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Die Einhornchroniken 2 - Das Geheimnis des Flüsterers
Die Einhornchroniken 2 - Das Geheimnis des Flüsterers
Die Einhornchroniken 2 - Das Geheimnis des Flüsterers
eBook436 Seiten5 Stunden

Die Einhornchroniken 2 - Das Geheimnis des Flüsterers

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Über dieses E-Book

Die Fantasy-Reihe von Bruce Coville entführt Leserinnen ab 10 Jahren in eine märchenhafte Welt voller Magie und zauberhafter Fabelwesen.

Das magische Land Kirin hat Cara vollkommen in seinen Bann gezogen. Doch über diesem wundervollen Ort schwebt eine unheilvolle Bedrohung: Der Blutmond steht bevor – und mit ihm der Überfall der gnadenlosen Beloved und ihrer Jäger.
Damit nicht genug: Ein geheimnisvolles Flüstern vergiftet die Herzen der Einwohner Kirins. Doch wer oder was ist dieser Flüsterer? Und woher rührt sein Hass auf die Einhörner? Cara steht vor einer fast unlösbaren Aufgabe. Gemeinsam mit ihren Freunden macht sie sich auf den Weg ins Tal der Zentauren – dort, so wird gemunkelt, kenne man das dunkle Geheimnis. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt ...

"Das Geheimnis des Flüsterers" ist der zweite Band der Einhornchroniken.
SpracheDeutsch
HerausgeberLoewe Verlag
Erscheinungsdatum25. Juli 2016
ISBN9783732007714
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    Buchvorschau

    Die Einhornchroniken 2 - Das Geheimnis des Flüsterers - Bruce Coville

    Titelseite

    Für Jean Feiwel, die für mich das Tor nach Kirin geöffnet hat. In ewiger Dankbarkeit.

    Die Legende der Großen Jagd

    Zum siebten Male greife ich, Grimwald, Hüter der Einhornchroniken, zum Stift, um niederzuschreiben, wie die Große Jagd ihren Anfang nahm. Die Tradition verlangt, diese Geschichte einmal alle zehn Jahre zu Papier zu bringen, und jeder Hüter der Chroniken hat sich daran gehalten, seit dem Tag, als die Einhörner Kirin zum ersten Mal betraten. Dies tun wir, weil in dieser Geschichte der Ursprung liegt für alles, was den Einhörnern seit jenem Tag widerfahren ist. Und es ist unsere Art, die Erinnerung daran lebendig zu erhalten.

    Woher die Einhörner kamen, weiß niemand. Doch es besteht kein Zweifel daran, dass ihr Erscheinen aus der alten Erde einen reicheren und süßeren Ort machte. Zu dieser Zeit lebten Menschen und Einhörner größtenteils getrennt voneinander. Und dennoch waren sie nicht verfeindet.

    Nun verhält es sich so: Obschon Einhörner sehr lange leben, sind sie nicht unsterblich. Und schließlich kam der Tag, an dem das erste verstarb. Leider wurde sein Horn – denn nichts sonst war von ihm übrig geblieben, da sein Körper sich aufgelöst hatte, wie es bei den Einhörnern nun einmal so ist – von einem Mann gefunden, der bald darauf entdeckte, dass darin noch immer ein mächtiger Heilzauber ruhte. Damit hätte er sich zufriedengeben können. Aber er wollte tapfer und wagemutig erscheinen und so prahlte er damit, dass das Einhorn – das lange tot gewesen war, bevor der Mann das Horn überhaupt fand – eine grässliche Bedrohung gewesen sei. Und er habe mit ihm bis zum Tode gerungen.

    Wie Lügen es an sich haben, verbreitete sich diese Geschichte vom blutrünstigen Einhorn wie ein Lauffeuer – ebenso wie die Wahrheit über die heilenden Kräfte des Horns.

    Zu dieser Zeit begab es sich, dass die Tochter eines Mannes – ein Jäger durch und durch – lebensbedrohlich erkrankte. Der Vater beschloss, sich auf die Suche nach solch einem magischen Horn zu machen, um sie zu retten, und bereitete sich auf den Kampf mit einer grauenhaften Bestie vor. Da seine Frau bereits tot war, nahm er seine Tochter (die er Beloved getauft hatte, da sein Herz nur für sie schlug) mit sich und trug sie auf seinem Rücken in den Wald.

    Eines verhängnisvollen Tages ließ der Jäger Beloved auf einer Lichtung zurück, wo sie sich ausruhen sollte, während er weiter sein Ziel verfolgte. An jenem Nachmittag erfasste ein unglücklicher Windstoß den Geruch des Kindes und seiner Krankheit und trug ihn zu einem Einhorn namens Weißling. Weißling kam auf die Lichtung, um zu helfen. Behutsam und zärtlich näherte er sich, kniete sich zu Beloved und presste die Spitze seines Horns auf ihre Brust und durchdrang ihr Fleisch, um sie zu heilen.

    In diesem Moment kehrte der Jäger zurück und schrie entsetzt auf, da er dachte, er müsse mit ansehen, wie ein Einhorn seine Tochter tötete. Flink feuerte er einen Pfeil ab. Dieser bohrte sich dem Einhorn ins Herz, im selben Augenblick, da auch das Horn ins Herz des Not leidenden Mädchens drang.

    Vor Schreck und Schmerz riss Weißling den Kopf in die Höhe – eine so plötzliche Bewegung, dass die Spitze des Horns abbrach und in Beloveds Herzen stecken blieb.

    Der Jäger stürzte sich auf Weißling und vor den Augen des verängstigten Mädchens kämpften Mann und Einhorn einen Kampf bis auf den Tod. Sie sah mit an, wie beide ihr Leben ließen, und die Worte ihres Vaters über die Bösartigkeit der Einhörner brannten sich in Beloveds Herz ein, das an diesem Tag zum ungewöhnlichsten Herzen der ganzen Welt geworden war. Denn immerfort, in jedem Augenblick, wird es von dem Splitter darin verwundet und gleichzeitig vom mächtigen Zauber des Horns wieder geheilt.

    Angetrieben von Schmerz und Wut und am Leben gehalten von dieser seltsamen Magie, wurde Beloved zum erbitterten, ewigen Feind der Einhörner. Fortan strebte sie danach, die magischen Wesen zu vernichten, um Rache für ihren Vater zu üben und ebenso um ihnen die nie endenden Qualen ihres auf alle Zeit verwundeten, auf alle Zeit heilenden Herzens zu vergelten.

    Dies war der Anbeginn der langen Jagd, die schon jahrhundertelang dauert, da die unsterbliche Beloved noch immer nichts sehnlicher erstrebt, als die Ausrottung derer, denen sie die Schuld an ihrem Unglück gibt.

    Grimwald

    Vierter Hüter der Einhornchroniken

    Königlicher Hain, Kirin

    Prolog

    Der Dumbeltum blieb stehen, sah sich um, schnupperte. Einen Moment lang meinte das gewaltige Wesen, etwas Unangenehmes gewittert zu haben … etwas Gefährliches. So ruhig und still wie die silbrigblauen Stämme der Eldrimbäume ringsumher stand er da und lauschte.

    Nichts.

    Er wartete noch eine Weile, dann setzte er seinen Weg fort. Vor zwei Tagen erst hatte sich das behäbige Geschöpf von dem Greifen Medafil verabschiedet. Nun war er auf dem Rückweg in sein eigenes Revier.

    Es war schon viele Jahre her, seit er das letzte Mal in diesem Teil Kirins gewesen war. Trotzdem konnte sich der Bärenmann darauf verlassen, dass sein scharfer Instinkt ihm die richtige Richtung wies. Zum Glück, musste man sagen. Denn er hatte eine lange Reise hinter sich, auf der er seiner Freundin Cara geholfen hatte, ihre Großmutter zu finden. Diese Reise hatte ihn weiter von zu Hause fortgeführt, als er es gewohnt war. Nun zog es ihn wieder zurück in seine eigene gemütliche und vertraute Höhle, den Mittelpunkt seiner Welt.

    Etwa eine Stunde später hielt der Dumbeltum erneut an, diesmal, um sich Sonnenbeeren von einem niedrig gewachsenen Busch zu pflücken. Die hellgelben Früchte waren süß und klebrig – und schmeckten einfach herrlich. Während er mampfte, fiel ihm ein, wie sehr Cara ihren Geschmack geliebt hatte. Er fragte sich, wie es ihr bei den Einhörnern wohl ergehen mochte.

    Unwillkürlich verzog er die Oberlippe zu einer Grimasse – eine Art spöttisches Grinsen, vermischt mit einem Knurren. Abgesehen von Lightfoot hatte der Dumbeltum für Einhörner wenig übrig. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Dafür gab es einen guten Grund, auch wenn er sich nicht mehr daran erinnern konnte. Wie so vieles war auch dieser Teil seiner Erinnerung in tiefen Nebel gehüllt.

    Murrend schob der Dumbeltum den Gedanken beiseite. Fürs Erste würde er sich um Einhörner nicht mehr kümmern müssen. Er wollte sich lieber angenehmeren Dingen zuwenden. Also beschloss er, für sein Abendessen einen Fisch zu fangen – vielleicht einen dieser silbernen mit den blauen Streifen und dem süßen Fleisch.

    Die Sonne, die heiß auf seinen zotteligen Pelz brannte, machte ihn müde. Er gähnte und sperrte dabei das große Maul so weit auf, dass man seine Reißzähne in all ihrer Pracht sehen konnte. Dann schüttelte er sich und rieb sich mit den Tatzen über sein merkwürdiges Gesicht. Es sah ein bisschen aus wie das eines Bären, der sich gerade in einen Menschen verwandeln wollte, aber dabei auf halbem Weg unterbrochen worden war.

    In den Bäumen über ihm surrten Insekten und ihr träges Gesumme machte ihn noch schläfriger. Wie gerne hätte er sich ein Nickerchen gegönnt. Noch lieber wollte er allerdings nach Hause. Also brach er wieder auf.

    Der Dumbeltum lief gerade unter einem Kilpumbaum vorbei, da hörte er das Flüstern einer vertrauten Stimme: »Ich weiß, was du dir wünschst.«

    Der Dumbeltum blieb stehen. Er sah nach oben, konnte aber niemanden entdecken. Da wisperte es wieder: »Ich weiß, was du dir wünschst.«

    »Verschwinde«, brummte der Dumbeltum. Er schüttelte den Kopf und lief weiter.

    Doch das Flüstern hörte nicht auf, es raunte weiter, so sanft und süß wie Honig. »Ich könnte in eine ganz andere Welt verschwinden und wäre doch nie fern. Und egal, wohin ich auch gehe: Ich weiß, was du willst. Die Frage ist nur: Weißt auch du, was du dafür geben würdest, es zu bekommen?«

    »Verschwinde!«, brüllte der Dumbeltum.

    »Wie du wünschssst«, seufzte die Stimme.

    Der Dumbeltum hörte ein Rascheln, dann war alles still. Noch lange stand er mit gespitzten Ohren da und wartete. Dann lehnte er sich gegen einen Baum, hob die Pranken ans Gesicht und weinte.

    Cara und Lightfoot

    Diese Warterei ist einfach schrecklich«, beschwerte Cara sich.

    Sie und Lightfoot spazierten am Ufer eines Stroms entlang. Der Fluss bildete die östliche Grenze von Autumngrove, einem der vier großen Rückzugsorte der Einhörner von Kirin. Caras Hand ruhte auf der Flanke des Einhornprinzen, damit sie in Gedanken miteinander sprechen konnten.

    Bei ihren Worten schüttelte sich Lightfoot. Dabei fiel ihm seine Mähne wie silbernes Wasser über die Schulter. »Jetzt, wo die Jäger eins der königlichen Amulette an sich gebracht haben, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sie versuchen, in Kirin einzufallen. Aber wann? Und wo? Wir wissen ja nicht einmal, wie viele es eigentlich sind.«

    »Wir hätten meinen Vater fragen sollen, als wir noch die Gelegenheit dazu hatten«, sagte Cara niedergeschlagen.

    Als Cara ihren Vater erwähnte, schüttelte Lightfoot seinen Kopf erneut. »Deine Familie ist schon ein komischer Haufen!«

    »Es ist auch deine Familie«, gab ihm Cara etwas scharf zur Antwort. »Immerhin sind wir verwandt.«

    »Ich hätte mir nie träumen lassen, mal einen Menschen in der Verwandtschaft zu haben!«, entgegnete Lightfoot. Durch ihre besondere Verbindung verstand Cara seine Verwirrung umso deutlicher.

    »Und ich wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, dass meine Großmutter eigentlich ein Einhorn ist, das man in einen menschlichen Körper gesperrt hat. Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll – was ich von mir selbst halten soll! Ich meine, was bin ich?«

    Sie waren an eine Stelle gekommen, an der sich der Strom zu einem Teich weitete. Ohne ein Wort zu wechseln, entschieden die beiden anzuhalten. Lightfoot reckte den Hals, um von den späten Früchten einer Gualparanke zu naschen. Cara zog ihre Stiefel aus und watete in das glitzernde Wasser. Der Schlamm zwischen ihren Zehen fühlte sich gut an.

    »Wir sollten allmählich wieder umkehren«, sagte sie nach einer Weile – diesmal laut, da sie mit Lightfoot nicht mehr in Verbindung stand.

    »Ich werde dich später aufsitzen lassen. So kommen wir schneller zurück zum Hof. – Was heißt, dass wir jetzt noch ein bisschen bleiben können.«

    »Ja, gerne.« Obwohl sie es genoss, auf Lightfoot zu reiten, hätte ihn Cara von sich aus nie wirklich um dieses Privileg gebeten. Der Gedanke erschien ihr irgendwie anmaßend. Sie wartete lieber darauf, dass der Prinz es ihr anbot.

    Sie war noch immer verblüfft darüber, dass das junge Einhorn – jung für ein Einhorn, tatsächlich war es über ein Jahrhundert alt – ein Prinz war. Als sie ihn das erste Mal im Wald getroffen hatte – als er in die Höhle des Dumbeltum gekommen war, um sie zu heilen –, war er ihr mehr wie ein rebellischer Teenager vorgekommen. Aber damals war sie auch gerade erst in Kirin angekommen und wusste rein gar nichts über Einhörner. Am allerwenigsten, dass ihre eigene Oma auch eines war. Andererseits hatte nicht einmal ihre Großmutter die erschreckende Wahrheit gekannt, bis man sie vor ein paar Tagen zurückverwandelt hatte.

    Cara zog sich das Hemd aus – ein bequemes, handgewebtes Kleidungsstück, das ihr die Geomantikerin geschenkt hatte – und warf es in die Böschung. Dann tauchte sie ihr Gesicht ins Wasser. Der Fluss war unglaublich klar. Sie hätte sogar die winzigen silbernen Elritzen zählen können, die an ihren Beinen vorbeiflitzten – zumindest, wenn sie eine Sekunde lang stillgehalten hätten. Als sie anfing, Stirn und Wangen abzuschrubben, huschte der Schwarm blitzschnell davon. Dabei schwammen die Winzlinge so dicht beieinander, dass sie aussahen wie ein einziges großes Tier.

    Cara hob das Gesicht aus dem Strom, schüttelte sich das Wasser von den Händen und stapfte zurück ans Ufer. Dort angelte sie nach ihrem Hemd und trocknete sich damit ab. Sie war wirklich gern in Kirin. Aber mit der Sauberkeit war das so eine Sache. Immerhin gab es hier weder Waschmaschinen noch heiße Duschen oder irgendeins der anderen Dinge, die das Leben so schön leicht machten – und die sie auf der Erde für selbstverständlich gehalten hatte.

    Auf der anderen Seite gab es in der Welt der Einhörner keinen Lärm, keine Menschenmassen und keine Umweltverschmutzung – was auf der Erde für sie leider ebenfalls zum Alltag geworden war. Außerdem blieb sie hier verschont von all den Hänseleien und Schikanierungen, die man als leicht verträumtes Kind mit grellroten Haaren über sich ergehen lassen musste.

    Nachdem sie sich ihre Kleidung wieder übergestreift hatte, spazierte Cara unter den herabhängenden Zweigen einer Seidenweide entlang, die über dem Teich eine Art blauen Vorhang bildeten. Die Sonne schien durch die flatternden Blätter, die aussahen wie kleine Speerspitzen, und malte ein Tupfenmuster aus Licht und Schatten auf das Wasser. Träge fing Cara an, drei der dünnen Zweige miteinander zu verflechten, und dachte dabei – wie so oft – an ihre Mutter. Sie fragte sich, wie sie jemals einen Weg finden sollte, sie aus dem Regenbogengefängnis zu befreien. Den großen scharlachroten Edelstein, den Grimwald ihr geschenkt hatte, hatte sie ihrem Vater gegeben. Erst durch den Stein hatte sie erfahren, dass ihre Mutter gefangen gehalten wurde. Nun war Ian Hunter losgezogen, um das zu tun, was er am besten konnte: jagen. Nur war er diesmal nicht auf der Jagd nach Einhörnern, sondern auf der Suche nach seiner verlorenen Frau.

    Zu gerne hätte Cara gewusst, wo er gerade war und wie er vorankam. So wohl sie sich auch bei den Einhörnern in Kirin fühlte, sehnte sie sich doch noch viel mehr danach, ihre Familie wiederzuhaben.

    So tief war das Mädchen in seine Gedanken versunken, dass ihm das Rascheln in den Bäumen über sich gar nicht auffiel. Zumindest nicht, bis daraus eine kleine haarige Kreatur direkt auf seine Schulter plumpste. Cara fuhr erschrocken zusammen. Dann aber verdrehte sie die Augen, als eine hohe Quietschestimme rief: »Superduper! Böses Mädchen lang weg ohne Skijum. Stinkiges Versteckding, du! Aber Skijum Superfinder!«

    Als Cara den Skijum zum ersten Mal getroffen hatte, war sein Geplapper für sie wenig mehr als ein Mischmasch an Lauten gewesen. Aber seit ihr die Drachendame Firethroat die Gabe der vielen Zungen geschenkt hatte, konnte sie jedes Wesen Kirins verstehen und mit ihm reden. Der Schreck saß ihr aber noch immer in den Gliedern. Deshalb konnte sie sich eine kleine Standpauke nicht verkneifen: »Skijum, lass das gefälligst.«

    »Sei lieb!«, schrie der Skijum und patschte mit seiner dreifingrigen Pfote nach ihr.

    »Sei du mal besser lieb!«, entgegnete sie scharf und hob ihn von ihrer Schulter, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. Sein dickes graues Fell – am Rücken dunkel, am Bauch heller – fühlte sich schön weich an. Und in den hellblauen Pupillen blitzte der Schalk. Ein bisschen sah er aus wie ein Eichhörnchen, ein bisschen wie ein Affe und vollkommen wie er selbst.

    »Stinkeding!«, piepste er. »Lass Skijum runter!«

    »Skijum, jetzt hör mal zu«, sagte sie ernst und hielt ihn fest. »Bei all dem, was hier gerade los ist – wo wir jederzeit damit rechnen, von den Jägern angegriffen zu werden –, kannst du so was einfach nicht machen. Es wird dich noch jemand aufspießen, wenn du nicht aufpasst.«

    »Pah! Gemeines Superkneife-Ding«, grummelte der Skijum beleidigt. Aber er hörte auf, sich aus ihrem Griff winden zu wollen. Schließlich setzte Cara ihn zurück auf ihre Schulter. Das quirlige Geschöpf ließ es sich allerdings nicht nehmen, sie zum Zeichen seiner Entrüstung noch einmal an den Haaren zu ziehen. Dann hockte er sich hin. Cara seufzte, sagte aber nichts. Obwohl er manchmal eine ganz schöne Nervensäge sein konnte, hatte sie das kleine Wesen längst ins Herz geschlossen.

    »Sei nicht zu streng mit ihm«, sagte da eine sanfte Stimme. »Die Königin hat uns tatsächlich geschickt, um euch zu holen.«

    Cara drehte sich um und war angenehm überrascht.

    »Finder! Woher wusstest du, dass wir hier sind?«

    Das große Einhorn – das größte, das Cara bisher in Kirin getroffen hatte – stand schon neben Lightfoot.

    »Warum wohl, meinst du, nennen sie mich Finder?«, antwortete es mit einem gutmütigen Lachen. Dann wurde sein Ausdruck ernst. »Ich hätte euch beiden gerne eure Ruhe gelassen. Aber es ist etwas passiert. Und die Königin will, dass ihr zwei zurück zum Hof kommt. Wir müssen uns beeilen.«

    »Etwas Schlimmes?«, fragte Cara besorgt.

    Finder schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass deine Großmutter uns gebeten hat, sofort den inneren Rat einzuberufen. Außer dir und Lightfoot waren alle schon in der Nähe. Ich schätze, ich muss nicht erst erwähnen, dass Moonheart dazu etwas zu sagen hatte.«

    »Gibt es denn überhaupt etwas, wozu mein Onkel nichts zu sagen hat?«, warf Lightfoot etwas säuerlich ein.

    Finder lachte – ein tiefer, melodischer Ton, den Cara beruhigend und schön fand. »Er würde nicht immer so einen Aufstand machen, wenn du ihm egal wärst.«

    »Ich hab ihn nicht darum gebeten, den Babysitter zu spielen!«, antwortete Lightfoot. Er seufzte. »Na schön, lasst uns aufbrechen und sehen, was so wichtig ist. Wenigstens werden wir nicht angegriffen. Steig auf, Cara.«

    Es war keine Zeit, sich die Füße zu trocknen, deshalb band Cara ihre Schnürsenkel aneinander und warf sich die Stiefel über die rechte Schulter. Mit dem Skijum auf der linken kletterte sie auf Lightfoots Rücken und schob ihre Finger in seine seidige Mähne. Dann machten sie sich auf zum Hof.

    Der Blinde

    Hier entlang, Sahib. Hier entlang!«

    Ian Hunter folgte dem schmächtigen Jungen namens Rajiv über das enge Kopfsteinpflaster, wo er sich seinen Weg durch die wogende Menschenmenge bahnte. Dabei gingen Ian drei Dinge durch den Kopf: Einerseits hielt er begierig nach der nächsten Spur Ausschau, die ihn seinem Ziel näher bringen würde. Gleichzeitig war er ständig auf der Hut vor möglichen Gefahren, vor allem achtete er darauf, ob sie womöglich verfolgt wurden. Und außerdem dachte er an seine Tochter. Und das, obwohl er sich eigentlich keine Ablenkung erlauben durfte. Aber er konnte sich den Gedanken einfach nicht verkneifen. Wo in Kirin mochte Cara gerade sein? Was tat sie?

    Vor ihm schlüpfte der Junge durch die Trauben von Menschen mit der Leichtigkeit eines kleinen Fisches, der sich durch Seetang schlängelte. Ian, der größer und in der Stadt eindeutig fremd war, tat sich um einiges schwerer.

    »Beeilung, Sahib«, drängte Rajiv, der zu ihm zurückgelaufen kam und ihn an der Hand nahm.

    Die beiden gaben ein seltsames Paar ab: Rajiv, wenig größer als einen Meter zwanzig, hatte dunkle Haut, Augen wie aus schwarzem Glas und auf seinem Kopf hatte er einen rabenschwarzen Schopf. Ian dagegen war fast einen Meter neunzig, durchtrainiert, hatte kurz geschnittenes rotbraunes Haar und stechende haselnussbraune Augen.

    Ian vermutete hinter Rajivs Eile nichts anderes als den Wunsch, so schnell wie möglich die versprochenen Rupien zu kassieren. Die sollte er bekommen, wenn er Ian zu einer bestimmten Adresse bringen konnte.

    Ian Hunter war nach Indien gekommen, weil er hoffte, hier einige der Geheimnisse um das Regenbogengefängnis zu lüften. Denn dort hielt Beloved seine Frau gefangen. Es war nicht sein erster Besuch auf dem Subkontinent. Hier hatte ein Teil seiner Ausbildung stattgefunden, nachdem Beloved ihn für ihren Krieg gegen die Einhörner rekrutiert hatte. Damals hatte er gelernt, wie man einen unruhigen Geist besänftigte, um in seine Tiefen einzutauchen und zu deren verborgenem Wissen vorzudringen.

    Das war, als er noch an Beloved und ihren Kreuzzug geglaubt hatte – bevor seine mutige Tochter ihm die Augen geöffnet und ihn dazu gebracht hatte, sich von den Jägern und ihrem mörderischen Plan abzuwenden. Trotz seiner Sinneswandlung schätzte er noch immer die Unterweisungen, die er durch Beloved erhalten hatte. Das Training war hart gewesen und in manchen Augenblicken hatte er daran gezweifelt, es zu überleben. Aber dafür hatte er Kräfte und Fähigkeiten entwickelt, die er sich in seinem alten Leben als Lehrer nie hätte träumen lassen. Mehr noch, er hatte dadurch eine unglaubliche und faszinierende Welt kennengelernt: eine Gemeinschaft, die ihre Arbeit verborgenem Wissen und geheimen Überlieferungen widmete.

    Aus diesen Reihen stammte auch der Kontakt, der ihm von dem Mann erzählt hatte, den er nun suchte. Ein mysteriöser Blinder, der – so behauptete Ians Quelle – über erstaunliches Wissen verfügte.

    Wäre der Anlass ein anderer gewesen, hätte sich Ian gefreut, wieder in Indien zu sein. Seit er ein Jäger geworden war, war er schon weit in der Welt herumgekommen. Aber nirgends sonst spürte er so deutlich die Gegenwart von etwas Altem und Heiligem. Dieses Gefühl war fast schon greifbar, selbst in dem Wirrwarr an Farben, Klängen und Gerüchen, das die Straßen Alt-Delhis erfüllte.

    Das hier war Chandni Chowk, das sagenumwobene Marktviertel im alten Teil der Stadt. Ein Taxi hatte ihn hierhergebracht. Gleich nachdem er ausgestiegen war, hatten ihm unzählige Jungen lautstark ihre Dienste angeboten. Doch Ians Wahl war instinktiv auf Rajiv gefallen. Er spürte in diesen dunklen, blitzenden Augen eine lebhafte Intelligenz. Obwohl das Kind in staubigen Lumpen herumlief, sprach es ausgezeichnet Englisch – nicht dass das in Indien etwas Außergewöhnliches war. Im Land gab es Hunderte von verschiedenen Dialekten. Deshalb war man wieder dazu übergegangen, Englisch als Landessprache zu verwenden. – Möglicherweise das nützlichste Überbleibsel aus den Tagen des Raj, als ganz Indien unter der Herrschaft Großbritanniens stand.

    Ein Motorrad knatterte an ihnen vorbei und schlängelte sich durch die vielen Kauflustigen in der schmalen Gasse. Zu ihrer Rechten führte eine Treppe hinunter in ein Kellergeschäft, das alte Saris aus herrlicher, farbenfroher Seide verkaufte. Auf einem Dach über ihnen entdeckte Ian einen Affen, der sie anstarrte. Er erinnerte ihn an das merkwürdige kleine Wesen, mit dem sich seine Tochter angefreundet hatte – den »Skijum«, wie sie ihn nannte.

    Wieder kehrten seine Gedanken zurück zu Cara, so wie viele Hundert Mal am Tag. Als man sie ihm weggenommen hatte, war sie gerade erst drei gewesen – verschleppt von der Mutter seiner Frau. Das war der schwärzeste Tag seines Lebens gewesen. Sie zu verlieren, hatte sein ganzes Dasein von Grund auf verändert, wie er es sich in seinen wildesten Träumen nicht hätte ausmalen können.

    Seit Caras Entführung hatte Ian eine Menge durchgemacht. Doch er hatte sich geschworen, sie wiederzufinden, und vor weniger als drei Monaten war es ihm endlich gelungen. Er hatte herausgefunden, wo sie war. Aber inzwischen war er ein völlig anderer Mensch geworden als der Vater, dem man sie einst gestohlen hatte. Aus diesem Grund hatte er sie erneut verloren – hatte diesmal ihr Herz verloren. Denn während er zu Beloved und den Jägern gehalten hatte, galt ihre Treue den Einhörnern.

    Nach diesem zweiten Verlust war Ian zutiefst verbittert gewesen. Doch dann, vor einer Woche erst, waren er und seine Tochter sich abermals begegnet. Dieses Mal hatten Caras Mut und Not ihn dazu gebracht, Beloveds unbarmherzige Anweisungen zu vergessen – diese Gehirnwäsche, wie er jetzt wütend einsah. Doch obwohl sie endlich wieder eine innige und starke Verbindung zueinander aufgebaut hatten, war Cara nach Kirin zurückgekehrt. Sie fühlte sich verpflichtet, ihren Platz an der Seite der Einhörner einzunehmen. So hatte er seine Tochter wieder verloren.

    Nein, korrigierte er sich selbst. Ich habe sie nicht verloren. Diesmal nicht. Unsere Herzen gehören wieder zusammen.

    Trotzdem, dass sie in Kirin war, machte die Angelegenheit nicht einfacher. Die Einhörner trauten ihm nicht. Nicht dass er es ihnen übel nehmen konnte. Unglücklicherweise misstrauten ihm nun auch die Jäger, nachdem sie erfahren hatten, dass er ihre Sache verraten hatte. Wahrscheinlich machten sie schon Jagd auf ihn – auch jetzt, wo er selbst auf der Suche nach seiner Frau war.

    Oder vielmehr nach ihrer Seele. Wo ihr Körper war, wusste er.

    Nach alledem fühlte sich Ian Hunter einsamer als je zuvor in seinem Leben. Sonderbarerweise war er aber gleichzeitig auch hoffnungsvoller, als er für möglich gehalten hätte.

    Jäh wurde er von Rajiv aus seinen Gedanken gerissen, als der seine Hand nahm. Die schmalen, dunkelhäutigen Finger des Jungen packten fest zu, als er ihm eindringlich zuflüsterte: »Hier entlang, Sahib! Hier entlang!«

    Sie bogen in eine Gasse ein, die sogar noch enger war als die, durch die sie eben noch gegangen waren. In aller Ruhe drängte sich eine Kuh an ihnen vorbei. Sie wusste, dass sie nichts zu befürchten hatte.

    Zu beiden Seiten der kleinen Straße lagen unscheinbare Hauseingänge. Doch an ihrem Ende tat sich ein kleiner Hof auf, in dem Tausende von Blumen prangten. Jede einzelne war eine farbenfrohe Pracht aus Purpur oder Gold. Inmitten der Blüten lag eine Tür, die größer war als die anderen. Sie war verziert mit kunstvollen Schnitzereien und eingerahmt von prachtvollen, bunten Kacheln.

    »Das ist der Ort, nach dem du suchst«, sagte Rajiv ein wenig nervös.

    »Danke.« Ian drückte ihm einige Rupien in die Hand – zugegeben, einige mehr als abgemacht. Doch wenn er an seine Tochter dachte, konnte er einfach nicht anders.

    »Soll ich auf dich warten, Sahib?«, fragte Rajiv und seine dunklen Augen glänzten eifrig. »Macht nur fünfzig Rupien mehr.«

    »Ich finde allein zurück«, sagte Ian barsch.

    »Schon möglich. Trotzdem ist es immer gut, einen Freund an der Seite zu haben, wenn man an einem fremden Ort ist«, entgegnete Rajiv und verband meisterlich einen klugen Rat mit einem Hauch von Betteln.

    »Ich komme schon zurecht«, meinte Ian. Seit seiner Zeit als Jäger hatte er schon mit zu vielen Straßenkindern zu tun gehabt, um auf diese Taktik reinzufallen. Aber es schlugen zwei Herzen in seiner Brust. Und das eine, das sich an seine Jahre als Lehrer erinnerte, wollte dem Jungen nur zu gerne helfen. Entschlossen verkniff er sich diesen Drang und erinnerte sich selbst daran, dass er eine Aufgabe zu erledigen hatte. Ohne Rajiv einen weiteren Blick zu schenken, trat er auf die Tür zu und zog an der Glocke.

    Kurz darauf öffnete ihm eine alte Frau. Sie war traditionell gekleidet, trug einen wunderschönen Sari und dazu einen dunkelroten Punkt – ein Bindi – mitten auf der Stirn.

    »Sie sind Mr Hunter?«, fragte sie und lächelte sanft, als Ian überrascht die Augen aufriss. »Wir haben Sie schon erwartet. Bitte, kommen Sie herein.«

    Er folgte ihrer Einladung. Als er ihren missbilligenden Blick auf seine Schuhe sah, zog er sie aus.

    Die Frau nickte zufrieden. »Folgen Sie mir.«

    Das Haus war angenehm kühl, was ihn angesichts der Hitze draußen überraschte. Ian tappte der Frau hinterher und betrachtete fasziniert die Mischung aus modernen und traditionellen Kunstwerken an den Wänden. Sie kamen an zwei oder drei Türen vorbei. Dann führte sie ihn in ein dunkles Zimmer, in dem ein süßer Geruch hing. Sie deutete eine Verbeugung an, dann verließ sie ihn und schloss die Tür hinter sich. Sofort war der Raum in undurchdringliche Schwärze getaucht.

    Ian widerstand dem Impuls, zur Tür zu springen und sie aufzureißen. Stattdessen stand er ganz still und wartete. Seine für die Jagd trainierten Ohren lauschten in die Dunkelheit. Am anderen Ende des Zimmers hörte er jemanden angestrengt atmen.

    »Sie sind Ian Hunter?«, fragte eine Männerstimme.

    Ruhig antwortete Ian: »Ja, das bin ich.«

    »Entschuldigen Sie die Dunkelheit. Da ich selbst blind bin, ist sie eine Art … gerechter Ausgleich.«

    »Es wäre gerechter, wenn auch ich jahrelang Zeit gehabt hätte, mich daran zu gewöhnen und mir den Grundriss dieses Zimmers einzuprägen.«

    »Aha, keine Spur von Mitleid. Das ist gut. Ich mag es nicht, bemitleidet zu werden. Genauso wenig, wie ich gerne Zeit verschwende. Lassen Sie uns also zur Sache kommen. Sie interessieren sich für das Regenbogengefängnis. Genauer genommen für das Rubinportal, von wo aus Sie durch den roten Schacht ins Innere des Gefängnisses gelangen können.«

    »Woher wissen Sie das?«, wollte Ian wissen. Doch sofort begriff er, dass sein eigener Informant auch den blinden Mann über sein Kommen und seine Absicht informiert haben musste.

    Sein Gastgeber bestätigte ihm die Vermutung. Vorwurfsvoll schnalzte er mit der Zunge: »Ich bitte Sie, Mr Hunter. Woher haben Sie denn gewusst, dass Sie sich an mich wenden sollten, um mehr darüber herauszufinden? Wir haben beide unsere Quellen.«

    Ian schwieg. Die Pause erschien nur normal, als würde er sich seine nächsten Worte überlegen – was er tatsächlich auch tat. Gleichzeitig konzentrierte er sich aber darauf, ob er sonst noch jemanden atmen hören konnte. Nein, sie beide waren allein hier in der Finsternis. Trotzdem war ihm nicht wohl bei der Sache.

    Unwillkürlich kam ihm der Gedanke, dass man ihn womöglich in eine Falle gelockt hatte. Aber er geriet nicht in Panik – ganz so, wie man es ihm beigebracht hatte. Dafür versuchte er, den Abstand zu der Stimme auszuloten. Und er überlegte, wie stark die Tür sein mochte, durch die er eingetreten war. Er hatte kein Einrasten oder Schaben gehört, als die Frau gegangen war. Das war ein gutes Zeichen. Zumindest, wenn er davon ausging, dass ein Schloss sich kaum perfekt ölen und damit vollkommen geräuschlos verriegeln ließ.

    »Nun?«, fragte die Stimme.

    Ian traf eine Entscheidung. In unterwürfigem Ton, wie von Schüler zu Lehrmeister, sagte er demütig: »Ihr habt recht. Ich bin gekommen, um etwas über das Regenbogengefängnis in Erfahrung zu bringen.«

    »Und warum sollte ich mein Wissen preisgeben?«

    »Weil Wissen süßer schmeckt, wenn man es teilt.«

    Dafür erntete er Gelächter. »Auch süßeres Wissen bringt keinen Reis auf den Tisch.«

    »Dann sagt mir, welcher Lohn angemessen wäre.«

    »Das kommt darauf an, wie viel Sie wissen wollen.«

    »So viel wie möglich. Wie ist das Regenbogengefängnis entstanden? Wie groß ist es? Wie kommt man hinein? Wie kann man drinnen jemanden finden? Und am allerwichtigsten: Wie kommt man wieder heraus?«

    »Alles gute Fragen. Doch das ist eine Menge an Informationen, die Sie da verlangen, Mr Hunter. Wissen dieser Art hat einen hohen Preis. Auch ich habe viel dafür geben müssen.«

    »Was habt Ihr dafür gezahlt?«

    Die Antwort ließ Ian das Blut gefrieren.

    »Ich habe mein Augenlicht dafür gegeben. Sagen Sie mir also, Mr Hunter, was ist dieser kostbare Schatz an Wissen Ihnen wert?«

    Worte aus der Vergangenheit

    Immer wenn die Einhörner in Autumngrove waren, traf sich der Königliche Rat am Fuß eines kleinen Wasserfalls, wo sich der Fluss zu einem Teich von etwa zwanzig Yard Breite weitete. Die nassen Felsen glitzerten in der Nachmittagssonne. Hier und da war ihre rötliche Oberfläche mit blaugrünem Moos überzogen. Links vom Wasserfall stieg das Land sanft an, wie die Seite einer riesigen flachen Schüssel. Auf diesem Hang drängten sich nun an die hundert

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