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Management Reloaded: Plan B
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eBook175 Seiten2 Stunden

Management Reloaded: Plan B

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Über dieses E-Book

Plan B ist Subversion und Sabotage.
Plan B ist Aufladung und Aufbruch.

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich alle paar Jahre einen neuen Computer, den Sie aber mit alter Software bedienen müssen. Gehen tut es vielleicht, aber sicher nicht gut. So lässt sich der Zustand des heutigen Managements beschreiben. Und eben darin liegt das Problem unserer von Management gesteuerten, von Wirtschaft getriebenen, von Organisation durchstrukturierten Gesellschaft: dass wir mit den Managementkonzepten des frühen 20. Jahrhunderts die Probleme des 21. Jahrhunderts angehen.

Kein Zweifel: Management als eine der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts hat in seiner über hundertjährigen Geschichte die Welt verändert und mit ihr unsere Werte und schließlich auch uns selbst. Selbst aber ist Management nahezu unverändert geblieben.
Deshalb ein Plan B. Er ist zugleich Sabotage des Managements, wie wir es kennen, und Spurensuche nach neuen Praktiken des Managens, die sich an den Rändern der Ökonomie, in den vielen Rissen an ihrer Oberfläche bereits zu formieren beginnen. Plan B ist der Versuch, eine Alternative nicht zum System, sondern im System zu finden. Aufladung und Aufbruch.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum8. Sept. 2015
ISBN9783867744850
Management Reloaded: Plan B
Autor

Martin Kornberger

Martin Kornberger ist Professor für Ethik an der Wirtschaftsuniversität in Wien und Gastprofessor an der Stockholm School of Economics. Er erforscht Strategien für kollektives Handeln, neue Organisationsarchitekturen und deren moralische Implikationen.

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    Buchvorschau

    Management Reloaded - Martin Kornberger

    Aren’t we interested in what is (barely) possible,

    rather than what is probable?

    Albert O. Hirschman

    MARTIN KORNBERGER

    MANAGEMENT RELOADED:

    PLAN B

    Für Oskar und Frieda

    Einleitung

    01 Managementinnovation?

    Gedankenexperiment (I)

    Stellen Sie sich vor, ein Manager von 1975 würde in ein Büro einer Konzernzentrale im Jahr 2015 gebeamt. Direkt hinein in den schweren Lederstuhl hinter dem Schreibtisch. Wie viel Zeit würde der Manager (mit ziemlicher Sicherheit wäre es heute wie damals ein Er und keine Sie) benötigen, um sich in seinem neuen Büro zurechtzufinden? Wie lange könnte er den Zeitsprung verbergen, bis ihn seine Kollegen als antiquiert, rückständig, heillos überfordert einschätzen würden? Mein Verdacht: Seine Zeitreise bliebe unentdeckt. Binnen einer halben Stunde hätte er sich mit den wesentlichen Abläufen in seinem Büro vertraut gemacht; und weder im Small Talk noch in den Sitzungen würde seinen Kollegen die 40 Jahre breite, aber eben nicht sehr tiefe Wissenslücke auffallen.

    Ganz im Gegenteil: Abgesehen von ein paar infotechnologischen Beschleunigungsapparaten würde sich unser zeitreisender Manager wohlfühlen in seiner neuen Organisationshaut. Zentralisieren oder dezentralisieren, bottom-up oder top-down – mit Hilfe dieser ehernen Koordinaten des manageriellen Vorstellungsvermögens würde er sich prächtig zurechtfinden in den repräsentativen Büros und den opulenten Besprechungszimmern. Zugleich wüsste er die Küche und den Korridor als Seminarräume für das Unsagbare und Unerhörte zu decodieren, und auch sein Alltag im Büro hätte sich nicht wesentlich geändert. Seine To-do-Liste erwiese sie sich als Klassiker: Auch noch nach 40 Jahren füllen unverändert Besprechungen mit Mitarbeitern, Kunden und Beratern die Tage; Berichte, Analysen und Memos wollen gelesen, Entscheidungen getroffen werden (was meist jedoch in umgekehrter Reihenfolge geschieht); und die abendlichen Stunden dienen der Netzwerkpflege, gelegentlich auch der Arbeit. Lange Abende im Büro legitimieren und, etwas später, kaschieren das schleichende Eingeständnis, dass man so weit Organisationsmensch geworden ist, dass sich das soziale Leben außerhalb des Büros eigentlich nicht wirklich lohnt.

    Was ergibt sich aus unserem Experiment? Management ist die vielleicht wichtigste kulturtechnologische Erfindung des 20. Jahrhunderts. In seiner über hundertjährigen Geschichte hat es die Welt, unsere Werte, ja uns selbst verändert. Selbst aber ist Management nahezu unverändert geblieben: der Manager als Motor der Veränderung, den es braucht, um die Organisation, das schwerfällige Drumherum, nach vorne zu bewegen. Der Manager, der Ziele definiert, Strategien entwickelt und deren Implementierung überwacht. Die bestehende organisationsinterne Hierarchie mitsamt dem damit verbundenen Autoritätsgefälle wird durch das Versprechen auf Effizienzsteigerung legitimiert. Dort, in der Organisation, wird Wert produziert, den der Konsument draußen verbraucht, aufbraucht, zerstört. Darin nun liegt das Problem: Management, das zur rastlosen Veränderung, ja permanenten Revolutionen aufruft, das keinen Stillstand akzeptieren will – jenes Management erweist sich selbst als veränderungsresistent. Das Management, das für Innovation, Dynamik und Veränderung steht, soll selbst davon ausgenommen sein. Der Manager also als konservative, konservierende Kraft? Als Antipode von Innovation und Veränderung? Möglicherweise liegt darin das eigentliche Problem unserer von Management gesteuerten, von Wirtschaft getriebenen, von Organisation durchstrukturierten Gesellschaft – dass wir mit den Mitteln und Methoden des frühen 20. Jahrhunderts die Probleme des 21. Jahrhunderts angehen.

    Plan B

    Das Paradox liegt auf der Hand: Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich alle paar Jahre einen neuen Computer, müssen aber immer weiter die alte Software verwenden. Kann das gut gehen? Gehen tut es vielleicht schon, sicher aber nicht gut. Management stellt uns vor ein analoges Problem: Es ist eine Kulturtechnik, ein Sammelsurium von Ideen, Modellen und Praktiken, die Handlungsanleitungen oder, um im Bilde zu bleiben, Verhaltenscodes zur Verfügung stellen. Zum Beispiel: Wenn Ziele klar definiert werden können, die Wege dorthin allerdings Kreativität und Improvisation verlangen, dann management by objectives; wenn Wettbewerb schnell- und daher eigene Vorteile nur kurzlebig sind, dann organische Strukturen mit maximaler Flexibilität. Wenn in einer Wissensgesellschaft der Mitarbeiter die wichtigste Ressource darstellt, dann wird die Organisationskultur zum strategischen Faktor. Und so weiter.

    Das Problem ist nun, dass die Codes, die wir zur Verfügung haben, sich kaum verändert haben – die Welt allerdings schon: Sehen wir denn nicht allenthalben, wie die Produktion von Wissen, Innovation und Ideen in Netzwerken floriert, die ihrerseits Organisation mit ihrer Hierarchie und ihren Grenzen ignorieren? Beobachten wir nicht, wie das Internet und eine Unzahl von Kognitionsapparaten um uns herum neue Formen sozialer Vernetzung erlauben, die es vorher nur innerhalb einer Hierarchie geben konnte? Und impliziert technischer Fortschritt nicht auch, dass in einer mit Computern, Laptops und Smartphones hochgerüsteten und vernetzten Wissensgesellschaft die Produktionsmittel dezentral verteilt sind? Ist nicht jeder, der einen Laptop besitzt, ein zumindest kleiner Kapitalist? Lehrt uns nicht eine Vielzahl von Experimenten, von Linux bis Wikipedia, dass an der Schnittstelle von Wissen und Technologie auch ein neuer Konsument entsteht – ein Konsument, der nicht Verbraucher ist, der nicht den passiven Konsum-König spielen will, sondern der selbst produktiv wird? Ein Konsument, der versteht, dass Wissen im Gebrauch an Wert gewinnt und dass damit der Konsum von Wissen nichts anderes darstellt als die subtilste Form seiner Produktion? Und dass damit das Problem der Knappheit nicht länger das Fundamentalproblem darstellt, das uns die Bürden der Hierarchie zumutbar erscheinen lässt?

    Die herrschenden Managementcodes lassen sich nicht mit einem einfachen System-Update überholen. Denn das, was in den Regalen der Flughafenbuchhandlungen als Managementinnovation feilgeboten wird, ist nichts als Makulatur, bietet lediglich Berichtigung im Falschen – ganz so, als würde man ein paar bugs aus einer längst überholten Programmiersprache austreiben und einige neue gadgets hinzufügen. Das nicht ganz unbescheidene Ziel von Plan B ist es, wenn nicht einen neuen Code zu entwerfen, so doch wenigstens ein paar Zeilen in einem neuen Code zu schreiben, der uns die Dinge anders – und wer weiß, womöglich andere Dinge – begreifen lässt. Was auf dem Spiel steht, ist kurz gesagt die Innovation von Management und Organisation. Es geht um den Versuch, jene Kreativität und Fantasie, die normalerweise in die Entwicklung neuer Produkte geht, quasi gegen ihren Herrn, die Organisation, zu wenden.

    Plan B erzählt die Geschichte von der Subversion der Organisation durch die Eigenart des Wissens, die Geschichte von der Sabotage der Hierarchie durch Technologie. Das ist der kritische Aspekt des Unternehmens. Plan B ist aber auch Spurensuche. Die Suche nach neuen Formen von Organisation, nach neuen Techniken des Managens, die sich an den Rändern der Ökonomie, in den zahlreich werdenden Rissen an ihrer Oberfläche formieren. Wohlgemerkt: Es geht nicht um eine Welt jenseits von Organisation. Nichts scheint naiver, als Open Source dem Weber’schen eisernen Käfig gegenüberzustellen und auf der einen Seite Freiheit zu vermuten, während man auf der anderen Zwang mittels hierarchischer Bürokratie setzt. Selbst offene Netzwerke wollen organisiert sein, brauchen ein Minimum an Struktur, an Rhythmus, an Routine. Sie müssen zumindest temporär stabile Plattformen anbieten, auf denen kreative Konsumenten, pensionierte Wissenschaftler, Hobbyisten, selbst ernannte Experten, Pro-Ams und all jene anderen Amateure (wörtlich: die, die lieben, was sie tun) ihre Ideen entwickeln und ihre Geschäfte abwickeln können. Und bewegen sich nicht die aufregendsten Unternehmungen, all jene Facebooks, Ubers und Alibabas, schlafwandelnd in genau diese Richtung? Indem sie nämlich immer mehr zu Plattformen werden, die selbst nichts produzieren, sondern vielmehr eine Infrastruktur zur Verfügung stellen, auf der Dritte arbeiten, spielen und leben. So gesehen müsste die Rolle des heutigen Managers wohl eher der des Diplomaten ähneln, der mehr oder minder autonome Akteure, social movements und manchmal sogar ganze Gesellschaften über indirekte Steuerung und soft power von der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Ziele zu überzeugen sucht. Nehmen wir in diesen Veränderungen nicht erste, vielleicht schwache, aber doch unzweideutige Zeichen wahr, die auf fundamental neue Formen der Organisation von wirtschaftlichen Prozessen hindeuten? In denen selbst die scheinbar klarsten Begriffe wie Produktion, Konsum, Ressource, Knappheit neue Bedeutungen annehmen?

    Metaphorisch ausgedrückt ist es weniger der Geist oder Ungeist des Kapitalismus, der mich umtreibt. Nein, ich bin Spinozist und glaube, dass es der Körper ist, der den Geist quasi als Anhängsel mitproduziert. Der Körper des Kapitalismus aber, das ist die Organisation, das ist das Büro der Bürokratie, und mittendrin ist der Manager. Von dort kommt die Veränderung. Diese Annahme läuft ganz und gar gegen den Zeitgeist. Die meisten Stimmen, die sich Gehör verschaffen, suchen Alternativen zum System, zum Kapitalismus, wollen zurück auf ein menschliches Maß. Sprechen sich für eine Ökonomie aus, die Gut und Böse auseinanderhält, prangern das Wachstum des Kapitals an und beklagen die Reduktion von Löhnen und Einkommen. Occupy dies, demonstriere gegen das. Es mangelt nicht an Propheten, die mit Antworten auf die großen Systemfragen nur so um sich werfen. Wovon diese Diskussionen um eine Alternative zum System allerdings ablenken, ist die Suche nach Alternativen im System. Die individuelle, alltägliche Erfahrung des Systems spielt sich in der Organisation ab, wo die Praktiken des Managements die herrschende (Un-)Ordnung der Dinge tagein, tagaus reproduzieren. Wie, wenn Veränderung aus den Niederungen des Alltags entstünde, quasi von unten? Selbst als kritischer Geist und Skeptiker kommt man nicht umhin, an etwas zu glauben: nämlich dass sich mit den Mitteln neuer Managementpraktiken und Organisationsformen der Ungeist des Kapitalismus austreiben lässt.

    ====

    Wenn wir mit Kompass und Nadel unsere genaue Position bestimmen wollen, müssen wir von einem festen Punkt am Himmel, einem Fixstern ausgehen. Wenn wir also wissen wollen, wo wir stehen, woran wir sind, müssen wir ins All schauen – und eben nicht auf das Fleckchen Erde vor uns. Plan B berichtet von der Suche nach jener Illusion, von der aus sich unsere Organisationsgesellschaft diagnostizieren und, wer weiß, vielleicht auch therapieren lässt.

    Kassasturz

    02 Vom Geist und Körper des Kapitalismus

    Die Insel Juan Fernandez

    Wir leben in einem wahrlich metaphysischen Zeitalter: In Büchern und Blogs, im Feuilleton und in Fernsehstudios wird über Geist und Ungeist des Kapitalismus debattiert. Kann Kapitalismus Gutes schaffen? Die etwas subtilere Formulierung der Frage lautet: Ist der Kapitalismus eine Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft? Oder aber haben wir es schlichtweg mit einem moralinfreien Gespenst zu tun? Solch theologische Spitzfindigkeiten lassen mich kalt. Geist hin, Ungeist her, all das Räsonieren lenkt vom eigentlichen Problem lediglich ab. Von Anfang an hat sich der Kapitalismus in einem Widerspruch verfangen, in dem wir uns heute noch gefangen finden: Es ist der Widerspruch zwischen seiner Ideologie als Gesellschaftsentwurf und seiner gelebten und erlebten Realität als Hierarchie, die Effizienz in der Produktion, gesteigerten Output und damit Wohlstand verspricht. Kapitalismus verspricht Freiheit, doch bringt er diese mit den Mitteln der Hierarchie. Die unsichtbare Hand des Marktes verheißt eine gerechte Gesellschaft, doch um sie zu realisieren, brauchen wir die sichtbare Hand des Managers. Das ergibt nun eine wahrlich schizophrene Welt, geprägt von einem Geist, der seinen Körper verneint, und einem Körper, der seinem Geist zuwiderläuft.

    Darin liegt der Sündenfall des Systems, der fundamentale Widerspruch, den man schon bei Adam Smith angelegt findet. Dieser beschreibt eine kommerzielle Gesellschaft, in welcher der Tausch von Gütern am Markt ein gesellschaftliches Gleichgewicht herstellt. Die gesamte Philosophie vor Smith versuchte, der menschlichen Natur Zügel anzulegen, um Gier, Habsucht, Machtgelüste und all die anderen allzu menschlichen Leidenschaften im Zaum zu halten. In Smiths System – und darin liegt seine große Errungenschaft – muss die Natur des

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