Im Schatten Gottes
Von Günther Peer
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Über dieses E-Book
Günther Peer
Geboren in heiligen Jahr 1950, Ausbildung als Großhandelskaufmann, aktiv in der Jugendarbeit, Leiter einiger Ministrantengruppen, dann theologische Laufbahn als Konventuale in einem Kloster, Religionslehrer, nach seinem Austritt als Lehrer tätig, später als Korrektor und Texter in einer Druckerei, schreibt er heute Lyrik und Romane zu theologischen Themen. Aktuelles Buch: "Der Himmel der Hölle" , ein fiktiver Roman, der in einem Kloster des 16 Jh. spielt. Macht, Intrigen und Verfehlungen zeigen das Sittenbild der damaligen Zeit, im Lichte klösterlichen Lebenswandels.
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Buchvorschau
Im Schatten Gottes - Günther Peer
Inhaltsverzeichnis
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
Epilog
Quellennachweis
Zum Nachlesen
Impressum
Im Schatten Gottes
Günther Peer
_____________
Im Schatten Gottes
Roman
Prolog
Der Stoff der Geschichte ist fiktiv, die Zeitgeschichte real. Menschen mit oder ohne Glauben sollten über die Handlung des Romans zum Nachdenken angeregt werden, was christliche Werte bedeuten könnten. Auf faszinierende Weise werden Fakt und Fiktion verbunden.
Dieser Roman ist weder eine Huldigung noch eine Kritik an Papst Franziskus I., sondern zeigt lediglich eine etwas andere Sichtweise auf das Papsttum. Der Leser erhält einen kurzen Einblick in die Kirchengeschichte, die obskure Entstehung der Bibel und kann so eigenverantwortlich Schlüsse ziehen sowie die Amtsführung von Päpsten hinterfragen oder einfach nur glauben.
Sollte den Papst nicht ein christliches Charisma umhüllen? Stattdessen beruft sich seine Souveränität auf die Lateranverträge von 1929 und dem Nazi-Konkordat von 1933. Ebenso bedenklich sind einige moralische Dogmen der christlichen Lehre, die feindselig den Menschenrechten gegenüberstehen.
1. KAPITEL
ROM, Petersplatz
Es ist der 13. März 2013, kurz nach 19:00 Uhr. Tausende Gläubige harren auf dem Petersplatz aus, schauen gebannt nach oben. Da. Rauch steigt aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle. Weißer Rauch. Die 1,2 Milliarden Katholiken haben wieder ein Oberhaupt. Die Vorfreude ist kaum noch zu ertragen. Endlich. Nach geduldigem Warten tritt hinter dem riesigen, roten Samtvorhang auf der Loggia am Petersdom ein schmächtiger Kardinal hervor und spricht mit heißerer Stimme, nach einer jahrhundertealten Tradition, die Formel der Bekanntgabe des neuen Papstes.
„Annuntio vobis gaudium magnum – Habemus papam."
Sogleich verkündet der Camerlengo den Namen des Auserwählten: Eminentissimum ac Reverendissimum, Dominum Cardinalem Jorge Bergoglio.
Tosender Jubel braust auf, umschließt den Petersplatz wie ein Kreis aus Freude und Erwartung. Doch was war das? Der neue Papst ist kein Italiener. Keiner aus der Dritten Welt. Kein Afrikaner, wie selbst ernannte Vatikanexperten in Aussicht stellten. Auch keiner der Favoriten, die wochenlang in der Boulevardpresse in großen Lettern genannt wurden. Sondern der Erzbischof von Buenos Aires. Ein Lateinamerikaner. Ein nicht ganz unumstrittener Kirchenmann, der nun an der Spitze der Christenheit steht. Durch eine Indiskretion aus der Kurie ist bekannt geworden, dass dieser Kardinal bereits im letzten Konklave als aussichtsreicher Papst-Kandidat galt. Doch dann erreichte unerwartet eine E-Mail den Vatikan. Ein Journalist berichtete von den widersprüchlichen Aussagen des Erzbischofs, während der Militärdiktatur in seinem Land. Offenbar sollte er zwei Priester denunziert haben. Deshalb entschieden sich damals die Kardinäle für den nun emeritierten Papst.
Endlich teilt sich der weiße Vorhang der Papstloggia und heraus tritt ein vollschlanker Mann, ganz in Weiß, und blickt schüchtern, beinahe ungläubig, zu der Menschenmenge am Petersplatz hinab. Lange bleibt er wie angewurzelt stehen, schweigt und winkt zaghaft. Dann öffnet er lächelnd seine Lippen und spricht die ersten Worte als Papst.
„Buona sera!"
Frenetischer Jubel. Tosender Applaus. Das also ist der neue Pontifex Maximus. Schon jetzt ist der Unterschied zu seinem Vorgänger erkennbar, der das Zeremoniell liebte, die kostbaren Ornate. Im völligen Kontrast der neue Papst: In schlichter, weißer Soutane. Ohne roten Samtumhang mit dem Hermelinbesatz. Auch trägt er kein schweres goldenes Brustkreuz, sondern eines aus Eisen. Keine roten Schuhe, sondern abgenutzte Straßenschuhe. Bei seiner Amtseinführung verzichtet er aber nicht auf seine päpstlichen Insignien: Den Fischerring, das Pallium, Mitra und Ferula, als Bischof von Rom. Er wählt den Papst-Namen Franziskus, den keiner seiner Vorgänger trug, und der wohl richtungsweisend sein wird. Der etwas andere Papst wählt offenbar bewusst den Namen eines Heiligen aus dem 12. Jahrhundert: Franz von Assisi, den Begründer des Ordens der Minderen Brüder (Franziskaner).
In vergangenen Jahrhunderten trugen die Päpste bei der Inthronisation oder zu feierlichen Anlässen die dreifache Tiara, zum Zeichen ihrer Macht: Weiheamt, Lehramt, Rechtssprechung. Doch seit Papst Paul VI., der nach seiner Krönung die Papstkrone symbolisch verschenkte, zugunsten armer Menschen der Stadt Rom, trug kein Papst mehr dieses Machtsymbol einer glorifizierenden Kirche. Kann dieser bescheiden wirkende Mann im schlichten Weiß, bekannt für seinen spartanischen Lebensstil, die römisch-katholische Kirche wirklich erneuern und leiten? Sollte bei der Wahl dieses Kardinals zum Oberhaupt der Christen der Heilige Geist tatsächlich mitgewirkt haben? Nach den Ärgernissen in der katholischen Kirche brennt es im Himmel: Der Skandal um die Banco Ambrosiano, den schlimmen Missbrauchsfällen, dem Glaubensverlust und den unzähligen Kirchenaustritten. Oder war es einfach das Kalkül der Kurie, eine Wende einzuleiten und einen Papst zu wählen, der die enttäuschten Gläubigen wieder in den Schoß der heiligen Mutter Kirche zurückführt? Denn um wieder Macht und Einfluss auf die Gesellschaft ausüben zu können, braucht die Kirche neben einem Imagewandel auch Geld. Viel Geld.
Unter den unzähligen Gläubigen am Petersplatz steht auch ein elegant gekleideter Mann, Anfang Fünfzig, mit grauen Schläfen, der wie gebannt auf die Papstloggia blickt. Bei näherem Hinsehen erkennt man aber dass er sich nicht von der allgemeinen Bewunderung blenden lässt. Zwar lauscht er mit großem Interesse den Worten des neuen Papstes, aber Begeisterung sieht anders aus. Wer ist der Unbekannte? Er trägt keinen Ring an der rechten Hand. Offenbar ist er ungebunden. Die Art der Kleidung, seine vornehme Zurückhaltung, verleiht ihm eine geheimnisvolle Aura. Und er hat Tränen in den Augen. Vor Rührung? Nein, das kann nicht sein, denn eine Hand hat er zur Faust geballt. Ab und zu stampft er mit dem rechten Fuß wie ein trotziges Kind auf das Kopfsteinpflaster. Was hat das zu bedeuten?
„Sind Sie nicht einverstanden mit dem neuen Papst?" fragt neugierig eine Ordenschwester, die so knapp zu seiner Linken steht dass sie beinahe seine Hand berührt. Verwundert dreht er ihr den Kopf zu, blickt sie provokant an.
„Ist das so offensichtlich?"
„Schon … ich kann Ihre Auflehnung nicht ganz nachvollziehen", meint sie sanft.
„Würden Sie meine Lebensgeschichte kennen, könnten Sie es verstehen", antwortet er einsilbig.
„Wollen Sie mir ein wenig darüber erzählen?"
„Jetzt … und hier?" ist er erstaunt über diese Aufforderung.
„Ich bin Schwester Annunziata aus dem Karmel vom Heiligen Blut." Der Fremde lächelt gequält.
„So … so."
„Und Ihr Name?" Die Schwester lässt nicht locker. Das haben Ordensfrauen so an sich. Immer beharrlich ein Ziel verfolgen.
„Mein Name ist Alexander Pertoni."
„Ein schöner Name … klingt aristokratisch. Irgendwie kommt mir der Name auch bekannt vor."
„Gut geraten … ich bin von vornehmer Herkunft, aber leider verarmt." Bitterkeit liegt in seiner Stimme.
„Geld ist nicht alles im Leben. Da müsste doch der neue Papst Ihrem Herzen sehr nahe kommen." Herr Pertoni lacht zynisch.
„Eine Geste ist noch kein Credo. Und mir fehlt der Glaube an Veränderung." Die Schwester starrt ihn an.
„Sie bezweifeln die Worte des Papstes?"
„Seien wir doch ehrlich, Schwester. Der Mann in Weiß versucht doch nur die Gläubigen nach den schrecklichen Missbrauchsfällen wieder in die Kirchen zu locken."
„Ich bin entsetzt, über ihre Denkweise, Cavaliere Pertoni." Ihre Augen blitzen feindselig unter der randlosen Brille.
„Keinesfalls wollte ich Ihnen zu nahe treten, doch ich bin eher ein Zweifler als ein Glaubender."
„Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht?" meint sie versöhnlich.
„Vielleicht haben Sie schon einmal den Namen Monsignore Angelo Giovanni Pertoni gehört?"
„Um Gottes willen … sie bekreuzigt sich „… doch nicht etwa der sündige Abt? Das sind Sie.
„Kennen Sie mein Schicksal?"
„Aber sicher. Sie wurden doch wochenlang im L`Osservatore Romano an den Pranger gestellt." Mitleidig blickt sie ihn an.
„Dann wissen Sie auch um meine angebliche Sünde?"
„Keiner von uns ist ohne Sünde", antwortet die Schwester gottergeben.
„Meine Verfehlung mag nach der Morallehre der katholischen Kirche eine Sünde sein … aber … Pertoni verzieht sein Gesicht zur Grimasse „… meine Sünde war ein Missverständnis, doch das leugnete die Kurie. Also suchten sie nach einem Vorwand – meine angebliche Prunksucht. Aber ist das wirklich eine Sünde? Dann müsste der emeritierte Papst auch ein Sünder sein.
Seine Worte klingen abwertend.
„Wie können Sie es wagen Seine Heiligkeit mit Ihrer Person zu vergleichen. Gott möge Ihnen vergeben", murmelt die Schwester fassungslos.
„Wie Sie nun selbst erleben, auch Sie messen mit zweierlei Maß. Als sich Benedikt XVI. in seinen roten Schuhen, mit Hermelinmäntelchen und Camauro und mit juwelenbesetzten Brustkreuz am Petersplatz den Gläubigen zeigte, war dies ganz selbstverständlich. Als ich als Abt mit einer juwelenbesetzten Mitra ein feierliches Hochamt zelebrierte, wurde ich als prunksüchtig beschimpft. Sind nicht alle gleich vor dem Herrn?"
„Natürlich sind alle gleich vor Gott, antwortet sichtlich irritiert die Schwester „… dennoch gibt es einen Unterschied zwischen einem Papst und einem Abt.
„Und der wäre." Alexander Pertoni reagiert verärgert.
„Nun … Die Schwester zögert, überlegt fieberhaft nach einem starken Argument „… nun … der Papst ist der Stellvertreter Christi, und ein Abt ist nur ein Klostervorsteher. Da erklärt sich doch von selbst der Unterschied. Oder etwa nicht?
Die Schwester schaut Herrn Pertoni aufmüpfig ins Gesicht, räuspert sich, holt umständlich ein zusammengefaltetes, weißes Taschentuch aus ihrem Ordensrock hervor und schnäuzt sich lautstark.
„Entschuldigen Sie vielmals Schwester, aber so naiv antworten nur kasernierte Ordensschwestern."
„Kaser … was?" Die Schwester ist sichtlich überfordert.
„Verzeihen Sie ehrwürdige Schwester, ich meine damit Ordensfrauen, die hinter Mauern leben und nur bei seltenen Gelegenheiten das Kloster verlassen dürfen", erklärt Herr Pertoni von oben herab.
„Verstehe … aber deswegen sind wir noch lange nicht weltfremd … und wir kennen die feinen Unterschiede. Merken Sie sich das", antwortet sie beherzt.
„Ehrwürdige Schwester … beten Sie für mich", bat er, wendet sich ab und versucht sich einen Weg durch die jubelnde Menge zu bahnen. Mit Ellenbogentechnik schafft er es bis zu den Kolonnaden vorzudringen, dann versperrt ihm eine Gruppe dunkelhäutiger Priester ein Vorwärtskommen. Sie tragen schwarze Soutanen und starren fasziniert zur Papstloggia hinauf. Pertoni bleibt widerwillig stehen.
„Excuse me, Mister", murmelt er, während er einem der Priester auf die Schulter klopft, der sich sogleich umdreht und ihn aus freundlichen Augen anstrahlt.
„Ich kann Sie gut verstehen, lächelt er, während er in akzentfreiem Deutsch weiter spricht „... Sie freuen sich auch über den neuen Papst?
„Das kann ich nicht behaupten … ich kenne diesen Mann nicht", antwortet er biblisch.
„Also kein Katholik, aber bibelfest", meint der Priester trocken.
„Nein, nein, ich bin schon katholisch getauft … aber ein Abtrünniger."
„Wie soll ich das verstehen." Augenblicklich verfinstert sich seine Miene.
„Um ehrlich zu sein, ich möchte mich Ihnen nicht offenbaren … ich kenne Sie nicht."
„Aha ... Sie sind kein Menschenfreund oder nur sarkastisch?"
„Das ist kein Sarkasmus, sondern Lebenserfahrung." Herr Pertoni muss Paroli bieten. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen. Was weiß schon der andere von seinem entbehrungsreichen Leben. Von den Intrigen. Dem Missverständnis.
„Dann erzählen Sie mir doch ein wenig mehr von sich, wo wir doch im Glauben vereint sind", antwortet er, als hätte er die Gedanken erraten.
„Sie leiten von einer zufälligen Begegnung die Erkenntnis ab, dass ich mich Ihnen anvertrauen möchte?"
„Warum nicht, wo doch der Heilige Vater so wunderbare Worte der Eintracht ausgesprochen hat." ‚Noch so einer, der beharrlich sein Ziel verfolgt’, denkt Pertoni. Er muss sowieso stehen bleiben, da die Menschenmenge dichtgedrängt, Kopf an Kopf, Fuß an Fuß, am Petersplatz verharrt. Da ist gegen ein unverbindliches Gespräch nichts einzuwenden.
„Was führt Sie dann auf den Petersplatz, wenn … ach … entschuldigen Sie, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Pater Franziskus von den Salesianern aus Benediktbeuern ... für ein Jahr freigestellt, wegen Studienzwecke."
„Angenehm. Mein Name ist Alexander Pertoni …" Als der Pater den Namen hört, wird er hellhörig.
„Pertoni … hm … ich dachte schon Sie sind Monsignore Angelo Pertoni, der sündige