Freytags schönste Gedichte: Der polnische Bettler + Die Krone + Albrecht Dürer + Der Sänger des Waldes + Der Tanzbär + Ein Kindertraum + Junker Gotthelf Habenichts + Der stille Trinker...
Von Gustav Freytag
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Über dieses E-Book
Gustav Freytag (1816-1895) war ein deutscher Schriftsteller. Den ersten literarischen Erfolg erzielt er mit dem Lustspiel Die Journalisten, 1855 schließlich erscheint der Roman Soll und Haben, der schnell eine große Verbreitung erreicht. Nicht zuletzt durch diesen Roman wird Freytag in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum meistgelesenen Autor in Deutschland.
Inhalt:
Der polnische Bettler
Die Krone
Des Burschen Ende
Die Dirne
Albrecht Dürer
Der Sänger des Waldes
Der Glaube des Armen
Die Wellen
Das eiserne Kreuz
Der Tanzbär
Der Nachtjäger
Der Elfentanz
Die Beschwörung
Ein Kindertraum
Junker Gotthelf Habenichts
Trinkspruch
An die Studenten
Kunst und Wissenschaft
Die Schöpfung der Künstler
Unser Land
Die Granitschale
Das Zweckessen der Vögel
Bayerische Sage
Die Bauern und der Schulmeister
Der stille Trinker
Die Blume des Weins
Das Trinklied vom kleinen Teufel
Das Theater
Ein Geburtstag von Agnes Franz…
Gustav Freytag
Gustav Freytag (* 13. Juli 1816 in Kreuzburg, Oberschlesien; † 30. April 1895 in Wiesbaden) war ein deutscher Schriftsteller.
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Freytags schönste Gedichte - Gustav Freytag
Der polnische Bettler
Inhaltsverzeichnis
In Breslau vor dem Dome stand einst ein Bettelmann
In grauem, leinenem Kittel, mit vielen Lappen d'ran.
Die Rechte hielt ein Söckchen, die Linke den Knotenstab,
Das weiße Haar hing zottig ihm über die Stirn hinab,
Und traurig sah'n die Augen in's Gotteshaus hinein,
Er legte Stock und Ranzen bedenklich auf einen Stein
Und wischte mit schmutzigem Aermel sich ab der Thränen Thau;
O heilige Mutter Gottes, du braune von Czenstochau!
Hier steh' ich in fremden Landen, ein elender armer Wicht,
Und wenn ich polnisch bitte, verstehn mich die Leute nicht,
Und wenn ich polnisch bete, hier hören die Heiligen nicht,
Du braune Mutter der Polen, hilf deinem armen Sohn,
Du liebe heilige Mutter, ich zittre vor Hunger schon! —
Da kommt ein Fremder! — Gebt mir, o gebt mir, Gottes Lohn!
Der giebt nichts, heilige Mutter. — Einst hatt' ich ein schönes Kleid
Von Tuch mit grünen Schnüren, das war bequem und weit;
Ein Haus von Balken gezimmert, mit neuem Stroh gedeckt,
Ein Rößlein in dem Stalle fast unter der Streu versteckt,
Sechs Hähne auf dem Hofe, die haben mich früh geweckt,
Und in der Kammer ein Bette, dort schlief ich ruhig ein;
Jetzt schlaf ich auf den Steiyen, jetzt weckt mich der Wächter Schrei'n.
Es war an kaltem Morgen, da jagten Kosacken vor's Haus;
Heraus du Landesverräther, du polnischer Hund heraus'.
Sie rissen mich zu Boden und spieen mir in den Bart,
Und hieben mich mit Säbeln nach ihrer groben Art,
Bewarfen das Haus mit Flammen, als wär' es eine Hex',
Und brieten mir die Hähne beim Feuer alle sechs,
Und warfen mich mit den Knöchlein und rissen mich am Ohr.
Ich lag auf kaltem Eise voll Blut und Wunden und fror.
Sie nahmen dem weißen Zaare mein warmes Bette mit,
Und meinen Rock mit Schnüren, das Roß, worauf ich ritt.
Ach Mutter, der große Kaiser muß viele Röcke tragen,
Denn seine Kosacken haben so viele Leute geschlagen.
Am Abend war die Hütte zu Boden gebrannt und gebrochen,
Da zogen die Herren von bannen, da bin ich herzu gekrochen,
Und hab' mit schlotternden Beinen mich in den Schutt gedrückt,
Und habe, du braune Mutter, vor dir mich zur Erde gebückt;
Und hab' dir Alles verziehen, die Schläge, das Rauben, den Brand,
Und hab' nur eins gebeten, nur Rettung dem Vaterland.
— 'S kommt wieder Einer. Gebt mir, o gebt mir, habt Erbarmen!
Die allerkleinste Gabe, ach helft dem polnischen Armen!
Er hat mir nichts gegeben. — Einst halt' ich ein treues Weib,
Die ist im Elend gestorben; ihr kranker schwacher Leib
Liegt unter grünem Rasen, ihr treues Herz dabei,
Das ist vor Gram gebrochen. Sie lag der Tage drei,
Als grade die Schlehen blühten, still unter einem Strauch.
Zwei Tage hat sie geweinet und ich, ich weinte auch,
Am dritten Morgen aber, da klagt' und weinte sie nicht,
Sie faßte mich bei den Haaren und zog mich an's Gesicht,
Und sah mich lange grausig und sehr bekümmert an
Und starb, — ich saß verlassen, ein alter Bettelmann.
Du braune Mutter der Polen, hilf deinem armen Sohn,
Du heilige Mutter Gottes, ich zittre vor Hunger schon.
— Da kommt ja Einer. Gebt mir, o gebt mir, helft dem Armen!
Auch dieser giebt nicht, Mutter, sie haben ja kein Erbarmen,
Du liebe heilige Mutter! — Einst hart' ich einen Knaben,
Gekräuselt war sein Schnurrbart und schwarz wie Federn der Raben,
Und wenn ihm die Augen glänzten, da war's wie Sonnenlicht,
Wie Rosen und Schnee zusammen, so war sein Angesicht.
Der trat am frühen Morgen an meines Bettes Breite,
Die Sense auf der Schulter, den Kober an der Seite;
Er küßte mir das Hemde und sagte: „leg' die Hand
„Auf meinen Kopf, ich gehe zu mähen in das Land!
„Es wuchert auf unserm Boden Unkraut so dick und lang,
„Heut fliegen die Raben; heute beginnt der Schnittergang.
Ich hielt ihn fest umschlossen, unheimlich war mir und bang'.
Er sprang mit schnellen Schritten zum hohen Thor hinaus,
Die Sens' auf seinem Rücken, als zög' er zum Erndteschmaus.
Ich stieg im Hemd' auf die Leiter, sah über's Thor ihm nach
Und streckte meine Arme zum Segen aus und sprach:
Du liebe, heilige Mutter, o nimm ihn in deine Hut!
Und sieh', das Haft du vergessen, das war nicht ehrlich und gut,
Er liegt von Pferden zertreten, zertreten in polnischem Sand,
Sein Vater steht und zittert vor Hunger in fremdem Land.
Sieh', wieder ein Fremder. Gebt mir, o gebt mir, helft dem Armen!
Ach, Alle schreiten vorüber und keiner hat Erbarmen.
So gehts nicht, heilige Mutter, du willst mich nicht verstehn,
Ich soll dich stärker bitten, ich will dir näher gehn. —
Er fuhr sich über die Augen und schlich zur Kirche hinein.
Da prangten die heiligen Bilder gar stolz im Kerzenschein;
Der Bettler drehte die Mütze mit seiner zitternden Hand
Und schlich von Pfeiler zu Pfeiler und schaute von Wand zu Wand,
Sah mancher Mutter Gottes verwundert in's Gesicht,
Die braune Mutter der Polen, die sah er nirgend nicht.
Da setzt' er sich zur Erde und weinte bitterlich:
Mit Knöchlein von meinen Hähnen, da hat man geworfen mich,
Mein Weib ist mir gestorben, mein Haus ist abgebrannt,
Mein Knabe liegt zertreten, zertreten das Vaterland,
Auch kann die heilige Mutter mir nicht erbetteln das Brod,
Die braune Mutter der Polen ist auch gestorben und todt.
Der Abend kam; da küßte der letzten Thräne Thau
Aus seinen geschlossenen Augen die Mutter von Czenstochau. —
Die Krone
Inhaltsverzeichnis
(Indisch)
Der König Nadir saß gedankenvoll
Auf seinem Stuhl im Abendsonnenschein;
Mit Federn spielend, jauchzte wild und toll
Im weiten Blumenfelde Prinz Hussein;
Und zu des Königs Füßen lag im Klee
Der Krone goldner, steingeschmückter Ring.
Der Kleine blies die Feder, weiß wie Schnee
In hohe Lüfte, lief als Schmetterling
Ihr über Blumen, Busch und Steine nach;
Und war der Wind des Federtreibens satt,
Bauscht eifrig er die Bäckchen auf und jach
Trieb er den Flaum auf's Neue von der Statt.
Doch endlich fiel die Flocke niederwärts
Und hing als Fahne an der Krone Knauf;
Da griff der Prinz die Krone, setzt' im Scherz
Sie eilig seinen Rahenlocken auf,
Und riß sie wieder