitung am Vorabend, funktioniert bei den allsonntäglichen Spielen nicht immer alles wie geplant.

    Aufgrund der eher komödienhaften Züge von „Sonntagsschüsse" werden viele Dinge überzogen dargestellt, sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in ihrer Extremität.

    Dabei soll „Sonntagsschüsse" keineswegs den Amateurfußball lächerlich machen oder abwerten. Ganz im Gegenteil! Denn was in den Dorfvereinen mit sehr geringen finanziellen Mitteln allein auf der Basis ehrenamtlicher Vereins- und Jugendarbeit auf die Beine gestellt wird, ist sensationell und verdient allen Respekt!

    „Sonntagsschüsse" ist deshalb für alle ehrenamtlich engagierten Leute, die Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr, unentgeltlich unbezahlbare Arbeit leisten. Ich hoffe, ihr fühlt euch beim Lesen dieses Buches an die eine oder andere Episode aus eurem eigenen Verein erinnert und könnt kopfnickend mit mir schmunzeln.

    Zuletzt ist mein Buch auch für all die vielen begeisterten Amateurfußballer. Ich hoffe, ihr werdet an der einen oder anderen Stelle wissend nicken, so dass ich mit den Geschichten über den TSV Weiherfelden ein verschmitztes Lächeln auf eure Lippen zaubern kann.

    Denn selbst wenn es sich bei „Sonntagsschüsse" um einen erfundenen Roman mit fiktiven Charakteren handelt, bin ich felsenfest davon überzeugt, dass es sich beim einen oder anderen Verein genauso hätte abspielen können…

    PS: Ach so, noch eine Information für alle Preußen (also alle nördlich von Franken aufgewachsenen Menschen): Da in „Sonntagsschüsse" einige fränkische Kraftausdrücke verwendet werden, findet ihr auf meiner Homepage unter www.jonas-philipps.de ein Glossar mit Übersetzungen ins Hochdeutsche. Das Glossar ist auf jeden Fall einen Blick wert ;-)

    Da es in einem Verein wie dem TSV Weiherfelden natürlich viele Spieler und Koryphäen gibt, haben mir meine Testleser das Feedback gegeben, dass es in den ersten Kapiteln manchmal noch etwas schwerfällt, die vielen Namen zuzuordnen. Aber eine detaillierte Vorstellung aller Charaktere gleich zu Beginn des Buches hätte den Umfang der ersten Kapitel gesprengt. Deshalb habe ich mich für eine andere Form der Hilfestellung für die Leser entschieden. Auf meiner Homepage unter www.jonas-philipps.de findet ihr neben dem Glossar auch die Mannschaftsaufstellung des TSV Weiherfelden und eine kurze Beschreibung der einzelnen Spieler. Wer sich also in den ersten Kapiteln fragt „Wer war das nun wieder?", kann dieses kleine Nachschlagewerk gern in Anspruch nehmen.

    Trainingsauftakt

    Ich hatte meine Sporttasche lässig über die Schulter geworfen und betrat das kleine Sportheim. Noch hatte ich keine Ahnung, was mich hier erwartete. Kreisklasse, dachte ich skeptisch. Da bin ich ja mal gespannt, wie das fußballerische Niveau hier sein wird. Ich hatte meine Bedenken. Seit ich laufen kann, habe ich immer gern Fußball gespielt. Im Alter von 5 Jahren hatte ich erstmals die Fußballschuhe geschnürt. Damals hatten wir noch in Hamburg gewohnt. So ganz talentfrei war ich offenbar nicht gewesen. In der B-Jugend und A-Jugend hatte ich schließlich den Sprung in die Junioren-Oberliga geschafft. Keine Bundesliga zwar, aber zumindest höherklassig, mit sehr gut ausgebildeten Trainern, exzellenten Trainingsbedingungen, und nicht zuletzt hartem Konkurrenzkampf mit erlesenen Mannschaftskollegen, was sicherlich auch sehr leistungsfördernd gewesen war.

    Nun hatte es meinen Vater also beruflich nach Bayern verschlagen. Nach Franken, um genau zu sein. So viel hatte ich in den ersten Tagen bereits gelernt, dass dies ein kleiner aber feiner Unterschied ist, den man besser beachten sollte, wenn man hier nicht gleich zum Start anecken wollte. Gern hätte ich den Schritt von der A-Jugend in den Herrenbereich in meiner gewohnten Hamburger Umgebung vollzogen. Dort kannte ich die Mannschaften und Vereine. Und ich hätte mit den Referenzen aus der erfolgreichen Juniorenzeit eine ambitionierte Bezirks- oder Bezirksoberligamannschaft gefunden, bei der ich den Sprung in eine sportlich vielversprechende Amateurkarriere mit Potenzial zu einem nicht unerheblichen Nebenverdienst geschafft hätte.

    Nun saß ich im ländlichen Franken fest. Natürlich gab es auch hier eine Bezirksliga und eine Bezirksoberliga. Doch mein Vater hatte mir in seiner unendlichen Weisheit geraten, zumindest im ersten Jahr in meinem neuen Heimatort Weiherfelden zu spielen. In der Kreisklasse Nord. Begeistert war ich nicht. Ich hatte mir mehr erwartet von meinem Einstieg in den Herrenbereich. Und ich hatte keine Ahnung, was in der Kreisklasse Nord auf mich zukam.

    Aus sportlicher Sicht war es vielleicht nicht die beste Entscheidung meines Lebens. Aus menschlicher Sicht aber war es im Nachhinein betrachtet doch der richtige Weg. Noch wusste ich nicht, dass ich in den nächsten Jahren Amateurfußball pur in seiner reinsten Form erleben würde. Mit all den Ecken, Kanten und liebenswerten Kuriositäten, die den Fußball noch ein kameradschaftliches Hobby sein lassen, bei dem trotz aller Gier nach Siegen, Punkten und Triumphen noch Freundschaft, Zusammenhalt, Spaß und Freude im Vordergrund stehen.

    Bekanntschaft mit der zünftigen fränkischen Art hatte ich bereits am Nachmittag gemacht. Sehr nette und freundliche Menschen, diese Franken. Das hatte ich gleich erkannt.

    Der erste Tag in der neuen Heimat. Ich brannte darauf, das Dorf zu erkunden. Der sogenannte Ortskern war in etwa so belebt wie eine Seitenstraße eines Hamburger Vorstadtviertels nachts um drei. Ich parkte das Auto, das mir meine Eltern vor knapp einem Jahr zum 18. Geburtstag geschenkt hatten, vor dem „Supermarkt und schlenderte über die „Hauptstraße. Das Dorf war klein, aber dafür ruhig und malerisch. Hier gab es keine riesigen Hochhäuser, grauen Wohnblöcke oder gigantische, vor Menschen wimmelnde Einkaufszentren. Bunte Häuser reihten sich fein säuberlich aneinander, getrennt durch geräumige gepflasterte Hofeinfahrten, die weiter hinten in einen kleinen Rasen oder Garten mündeten. Auch wenn ich St. Pauli und die Große Freiheit vermissen würde, ließ es sich hier in diesem idyllischen Örtchen sicher aushalten.

    Als ich von meiner ersten Erkundungstour zum Auto zurückgekehrt war, startete ich den Motor und machte mich auf den Weg zu unserem neuen Zuhause. Plötzlich stand mitten in der Straße ein mächtiger Traktor. Obwohl die Straße eigentlich gar nicht so schmal war, so dass man sich mit seinem Auto ohne große Mühe an einem Traktor hätte vorbeiquetschen können, hatte es der Fahrer geschafft, sein Gefährt so unglücklich in der Mitte der Straße zu platzieren, dass weder rechts noch links ein Weg vorbei führte.

    Kein Problem, dachte ich. Ich habe ja Zeit. Und so saß ich hinter dem Lenkrad, starrte gebannt auf das grüne Ungetüm und trommelte immer schneller auf dem Armaturenbrett. An sich bin ich ja ein gemütlicher Mensch. Aber irgendwann war selbst meine Geduld am Ende. Nach einigen Minuten stieg ich aus und blickte mich suchend um. Ein paar Meter den Berg hinauf stand ein junger untersetzter Mann mit einem kugelrunden Gesicht an einen Gartenzaun gelehnt. Genüsslich nippte er an einer Flasche Bier und unterhielt sich in aller Seelenruhe mit einem kleinen Männlein, der mit seinen zotteligen Kopf- und Gesichtshaaren wie eine Kreuzung aus Bär und Yeti aussah.

    Da der junge biertrinkende Mann Gummistiefel und dreckige Arbeitsklamotten trug, kombinierte ich folgerichtig, dass ihm der sperrige Traktor gehörte. Tief in ihr Gespräch versunken, bemerkten die Beiden nicht, dass ich mich näherte. Ich konnte sie gut hören, aber ehrlich gesagt verstand ich kein Wort. Sprachen sie wirklich Deutsch? Ich wusste es nicht, musste aber vom Schlimmsten ausgehen.

    „Entschuldigen Sie bitte, begann ich freundlich. „Ist das Ihr Traktor?

    Mit einem verdutzten Gesichtsausdruck drehte sich der junge Bauer zu mir um, plusterte seine dicken Pausbacken auf, die jedem wohlgenährten Baby ernsthafte Konkurrenz machten, und brummte ein unmissverständliches „Hmmmmm. Dann wandte er sich seiner Bierflasche zu, stieß mit dem Boxbeutel seines zotteligen Kumpanen an und nahm einen tiefen, gluckernden Schluck. Über die Tatsache, dass ein Boxbeutel an einem Werktag gegen 14 Uhr ein recht ungewöhnliches Getränk darstellte, wunderte ich mich erst einige Stunden später. In diesem Augenblick waren all meine geistigen Kräfte auf die Interpretation des vielversprechenden „Hmmmmm konzentriert.

    Getragen von der Annahme, dass „Hmmmmm in Franken so viel bedeuten musste wie „Ja, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen. „Könnten Sie den bitte zur Seite fahren? Ich komme mit meinem…"

    Weiter kam ich nicht.

    „Leggst mi fei aweng am Oasch! Der Bulldog blebbt ste!", fluchte es mir wutentbrannt entgegen.

    Auch wenn ich nur wenig verstand, konnte ich doch erahnen, dass es sich um eine lange, oder besser gesagt zünftig-deftige Fassung des Wortes „Nein" handeln musste.

    Eingeschüchtert von den zornesroten Pausbacken des verärgerten Bauernjungen, machte ich auf dem Absatz kehrt, setzte mich zurück in mein Auto und verbrachte einfach noch weitere zehn Minuten damit, ungeduldig auf dem Armaturenbrett zu trommeln. Kurz spielte ich sogar mit dem Gedanken, auf eine andere Route auszuweichen. Aber das war der einzige Weg zurück zu meinem neuen Zuhause, den ich bislang kannte. Und wer wusste schon, ob auf anderen Straßen noch weitere pausbäckige Bauernjungen mit ihren Traktoren lauerten. Womöglich waren diese sogar mit ihren Mistgabeln bewaffnet. Ich wollte nicht vom Regen in die Traufe kommen! Nein, Warten war die beste Alternative.

    Dann endlich hatte der junge Bauer sein Bier ausgetrunken, plauderte noch ein paar rasche Sätze mit seinem haarigen Kollegen und kletterte schwerfällig zurück auf den Traktor.

    Als ich schließlich weiterfahren konnte, hatte ich meine ersten fränkischen Lektionen gelernt.

    Erstens hatte ich erste Erfahrung mit der scharfzüngigen und für Nordlichter wie mich unverständlichen oberfränkischen Sprache gemacht. Ein unvergessliches Erlebnis.

    Zweitens hatte ich gelernt, dass der Traktor in Franken Bulldog heißt. War das der Grund gewesen, warum der Bauernjunge so böse auf mich gewesen war?

    Drittens sollte ich mir nach diesem erleuchtenden Erlebnis für immer und ewig hinter die Ohren schreiben, niemals einen waschechten Franken beim Biertrinken zu stören oder zu hetzen.

    Nach diesem fulminanten Start in mein neues Leben fühlte ich mich beinahe wie ein echter Franke, oder zumindest ein Experte für den Umgang mit charmanten fränkischen Bauernjungen. Ich war also bereit für den Trainingsauftakt beim TSV Weiherfelden und öffnete nervös die Tür zum kleinen Sportheim meines neuen Vereins.

    Der erste Mitspieler, der aus dem Wirtschaftsraum kommend hinter mir die Treppe hinuntereilte, zündete sich mit dem glühenden Stummel einer fertig gerauchten Zigarette den nächsten Glimmstängel an. Hier wird ein sportlicher Lebenswandel noch großgeschrieben, stellte ich kopfschüttelnd fest, ließ den fußballspielenden Kettenraucher an mir vorbeiziehen und folgte ihm zur Kabine der Herrenmannschaft. Vor der Tür gönnte er sich noch drei gierige Züge. Dann warf er seine Zigarette auf den Boden, trat sie aus und öffnete die Tür.

    Als Erstes überraschte mich die hohe Trainingsbeteiligung. Fast 25 Mann waren in der Umkleidekabine damit beschäftigt, ihre Trainingsklamotten anzuziehen und die Fußballschuhe zu schnüren. Entweder das Training machte mächtig Spaß, oder dieses Team hatte große Ambitionen in der Kreisklasse Nord.

    Instinktiv zog es mich zur ältesten Person im Raum. Das war gewiss der Trainer. Fragend blickte mich der kleine Mann, den ich etwa auf Mitte Vierzig schätzte, an.

    „Marco Tanner, sagte ich, und streckte ihm die Hand entgegen. „Wir haben heute telefoniert.

    „Ja, genau, antwortete er und schüttelte meine ausgestreckte Hand. „Andreas Dietner. Der Trainer dieses Sauhaufens!

    Brummige „Hey, Hey!"-Rufe und deftige Proteste drangen von allen Seiten auf den lachenden Trainer ein.

    „Siehst du, genau das mein ich mit Sauhaufen. Kein Respekt vor ihrem Coach!", murmelte er kopfschüttelnd und bückte sich, um seine Schuhe zuzubinden.

    Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich mit meiner Sporttasche über der Schulter neben ihm und blickte mich ratlos um. Die Kabine bestand aus zwei Teilen, die durch eine bis in die Mitte des Raumes ragende Wand getrennt waren. Über den meisten Kleiderhaken hingen selbstgebastelte Namensschilder. Ein fester Platz in der Umkleidekabine schien eine Art Statussymbol zu sein. In der Mitte des Hauptraums befand sich eine alte klapprige Massagebank. Nichts Ungewöhnliches bei einem Fußballverein. In der Mitte des Nebenraums hatte jemand eine Eisenstange angebracht, die am Fußboden und in der Decke verankert war. Das durfte man durchaus als ungewöhnlich bezeichnen. Ich wollte gar nicht erst wissen, wozu diese Stange verwendet wurde.

    „Such dir einfach einen freien Platz, über dem kein Namensschild hängt", rief mir ein hagerer Spieler zu, ehe er sich einen Trainingsball schnappte und die Kabine verließ. Ihm war meine anfängliche Unsicherheit scheinbar nicht entgangen.

    Ich gab mir einen Ruck und bewegte mich zielstrebig auf einen freien Platz zu, als mich ein großgewachsener blonder Kollege von der Seite anblaffte: „Falscher Raum, mein junger Freund! Das ist die Kabine der 1. Mannschaft. Den Platz hier muss man sich erst verdienen! Neulinge sitzen dort drüben in der Zweitmannschaftskabine."

    Oha! Klassengesellschaft!, schoss es mir durch den Kopf. Aber als Neuling musste man sich solchen Gepflogenheiten fügen. Etwas verwundert war ich natürlich schon. Aber da ich ja am Nachmittag bereits Bekanntschaft mit dem Charme der oberfränkischen Naturburschen gemacht hatte, verdaute ich den ersten Schock schnell und zog mich mit einem knappen „Na dann" in die Kabine der 2. Mannschaft zurück. Trainer Andreas Dietner hatte die Szene amüsiert aus dem Augenwinkel verfolgt, sagte aber nichts. Seine nachdenkliche Miene war schwer zu deuten.

    Das erste Training war unspektakulär. Zum Start spielten wir eine Weile fünf gegen zwei, ein klassisches Aufwärmspiel, bei dem fünf Spieler sich an den Linien eines Vierecks verteilten und sich mit nur einem Ballkontakt den Ball gegenseitig zuspielten, ohne dass die beiden aus der Mitte des Vierecks attackierenden Gegenspieler den Ball berührten. Wer einen Fehler machte, musste anschließend selbst in die Mitte. Da unsere Trainingsbeteiligung zum Auftakt sehr hoch war, hatte der Trainer vier „Eckla, wie es die Franken nannten, aufgebaut. Die Zuordnung der Spieler erfolgte offenbar nach ihrem Können. Im vordersten „Eckla wirkten Tempo und Genauigkeit deutlich höher als dort, wo man einen ungetesteten Neuen wie mich platziert hatte. Dementsprechend war es kein Wunder, dass ich mit meiner soliden technischen Ausbildung unter den Mitläufern der 2. Mannschaft herausstach. Zwei lobende Kommentare des Trainers zeigten, dass ihm meine Ballsicherheit nicht entgangen war.

    Nach dieser Aufwärmübung rief Andreas Dietner das Team zu einer kurzen Begrüßungsansprache im Mittelkreis zusammen. Er setzte das Ziel, besser abzuschneiden als mit dem 8. Platz in der Vorsaison, wollte mit etwas Glück vielleicht sogar um die Aufstiegsplätze mitspielen. Dann stellte er die Neuzugänge vor. Ich war keineswegs der einzige Neue. Ein Lehrer namens Stefan war nach Beendigung seines Referendariats nach Oberfranken eingeteilt worden. Deshalb war er ebenfalls vor wenigen Wochen nach Weiherfelden gezogen. Außerdem rückten drei Spieler aus der eigenen Jugendmannschaft in den Herrenkader auf, die somit mein Alter haben mussten. Nachdem der Trainer auch mich vorgestellt hatte, teilte er die 25 Spieler in zwei Teams für ein erstes Trainingsspiel auf. Schnell war klar, dass die 1. Mannschaft auf die 2. Mannschaft traf. Da die Neuzugänge der Kabinenplatzregelung entsprechend der 2. Mannschaft zugeteilt wurden, stellte ich mich auf eine einseitige Begegnung mit reichlich Gegentoren ein.

    Trainer Andreas machte für beide Mannschaften die Aufstellung. Als er die Gegner für das Trainingsspiel eingestellt hatte, nannte er unserem Team die Positionen.

    „Spielst du eher offensiv oder defensiv?", fragte er mich.

    „Am liebsten defensives Mittelfeld."

    „Gut. Probieren wir dich mal hinten in der Abwehr aus. Kümmer dich um Michael Meister, deinen großen blonden Freund aus der Umkleidekabine", entschied er mit einem verschmitzten Augenzwinkern.

    Ich vermag bis heute nicht zu sagen, welche Erwartungen unser Trainer an dieses Duell hatte. Meine Vermutung ist, dass er mich nach den ersten positiven Eindrücken aus dem „Eckla" testen wollte, indem er mich gegen seinen gefährlichsten Stürmer stellte. Vielleicht war es aber auch ein Charaktertest gewesen, in dem ich ihm beweisen sollte, dass ich mich nicht vor alteingesessenen Platzhirschen versteckte, sondern dem barschen Verweis in die Zweitmannschaftskabine eine sportliche Antwort entgegenzusetzen hatte.

    So schüchtern ich bei meinem ersten Gang in die Kabine auch gewesen war, mein Auftreten auf dem Fußballplatz hatte seit jeher vor Selbstbewusstsein gestrotzt. Ich wusste, was ich drauf hatte, und dieser Michael Meister würde es als erster zu spüren bekommen. Wir verloren das einstündige Trainingsspiel zwar sang- und klanglos mit 1-6, aber Starstürmer Michael Meister hatte nicht einen einzigen Schuss auf unser Tor abgefeuert. Dennoch hatte er mir alles abverlangt. Ausgefuchst setzte er seinen großgewachsenen Körper auf eine kantige Art und Weise ein, so dass ich das Training nicht ohne die eine oder andere kleine Blessur überstand. Trotzdem hatte ich ihn gehörig in seine Schranken verwiesen. Frustriert über die vielen verlorenen Zweikämpfe eilte er grummelnd in die Kabine.

    Als ich auf dem Weg in die Umkleide an Trainer Andreas Dietner vorbeilief, nickte er mir anerkennend zu. Das Lächeln auf seinen Lippen machte den Eindruck, als überlegte er bereits, wo er mich am besten in die Aufstellung der 1. Mannschaft einbauen konnte. Nicht der schlechteste Start für das erste Training beim neuen Verein.

    TSC Hersberg – TSV Weiherfelden

    (Vorbereitungsspiel)

    Nachdem in der ersten Vorbereitungswoche mehr Wert auf gegenseitiges Kennenlernen gelegt worden war, zog unser Trainer in der zweiten Woche das Tempo gewaltig an. Ich war anstrengendes Training gewohnt, aber trotzdem überraschte mich der Ehrgeiz, mit der eine Kreisklassen-Mannschaft in der Vorbereitungszeit zu Werke ging. Drei harte Trainingseinheiten pro Woche und ein bis zwei Vorbereitungsspiele standen auf dem Trainingsplan. Kein einfaches Programm für viele Spieler, die den ganzen Tag als Maurer, Dachdecker oder Fliesenleger schwere körperliche Arbeit verrichteten. Ich hatte mir die Kreisklasse gemütlicher vorgestellt. Aber in der Mannschaft brannte ein unbändiger patriotischer Wille, sich zu quälen, um dem Heimatverein TSV Weiherfelden viele Punkte zu bescheren.

    Am Montag der zweiten Woche stand sogleich ein einstündiger Waldlauf auf dem Programm.

    „Grundlagenkondition aufbauen!", meinte der Trainer.

    Kondition sollte nicht die einzige wichtige Grundlage sein, die ich in dieser Trainingseinheit lernte.

    Die Trainingsbeteiligung war hoch. 23 Spieler standen um den Mittelkreis, als unser Trainer die Route für den ersten Waldlauf der Saison erklärte.

    „Lauft zuerst vom Sportplatz in Richtung Wasserbassin. Dann eine Schleife um die Festwiese, nehmt den Anstieg beim Ruhweg mit und joggt über die Schlittenbahn zum Birkensteinweg. Dort lauft ihr dann einen Bogen um den Wertstoffhof und kommt zurück zum Sportplatz. Das sollten etwa 12 Kilometer sein. Ich erwarte Zeiten unter einer Stunde!"

    Alles klar, überlegte ich zerstreut. Abgesehen davon, dass mir keiner der genannten Orte auch nur im Entferntesten etwas sagte, fand ich eine Stunde für 12 Kilometer recht ambitioniert. Spiele ich Amateurfußball in der Kreisklasse, oder bin ich versehentlich einer Interessengemeinschaft fußballinteressierter Leichtathleten beigetreten? Aber Jammern und Zetern half uns nicht weiter. Ich war neu hier, und wie im gesamten Leben zählte auch beim Fußball der erste Eindruck. Wenn der Trainer eine Zeit unter einer Stunde erwartete, dann musste er sie bekommen. Schließlich wollte ich mir beim TSV Weiherfelden schnell einen Namen machen. Das sollte mir mit diesem Waldlauf zweifellos gelingen.

    Die Mannschaft setzte sich in Bewegung, ein Pulk trabender Trainingsanzüge in Blau-Gelb. Die meisten Spieler kannten sich untereinander. Bald hatten sich Gruppen mit ähnlich starken Läufern gebildet. Unser Kapitän Harald Gepard war zum Beispiel an vorderster Front dabei. Sie nannten ihn „die Pferdelunge", und das hohe Tempo, das er gleich zu Beginn vorlegte, machte seinem Ruf alle Ehre.

    Ich befand mich im vorderen Mittelfeld. Schnell hatte ich ein Laufpaar mit dem anderen Neuzugang, Stefan Schmidt, gebildet. Er lief in etwa mein Tempo, und in einem Kader, in dem jeder jeden von Kindesbeinen an kannte, war es naheliegend, dass sich die beiden Neuen zusammenrotteten, bis sie einen Zugang zum Rest der Mannschaft gefunden hatten. Stefan war sechs Jahre älter als ich. Er hatte kürzlich sein Staatsexamen als Lehrer bestanden. Daraufhin hatte ihn das bayerische Kultusministerium von Straubing nach Forchheim versetzt. So war Stefan auch hier im beschaulichen Weiherfelden gelandet.

    Die Spitzengruppe preschte voran. Stefan und ich waren gut beraten, uns nicht von der mörderischen Geschwindigkeit anstecken zu lassen. Unser Tempo sollte ausreichen, um die Vorgabe des Trainers einzuhalten. Und wir wollten nicht auf dem letzten Kilometer einbrechen. Die hinter uns laufende Gruppe bestand aus den eher erfahreneren Spielern. Routinier Klaus Meier führte diese Laufgruppe an, die mit jeden 100 Metern ein paar weitere Schritte zurückfiel.

    Als wir die Festwiese passierten, hatten Stefan und ich ein gleichmäßiges Tempo gefunden, bei dem wir sogar kurze Gespräche führen konnten. Wir tauschten uns über die ersten Eindrücke aus: den Trainer, die Mannschaftskollegen, und den Ort Weiherfelden. Wir waren Beide positiv überrascht. Stefan hatte in Straubing ebenfalls Kreisklasse gespielt und war sehr gespannt, wie das fußballerische Niveau hier in der ländlicheren Gegend in Franken im Vergleich war. Unsere Mannschaft machte spielerisch nach den ersten beiden Trainingseinheiten einen starken Eindruck. Wer weiß, vielleicht war ja sogar der Aufstieg drin!

    „Unser Torwart ist nicht schlecht, oder?", stellte ich fest.

    „Ja, wie heißt er noch? Andreas Stieler oder so. Der haut sich echt voll rein!"

    „Das stimmt. Ganz schön ehrgeizig. Was hältst du von diesem Niklas?"

    „Niklas Dinger, oder? Den kann ich noch nicht richtig einschätzen. Er wirkt auf dem Platz recht wendig und trickreich, aber irgendwie trau ich dem nicht, da er so eine Art Pausenclown zu sein scheint."

    „Aber dieser Bernd Hagen ist ein guter Fußballer, oder?"

    „Seine Spielintelligenz ist echt der Hammer, ja. Aber ein bisschen faul, oder?"

    „Das schon, aber was der macht, hat Hand und Fuß. Dafür läuft unser Kapitän Harald bestimmt seinen Teil mit."

    „Da hast du Recht. Das ist wirklich ein Tier! Und gegen deinen Freund Michael Meister zu spielen ist auch kein Zuckerschlecken…"

    Wir waren inzwischen eine geraume Zeit lang einen schier endlosen Kiesweg entlang gejoggt. Die steile Schlittenbahn hatten wir bereits hinter uns gelassen. Irgendwo muss doch nun dieser verdammte Wertstoffhof kommen. Wir befanden uns auf einem Waldweg. Es waren keine Häuser in Sicht. Stirnrunzelnd blickte Stefan auf seine Armbanduhr.

    „Die Stunde ist jetzt gleich vorbei", keuchte er.

    Seltsam, dachte ich. Wir waren an sich ein gutes Tempo gelaufen. Zudem waren wir im vorderen Drittel der Mannschaft, und es war niemand an uns vorbeigezogen. Wenn selbst wir die eine Stunde nicht schafften, würde mehr als die Hälfte der Mannschaft die Vorgabe reißen. Der Trainer kam doch von hier. Er musste doch einschätzen können, welche Zeit für diese Laufstrecke realistisch war.

    „Verdammt!", rief ich schließlich, als ein unguter Verdacht in mir aufstieg.

    „Hast du auch das Gefühl, dass wir uns verlaufen haben?", fragte Stefan besorgt.

    „Wir hätten uns wohl besser einer Gruppe mit ein oder zwei Weiherfeldenern an die Fersen heften sollen", stellte ich seufzend fest.

    Es war aber auch dämlich gewesen, dass gerade die beiden Zugereisten, die sich in den Waldgebieten rund um Weiherfelden noch überhaupt nicht auskannten, ein Laufpaar gebildet hatten.

    „Was schlägst du vor?", fragte ich den älteren Stefan in der naiven Hoffnung, dass ein Lehrer wusste, wie man auf den richtigen Weg zurückfand. Aber Stefan war Lehrer, kein Pfadfinder. Das sollten wir noch schmerzlich erfahren.

    „Irgendwo muss dieser endlose Weg ja hinführen", antwortete Stefan achselzuckend.

    Da zuckte schließlich auch ich mit den Achseln. In dem Augenblick hatte es sich ganz einfach sinnvoll angehört.

    Wir liefen deutlich weiter als die geforderten 12 Kilometer. Beide hofften wir insgeheim, dass der Trainer uns zumindest diesen Eifer hoch anrechnete. Als wir schon den Verdacht diskutierten, dass es sich hier nicht um ein ganz einfaches Dorfwäldchen, sondern um einen weit angelegten Naturpark handeln musste, erblickten wir ein Leuchten am Ende des Weges. Flutlicht! Gott sei Dank!

    Wir beschleunigten das Tempo, spurteten um die nächste Wegbiegung, und blieben wie angewurzelt stehen. Ja, es war ein Sportplatz. Aber nicht das Gelände des TSV Weiherfelden. Egal! Die Leute, die hier trainierten, waren aus dem Nachbarort. Sie konnten uns bestimmt sagen, wie wir dorthin zurückkamen.

    Verwunderte Blicke durchbohrten uns, als wir uns abgekämpft in den blau-gelben Farben unseres neuen Vereins an den Rand des Platzes stellten. Kurz darauf unterbrach einer der Spieler seine Trainingsübung und schlenderte lässig zu uns herüber.

    „Habt ihr euch verlaufen?", fragte er und begutachtete uns mit einem abschätzigen Blick von oben bis unten. Man kannte sich in den Nachbarvereinen kleiner Ortschaften. Offensichtlich wurde bereits gerätselt, wer diese beiden neuen Spieler der blau-gelben Weiherfeldener waren.

    „Wir sind neu beim TSV Weiherfelden und haben uns tatsächlich beim Waldlauf verlaufen", lachte Stefan mit einer gebührenden Portion Selbstironie.

    „Hubert!, rief der Spieler des Nachbarvereins einem Funktionär zu, der am Spielfeldrand stand und mit Argusaugen das Training beobachtete. „Die beiden Experten aus Weiherfelden haben sich verlaufen. Bring sie doch mal ins Sportheim. Dann können sie schnell in Weiherfelden anrufen und sich abholen lassen.

    Das ist ja nett, dachte ich, und folgte Hubert treu wie ein Hündchen ins Sportheim.

    „Meine Güte, ihr seht ja ganz schö verschwitzt aus. Wollt ihr euch schnell umziehen oder duschen? Bis ihr zurück in Weiherfelden seid, is euer Training dort sowieso scho vorbei."

    Das war ein echt tolles Angebot von Hubert. Stefan und ich waren müde. Die Aussicht auf eine heiße Dusche war sehr verlockend.

    „Wir haben ja nichts zum Umziehen dabei. Ich denke, wir lassen uns schnell abholen und duschen dann in Weiherfelden", erwiderte Stefan freundlich.

    „Das ist doch kein Problem. Ich zeig euch die Gästekabine und bring euch schnell Handtücher und Trainingsanzüge. Dann könnt ihr euch kurz ausruhen und duschen, während wir in eurem Sportheim anrufen, damit euch eure Kollegen abholen. Die Trainingsanzüge könnt ihr uns ja morgen schnell vorbeifahren."

    Dieser Hubert war ja beinahe aufdringlich. Aber Stefan und ich dachten uns nichts dabei. Der Gedanke an eine warme Dusche war einfach zu verlockend.

    Und so führte uns dieser Hubert in die Katakomben des Sportheims. Gastfreundlich zeigte er uns die Gästekabine und die Duschen. Stöhnend zogen Stefan und ich die verschwitzten Trainingsklamotten aus und schlenderten ausgelaugt über den gefliesten Flur zur Dusche. Das heiße Wasser war eine echte Wohltat.

    „Oh Mann, das werden wir uns jetzt ewig anhören müssen!", lachte ich.

    „Vermutlich. Aber es gibt Schlimmeres", kicherte Stefan. Er wusste nicht, wie Recht er hatte.

    Hubert hatte uns noch keine Handtücher gebracht. Bestimmt wurden sie in der Gästekabine bereitgelegt. Stefan und ich hatten bereits ausgemacht, die geliehenen Trainingsanzüge gleich morgen Nachmittag zurückzubringen und einen Brotzeitkorb für die hilfsbereite Mannschaft des Nachbarortes zu spendieren.

    Erholt öffnete ich die Tür. Zumindest beinahe. Denn sie klemmte.

    „Willkommen in der Provinz", murmelte ich zu mir selbst und dachte mir noch, dass es das bei meinem alten Verein in Hamburg nicht gegeben hätte, dass die Tür zur Dusche derart klemmte. Mit etwas mehr Wucht stemmte ich mich gegen die Tür. Nichts passierte.

    Stefan gesellte sich neben mich, drückte gemeinsam mit mir gegen die klemmende Tür, aber sie bewegte sich nicht. Na toll, dachte ich. Das passte zu diesem verhexten Tag. Pleiten, Pech und Pannen! Eigenartig, dass die Tür so einfach aufgegangen war, als wir in die Dusche gestiegen waren. Moment mal… Verdammt!

    „Denkst du das Gleiche wie ich?", fragte mich Stefan, als er in mein schockiertes Gesicht blickte.

    „Haben diese Vollidioten uns hier eingesperrt?", rief ich ungläubig. Aber warum sollten sie das denn tun?

    In meiner großstädtischen Naivität wusste ich noch nicht, was mich auf dem fränkischen Dorf erwartete. Von diesem speziellen Nachbardorf ganz zu schweigen. Aber woher hätten Stefan und ich auch wissen sollen, dass dies das Sportheim des SV Obsthofen war. Und welch tiefe, sorgsam über Generationen hinweg gepflegte Feindschaft zwischen den beiden Orten herrschte. Einige Wochen später erzählte mir unser Kapitän Harald Gepard bei einem Bier, dass sich einst bereits die Weiherfeldener und Obsthofener Großväter auf den Äckern gegenseitig mit Steinen beworfen hatten. Das Derby zwischen dem TSV Weiherfelden und dem SV Obsthofen war jedes Jahr für beide Mannschaften das Highlight der Saison.

    Hätten wir das alles damals gewusst, Stefan und ich wären lieber umgekehrt und noch einmal ziellos im Wald umhergeirrt, als uns schutzlos in die Höhle des Löwen zu begeben. Nun war es zu spät. Wir konnten nichts weiter machen, als in der feindlichen Dusche auszuharren und abzuwarten, was der SV Obsthofen mit seinen beiden naiven Gefangenen vor hatte.

    Nach einigen Minuten, die Stefan und mir wie Stunden vorgekommen waren, klopfte eine Obsthofener Faust unsanft gegen die Tür. Wir hatten verstanden. Also durften wir nun doch herauskommen. Da wollte uns wohl jemand nur einen kleinen Schrecken einjagen. Ein Seufzen der Erleichterung hallte durch die Dusche. Doch das Schlimmste stand uns noch bevor.

    Vor der Dusche wimmelte es vor Menschen. Was ist denn jetzt los?, fragte ich mich. Obsthofener Fußballspieler versperrten den nach links führenden Weg zurück zur Gästekabine, wo sich unsere verschwitzten Trainingsklamotten befanden. Wir mussten also nach rechts laufen. Die gesamte Mannschaft des SV Obsthofen stand klatschend zu beiden Seiten des Ganges Spalier. Sie amüsierten sich prächtig. Nackt wie Gott uns

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