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Franziska und die Bürgerwehr
Franziska und die Bürgerwehr
Franziska und die Bürgerwehr
eBook385 Seiten4 Stunden

Franziska und die Bürgerwehr

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Über dieses E-Book

Ungeahnte Abgründe mit tödlichen Perspektiven

Der Kleingartenverein ›Erntedank‹ steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Ein Flüchtlingsheim muss nebenan integriert werden, auch der Westernverein ›Bonanza‹ mit angeschlossener Kinderfarm trifft auf Vorbehalte. Franziska und Andreas, immer noch nicht verheiratet, müssen den Vereinsvorsitz abgeben.
Dann wird Josefine Feuerbach, ein beliebtes Original des Kleingartenvereins, erschlagen aufgefunden. Der kommissarische Vereinsvorsitzende gründet eine Bürgerwehr. Dennoch kommt es zu einer Brandserie im Parzellengebiet, die für zusätzliche Unruhe sorgt. Als ein Mitglied der Bürgerwehr auf dem Findorffer Wochenmarkt stirbt, suchen Kriminalrat Strelitz und sein Team nach den Zusammenhängen.
Währenddessen tobt im Kleingartenverein ein Richtungskampf, in den auch Franziskas ehemaliger Lebensgefährte verwickelt ist. Lassen sich alle Knoten dieses Falles lösen, wird der Kriminalrat ›abgesägt‹ – und wer ist der Mörder?
Nicht der Gärtner, sondern ...
SpracheDeutsch
HerausgeberKellner, Klaus
Erscheinungsdatum7. Apr. 2017
ISBN9783956511479
Franziska und die Bürgerwehr
Autor

Hans-Peter Mester

Hans-Peter Mester war von 1985 bis 2012 Leiter des Ortsamtes Bremen-West und begann anschließend, spannende Krimis mit ungewöhnlichem Umfeld zu schreiben. Dies ist der siebte von zehn.

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    Buchvorschau

    Franziska und die Bürgerwehr - Hans-Peter Mester

    Franziska und die Bürgerwehr

    Der Kleingartenverein. ›Erntedank‹ steht vor tiefgreifenden

    Veränderungen. Ein Flüchtlingsheim muss integriert werden,

    ster

    und der Westernverein ›Bonanza‹ mit angeschlossener Kin-

    Fran

    derfarm trifft ebenfalls auf Vorbehalte.

    ziska

    Franziska und Andreas, immer noch nicht verheiratet,

    und di

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    e

    verlieren darüber den Vorsitz im Vorstand.

    -P

    Dann wird Josefi ne Feuerbach, ein beliebtes Original des

    Kleingartenvereins, erschlagen aufgefunden. Der kommis-

    Hans

    sarische Vorstandsvorsitzende gründet eine Bürgerwehr.

    Dennoch kommt es zu einer Brandserie, die für zusätzliche

    Unruhe sorgt.

    rgerwehr

    karus

    Als ein Mitglied der Bürgerwehr auf dem Findorffer Wo-

    chenmarkt ums Leben kommt, suchen Kriminalrat Strelitz

    und sein Team nach den großen Zusammenhängen.

    Währenddessen gibt es im Kleingartenverein einen Rich-

    r Fall I

    tungskampf, in den auch Franziskas früherer Lebensgefährte

    verwickelt ist.

    Lassen sich alle Knoten dieses Falles lösen, bevor Andreas

    und de

    und Franziska ihre Hochzeitsreise antreten? Und heiraten die

    a

    beiden überhaupt?

    BremenKrimi

    Franzisk

    Hans-Peter Mester war von 1985 bis 2000

    BremenKrimi

    stellvertretender Leiter des Ortsamtes Bremen-West.

    Von 2000 bis 2012 stand er an der Spitze dieses

    Amtes und begann anschließend, spannende

    Krimis mit ungewöhnlichem Umfeld zu schreiben.

    Kellner Verlag

    Kellner

    Kellner Verlag

    Bremen-Krimi

    978-3-95651-122-6

    B r e m e n B o s t o n

    B r e m e n B o s t o n

    Verlag

    Band 7

    Hans-Peter Mester

    Franziska

    und die Bürgerwehr

    Findorff-Krimi

    Band 7

    Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek

    registriert. Die bibliografischen Daten können online

    angesehen werden:

    http://dnb.d-nb.de

    Der Autor:

    Hans-Peter Mester, Jahrgang 1954, in

    Bremen geboren und aufgewachsen, hat

    große Teile seiner Kindheit »auf Parzelle«

    verbringen dürfen. Für den langjährigen

    Leiter des Ortsamtes Bremen-West ge-

    hörte der lokale Blick auf die Stärken und

    die Abgründe des Stadtteillebens fast drei

    Foto: Walter Gerbracht

    Jahrzehnte zu seinem Berufsalltag. Von

    1985 bis 2000 war er stellvertretender Leiter, von 2000 bis 2012

    Chef des Bremer Ortsamtes West.

    Er quittierte den Dienst wegen seiner Parkinson-Erkrankung, die

    ihm anschließend die Gelegenheit bot, zu Hause über kuriose

    und alltägliche Besonderheiten zu schreiben. Zahlreiche Notizen

    bildeten die Grundlage für die raffinierten Kriminalromane rund

    um Stadtplanerin Franziska.

    Ein besonderer, sozial engagierter Mensch ist nun nicht mehr mit

    uns. Er starb am 8. April 2016 im 63. Lebensjahr. Er wusste um

    seine radikal begrenzte Lebenszeit und schrieb die zehnbändige

    Krimi-Reihe »Franziska und ...«. Diesem siebten Band werden

    noch drei Ausgaben bis Ende 2018 folgen.

    Verstorbene leben in den Gedanken der anderen Menschen

    weiter, Hans-Peter Mester wird zusätzlich durch seine Bücher

    präsent und noch sehr lange in Erinnerung bleiben.

    Impressum

    © 2017 KellnerVerlag, Bremen • Boston

    St.-Pauli-Deich 3 • 28199 Bremen

    Tel. 04 21 - 77 8 66 • Fax 04 21 - 70 40 58

    sachbuch@kellnerverlag.de • www.kellnerverlag.de

    Lektorat: Klaus Kellner, Madita Krügler, Manuel Dotzauer

    Satz: Bernd Raatz

    Umschlag: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt, Bremen

    ISBN 978-3-95651-138-7

    2

    Die Akteure

    Im Kleingartenmilieu

    Franziska Morgenstern

    Stadtplanerin, Kleingärtnerin, ehemals Zweite Vorsitzende des

    Kleingartenvereins ›Erntedank‹ und demnächst Ehefrau von

    Andreas Klapphorn. Oder?

    Andreas Klapphorn

    Musikpädagoge, stellvertretender Schulleiter in Findorff, ehemals

    Erster Vorsitzender des Kleingartenvereins und zukünftiger

    Ehemann von Franziska, wenn nichts dazwischenkommt.

    Julia und Johannes

    Andreas’ Kinder aus erster Ehe, halten sich für erwachsen,

    sind aber erst 14 und 16 Jahre alt.

    Johanna

    Schwester von Franziska, sehr geschwätzig, doch mit einem

    Herz aus Gold.

    Rudi Klingebiel

    Wirt des Landheims, eine Seele von Mensch, mit ausgeprägtem

    Gerechtigkeitssinn.

    Maria Klingebiel

    Rudis Ehefrau, Fels in der Brandung.

    Tatjana Knispel-Klingebiel

    Tochter des Landheim-Wirtes, neuerdings verheiratet mit

    Olaf Knispel.

    Hermann Schilling mit Dackel Friedhelm

    Rechter Nachbar von Franziska, Urgestein und ältester Kleingärtner

    im Verein. Von seinem neurotischen Dackel kaum zu trennen.

    Bernhard und Gundi Markgraf

    Linke Nachbarn von Franziska, haben vier Kinder und leben

    in Dauerfehde mit Hermann Schilling und seinem Dackel.

    3

    Thomas Büssenschütt

    Neuer Erster Vorsitzender, Gründer einer Bürgerwehr,

    wertekonservativer Populist, Leiter einer Versicherungsagentur.

    Müsste dringend in seinem Kopf aufräumen.

    Werner Obermeyer

    Mag keinen Lärm, ist in der Bürgerwehr aktiv.

    Edgar »Eddie« Nesselkamp

    Mag ebenfalls keinen Lärm und ist auch in der Bürgerwehr aktiv.

    Reinhold Papendieck

    Mag überhaupt keinen Lärm und ist in der Bürgerwehr aktiv.

    Karl »Kalli« Schönfeld

    Wird pensioniert und hat damit seine Schwierigkeiten.

    Dr. Torsten Bollhagen

    Neu im Kleingartenverein, neu im Vorstand, aber altbekannt für

    Franziska.

    Josefine Feuerbach

    Ein Original des Kleingartenvereins. Ihr Ableben ist klärungs-

    bedürftig.

    Annabell Feuerbach

    Die Tochter der Verstorbenen.

    Von der Polizei

    Kriminalrat Strelitz

    Väterlicher Chefermittler. Neuerdings Großvater, manchmal

    depressiv.

    Oberkommissarin Konstanze Kannengießer

    Karriere- und teamorientiert, neuerdings mit Kriminalrat

    Schwalbach liiert.

    Kommissar Olaf Knispel

    Jüngster Mitarbeiter im Ermittlungstrio, inzwischen gefestigt,

    aber immer noch für einen Ausrutscher zu haben.

    4

    Kriminalrat Christian Schwalbach

    Multifunktional unterwegs: Leiter des Drogen-Dezernats,

    Lebensgefährte von Konstanze Kannengießer, Vorsitzender

    des Westernvereins ›Bonanza‹, einschließlich Kinderfarm.

    … und außerdem

    Sebastian Olmütz

    Freier Reporter, gut für Enthüllungsreportagen, schlecht für den

    Blutdruck von Strelitz.

    Dr. Klaus Klüngel

    Unternehmensberater, soll Polizeistrukturen verschlanken.

    Belastet ebenfalls das Nervenkostüm von Strelitz.

    Brunhilde Stumpe

    Leiterin des Flüchtlingslagers, kernige Führungspersönlichkeit mit

    Courage und sozialem Engagement. Geht für »ihre Leute« durchs

    Feuer.

    5

    Prolog 1

    »So, Josefine, jetzt bist du wieder eine Stufe tiefer ge-

    rutscht!« Frau Feuerbach hielt in ihrer Wohnung, die

    zur Räumung anstand, Selbstgespräche. »Arbeitslos, woh-

    nungslos. Ganz großes Kino. Jetzt bleibt nur noch die Par-

    zelle.« Sie packte einen Umzugskarton. »Einen Vorteil hat

    das Ganze – bei jedem Umzug habe ich weniger mitzuneh-

    men.«

    Sie räumte einen alten Bücherschrank aus. Ein paar Bü-

    cher fielen um und gaben den Blick auf ein Päckchen frei,

    das hinter einige Werke von Brecht, Heine und Tucholsky

    gerutscht war. Sie nahm es heraus und hielt es gegen das

    Licht, als sei es durchsichtig. »Dich habe ich eigentlich nie

    öffnen wollen«, murmelte sie. »Aber vielleicht ist es jetzt an

    der Zeit.«

    6

    Prolog 2

    Seitdem Franziska Morgenstern entschieden hat, sich dem

    »Leben auf Parzelle« zu verschreiben, hat sich viel getan.

    Der Mikrokosmos des Kleingartenvereins »Erntedank« wird

    regelmäßig durch kleine und große Verwerfungen erschüt-

    tert. Morde, Brandstiftungen, Entführungen und Betrug ha-

    ben die Kripo zum regelmäßigen Gast in den Schrebergärten

    und im Landheim werden lassen. Motive und Tatverdächtige

    gibt es im Überfluss.

    Die jüngsten Ereignisse führten dazu, dass Franziska und

    ihr Lebensgefährte Andreas Betrügern auf den Leim gin-

    gen. Das Betrügerduo ist flüchtig, aber dem Verein entstand

    kein Schaden. Dennoch wollen Andreas und Franziska im

    Vorstand die Vertrauensfrage stellen. Die steht nun in einer

    Sondersitzung auf der Tagesordnung.

    7

    Kapitel 1

    Liebe Gartenfreunde, ich eröffne die Sondersitzung des

    Vorstandes für … von … also, ihr wisst schon, vom

    Kleingartenverein ›Erntedank e. V.!‹« Andreas, Erster Vor-

    sitzender, hauptberuflich Musikpädagoge und stellvertre-

    tender Leiter einer Findorffer Schule, fühlte sich, wie es

    seinen Schülern beim Zensurensingen ergehen musste. Die

    Tür schwang auf. Rudi Klingebiel, Wirt des Landheims

    »Erntedank«, kam herein, um Bestellungen entgegenzuneh-

    men – er meinte, dass seine Zapfhähne dringend Bewegung

    brauchten. Ein denkbar schlechter Moment.

    »Jetzt nicht!«, herrschte ihn einer der Beisitzer an. Rudi

    zog erschrocken den Kopf zurück und schloss die Tür. Nor-

    malerweise war er selten um ein Wort verlegen, insbeson-

    dere, wenn sich die Gelegenheit bot, einen kernigen Spruch

    anzubringen, aber hier schien ihm ein Rückzug das Klügste

    zu sein. Zumindest für die nächste Viertelstunde. Er posi-

    tionierte sich wieder hinter seiner Theke und versorgte die

    beiden dort sitzenden Gäste mit zwei frischen Bieren.

    Im Hinterzimmer hatte Andreas weiterhin Mühe, seine

    Gedanken zu ordnen. Verdammt, was machst du gerade?

    Wieso lässt du die Dinge so dicht an dich heran?‚ schalt er

    sich. Sollen die anderen sich doch einen neuen Ersten Vor-

    sitzenden suchen. Laut sagte er: »Thomas Büssenschütt, es

    besteht kein Anlass, unseren Wirt derart oberlehrerhaft an-

    zuherrschen. Außerdem würde ich gern wissen, was dich

    in unsere Mitte treibt. Soweit ich mich erinnere, bist du im

    Rahmen unseres letzten Beisammenseins aus dem Vorstand

    ausgeschieden. Und die Vereinsvollversammlung hast du

    auch vorzeitig verlassen. Weißt du noch? Wenig später hat

    übrigens jemand eine Scheibe dieser Gaststube eingewor-

    fen!«

    8

    Thomas Büssenschütt sprang auf. »Willst du etwa be-

    haupten, ich hätte etwas damit zu tun?«

    »Nicht doch.« Andreas lächelte freundlich. Er merkte,

    wie er langsam ruhiger wurde. »Ich wollte dich nur auf dem

    Laufenden halten. Schließlich warst du ja nicht mehr im

    Raum, als der Stein durch die Fensterscheibe flog.«

    Büssenschütt winkte ab. »Was meine Mitarbeit im Vor-

    stand angeht, bedauere ich, wenn möglicherweise der Ein-

    druck entstanden ist, dass ich diesem Gremium den Rücken

    kehren wollte. Zugegeben, ich befand mich in einem ... emo-

    tionalen Ausnahmezustand, weil ich provoziert worden war.

    Daraufhin habe ich diesen Raum verlassen, um die Situati-

    on nicht weiter eskalieren zu lassen. Ich habe aber zu kei-

    nem Zeitpunkt beabsichtigt, mich von der Vorstandsarbeit

    zurückzuziehen.« Büssenschütt breitete generös die Arme

    aus, als wolle er alle Anwesenden gleichzeitig segnen. »Mit

    anderen Worten, ich stehe dem Vorstand selbstverständlich

    weiterhin zur Verfügung.«

    »Na, da haben wir ja Glück gehabt«, stellte Franziska

    Morgenstern fest. Sie war nicht nur die Zweite Vorsitzen-

    de, sondern auch die Lebensgefährtin von Andreas. In dieser

    Funktion hatte sie jetzt seine rechte Hand ergriffen und sie

    bestärkend gedrückt.

    Büssenschütt war diese kleine Geste der Solidarität nicht

    entgangen.

    »Bevor es noch zum Austausch von Zärtlichkeiten

    kommt, sollten wir mit der Tagesordnung fortfahren«, ätzte

    er. »Und das Protokoll der letzten Sitzung bitte ich hinsicht-

    lich meines irrtümlich dokumentierten Ausscheidens aus

    dem Vorstand zu korrigieren. Der Schriftführerin ist da eine

    Fehldeutung unterlaufen.«

    Franziska dämmerte, worauf Büssenschütts Auftritt hi-

    nauslaufen sollte. Wenn sie nicht alles täuschte, befand sich

    hier eine feindliche Übernahme in Vorbereitung, ein Putsch

    auf Kleingartenvorstandsebene. Mit einem Seitenblick auf

    9

    Andreas stellte sie fest, dass er das drohende Szenario eben-

    falls erkannt hatte. Beiden war klar, dass eine solche Wach-

    ablösung fatal sein konnte. Büssenschütt hatte sich bei sei-

    nen letzten Auftritten als Demagoge erwiesen, der massiv ge-

    gen jeden Integrationsversuch zugewanderter Ethnien Front

    bezog.

    Statt differenzierter Auseinandersetzung hatte er polemi-

    siert. Konkret war es um die Einrichtung eines Flüchtlings-

    wohnheims im Randbereich des Kleingartenvereins gegangen.

    In Anwesenheit der Sozialsenatorin hatte er derbe Sprüche ge-

    klopft – immerhin ohne großen Erfolg. Die überwältigende

    Mehrheit der Vereinsmitglieder hatte dem Anliegen der Sena-

    torin zugestimmt. Dieses Votum war mit der Forderung ein-

    hergegangen, dass es für die Betreuung der Flüchtlinge einen

    angemessenen Personalschlüssel geben müsse.

    Büssenschütt war daraufhin verbal entgleist, hatte von

    »Endlösungen« gesprochen und war von Andreas und der

    Senatorin deutlich zurechtgewiesen worden. Büssenschütt

    hatte anschließend bei knallender Tür den Saal verlassen.

    Später am Abend flog ein Wurfgeschoss durch eines der

    Landheimfenster. Ein Stein, eingewickelt in einem DIN

    A4-Bogen, auf dem zu lesen stand, dass man »die Kanaken«

    hier nicht haben wolle. Es lag nahe, diesen Vorfall Thomas

    Büssenschütt anzulasten. Nachweisen konnte man ihm diese

    hässliche Tat jedoch nicht.

    Und nun, nachdem Andreas und Franziska schon auf sein

    Ausscheiden aus dem Vorstand angestoßen hatten, kam er

    wie ein Phönix aus der Asche zurück.

    Andreas schaute in die Runde, aber es regte sich kein Wi-

    derspruch. Niemand monierte die zweifellos satzungswid-

    rige Rückkehr nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand.

    Büssenschütt musste gut vorgearbeitet haben.

    »Also weiter im Text«, seufzte er und nahm die Ver-

    sammlungsleitung wieder auf. »Ich habe euch eingeladen,

    um ein offenes Wort über die sogenannte Bildungsoffensive

    10

    2025 zu reden. Ich war der irrigen Auffassung gewesen, dass

    wir für dieses Landheim und den Verein insgesamt eine inte-

    ressante Perspektive gehabt hätten.«

    Franziska unterbrach ihn. »Nicht du, sondern wir! Wir

    sind beide auf die Betrüger reingefallen!« Und sie schilderte

    ausführlich, wie es zu der Fehleinschätzung kommen konn-

    te, die mit einer ziemlichen Ernüchterung geendet hatte.

    Nach dem Ende des Berichtes herrschte Schweigen im

    Hinterzimmer des Landheims. Genau in diesem Moment

    ging die Tür auf, Rudi unternahm einen zweiten Anlauf, den

    Getränkeumsatz anzukurbeln.

    »Jetzt nicht!«, riefen Thomas Büssenschütt und zwei

    andere Sitzungsteilnehmer im Chor.

    Rudi zog sich brummelnd zurück, und wer ihn kannte,

    dem musste klar sein, dass dies die letzte Abfuhr war, die er

    widerspruchslos hinnehmen würde.

    Büssenschütt lehnte sich zurück und schlug einen gön-

    nerhaften Ton an. »Freunde«, ließ er sich vernehmen, »ich

    denke, ein solcher Lapsus – ich vermeide jetzt mal einen

    stärkeren Ausdruck – kann schon mal passieren. Insbeson-

    dere dann, wenn man, so wie ihr, viel Engagement in dieses

    Ehrenamt gesteckt hat.«

    Andreas und Franziska glaubten, sich zu verhören.

    Büssenschütt beugte sich vor, und aus dem verständnis-

    vollen Wegbegleiter wurde ein Chefankläger, der es verstand

    seinen Tatvorwurf mit schneidender Stimme vorzutragen.

    »Was uns interessiert, ist die Tatsache, dass ihr die alte Gärt-

    nerei an den Westernverein ›Bonanza‹ verpachtet habt – ei-

    nen Verein, der zudem noch eine Kinderfarm im Gepäck hat.

    Darüber hinaus habt ihr mit dem Senat eine Verabredung,

    dass planungsrechtliche Bedenken zurückgestellt werden,

    wenn wir im Gegenzug dem Standort des Flüchtlingsheims

    zustimmen! Und das alles ohne Rücksprache mit dem Ge-

    samtvorstand, geschweige denn mit der Vollversammlung!

    Ist das zutreffend?«

    11

    Büssenschütt sah in die Runde, als wolle er sich verge-

    wissern, dass ihn auch jeder verstanden habe.

    Andreas sagte trocken: »Ja.«

    Büssenschütt geriet kurz ins Schlingern. »Willst du damit

    sagen, dass … also … dass ihr geständig seid?«

    »Der Terminus ist verfehlt, denn wir sind hier nicht vor Ge-

    richt«, bemerkte Franziska mit einem feinen Lächeln. »Und ja,

    wir hielten es für richtig, den Westernverein an uns zu binden,

    weil er in Kombination mit der Kinderfarm unser kleingärt-

    nerisches Gemeinwesen aufwertet. Und da der Westernverein

    eine schnelle Lösung benötigte, haben wir keine Zeit verloren.

    Natürlich hätten wir darüber berichtet und unsere Entschei-

    dung begründet. Wir waren aber davon ausgegangen, ein ent-

    sprechendes Maß an Vertrauensvorschuss zu besitzen.«

    »Nachdem ihr schon zweimal die falschen Pächter auf

    dem Gelände hattet, und nach der Nummer mit der Bil-

    dungsoffensive?« Büssenschütts Stimme schnappte jetzt

    über. »Wisst ihr, wie viele fremde Personen, Fahrzeugver-

    kehr und sonstigen Lärm ihr damit ins Gelände geholt habt?

    Dazu jeden Tag Muhen, Mähen und Wiehern?« Büssen-

    schütt wurde kurzatmig.

    »Auf wie viel Dezibel bringt es denn ein Hahn?«, fragte

    Helga, die Schriftführerin.

    Die Runde blickte sie verblüfft an. Sie war noch nicht

    lange im Vorstand, und dies war bis dahin ihr längster Re-

    debeitrag.

    »Und darf ich fragen, was ihr jetzt von uns erwartet?«,

    erkundigte sich Andreas.

    »Na, ich denke, das Mindeste ist doch wohl, dass ihr den

    Vorsitz niederlegt«, erklärte Büssenschütt und blickte selbst-

    gefällig in die Runde.

    »Und dann?«

    »Dann bestimmt diese Runde einen kommissarischen

    Vorstand, und auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung

    gibt es schließlich Neuwahlen.«

    12

    Büssenschütt schaute Andreas zufrieden an.

    Andreas beugte sich vor, und Franziska hatte einen Mo-

    ment die Sorge, dass er gleich über den Tisch flanken wür-

    de. »Lass mich raten: Nach langem Zögern bist du dann der

    Vereinsmärtyrer, der alle Bedenken beiseite räumt und sich

    opfert.«

    »Oh.« Büssenschütt machte eine abwehrende Hand-

    bewegung. »Nicht doch. Glaub mir, ich reiße mich nicht

    darum, Vorsitzender zu werden. Andererseits – wenn sich

    kein anderer Kandidat meldet, kann ich mich dieser Aufgabe

    sicher nicht entziehen. Man hat ja doch so etwas wie Verant-

    wortungsbewusstsein!«

    13

    Kapitel 2

    Während im Hinterzimmer die Luft brannte, saßen in

    der Gaststube Hermann Schilling samt seinem ewig

    schlecht gelaunten Dackel Friedhelm und Karl Schönfeld.

    Rudi leistete den beiden Gesellschaft.

    Hermann hatte gerade von der Kur erzählt, die er am

    nächsten Morgen antreten wollte. »Drei Wochen Bad Fal-

    lingbostel«, brummte er. »Um acht Uhr kommt das Taxi.

    Vielen Dank nochmal, dass ich meinen Friedhelm so lange

    bei dir lassen kann.«

    Rudi nickte. »Kein Problem. Das hat ja schon mal ge-

    klappt. Freust dich schon auf die Kur?«

    »Ich weiß nich, aber egal, ich sitz das auf einer Backe ab.«

    »Hermann, das ist doch kein Gefängnis. Du wirst da ver-

    wöhnt, brauchst dich um nix zu kümmern und lernst viel-

    leicht noch ’ne flotte Dame kennen!«

    »Von wegen«, muffelte Hermann. »Von morgens bis

    abends Anwendungen, immer mit ’nem Zettel in der Hand

    unterwegs, von Termin zu Termin, dann das fettreduzierte

    Essen und natürlich kein Bier.«

    Er wandte sich seinem Thekennachbarn zu.

    »Kalli, du guckst, als hätte deine Erbtante gerade ihr ge-

    samtes Vermögen verspielt«, stellte Hermann fest. »Komm,

    erzähl, was liegt dir auf der Leber? Musst du auch zur Kur?«

    Kalli Schönfeld druckste herum. »Erbtante is nich«,

    murmelte er verdrossen. »Und Vermögen auch nich. Aber

    ich werd meinen Job los.«

    »Deinen Job?« Hermann sah ihn misstrauisch an. »Das

    geht doch gar nicht. Du bist doch Schulhausmeister. Oder

    hast du silberne Löffel geklaut?«

    »Unser Kalli doch nicht!«, mischte sich Rudi ein

    und schob den beiden zwei kleine Biere über die Theke.

    14

    »Der würde doch nicht mal Werbe-Kugelschreiber annehmen.

    Is doch so, nich, Kalli?«

    »Ich werd verrentet«, sagte Kalli leise.

    Rudi und Hermann beugten sich beide ein Stück vor.

    »Was sachst du?«

    »Ich werde verrentet. Feierabend! Schluss, aus!«

    »Wieso das denn?« Rudi konnte manchmal begriffsstut-

    zig sein.

    »Weil ich nächste Woche 65 werde. Ende des Monats

    läuft meine Berufszeit ab. Meine Wohnung verliere ich

    auch. Ich hatte ja ’ne Dienstwohnung in der Schule. Wegen

    der Residenzpflicht.«

    »Was für ’ne Präsidenten-Pflicht?« Hermann hantierte an

    seinem Hörgerät.

    »Residenzpflicht! Wenn du da wohnen musst, wo du ar-

    beitest«, erklärte Rudi und war offensichtlich stolz, solche

    schwierigen Fremdwörter erklären zu können.

    »Also so wie bei dir?«, fragte Hermann.

    »Donnerwetter!« Rudi kratzte sich am Hinterkopf. »Da-

    rüber hab ich noch gar nicht nachgedacht. Aber stimmt, ich

    habe auch eine Residenzpflicht – Maria und ich wohnen ja

    da oben!« Er zeigte die Treppe hinauf, die aus einem Winkel

    der Gaststube nach oben führte.

    »Und deine Tochter und dein Schwiegersohn auch«,

    ergänzte Kalli.

    »Ja, aber die beiden haben keine Residenzpflicht, und

    beide suchen schon nach was Eigenem«, erwiderte Rudi.

    »Obwohl – noch ein paar Straftaten in unserem Verein, und

    hier entsteht vielleicht ein Polizei-Außenposten.«

    Kalli seufzte. »Vielleicht brauchen die dann stundenwei-

    se einen Hausmeister.«

    Rudi war mit dieser depressiven Grundstimmung nicht ein-

    verstanden. »Kalli, ich versteh dich nicht. Ich kenn ’ne Menge

    Leute, die gar nicht abwarten können, Rentner zu werden. Was

    ist denn so schlimm daran, jeden Tag ausschlafen zu können?«

    15

    Hermann mischte sich ein. »Ich weiß noch, als es bei mir

    so weit war. Das muss jetzt so rund zehn, elf Jahre her sein.«

    Hermann war Mitte 70 und der älteste Gartenfreund im »Ern-

    tedank« e. V. »Ich bin damals in ein mentales Loch gefallen.

    Keine Pflichten mehr, ich wurde nicht mehr gebraucht. Erst

    war das wie Urlaub. Aber dieser Urlaub ging nicht zu Ende.

    Ich dachte, ich wäre aus einem fahrenden Zug gesprungen.

    Die Tage liefen irgendwie anders ab, keiner wollte mehr was

    von mir ...« Hermanns Gedanken begannen, sich im Kreis

    zu drehen. Er hatte feuchte Augen bekommen. »Jedenfalls

    musst du gewaltig aufpassen, dass du nicht plötzlich an der

    Flasche hängst!«

    Rudi knallte sein Poliertuch entschlossen auf die The-

    ke. »Kalli, was du brauchst, ist ein Plan. Du musst wissen,

    wie es weitergeht. Erst mal musst du das Wohnungsproblem

    wuppen!«

    »Hab ich schon«, meinte Kalli. »Ich bin anerkannter Kai-

    sen-Hausbewohner. Ich zieh auf meine Parzelle. Die hatte

    ich immer als ersten Wohnsitz gemeldet.«

    »Schön, dann wäre das schon mal geklärt. Aber was ist

    mit Hobbys? Reisen?«

    »Nee, ich schlaf abends gern in meinem eigenen Bett

    ein.«

    »Oder angeln?«, fragte Hermann.

    »Warum nicht. Aber was mach ich, wenn einer anbeißt?

    Ich kann doch kein Lebewesen töten.«

    »Ach, Kalli, du bist aber auch ein schwieriger Mensch!«,

    stöhnte Rudi.

    »Nur, weil ich nicht verreisen oder Fische totschlagen

    will?« Kalli guckte verdrossen auf das Sortiment an Spiritu-

    osenflaschen, das hinter Rudis Rücken auf Endverbraucher

    wartete. »Und zum Saufen hab ich auch keine Lust.«

    Dann präsentierte er seinen Lebenslauf – seit zehn Jah-

    ren Witwer. Die beiden Kinder wohnten nicht in Bremen.

    Vierzig Jahre Hausmeister, immer an derselben Schule.

    16

    Da sei er mit jeder Schraube und jeder Glühbirne per du, und

    eigentlich gehöre er zum Inventar, sinnierte er.

    Rudi füllte schweigend drei Korngläser.

    Kalli setzte seinen Gedankengang fort: »Nach einer neu-

    en Partnerschaft ist mir auch nicht.

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