Culmanns Rom: Tagträume in Rom
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Über dieses E-Book
In Culmanns römischen Tagträumen erscheinen mysteriöse Gladiatorinnen, die vor aufkommenden Ereignissen warnen, riesige Holzpferde, die an den Strand bei Terracina gespült werden; ein Erfinder, dessen Phantasie ins Maßlose geht.
De Chirico, Fellini, sowie weitere Künstler und Schriftsteller kreuzen seinen Weg, der zu imaginären Brunnenanlagen, Ruinen und phantastischen Bauwerken in der Campagna di Roma und zu redenden Statuen führt.
Otfried H. Culmann
https://de.wikipedia.org/wiki/Otfried_H._Culmann http://www.otfried-culmann.de/
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Buchvorschau
Culmanns Rom - Otfried H. Culmann
Meine persönliche Leidenschaft zu Italien begann vor mehr als vierzig Jahren. Zuerst erkundete ich das Land mit dem Zelt, dann mit dem Caravan. Nach 1977 war ich als Stipendiat mehrmals Gast der Villa Massimo in Rom. Für den Winter 1983/84 erhielt ich ein Stipendium in der Casa Baldi bei Olevano Romano. Öfters wohnte ich bei Freunden in Rom und Latium. Die Eindrücke waren und sind prägend für viele meiner Bilder und phantastischen Romane, wie ‘Der Mann mit der Arena im Kopf ’ (1980) und dem, in den Villen des Veneto spielenden, Bilder-Roman ‘Aurelias-Tagtraum’ (1996).
Rom ist ein Konglomerat aus Realem und Phantastischem. Während früher Cäsare ihre Pferde zum Konsul ernannten, lenkte im heutigen Jahrhundert ein schillernder Musikentertainer als Ministerpräsident das Land; Clowns sitzen in einem Regierungskabinett, das mehr mit sich selbst beschäftigt ist als mit den Problemen des Landes. Das alltägliche Leben geht unbeeindruckt weiter...
In diesem Buch zeige ich anachronistisch Ölbilder, Grafiken und Fotografien, die in Rom und seinem Umfeld entstanden sind und erzähle von Personen, die mir real und in meinen Tagträumen begegneten.
Dank an meine Frau Gabriele, meine Söhne Cornelius und Philipp, sowie allen, die mir in irgendeiner Weise behilflich waren, dieses Werk zu realisieren.
Inhaltsverzeichnis
Rom und die geheimnisvollen Gladiatorinnen
Der Erfinder und seine Altarmaschinen
Römische Wahlverwandtschaften
Römische Campagna
Römische Brunnen
Sprechende Statuen
Rom und die geheimnisvollen Gladiatorinnen
Als ich durch die Porta del Populo ging, stand der Verkehr still, die Brunnen hörten auf zu fließen und die Königin der Zikaden zirpte aufgeregt hoch oben vom Pincio herab. Mit langsamen, schlurfenden Schritten kreuzte ein Buckliger, der eine bunte Fahne in den Händen hielt, meinen Weg.
Es war das Zeichen von kommenden erstaunlichen Ereignissen!
Der beschwerliche Weg über die Alpen, die Hitze auf der Autostrada in der Po-Ebene und das Verkehrschaos auf dem Grande raccordo anulare waren vergessen.
„Endlich in ROM!", rief ich aus. Die Autos setzten sich wieder in Bewegung und das Wasser in den Brunnen begann wieder zu fließen.
Die Muse der Gladiatoren
1978 Öl auf Tafel 15 x 12,5 cm
Gladiatorin westlich von Rom
1976 Öl auf Tafel 15 x 12,5 cm
1977 erhielt ich ein Stipendium für die Deutsche Akademie Villa Massimo in Rom und bewohnte dort das Studio 6. Vom kühlen Morgen bis zur Mittagszeit arbeitete ich an meinen Bildern. Nach dem Mittagessen, wenn es zu heiß war um zu arbeiten, saßen meine Frau und ich in Liegestühlen im Schatten der Bäume und lasen. Am späten Nachmittag fuhren wir meist mit dem Bus zu Besichtigungstouren in die Stadt und auf dem Rückweg fütterten wir hinter der Villa die heiligen Gänse, deren Vorfahren durch ihr alarmierendes Geschnatter das schlafende Rom vor den anrückenden Kelten gerettet hatten.
Die Nächte waren so unerträglich heiß, dass ich oft nicht schlafen konnte und das Haus verließ, um in antiken Ruinen herum zu streifen. Hierbei beobachtete ich Gladiatorinnen, die von ihrem Eisen- und Lederpanzer befreit, auf Marmorsockeln und in leeren Nischen von Nymphäen liegend, ihren nackten Körper vom Mondschein bestrahlen ließen. Eines Nachts sah ich, wie eine Frau aus einem Marmorbecken ohne Wasser stieg, sich nach ihrem Mondbad einen weißen Federumhang um die Schultern legte und eine Zypressenallee hinab schritt.
Forum romanum
1993 Öl auf Tafel auf Glas 68 x 83 cm
Ich malte in meinem Studio Bilder mit Frauen, die zwischen Büschen stehen oder monumental über römische Bauwerke herausragen und mich anschauen. Einige blicken hinter Kellerfenstern oder hinter Türen von gigantischen Grotten hervor.
Die Hüterin der Wölfe
1975 Öl auf Tafel 15 x 12,5 cm
Gladiatorin mit Holzschild
1976 Öl auf Tafel 15 x 12,5 cm
Eines Tages, als ich vor dem geöffneten Küchenfenster stand, sah ich auf der anderen Straßenseite einige Frauen, die zu mir herüber blickten und sich gegenseitig etwas zuflüsterten. Sie erhoben die rechte Hand, so als wollten sie mich vor etwas warnen. Weitere Frauen traten hinzu und die gleiche Szene wiederholte sich! Unter ihren weiten Mänteln, Umhängen und Gewändern zeichneten sich Rüstungen ab. Sogar nachts, wenn ich von der Staffelei aufstand und auf die schwach beleuchtete Straße blickte, konnte ich die Frauen sehen, deren glänzende Augen mein erleuchtetes Fenster suchten. In der Stadt gab es gewaltige politische Demonstrationen, bei denen ein Anführer erschossen wurde. Durch die seltsamen Zeichen der Frauen beunruhigt, warnte ich die anderen Stipendiaten davor, das Gelände der Villa zu verlassen, womit ich auch bald Recht haben sollte. Am nächsten Vormittag erschütterte eine Explosion mit einem gewaltigen RRRRRUUMMMSSSS!!! das ganze Viertel. Eine Autobombe war einige hundert Meter von der Villa Massimo entfernt an einer großen Bushaltestelle auf der Piazza Bologna explodiert. Autos und Kioske brannten - sämtliche Fensterscheiben der umliegenden Geschäfte und Wohnungen waren zersplittert. Von überallher ertönten die Sirenen von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten.
„Ferragosto", die Zeit der Sommerferien begann. Viele Familien fuhren hinaus aufs Land oder ans Meer, da die Temperaturen in der Stadt tagsüber unerträglich waren und die Häuserwände die Hitze noch bis tief in die Nacht ausdünsteten. Diese Hitze, die aus der Sahara herübergezogen war, hatte sich wie ein Krake in den Straßen festgesaugt. Selbst die Statuen in den Parks litten und hatten ihre Sockel verlassen. Ich ging davon aus, dass sie fortgegangen waren und hoffte, dass sie im Herbst, wenn die Hitze nachließ, wieder