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Freimaurer: Was Sie schon immer wissen wollten, aber niemanden fragen konnten.
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eBook289 Seiten2 Stunden

Freimaurer: Was Sie schon immer wissen wollten, aber niemanden fragen konnten.

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Über dieses E-Book

Dieses Buch ist kein Enthüllungsbuch, denn es gibt nichts mehr zu enthüllen, wenngleich das Bekannte nur wenigen bekannt ist – das gilt selbst für freimaurerische Kreise. Das Buch soll entmythologisieren, entmystifizieren und aufklären: aufklären über eine Vereinigung von rechtschaffenen, ehrlichen Leuten, über deren Gesinnung und Ziele; über Leute, die zwar diskret, aber jeglichem Dunkelmännertum abgeneigt sind. Es werden Spekulationen über die Herkunft dieser Vereinigung erörtert, kritisch betrachtet und möglicherweise sinnvoll eingeordnet. In den Text sind kommentierende Ergänzungen eingearbeitet, welche die Begriffe aus antiker und mittelalterlicher Philosophie an Ort und Stelle erklären.
Das Buch ist nicht religions- oder kirchenfeindlich, jedoch auch nicht unkritisch; das auch der Freimaurerei gegenüber nicht. Es ist geschrieben worden von einem Freimaurer für Freimaurer und Interessierte.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Feb. 2016
ISBN9783899604351
Freimaurer: Was Sie schon immer wissen wollten, aber niemanden fragen konnten.

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    Buchvorschau

    Freimaurer - Franz X. Perick

    Franz X. Perick

    Freimaurer

    Was Sie schon immer

    wissen wollten,

    aber ­niemanden fragen ­konnten,

    ohne eine allenfalls unbefriedigende Antwort

    zu erhalten.

    Laumann-Verlag Dülmen

    Übersetzung des lateinischen Textes auf dem Umschlag:

    Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!

    Was du tust, tu es mit Klugheit, und bedenke das Ende!

    Copyright © 2016 by Laumann Druck & Verlag GmbH & Co. KG,

    D-48249 Dülmen/Westfalen

    Gesamtherstellung:

    Laumann Druck & Verlag GmbH & Co. KG, Postfach 1461,

    D-48235 Dülmen/Westfalen

    ISBN 978-3-89960-435-1

    E-Mail: info@laumann-verlag.de

    Internet-shop: www.laumann-verlag.de

    1 im Altgriechischen exemplarisch für einen unerfüllbaren Wunsch

    Teil I

    Dieses Buch ist sorgfältig aufzubewahren; unzugänglich für Personen, deren Denk- und Urteilsvermögen noch nicht hinreichend gefestigt ist, und unzugänglich für Personen, die zum Muckertum² und zur Bigotterie³ neigen. Darüber hinaus geschützt vor Feuersbrunst, Nässe und Schimmelpilz – nicht aber vor Diebstahl oder Entwendung, da diese zur Verbreitung des Buches bzw. seines Inhaltes und dessen Rezeption beitragen könnten.

    2 Muckertum: Duckmäuserei, wenn dazu gar kein Anlass oder Notwendigkeit besteht (Opportunität); wenn Regime und Zeit liberal geprägt sind, und es nicht ­nötig ist, »flaches Profil« zu zeigen, da kein Ungemach zu erwarten ist. Die gefahrlose Möglichkeit, sich zu äußern, sollte man nutzen. Das ist, sofern man etwas zu sagen hat, dann nicht vorlaut und weit entfernt von Arroganz.

    3 Bigotterie: Frömmelei, Heuchelei, Scheinheiligkeit

    I. Freimaurer

    Aus dem Vorwort des Freimaurerlexikons (Ausgabe 1996)

    »Soweit über der Freimaurerei noch ein Schleier des Geheimnisses lag, ist er im Angriff zerstört worden und/oder sollte in der Abwehr gelüftet werden. Rest des freimaurerischen Geheimnisses ist der Kultus der Logenarbeit selbst und sind die indessen kaum praktizierbaren obso­leten Erkennungszeichen.« Diese gescheiten Worte fehlen in den neueren Auflagen des Buches. Leider und erstaunlicherweise.

    Die Ziele, Ethos und demokratische politische Tendenz der britischen Bruderschaft – trotz des Politikverbotes innerhalb der Logen – sind so klar wie deren Herkunft und Entstehungsgeschichte unklar.

    Was Lessing, Karl Christian Friedrich Krause und Andreas Michael Ramsay bzw. Karl Gotthilf Frhr. von Hund als geschichtlich ausgeben, sind Erzählungen wie die Gründungsmythen von Religionen und ihren Stiftern oder die Verkündigung einer neuen Philosophie. Diese werden deduktiv-scholastisch abgehandelt und ihre Ethik ist normativ-moralistisch.

    Historie ist Sammeln von Fakten, Akten, Indizien und dann der Versuch, einen roten Faden zu finden oder zu weben, der die Teile plausibel verbindet. Das geht deduktiv-scholastisch nicht, das geht nur empirisch, induktiv und dann deskriptiv, mit Zurückhaltung bei ethisch-moralischer Wertung.

    Geforscht worden ist von vielen, und das über Jahrzehnte, doch

    nicht von mir. Ich habe die Ergebnisse lediglich, wie viele andere vor mir, kompiliert, vielleicht etwas anders kompiliert und etwas anders gewertet hinsichtlich ihrer historischen Bedeutung, nicht aber in ihrer Bedeu-

    tung für die Zukunft und dessen, was wesentlich die Freimaurerei ausmacht.

    Diese Wertung, wie auch die meiner Kompilation, sei jedem Leser individuell selbst überlassen.

    Dies ist kein Enthüllungsbuch, denn es gibt nichts (mehr) zu ­enthüllen, vielmehr soll es entmythologisieren, entmystifizieren und aufklären: aufklären über eine Vereinigung von ehrlichen Leuten und über deren Ziele und Gesinnung, über Leute, die zwar diskret, aber jeglichem Dunkelmännertum abgeneigt sind.

    Definitionen – übliche Deutung des Namens

    Für Leser, denen der Begriff »Freimaurer« nichts oder nur wenig konkretes sagt, definiert Monika Hauf: »Freimaurer nennen sich heute die Mitglieder von Vereinigungen, genannt Logen, welche durch das gemeinsame Erleben von Ritualen und das Organisieren von philanthropischen Werken sich selbst veredeln und anderen helfen wollen. Selbstverständlich ist diese verkürzte Definition idealistisch und verallgemeinert.«

    Das ist knapp und durchaus korrekt. Wird weniger knapp formuliert, wird es auch gleich eher weniger korrekt. So formuliert der Brockhaus: »Weltbürgerliche Bewegung mit dem humanitären Ideal des nach Vervollkommnung strebenden Menschen. Der Name leitet sich ab von den freien, im Unterschied zu den zukunftgebundenen Steinmetzen an den mittelalterlichen Bauhütten.« Das klingt wenig überzeugend, denn die Kirchenbauleute – nicht nur Bildhauer und Architekten wie die Parler – waren nicht ortsgebunden wie Hörige und Leibeigene und konnten die Bauhütten wechseln. Außerdem »machte Stadtluft frei«: Zufluchtnahme in der Stadt beendete also die Einschränkungen der Leibeigenschaft, zumindest soweit sie auf politischer und sozialer Diskriminierung beruhte und nicht auf der ökonomischen Realität.

    Bauhütten gab es in ganz Europa. Bekannt ist die Familie Parler, deren Mitglieder an vielen Dombauten in Europa mitwirkten. Freimaurerlogen gab es jedoch nur auf den britischen Inseln. Erst im 18. Jahrhundert entstanden Freimaurerlogen auf dem Kontinent als Tochterlogen oder Kopien der britischen Logen.

    Zeugnisse und Dokumente über Logen, deren Mitglieder sich als Freimaurer bezeichnen, gibt es seit Mitte des 17. Jahrhunderts (1646). Diese Mitglieder waren durchweg keine Steinmetzen oder Werkmaurer (operative), sondern »accepted masons«. Der Zunftcharakter der Logen war zu diesem Zeitpunkt nur mehr rudimentär und weitestgehend verloren. Die Logen waren Vereinigungen der gehobenen Gesellschaft und attraktiv für Männer von wissenschaftlichem und künstlerischem Anspruch. Eine Interessengemeinschaft wie die Industriegewerkschaft (IG) Bau-Steine-Erden waren die Logen nicht mehr. Die mittelalterlichen Handwerkergilden waren das durchaus gewesen.

    Inhalte und Werte

    Das Dudenlexikon definiert Freimaurer als »Gemeinschaft auf christ­licher Grundlage, 1717 gegründet. In Achtung vor Menschenwürde treten die Freimaurer für Toleranz, Hilfsbereitschaft, Brüderlichkeit ein. Ziel der Freimaurerei ist es, den Tempel Gottes in sich selbst zu errichten, in den Schritten Lehrling – Geselle – Meister sittliche Vervollkommnung anzustreben.«

    Zu den oben genannten Werten sollte man Freiheit, Gleichheit und Humanität hinzufügen, da sich diese Werte inhaltlich nur zum Teil überschneiden. 1717 wurde in London von vier oder fünf Freimaurerlogen die erste Großloge gegründet. Sie wurde zum übergeordneten Organ der Logen.

    Die Vorstellung, die Gründung der Großloge sei mit dem hehren Ziel vorgenommen worden, den Logen ein übergeordnetes Organ und eine gemeinsame geistige Heimat in Form der Großloge zu geben, relativiert Joachim Wörner (in Humanität 3/2008), um nicht zu sagen: führt sie ad absurdum. Er entmythologisiert: Die nicht mehr operativen Bauhütten tagten in Pubs, deren Namen sie sogar annahmen. Die vier bekannten Gründerlogen zählten zusammen nicht einmal 300 Mitglieder. Um die beengten Verhältnisse durch den Kauf eines Hauses zu verbessern, brauchte man Geld und Kredit, und die Mitgliedsbeiträge dürften nicht einmal für den Unterhalt des Hauses ausgereicht haben. So tat man sich zusammen, um ein Haus zu betreiben. Um für die Kreditsummen die Sicherheiten bieten zu können, mussten sich mehrere Logen zu einer Rechtsperson (Körperschaft) zusammenschließen, also fusionieren. Das war das Motiv für die Schaffung der Großloge: Eine juristische Person als verantwortlicher Besitzer der Sicherheiten für den Kredit.

    Logen gab es längst vorher, also auch Freimaurer, die diese ja bilden. Das Definierte ist alles weitgehend richtig – cum grano salis, mit einem Körnchen Salz, also mit Einschränkungen. Alles was man verallgemeinert über die Freimaurerei aussagt, gilt cum grano salis, und man versuche lieber nicht, alles auszudifferenzieren. Da verliert man sich bei einer Gemeinschaft von Nonkonformisten und Dissidenten, und käme nie zu einer brauchbaren Aussage.

    Freimaurer sind wie der Jesus Christus des nicäanischen (P) Glaubensbekenntnisses: »gezeugt, nicht geschaffen« und von ihrer Mutter geboren. Sie sind also wirkliche Personen, behaftet mit Mängeln und Unvollkommenheiten, und nicht ideale Edle, fiktive Gestalten, geschaffen aus dichterischer Phantasie. Wann jeder einzelne von ihnen zum Freimaurer wurde, werden diese einzelnen wissen. Wie und wodurch man Freimaurer wird: Teil 2; »Beethoven, Schiller«.

    (P) Auf dem Konzil von Nizäa – heute Isnik, Türkei – 325 n. Chr. auf Order des zu dem Zeitpunkt noch ungetauften Kaisers Konstantin in der Form dogmatisiert.

    Seit wann sich Menschen als Freimaurer fühlen, bezeichnen und als solche bekennen und denken oder eben dieses verbergen und verheim­lichen, weiß man nicht genau. Sinnvoll mutmaßen kann man jedoch einiges: spätestens war das im Lauf des frühen 17. Jahrhunderts der Fall (1646: Ashmole’s Aufnahme). Die christliche Grundlage ist zumindest in den Johannislogen nach 1717 eher dünn, also wenig orthodox, da deistisch: es wird der »große Baumeister aller Welt« (P1) verehrt. Das schließt Moslems und Juden nicht aus, und Agnostiker eigentlich auch nicht, denn »die Deutung dieses ›symbolischen Begriffes‹ unterliegt dem individuellen Befinden« (P2). Wer will, kann den großen Baumeister dann durch »Herrgott« ersetzen. Das allerdings gilt erst für das Hier und Heute bei A. F. und A. M. (Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer.)

    (P1) Für die Freimaurer ist der große Baumeister aller Welt nicht der

    Demiurg (niederes Wesen, das die materielle Welt geschaffen hat) der Gnosis (antike dualistische [Irr]-Lehre von böser materieller Welt und gutem Geist: leibfeindlich manichäisch, siehe P36 und P50), sondern individuell symbolisch zu deuten. Das Wort beansprucht keinerlei theologische oder dogmatische Aussage. Entsprechend ist die Bibel in der Freimaurerei etwas undogmatisch Verbindendes …Die Bibel ist ein Symbol. Die Freimaurerei verlangt keinen Bibelglauben.

    (P2) Heinrich Heine kommt es vor »als sei der mosaische Gott nur der zurückgestrahlte Lichtglanz des Moses selber«. Sieht man Moses und seine Theologie so, und sieht man alle Theologien so, kann man sie als »auberge espagnole«⁴ definieren: dort findet man nur vor, was man selber mitgebracht hat. Auf Deutsch: »Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.«, man hört das eigene Echo; was man als objektive Wesenhaftigkeit wahrzunehmen glaubt (meint), sind die eigenen Projektionen.

    Moderns – Antients (blaue – rote)

    Ein großer Teil der Freimaurerlogen schloss sich 1717 und auch in den folgenden Jahren der Großloge in London nicht an. Sie bildeten stattdessen später eine eigene Großloge, in der man sich enger an christliche Grundlagen und alte Traditionen hielt. Man nannte diese »Grand Loge of England according to the old institutions« und sich selbst Antients und die Logenbrüder der Großloge von 1717 Moderns. Das Wachstum der Loge der Altmaurer war beträchtlich. Neben Logen in England pflanzte sie viele Militär- und Feldlogen im ganzen Empire sowie Logen in Amerika und auf dem europäischen Kontinent. An der Schaffung der amerikanischen Freimaurerei haben die Logen der Antients den allergrößten Anteil. Auch die Großloge von New York geht auf Gründungen der Antients zurück, und die Gründung der USA ist ohne die Beteiligung der Freimaurer nicht vorstellbar, die Verfassung ohne ihre Mitwirkung und ihr Vorbild in den freimaurerischen Statuten auch nicht. Moderns und Antients erkannten einander stets als Freimaurer an.

    Schon vor 1717 war die »Loge von York« Mittelpunkt und »Vorort« der dortigen Logen. Sie proklamierte sich 1725 zur selbständigen »Großloge von Alt-England« und stellte 1790 ihre Tätigkeit als Großloge ein. Als einzelne Loge arbeitete sie wie auch die anderen Yorker Logen weiter. Möglicherweise hing man in einigen Logen besonders im Norden von York noch der Stewartdynastie an. Seit 1797 versuchte man eine Verei-

    4 Monika Hauf in Mythos der Rosenkreuzer

    nigung der beiden Großlogen zu erreichen, die 1813 gelang. Der letzte Stuart aus direkter Linie – Kardinal Herzog Heinrich von York – war 1807 in Rom gestorben; dessen Bruder Karl Eduard – bekannt als Bonny Prince Charly – kinderlos schon 1788.

    1813 vereinigte sich die Großloge der Antients mit der Londoner Großloge von 1717 – den Moderns –, indem sie sich dieser Großloge anschloss. Seitdem ist die Großloge »päpstlicher als der Papst«, erkennt andere Logen als regulär an oder nicht, so wie der Vatikan nur eine wahre christliche Kirche kennt. Die christliche Kirche ist eigentlich die Gemeinschaft aller Christen. Sie besteht aus verschiedenen Kirchen, der Vatikan sagt Sekten. Die größte dieser Sekten ist die römisch-katholische, sie nennt sich selbst »die Kirche«. – So ähnlich hält es die Londoner Groß­loge auch; denn niemand – außer der Londoner Großloge selbst – zweifelt daran, dass im Grand Orient de France – der französischen Groß­loge, die kein Bekenntnis zum Großen Baumeister verlangt – die Mitglieder Freimaurer sind. Sind diese doch eine Ansammlung von Nonkonformisten und Dissidenten. Kirchlich betrachtet und in kirchlicher Diktion formuliert wäre fast jeder Freimaurer seine eigene Sekte.

    Die Londoner Großloge ist hinsichtlich ihres Verhaltens gegenüber dem Grand Orient de France weder rationalistisch noch rational, sondern borniert.

    Das beeinträchtigt die Freimaurerei nicht, ist eher Möglichkeit und Chance zur Vielfalt, denn sie ist keine Religion und auch kein Religionsersatz. Sie lehrt nichts, kennt keine Dogmen und kein Lehramt im kirchlichen Sinn, hat auch keine Dogmatik oder Ideologie im politischen Sinne und auch keine Instanz dafür. Keine Doktrin und Ideologie zu haben, ist natürlich auch eine, aber eine der Selbstbeschränkung und des Verzichtes: des Verzichts auf den Anspruch, eine Weltanschauung anbieten, lehren und empfehlen zu können, und dies stattdessen jedem selbst zu überlassen. Das alles natürlich im Rahmen der freimaurerischen Grundwerte von Toleranz und Humanität. In dieser Hinsicht ist die Freimaurerei pragmatisch im Sinne der Aufklärung und verlangt Toleranz, Humanität, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

    Die Aufklärung hat allerdings zwei Gesichter. Das eine ist optimistisch, progressiv, fortschrittsgläubig, wissenschaftsgläubig, rationalistisch, agnostisch – verkörpert in Thomas Paine (P61). Das andere ist pessimistisch, konservativ, desillusioniert, realistisch, skeptisch, rational – verkörpert in Paines Antipoden Edmund Burke (P60).

    Man erkannte bei der Vereinigung der beiden Großlogen die Grade gegenseitig an. Die blauen Johannislogen (Moderns) bearbeiten nur die drei symbolischen Grade; die Logen der früheren Antients (rote) bearbeiten noch weitere. Man nennt sie verkürzt – wenn auch nicht ganz korrekt – Schottengrade oder Hochgrade und spricht von roten Logen und roten Freimaurern.

    Konversion und Metamorphose einer Gilde

    Am Ende des Mittelalters mit Beginn der Neuzeit verloren Zünfte und Gilden ihre Bedeutung. Schon bevor die Gewerbefreiheit kam, waren die restriktive Macht der Zünfte und Gilden und deren Bedeutung im Schwinden. In England trat diese Entwicklung noch früher als auf dem Kontinent ein, da der »schwarze Tod« in England im 14. Jahrhundert rund 40 % der Bevölkerung dahinraffte, so dass es mehr Arbeit als Arbeitskräfte gab, die restriktive Funktion – vorteilserhaltend für Arbeitsplatzbesitzer und noch mehr für Arbeitgeber – unwirksam wurde.

    Durch die Konversion der Steinmetzbruderschaften in die Freimaurerlogen überlebten sie dank ihrer neuen Form und Funktion. Diese ­Metamorphose der Steinmetzgilden ist offensichtlich, nicht jedoch die Ursache und der Grund dafür sowie der Verlauf und Zeitraum.

    Es gibt Hypothesen, Mutmaßungen, Phantastereien, Indizien und Hinweise, keine schriftlichen Dokumente und eine jahrhundertealte Tradition, die bis auf die Zeit des Templerprozesses anfangs des 14. Jahrhunderts zurückgeht.

    Was spricht gegen diese Tradition: verfolgte Templer hätten in Steinmetzgilden Unterschlupf gefunden? Nichts! – außer fehlenden schrift­lichen Zeugnissen. Verfolgte, die ihren Häschern entgehen wollen, versuchen Spuren zu vermeiden, besonders frische. Gäbe es Dokumente, so wären sie vermutlich gefälscht, um bestimmte Zwecke zu erreichen (etwa wie bei der konstantinischen Schenkung). Da solche Interessen nicht bestanden, fälschte man auch nicht.

    Spätere Spuren gibt es: Grabsteine und Skulpturen und sogar Schriftliches. Was spricht für diese Tradition von flüchtigen, Obdach und Schutz suchenden Templern? Nahezu alles – außer dem fehlenden Anfang: wann, wie und warum sollten Templer in Steinmetzlogen des Spätmittelalters Unterschlupf gefunden haben? Gefunden hat diesen Anfang und Einstieg der amerikanische Historiker John Robinson – und das eher zufällig. Robinson ist nicht Freimaurer. Er untersuchte die Hintergründe des Bauernaufstandes in England im 14. Jahrhundert (1381). Sein Buch »Born in blood« ist nur in englischer Sprache erhältlich. Ein Vortrag von Otto Postmus über den Inhalt dieses Buches machte mich damit bekannt und war für mich das fehlende missing link, das die besagte Tradition nicht nur plausibel macht, sondern auch erklärend und beweisend darlegt.

    (P3) 1) Metamorphose –Gestaltwechsel – morphologisch

    a) antike Dichtung – Verwandlung von Menschen oder Göttern in Tiere: Zeus in einen Schwan (Leda und der …); Ovids Liebesgedichte (Rom, Zeitenwende)

    b) biologisch: Veränderung des

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