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Mafish Mushkella, Ägypten: Ein Einblick in die arabische Seele
Mafish Mushkella, Ägypten: Ein Einblick in die arabische Seele
Mafish Mushkella, Ägypten: Ein Einblick in die arabische Seele
eBook143 Seiten1 Stunde

Mafish Mushkella, Ägypten: Ein Einblick in die arabische Seele

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Über dieses E-Book

Der wichtigste Ausdruck, den ein Tourist in Ägypten kennen muss, lautet: „Mafish mushkella“. Das heißt: „Kein Problem“. Er wird in allen Lebenslagen gebraucht: Der Pilot benutzt ihn, ehe die Maschine abstürzt, der Reaktorchef kurz bevor die Brennstäbe einen Supergau verursachen und der Roomboy, wenn das Klopapier ausgegangen ist. „Mafish mushkella“ kann eine kleine Unannehmlichkeit bedeuten oder die globale thermonukleare Katastrophe ankündigen. Kurzum, die beiden harmlosen, unscheinbaren Worte sollten jeden Touristen stutzig machen. Aber die Floskel beinhaltet auch etwas sehr Tröstliches: Was immer auch passiert – irgendwie geht das Leben weiter.
„Mafish Mushkella, Ägypten“ ist ein Muss für jeden Ägypten-Touristen. Denn genau die typischen Urlaubsregionen an den Stränden des Roten Meeres sind es, an denen morgenländische und abendländische Kultur aufeinandertreffen und wo damit auch immer wieder Potential für kulturelle Missverständnisse entsteht. Garniert mit zahllosen Anekdoten und Erlebnisberichten gibt der langjährige Ägypten-Kenner Peter S. Kaspar einen unterhaltsamen Einblick in die arabische Seele, erklärt, worauf man als Tourist achten sollte und zeigt dabei, dass es eigentlich ganz leicht ist, mit Ägyptern und ihrer manchmal etwas eigenen Mentalität klarzukommen.
Das Buch erschien erstmals 2004 bei Pro Business und liegt jetzt erstmalig als E-Book vor. Trotz der Umbrüche im Zusammenhang mit der ägyptischen Revolution hat es kaum an Aktualität eingebüßt und kann vielleicht auch helfen, die aktuellen Vorgänge in Ägypten besser zu verstehen.
SpracheDeutsch
HerausgeberCarpathia Verlag
Erscheinungsdatum18. Apr. 2012
ISBN9783943709513
Mafish Mushkella, Ägypten: Ein Einblick in die arabische Seele

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    Buchvorschau

    Mafish Mushkella, Ägypten - Peter S. Kaspar

    Shukran

    Mafish Mushkella

    Kein Problem

    Schon oft bin ich gefragt worden, ob es als Tourist sinnvoll ist, die ein oder andere arabische Floskel zu benutzen, etwa um sich den ägyptischen Gegenüber gewogen zu machen. Tatsächlich freut es die meisten Ägypter, wenn sich ein Europäer in ihrer Sprache versucht, denn die Ägypter sind ein sehr humorvolles Völkchen. Sie lachen gerne über sich und über andere. Wenn sich ein Europäer etwa an der Rachen brechenden Formel »Saba’ al Cher« für »Guten Morgen« versucht, sollte er sich nicht wundern, wenn er einen größeren Heiterkeitserfolg landet. Ich gönne es ihnen und ich höre sie gerne lachen – auch über mich. Also sage ich morgens »Sabachrrr a’ Chär« oder so ähnlich und habe schon in der Frühe einen Ägypter glücklich gemacht.

    Zugegeben, das ist nun vielleicht nicht der eigentliche Sinn von Kommunikation. Was also ist wichtig? »Shukran« für »Danke« ist schon einigermaßen hilfreich. »La« für nein und »aiwa« für »ja« kann sehr wichtig sein.

    Aber das allerallerallerwichtigste, das ein Tourist kennen muss, muss er selbst nicht einmal aussprechen, sondern nur verstehen können. Es heißt: »Mafish mushkella« und bedeutet »Kein Problem«. Es wird in allen Lebenslagen gebraucht: der Pilot benutzt es, ehe die Maschine abstürzt, der Reaktorchef kurz bevor die Brennstäbe einen Supergau verursachen und der Roomboy, wenn das Klopapier ausgegangen ist.

    »Mafish mushkella« kann eine kleine Unannehmlichkeit bedeuten oder die globale thermonukleare Katastrophe ankündigen. Kurzum, diese beiden harmlosen unscheinbaren Worte sollten jeden Touristen stutzig machen.

    Aber die Floskel beinhaltet auch etwas sehr Tröstliches: Was immer auch passiert – irgendwie geht das Leben weiter. Dafür liebe ich die Ägypter.

    1. Pflegt eure Vorurteile

    Eine Liebeserklärung an Ägypten

    Die größten Rassisten finde man, so behauptet ein Sprichwort, unter den Missionaren. Irgendetwas scheint auf den ersten Blick dran zu sein. Zumindest erscheint es dem Zuhörer so, wenn er einmal einem ganz normalen Gespräch so genannter Residentials lauscht, jener Europäer, die sich in Ägypten niedergelassen haben. Das Generalthema sind die Einheimischen und es ist in den seltensten Fällen besonders schmeichelhaft für die Ägypter.

    Doch eben jene, die sich gerade noch dem lustvollen »Egyptian Bashing«, dem verbalen Einprügeln auf Ägypter, hingegeben haben, überschlagen sich Sekunden später im Singen von Lobliedern auf Land und Leute. In Krisenzeiten gehen die Europäer mit den Ägyptern durch dick und dünn. Sobald das gemeinsame Idyll bedroht ist, rücken alle zusammen. Bei Krankheiten, Notfällen oder anderem Unbill zeigt sich eine ganz erstaunliche Solidarität mit den Gastgebern.

    Es ist die Zwiespältigkeit ihres Gastlandes, die sich im Verhalten der ortsansässigen Europäer widerspiegelt. Ägypter sind lebensfroh, humorvoll, lustig, unbeschwert, gastfreundlich bis zum Abwinken, großzügig und hilfsbereit. Dann gibt es die anderen, die aufdringlich, betrügerisch, unpünktlich, empfindlich und überhaupt chaotisch sind. Die anderen? Tatsächlich hat ein Tourist mir gegenüber einmal genau diese Klassifizierung gemacht, in gute und in schlechte Ägypter. Das ist natürlich die Sorte von blankem, eurozentriertem Blödsinn, den nur ein Tourist von sich geben kann, der Land und Leute nicht kennt. Die Charakterisierung mag zwar stimmen, aber wenn, dann trifft sie auf alle Ägypter zu und bedeutet nichts anderes, als die beiden Seiten der selben Medaille. Es gibt nicht zwei Arten von Ägyptern, sondern nur eine – oder 80 Millionen.

    Das weiß natürlich auch jeder Residential. Wer länger in dem Land lebt, ist immer wieder mit Verhaltensweisen konfrontiert, die der anderen Kultur entstammen und den Europäer in die schiere Verzweiflung treiben können. Das Verständnis für die andere Kultur ist die eine Sache, das gemeinsame Leben und Arbeiten aber eine ganze andere. Wer nach Ägypten kommt, um hier zu leben und zu arbeiten, kann das nur, wenn er eine besondere Zuneigung zu Land und Leuten entwickelt hat. Richtig reich werden hier die Wenigsten, viele aber sorgen für Arbeitsplätze und den Lebensunterhalt Tausender von Ägyptern. Spannungen sind bei den unterschiedlichen Ansichten zu Arbeit, Pflicht, Ordnung, Hygiene und allgemeiner Lebensführung häufig programmiert. Das Zusammenleben ist ein beständiger Lernprozess auf beiden Seiten, der nicht immer harmonisch verläuft.

    Die Residentials sind natürlich keine Rassisten, sondern das genaue Gegenteil, sonst würden sie nicht in Ägypten leben. Das Lästern über ihr Gastland ist dennoch völlig legitim, ja es hat sogar einen therapeutischen Wert. Es dient als Überdruckventil, wenn wieder einmal etwas schief gegangen ist. Es ist überdies ein wichtiges Mittel zur Selbstbehauptung in einem manchmal zum Chaos neigenden Land. Zudem bedeutet es auch ein Stück Selbstidentifikation.

    Das Zusammenleben von Europäern und Ägyptern erinnert häufig an ein altes, zankendes Ehepaar. Das Gekeife hört sich manchmal schlimm an, ist aber in letzter Konsequenz auch ein Ausdruck der gegenseitigen Zuneigung. Es solle nur niemand auf die Idee kommen, dass die Ägypter untereinander nur freundliche Worte für ihre europäischen »Wohltäter« finden.

    Natürlich haben auch sie ihre Vorurteile gegen Europäer – und sie machen sich bedeutend weniger Gedanken darüber. Erstaunlicherweise sind sie trotzdem weitgehend fremdenfreundlich und überaus tolerant (auch wieder so ein Klischee und das schöne daran ist: es stimmt sogar!).

    Eigentlich ist es gar nicht so schlimm, wenn man mit Vorurteilen lebt, bedenklich wird es erst bei denjenigen, die nach ihren Vorurteilen leben. Menschen, die von sich behaupten, sie hätten keinerlei Vorurteile, sind mir stets ein wenig suspekt. Viel zu oft habe ich nämlich erlebt, dass auch sie nicht davor gefeit sind, nur dass der Mechanismus genau umgekehrt funktioniert. Jeder noch so deutliche Fehler des anderen wird dann kunstvoll entschuldigt oder gleich ausgeblendet. Umgekehrt werden gute Eigenschaften überdeutlich unterstrichen, die dann ganz schnell ebenfalls zu Vorurteilen mutieren – nur eben zu positiven. Zwangsläufig entsteht dann ein Weltbild, das dem von Karl May gar nicht unähnlich ist. Dann wandelt sich der Durchschnittsägypter schon einmal in einen »Edlen Wilden« und die so überirdisch anständige Weltanschauung entlarvt sich als eine Art philanthropischer Rassismus.

    Seit 1991 fliege ich regelmäßig ein bis zweimal im Jahr nach Ägypten. Und natürlich habe auch ich meine Vorurteile. Aber ich musste verblüfft feststellen, dass sie in all den Jahren immer wieder einem Wandel ausgesetzt waren. Viele Dinge haben mich entsetzlich genervt, aber noch viel mehr hat mich für das Land und seine Menschen eingenommen. Die fröhliche, lebensbejahende Einstellung, gepaart mit einem manchmal durchtriebenen Pragmatismus ergeben für mich eine unwiderstehliche Mischung. Aber diese Mischung führt eben auch dazu, dass sich Gutes und Schlechtes paaren. Der Hang, aus dem ganzen Leben eine Party zu machen, am liebsten jeden Ausländer in ein persönliches Fest mit einzubeziehen, ist eben nicht davon zu trennen, dass der gleiche festselige Ägypter den gerade eingeladenen Gast bei Wechselgeld übers Ohr hauen oder ihm auf dem Bazar einen Phantasiepreis abluchsen würde. Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Wer das verinnerlicht, wird sich viel weniger ärgern, wenn etwas schief geht – und er wird lernen, Land und Leute zu lieben.

    2. Herzlich willkommen

    Der Stress beginnt am Airport

    Um zehn nach elf zieht die Boeing eine große Schleife über Hurghada. Nach dem Flug über das Rotmeergebirge, das eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer Animation der Marsoberfläche besitzt, erscheint in dem kleinen Fenster die Küste. Das Meer schimmert in allen nur erdenklichen Blautönen. Riffe steigen aus der Tiefe und lassen das Wasser türkisfarben erstrahlen. Riesige Ferienanlagen säumen das Meeresufer. Die beiden quirligen Zentren der Stadt, Dahar und Sekala sind zu erkennen. Eine letzte scharfe Rechtskurve und die Maschine schwebt auf den Flughafen zu.

    »Wir sind soeben in Hurghada gelandet. Das Wetter ist wolkenlos, die Außentemperatur beträgt 32°. Bitte bleiben Sie zu ihrer eigenen Sicherheit angeschnallt sitzen, bis die Maschine ihre Parkposition erreicht hat und die Triebwerke völlig zum Stillstand gekommen sind. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug. Im Namen des Kapitäns und der gesamten Besatzung wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.« Es folgt Musik aus dem Endlosband.

    So endet regelmäßig mein geordnetes mitteleuropäisches Leben, in dem alles seinen Platz und seine Regel hat. Ich komme aus einem Land, in dem die EU die Krümmung der Bananen normiert hat, in der das Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut wird und in dem jeder Bauherr einen Parkplatz nach der Reichsgaragenordnung von 1936 nachweisen muss. Und nun komme ich in ein Land... na ja, davon später mehr.

    Ich trete aus dem Flieger auf die Gangway. Die 32° haben sich natürlich auf den Schatten bezogen. Hier hat es über 50°. Aber genau so muss es sein! Es treibt mich schließlich immer wieder hierher. Hierher, wo das geordnete Chaos herrscht und die Unvernunft zum Lebensprinzip erhoben worden ist. Ich weiß auch, was mich im Flughafengebäude erwartet – andere wissen es nicht.

    Wer die Bedeutung des biblischen Wortes: »Die letzten werden die ersten sein« noch nicht begriffen hat, der wird auf dem Flughafen von Hurghada eine Ahnung davon bekommen. Es ist nämlich ganz wichtig, als letzter in den Bus zu kommen. Wer sich als erster aus dem Flieger drängt, um einen guten Platz zu bekommen, hat schon verloren, denn auf ihn lauert das Chaos.

    Es hat wieder geklappt. Ich bekomme gerade noch einen Stehplatz an der Tür. Als der Bus vor dem Hauptgebäude hält, kullere ich fast hinaus, komme aber als erster in Gebäude. Das ist gut (vorausgesetzt, es werden nicht gerade schon drei Maschinen abgefertigt). In der Halle stehen die Reiseleiter, die auf ihre Pauschalschäflein warten, um ihnen den Weg zum bevorzugten Visaschalter zu weisen. Ich ignoriere sie, denn ich habe meinen eigenen, hinten links in der Halle. Die Visa werden von den Banken verkauft. Eine Bank vermittelt wenigstens die Illusion von Seriosität, bei den Reiseleitern ist das nicht immer so gewesen. Jahrelang besorgten sie sich für einen Spottpreis die Visa und verhökerten sie für teueres Geld an die Urlauber. Das ging so lange gut, bis die Regierung dem schändlichen Treiben ein Ende machte. Sie verteuerte kurzerhand die Visumgebühren so, dass den Reiseleitern gar kein Spielraum mehr für eigene Geschäfte blieb. Doch niemand frage mich bitte, wie teuer ein Visum tatsächlich ist. Zwischen zwei und 15 Dollar habe ich schon jeden Preis bezahlt. Einmal gar musste ich überhaupt nichts bezahlen. Mit jenem Flug waren aber auch kaum mehr als eine Handvoll Touristen eingetroffen und die Branche lag ziemlich am Boden. Vielleicht lag es ja daran. Inzwischen habe ich aufgegeben, den wahren Preis eines

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