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Engel trifft man überall: Geschichten und Gedichte von einer anderen Weihnacht
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Engel trifft man überall: Geschichten und Gedichte von einer anderen Weihnacht
eBook163 Seiten1 Stunde

Engel trifft man überall: Geschichten und Gedichte von einer anderen Weihnacht

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Über dieses E-Book

Nicht von der »göttlichen«, sondern von der menschlichen Weihnacht erzählen diese Geschichten. »Menschlich werden« ist allerdings keine einfache Sache; sehr oft, vielleicht zu oft, ist es ja bereits schiefgegangen. Mindestens ist mit Gottes Menschwerdung offenbar die Rettung der Welt noch keineswegs gelungen. Deshalb beginnen diese Erzählungen mit einem weiteren, neuen Versuch Gottes, diesen Misserfolg wiedergutzumachen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Aug. 2016
ISBN9783842283497
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    Buchvorschau

    Engel trifft man überall - Gisela Rest-Hartjes

    Verlag

    FÜR MEINE KINDER

    Hörst du den Vogelruf, mein Kind,

    spürst du des Windes Rauschen,

    kannst du der Sehnsucht lauschen

    und träumen mit dem Wind?

    Kannst du in Menschenaugen

    Bruder und Schwester sehn,

    willst du mit ihnen gehn –

    an einen Schöpfer glauben?

    Hörst du die Sterne singen

    vom wunderbaren All,

    das auf dem Erdenball

    in dir will wiederklingen?

    Hüte die Sehnsucht gut, mein Kind,

    bewahr dein Traumherz dir,

    da allzu viele Ketten hier

    dem Fliegen abhold sind.

    ZUR EINSTIMMUNG

    Weihnachten ist zwar ein emotionales und kommerzielles Fest, aber es ist zugleich und immer noch das Fest der wichtigsten christlichen Botschaft: Gott wird Mensch, ohne dadurch sein Gottsein zu verlieren. Vor langer Zeit hatte eben Gott für sich beschlossen, er könne Mensch werden, also einer von uns, einer wie wir. Warum er das tat, ist sein »Geheimnis«, und deshalb verweigern viele Menschen, sich mit dieser Frage zu befassen.

    Aber angesichts dieses Beschlusses Gottes wird in uns Menschen mindestens einmal jährlich, nämlich zur Weihnachtszeit oder zum Jahresende, der Wunsch wach, es diesem Gott gleichzutun, der uns ja angeblich ohnehin nach seinem Bilde geschaffen hat. Also reift in vielen von uns, mindestens in jenen, die sich noch an den Ursprung des Festes erinnern, der Wunsch, doch auch »menschlich« zu werden! – Davon, also nicht von der »göttlichen«, sondern von der menschlichen Weihnacht erzählen die folgenden Geschichten.

    »Menschlich werden« ist allerdings keine einfache Sache; sehr oft, vielleicht zu oft, ist es ja bereits schiefgegangen. Mindestens ist mit Gottes Menschwerdung offenbar die Rettung der Welt noch keineswegs gelungen. Deshalb beginnen unsere Erzählungen mit einem weiteren, neuen Versuch Gottes, diesen Misserfolg wiedergutzumachen.

    Vielleicht noch ein Wort zu uns, den beiden Verfassern: Frau Gisela Rest-Hartjes war ca. 25 Jahre lang überzeugte Lehrerin; dann ereilte sie eine schwere Krankheit; die verbliebenen Kräfte investierte sie in Poesie, Lyrik und Erzählungen (bis es nicht mehr ging); und sie begründete in Deutschland die Poesietherapie. Franco Rest war bis zu seiner Entpflichtung Professor für Erziehungswissenschaften und Sozialphilosophie/Sozialethik; er gehört zu den Gründungsvätern der deutschen Hospizbewegung, was sich inzwischen auch in seinen Gedichten und Erzählungen niederschlägt.

    MENSCHLICH

    Es war wohl die beste Idee,

    die Gott jemals hatte

    nach der Erschaffung der Welt,

    nämlich menschlich zu werden,

    um die Welt zu retten

    vor sich selbst;

    denn das wäre wohl auch

    für die Menschen die beste Idee

    nicht nur für Christen,

    sondern für Juden, Muslime

    und all die anderen,

    nämlich menschlich zu werden;

    denn Humanitas heißt eben nicht nur

    Menschheitseinheit,

    Menschenwesentlichkeit und

    Menschengemäßheit,

    sondern immer noch und vor allem

    Menschlichkeit.

    DER STURZ DER ENGEL

    Bei den letzten internationalen Fangabkommen

    wurden ausdrücklich

    die Engel zum Abschuss freigegeben.

    Auf der Börse haben Engelsflügel,

    Engelaugen und Engelhaare –

    auch Engelsherzen sind gefragt –

    schon im Voraus einen hohen Preis.

    Um ihre Verwertung streiten

    die Ökonomen mit den Ethnologen,

    die Botaniker mit den Zoologen,

    die Mediziner mit den Soziologen,

    die Astronauten mit den Astrologen,

    die Zyniker mit den Meteorologen,

    die Esoteriker mit den Theologen.

    Einige armselige Poeten, immer noch

    auf Beflügelung durch die Musen hoffend,

    wollen demnächst mit Engelsfedern schreiben –

    sie trainieren jetzt Bodybuilding,

    um den leichten Federn

    schweren Nutzen abzutrotzen.

    Erst vorgestern wurde ein berühmter Wissenschaftler

    ins psychiatrische Krankenhaus eingeliefert.

    Man munkelt, er habe einen Engel gesehen,

    der zur Tarnung die Gestalt eines

    unscheinbaren Kindes angenommen hatte.

    In Kalifornien soll man versucht haben,

    ob sich ein Kind nach Abschuss

    in die bekannte Engelsform zurückverwandelt.

    Über die Ausbeute ist noch nichts bekannt.

    Es soll nur ein Erdbeben mittlerer Stärke

    im Zentrum von Los Angeles

    gemeldet worden sein.

    Zusammenhänge jeglicher Art

    werden heftig bestritten.

    Bei den letzten internationalen Fangabkommen

    wurden ausdrücklich

    die Engel zum Abschuss freigegeben.

    EIN ZWEITER VERSUCH ZUR RETTUNG DER WELT

    »Weihnachten«, flüsterte der Regenwurm zur Amsel, ehe diese ihn fraß, »enthält für mich zwei besondere Unklarheiten: Warum wurde Gottes Sohn ausgerechnet Mensch, um die Welt zu retten? Und warum standen an der Krippe nur ein Ochse und ein Esel?«

    Aber, wie gesagt, zur Beantwortung kam dieser Regenwurm-Philosoph nicht mehr, weshalb wir die aufgeworfenen Fragen an seiner Statt neu stellen wollen.

    Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Versammlung der Tiere zusammen mit dem Menschen und es würde dort die eigentlich ja müßige Frage diskutiert, ob es nicht besser gewesen wäre, Gottes Sohn wäre nicht als Mensch Fleisch geworden. Schließlich erinnert diese Frage an jene Konferenz, als der Mensch bei der Klärung der Rangfrage unter den Tieren herbeigezogen wurde. Befragt, nach welchem Maßstab er als Schiedsrichter die Rangfrage klären würde, hatte der Mensch geantwortet: »Nach dem Nutzen für mich.« Damals hatte der Löwe den Menschen aus der Versammlung vertrieben, weil er sofort erkannte, dass er bei solchen Maßstäben wohl erheblich unter dem Esel würde rangieren müssen.

    Bei dieser neuen Konferenz würde zum Beispiel nach dem Nutzen einer Menschwerdung Gottes für die übrige Welt gefragt. »Es reicht ja wohl schon, dass die Menschen kein Mittel finden, ihre eigene Vermehrung zu bremsen«, würde wohl eines der aussterbenden Tiere sagen; »wozu soll es dann gut sein, dass auch Gott selbst noch Mensch wird?« – »Und außerdem«, fügt vielleicht die Kuh hinzu, »hat der Mensch uns alle immer nur nach seinem Nutzen eingeschätzt und also geschlachtet, gemolken, uns das Fell abgezogen und selbst unser Skelett noch verwertet.«

    »Das muss nicht unbedingt gegen ihn sprechen«, könnte der Tiger einwenden, »aber dass er dies ohne Bedürftigkeit tat, grenzt geradezu an untierisches Verhalten«. – Bei allen Überlegungen kämen die Tiere wohl dazu, Einigkeit darüber zu erhalten, dass es völlig unnötig sei, wenn jener Gott, der sie alle doch geschaffen hat, ausgerechnet Mensch würde. An der Notwendigkeit einer Rettung der Welt sei ja wohl kaum zu zweifeln, aber doch wohl nicht an eine Rettung durch den Menschensohn, sondern vor den Menschen.

    Vielleicht würde der Mensch an dieser Stelle in der Versammlung das Wort ergreifen: »Wenn die Menschen schon schuldig geworden sind an der Welt, warum sollten sie nicht wenigstens die Chance erhalten, den Schaden wiedergutzumachen?« Schuld verlange doch geradezu nach Sühne und Reparation.

    Dem könne man ja wohl kaum widersprechen, würde vielleicht der Elefant einräumen, aber weitere Diskussionen müssten sich erübrigen, da ja die Menschen diese Chance bereits gehabt und vertan hätten. »Wir sollten wohl mehr darüber diskutieren, ob und wie eine zweite Inkarnation Gottes erfolgen könnte! Nach meinem Wissen würde sich zum Beispiel der Walfisch anbieten; er besitzt mehr Intelligenz als die Menschen, hat sein Reich bislang weitgehend in Ordnung gehalten, lässt keine Ansätze dazu erkennen, dass jemals ein Walfisch auf den Gedanken käme, einen anderen Walfisch zu kreuzigen, und er würde auch kaum jemals aus einer Inkarnation Gottes bei den Walfischen einen Kult machen.«

    In diesem Augenblick könnte sich die gemeine Stubenfliege melden. Schließlich sei völlig sicher, dass eine ihrer Vorfahren bereits bei der ersten Inkarnation anwesend gewesen sei, ohne dass dies groß in den Berichten aufgezeichnet worden wäre. Aber in der Familie der Stubenfliege seien die Erzählungen der Vorfahren diesbezüglich immer hoch- und heiliggehalten worden. Ihr sei nun etwas ganz Wesentliches aufgefallen.

    »Immer wieder treten die ohnehin dominanten Tiere in den Vordergrund, wenn es um wirklich wichtige Dinge geht, wie zum Beispiel die Rettung der Welt vor den Menschen.« Eigentlich sei damals vor genau 2.000 Jahren bereits völlig klar gewesen, wie das weitergehen sollte. Und damit beantworte sich auch die zweite Frage des Regenwurms. »Damals waren ein Maulesel und ein Ochse (neben meinen eigenen Vorfahren) Augen- und Ohrenzeugen, als Gottes Sohn Mensch wurde. Sie sind die vom Menschen am tiefsten gedemütigten unter uns Tieren. Sie sind die von Anbeginn auserwählten für die zweite Inkarnation.«

    Die Lösung verwirrte viele der Anwesenden. Konnte Gott sich in zwei Tieren gleichzeitig verkörpern? Aber er hatte ja auch zwei Menschen, Mann und Frau, als seine Ebenbilder geschaffen, damals, als er die Welt erschuf. Und könnte Gott sich beim zweiten Mal tatsächlich solcher Trottel bedienen, wie es der Maulesel und der Ochse doch zweifellos sind?

    Ganz schüchtern und demütig äußerte sich der Ochse selbst: »Wie wäre es, wenn wir die Klärung dieser Frage Gott selbst überließen?« Und der Maulesel fügte hinzu: »Gebt mir eine Botschaft für ihn; ich bringe euch die Antwort, sobald ich sie habe!«

    Die Tiere und sogar der Mensch waren mit der Idee einverstanden. Seit dieser Zeit wartet die Welt auf die Wiederkehr eines Maulesels. Die meisten Menschen haben diese Hoffnung sehr schnell wieder vergessen und sind immer noch damit beschäftigt, sich selbst für wichtiger als alles andere zu halten, nur weil einmal Gott ausgerechnet Mensch geworden ist. Aber darum kümmern sich weder die anderen Tiere noch auch Gott selbst.

    ER LACHT

    Wenn du das Jesuskind zum Lachen bringen willst,

    erzähl ihm deine Pläne.

    Doch wenn du dann sein Lachen hörst,

    vergieße keine Träne.

    Denn wenn es so ausführlich lacht

    ob deiner Phantasien,

    verzeiht dir Gott vielleicht sogar

    noch weitre Häresien.

    DER VERLORENE SOHN

    Frau Kramer erwachte aus der Narkose und öffnete ihre Augen. Es beugte sich sofort jemand über sie und fragte, wie es ihr ginge, doch sie antwortete nicht. Erstaunt und etwas feindselig betrachtete sie den jungen Mann mit dem grünen Kittel, einer grünen Haube und einem beiseitegeschobenen Mundschutz. Er lächelte sie an und berührte sanft ihre rechte Hand. Nun bemerkte sie, dass von ihrer linken Hand ein Schlauch zu einer Flasche mit einer klaren Flüssigkeit ging, die an einem Ständer neben ihrem Bett hing. Sie musste in einem Krankenhaus sein, konnte sich aber nicht erinnern, wie sie hierhergekommen war. Was war geschehen? Ihren Körper konnte sie nur teilweise spüren, über ihre Beine schien sie keine Macht zu haben. Frau Kramer schloss die Augen und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.

    »Sie können bald wieder laufen«, hörte sie den Pfleger sagen, »der Bruch an ihrem Bein war nicht sehr schlimm, Sie haben Glück im Unglück gehabt.«

    Ein Bein war also gebrochen! Wie war das nur passiert? Frau Kramer hörte plötzlich wieder die Stimme ihres Sohnes. Seit Tagen hatte sie auf ihn gewartet,

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