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Altötting sehen und sterben: Kriminalroman
Altötting sehen und sterben: Kriminalroman
Altötting sehen und sterben: Kriminalroman
eBook217 Seiten2 Stunden

Altötting sehen und sterben: Kriminalroman

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Über dieses E-Book

Die Altöttinger Unternehmergattin Annamirl Leidl-Berggump wurde erschlagen. Der junge Oberkommissar Max Kramer und sein Kollege Polizeihauptmeister Fritz Fäustl sind umgehend zur Stelle und nehmen die Ermittlungen auf. Das Umfeld der Ermordeten und die letzten Telefonate sind die ersten Anhaltspunkte, denen beide nachgehen. Doch nur Stunden später steht die Ermordete leibhaftig vor Max Kramer. Sie ist von ihrem angeblichen Ableben ebenso überrascht wie der Kommissar. Wer war dann die Tote in Leidl-Berggumps Haus?
SpracheDeutsch
HerausgeberGMEINER
Erscheinungsdatum14. Sept. 2022
ISBN9783839273401
Altötting sehen und sterben: Kriminalroman

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    Buchvorschau

    Altötting sehen und sterben - Anton Leiss-Huber

    Zum Buch

    Patrona Bavariae Es herrscht Hochsaison im katholischen Epizentrum Bayerns. Weihnachten steht vor der Tür. Auf dem Kapellplatz befindet sich der schönste und besinnlichste Christkindlmarkt Deutschlands. Im Minutentakt halten Busse, und Horden internationaler Touristen stürmen den Platz. In dieses Spektakel platzt die Nachricht eines Mordes. Die ansässige Unternehmergattin Annamirl Leidl-Berggump wurde am helllichten Tag in ihrem Haus mit einem Nussknacker erschlagen. Der junge Oberkommissar Max Kramer beginnt mit den Ermittlungen. Doch wie aus dem Nichts steht die Ermordete wieder leibhaftig vor ihm. Sie selbst ist von ihrem angeblichen Ableben ebenso überrascht wie der Kommissar über ihre plötzliche Auferstehung. Schnell ist klar, die Tote ist eine Angestellte der Unternehmergattin und trug bei ihrem Tod ein Kleid der Hausherrin. Schwebt Annamirl Leidl-Berggump in Gefahr? Hatte der Mörder es auf die Hausherrin abgesehen? Max muss schnell herausfinden, ob eine Verwechslung vorliegt, bevor der Mörder erneut zuschlagen kann. Der Hilfe von Maria Evita kann er gewiss sein.

    Anton Leiss-Huber wurde im oberbayerischen Altötting geboren. Er ist studierter Opernsänger und Schauspieler. Einem breiten Publikum wurde er in den letzten Jahren vor allem durch seine Auftritte im deutschen Fernsehen bekannt. Man kennt ihn aus der Musiksendung des BR-Fernsehens »Brettl-Spitzen«, der bayerischen Kultserie »Im Schleudergang«, verschiedenen Dokumentationen oder unterschiedlichen Radiosendungen auf BR-Heimat. »Altötting sehen und sterben« ist sein fünfter Kriminalroman um den jungen Oberkommissar Max Kramer und seine Jugendliebe, die Novizin Maria Evita.

    Impressum

    Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten aus meinem Lebenslauf und mit tatsächlich lebenden Menschen, Geschehnissen und Institutionen um mich herum ist rein zufällig.

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    info@gmeiner-verlag.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

    Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

    unter Verwendung eines Fotos von: © Hartmut / AdobeStock

    ISBN 978-3-8392-7340-1

    Zitate

    »Neapel sehen und sterben!«

    Johann Wolfgang von Goethe

    in seiner Italienischen Reise

    angelehnt an »Vedi Napoli e poi muori«

    *

    »Kaum hatte es das gesagt, da lag ein prächtig silbern Kleid vor ihm, Perlen, seidene Strümpfe mit silbernen Zwickeln und silberne Pantoffel und was sonst dazu gehörte.«

    Aschenputtel

    Kinder- und Hausmärchen Band I,

    Brüder Grimm

    Widmung

    Für ganz Altötting

    Gedicht

    »Ihr Kinder stellt die Schuh’ hinaus«

    unbekannter Verfasser (Volksgut)

    Ihr Kinder, stellt die Schuh’ hinaus,

    denn heute kommt der Nikolaus.

    Und wart ihr immer gut und brav,

    dann lohnt’s euch Nikolaus im Schlaf.

    Er bringt euch Äpfel, Feigen, Nüss’

    und gutes Backwerk, zuckersüß.

    Doch für das böse, schlimme Kind

    legt er die Rute hin geschwind.

    Blutrot

    Erstaunlich: Blut spritzte nicht, es floss. Die Spritzer entstanden lediglich durch die Auf- und Abwärtsbewegungen des Nussknackers, der dabei den Schädel zertrümmerte. Der erste Schlag betäubte sie. Beim zweiten ging sie zu Boden. Der dritte war bereits der entscheidende, die restlichen zur Sicherheit. Zurück blieb ein Berg aus Stoff auf dem Boden, der das warme Blut, welches aus ihrer Stirn quoll, wie ein Schwamm aufsog. Es bedeckte ihr Gesicht, ihre Ohren, ihren Hals und verwandelte die menschlichen Züge in eine rote Masse. Doch das überbordende Kleid vergrub den geschundenen Körper, sodass jedem Hereinkommenden der grauenerregende Anblick fürs Erste erspart blieb.

    I. Ihr Kinder

    Fräulein Schosis Stimme dröhnte durch den Hausflur, als wäre sie eine Mischung aus Werwolf und Godzilla. Sie war in einen dunklen Umhang aus Fell und alten Jutesäcken gehüllt und hatte sich ihr Gesicht mit einem verkohlten Korken schwarz angestrichen. In ihren Händen hielt sie einen ebenfalls schwarzen Leinensack, der ein jämmerliches Schluchzen von sich gab, sobald sie ihn gegen eine Wand schleuderte. Fräulein Schosi hatte sich komplett verwandelt und jeglichen weiblichen Zug aus ihrem Auftreten gestrichen. Ihre Interpretation des Krampus’, als Begleiter des heiligen Nikolauses, hinterließ bei ihrem Arbeitgeber, dem emeritierten Stadtpfarrer Monsignore Hirlinger, einen versteinerten Gesichtsausdruck. So kannte er seine Haushälterin gar nicht. Hirlinger schwankte deshalb zwischen Faszination und Unbehagen. »Was haben Sie eigentlich in dem Sack da drinnen?«

    »Einen Stofftieraffen, der auf Erschütterung reagiert und dann anfängt, solche quietschenden Laute von sich zu geben.«

    »Wo hab’n S’ denn den her?«

    »Vom Spielzeug Röber.«

    »Aha.« Die Augen des Monsignore hafteten an dem wimmernden Sack. »Warum ham S’ denn des Stofftier um Gottes willen da drinnen?«

    »Dass die Kinder auch glauben, dass ich sie sicher da reinstecke, wenn sie ned artig sind. Ganz einfach.«

    Hirlinger konnte sich ein abschätziges Schmunzeln nicht verkneifen. »Sie machen den Kindern damit wirklich Angst, das is Ihnen schon klar?«

    »Ah geh, papperlapapp, die sind nix mehr gewohnt. Alle zu sehr verhätschelt. Einmal im Jahr darf es schon ein bissal rauer zur Sache gehen. Hab’n Sie zufällig meine Rute gesehen?«

    »Die haben Sie vorher neben der Haustüre abgelegt.«

    »Ach ja, stimmt.« Fräulein Schosi stampfte Richtung Ausgang, bückte sich unter einem Ächzen, griff nach einem länglichen Reisigbündel und rappelte sich wieder auf. »Die zieht ganz schön«, sagte sie und schwang sie durch die Luft, dass Hirlinger angst und bange wurde.

    »Sie wollen die Kinder doch ned etwa damit schlagen?«

    »Die braven sicher nicht!«

    »Auch die anderen nicht«, rief Hirlinger entsetzt.

    Fräulein Schosi rollte mit den Augen. »Natürlich ned! Was glauben Sie denn von mir? Kinder verdrischt man erst ab zwölf.«

    »Bitte?«

    »Das war ein Witz, Monsignore.«

    Hirlinger betete inständig, dass seine Haushälterin auch meinte, was sie sagte. »Na dann woll’ ma mal. Die Polizisten warten sicher schon auf uns.« Seine Hand wies zur Tür, und Fräulein Schosi trottete an ihm vorbei.

    »Ham Sie scho’ a Taxi b’stellt, Monsignore?«

    »Wartet unten. Bitte halten Sie sich bei den Kindern nachher a bissal zurück. Ich möchte nicht, dass es Tränen gibt.«

    »Auch wenn es für mich eine Premiere ist, ich weiß schon, was ich tue. Keine Sorge.«

    *

    Es war von Anfang an eine Scheißidee! Aber was tat man nicht alles, wenn das Helferbedürfnis ansprang. Oberkommissar Max Kramer steckte in einem Nikolauskostüm, und die Mitra auf seinem Kopf rutschte dank seiner weißen Perücke hin und her. Alle paar Minuten fiel sie auf den Boden, und Max konnte sein Fluchen darüber nur mit Mühe unterdrücken. Am liebsten hätte er hemmungslos drauflosgeschimpft, aber da jederzeit ein Kind um die Ecke biegen konnte, durfte er keine Sekunde aus der Rolle des heiligen Mannes fallen. An seiner Seite tobte Fräulein Schosi als Krampus, die anscheinend in dieser Teufelsfigur ihre wahre Bestimmung gefunden hatte. Wild fuchtelte sie mit einer Rute durch die Gegend und zog mit der anderen einen schwarzen Sack hinter sich her, der bei jeder heftigen Erschütterung jämmerlich zu wimmern begann. Max war heilfroh, dass er in ihr auf die Schnelle Ersatz gefunden hatte, denn eigentlich war sein Kollege Fritz Fäustl als Nikolaus-Assistent vorgesehen gewesen. Der hatte sich allerdings in der Vorbereitungsphase krankgemeldet.

    In diesem Jahr fiel der sechste Dezember auf einen Samstag, und seine Kollegen hatten vorgeschlagen, die Weihnachtsfeier der Kriminalpolizeistation Mühldorf in eine vormittägliche Nikolausfeier umzuwandeln. Auf diese Weise könnten die Kollegen, die bereits Familie hatten, ihre Kinder mitbringen. Solange er mit der Organisation des Ganzen nicht behelligt worden war, hatte Max nichts dagegen gehabt. Er hatte die Idee anfangs sogar für gut befunden. Aber unerwartet hatte die Grippewelle bereits im November in der Kriminalpolizeistation um sich gegriffen, und auf einmal hatte sich Max an der Spitze des Orga-Teams wiedergefunden. Nicht freiwillig, sondern weil sein Chef Veit Kunfter ihn auf dem Gang um Hilfe gebeten hatte. Direkt angefleht hatte er ihn, um bei der Wahrheit zu bleiben. Nun steckte Max bis zum Kopf in diesem nach Mottenpapier müffelnden roten Bischofsgewand, das ihm Monsignore Hirlinger freundlicherweise von der Pfarrei besorgt hatte. Wütend trat er mit der Spitze seines Stiefels gegen die Bodenleiste und fluchte stumm vor sich hin. Es gab kein Zurück mehr. Max klemmte sich sein goldenes Buch unter die Achsel und umklammerte mit der anderen den goldenen Bischofsstab. Mehrere DIN-A4-Seiten mit guten und schlechten Taten befanden sich in der glänzenden Mappe. Alle Eltern hatten Max das Sündenregister ihrer Kinder zugesteckt, und nun würde er jedem einzelnen Polizeisprössling die Leviten lesen. Showtime! Er zwang sich zu einem Lächeln, welches man unter dem Rauschebart sicher eh nicht wahrnahm.

    Sein Kollege Fritz Fäustl grinste ihm schadenfroh entgegen, als er den Saal des Gasthofs betrat, den sie für die Feier im nahen Pleiskirchen extra angemietet hatten. Dieser Nikolausaufzug war ihm so peinlich, dass er unter allen Umständen verhindern wollte, jemandem zufällig aus Altötting oder Mühldorf zu begegnen. Außerdem hatte er der gesamten anwesenden Kriminalpolizeistation das Filmen und Fotografieren untersagt.

    Die Tische waren in einer Hufeisenform aufgereiht. Fäustl hatte mit seiner Freundin Evi, einer fränkischen vollbusigen Blondine, im hinteren Eck Platz genommen. Von dort konnte er die gesamte Szenerie genau im Blick behalten. Max schenkte ihm einen finsteren Blick. Die Nummer mit der Grippe nahm er ihm nicht ab. Fäustl wollte sich sicher nur vor der Aufgabe drücken. Sein dämliches Grinsen konnte sich Fäustl sonst wohin stecken. Manchmal war sein Kollege ein richtiger Arsch. Seine Genesung war verdächtig schnell gegangen. In diesem Moment wünschte er ihm einen Rückfall mit einundvierzig Grad Fieber.

    Fräulein Schosi grunzte und stöhnte beim Eintreten, dass sich die ersten Kinder verschüchtert an ihre Eltern drückten.

    »Nicht ganz so dick auftragen«, flüsterte Max ihr zu, da bereits nach den ersten Sekunden ihrer Anwesenheit manchem Kind das blanke Entsetzen im Gesicht stand.

    Zwischen den Tischen hatten sich vier Mädchen und zwei Jungen postiert, die, so wusste Max, eine Kleinigkeit zur Begrüßung des Nikolauses vorbereitet hatten. Begleitet wurden die sechs von zwei weiteren Kindern mit Kurzhaarschnitt, die auf ihren Blockflöten bliesen und die dazugehörigen Noten am Ende der Tafel ausgebreitet hatten. »Heiliger Nikolaus, du braver Mo, i sing dir a Liadl so gut wia i ko…« Der Engelschor wies eindeutige Intonationsschwächen auf. »Sag zu deim Krampal glei, i bin no so kloa, er derf mi fei ja net in Sack eine doa.«

    Ein Urschrei überkam Fräulein Schosi, und sie schleuderte den mitgebrachten Sack gegen den Stuhl, der eigentlich für den heiligen Nikolaus bereitgestellt worden war. Das Quietschen im Sack wurde von der Kakofonie der zweiten Strophe übertönt. Irgendwo begann ein Kind zu schluchzen, und Max vernahm eine mütterliche Stimme. »Der tut dir schon nix.« Hoffentlich fand Fräulein Schosi nicht noch mehr Gefallen an ihrer Rolle des finsteren Gesellen, sonst würde das hier in einer Heulorgie der Zwerge enden.

    Der Chor war zuerst fertig, während die Flötenbläser noch um zwei Takte hinterherhinkten.

    »Das habt ihr sehr schön gemacht«, sagte Max mit tiefer Stimme. Fäustl lachte laut auf. Der Blick, den Max ihm dafür zuwarf, war voller Verachtung. Aber da seine Perücke bis tief in die Stirn gerutscht war und der Rauschebart bis knapp unter die Nase ging, bekamen die Zuschauer davon nichts mit.

    Nur Fäustl ahnte, dass sein Lacher beim heiligen Nikolaus keinen Begeisterungssturm hervorrief. Seine Freundin Evi hatte ihn in die Rippen gestoßen, und auch ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Entschuldigend hob er seine Kaffeetasse und prostete Max zu.

    Es wurde Zeit, mit dem Programm zu beginnen. »Du da, wie heißt du?« Max deutete auf einen Jungen aus dem Chor.

    »Lenz«, kam aus dem Angesprochenen eingeschüchtert hervor.

    »Komm her, du darfst meinen Stab halten.«

    Vorsichtig näherte sich Lenz und ergriff den Bischofsstab. Nach den ersten Sekunden, in denen es nicht so aussah, als ob Lenz die Situation genießen würde, bekamen seine Augen ein stolzes Glänzen. Max nickte ihm anerkennend zu, schlug das goldene Buch auf und erhob seine tiefe Stimme.

    »Wo ist denn die kleine Hauser Leoni?«

    Nichts rührte sich, also wiederholte Max seine Frage, und Fräulein Schosi schlug mit ihrer Gerte auf den Boden. Auf der rechten Seite erhob sich eine Mutter, die Max als Frau seines Kollegen Henri Hauser identifizierte. Sie bückte sich und steckte ihren Kopf unter das Tischtuch, das weit über die Kante nach unten hing und keinen Blick auf das Geschehen darunter zuließ. »Leoni, komm.«

    »Nein«, brüllte eine Kinderstimme.

    »Der Nikolaus ist ein ganz ein Lieber.«

    »Nein!«

    »Jetz’ komm halt, bitte.«

    »Neiiiiiin!«

    Fräulein Schosi war im Begriff, zu einem erneuten Schlag mit ihrer Rute auszuholen, aber Max hielt sie zurück. »Das ist jetzt echt kontraproduktiv«, flüsterte er ihr zu.

    Frau Hauser bückte sich und zog ein Mädchen von ungefähr vier Jahren mit blonden Locken am ausgestreckten Arm aus ihrem Versteck hervor.

    »Leoni, ich zähle jetzt bis drei, und dann bist du vorne beim Nikolaus, sonst darfst morgen nicht zur Oma! Hast mich verstanden?«

    »Nein!«, brüllte Leoni und begann zu schluchzen.

    »Eins!«

    »Neiiiiiiin!«

    »Zwei! Leoni, ich rufe die Oma an und sag ihr, dass wir sie morgen nicht besuchen werden.« Frau Hauser zog ein Mobiltelefon aus der Hosentasche.

    Augenblicklich wandte sich das Mädchen um und eilte auf Max zu. Weinend hielt sie einen Schnuller in der Hand. Ihre Mutter setzte sich erleichtert zurück auf ihren Stuhl.

    Max warf einen Blick in die Notizen. »Leoni, du willst also dem Nikolaus endlich deinen heimlichen Diddi schenken, den du seit einem Jahr in deinem Zimmer versteckst. Habe ich das in meinem goldenen Buch richtig gelesen?«

    Mehr als ein weinerliches Nicken brachte Leoni als Antwort nicht zustande.

    »Ich erinnere mich, dass du mir vor einem Jahr schon mal deine Diddis überreicht hast und dabei versprochen hast, dass du sie nimmer brauchen wirst.«

    »Ja«, sagte Leoni zögerlich.

    Fräulein Schosi erhob sich aus ihrer gebückten Haltung. »Dann hast du damals dem Nikolaus also ganz frech ins Gesicht gelogen, du kleine Laus, du. Ich steck dich gleich in meinen Sack rein und schüttel dich, dass dir Hören und Sehen vergeht.« Zum Zeichen, dass es ihr damit ernst war, schlug sie den Sack gegen ihre Hüfte. Die Bewegung löste erneut das Gewimmer des Stoffaffen aus, und Leoni wurde vor Schreck kreidebleich.

    »Is da schon einer drinnen?«, fragte sie leise.

    »Freilich. Ein ganz ein frecher Bub war des. Der hat den Nikolaus auch einfach angeschwindelt. Das macht der sicher kein zweites Mal. Der wird sicher nimmer …«

    »Mama!«

    Als hätte jemand für die Szene auf Vorspulen gedrückt, war Leoni auch schon wieder unter dem Tisch ihrer Mutter verschwunden. Nichts schien sie aufhalten zu können. Fräulein Schosi warf Max einen fragenden Blick zu. Er gab ihr durch ein Kopfschütteln zu verstehen, dass sie beim nächsten Kind weder Rute noch Sack zum Einsatz bringen sollte, um ähnliche Reaktionen zu verhindern. Max blätterte im goldenen Buch und las den nächsten Namen vor. »Felicitas Friedelmayer.«

    Diesmal kam die Aufgerufene ohne das Zutun ihrer Eltern nach vorn und machte zur Begrüßung einen kleinen Knicks. Das Mädchen war höchstens sechs oder sieben Jahre alt und äußerst zierlich. Ihr rosafarbenes Tüllröckchen war komplett mit Schleifen verziert. Felicitas wirkte auf Max wie eine Puppe.

    »Sehr brav«, lobte er. »So eine Begrüßung gefällt dem Nikolaus.« Er räusperte sich. »Was muss ich hier in

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