Tirol menschlich betrachtet: Zeitzeugen im Gespräch
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Über dieses E-Book
Alpinlegende und Extrembergsteiger Reinhold Messner erzählt von abenteuerlichen Erfahrungen in den Bergen, in der Wüste und im ewigen Eis, über Grenzgänge - und vom Heimkehren nach Südtirol.
Bildhauer und Maler Rudi Wach berichtet, was ihn auch von Mailand aus stets mit seiner Heimat verbunden hat, von den Geheimnissen des Marmors und weshalb sein Kruzifix mit einer nackten Christusdarstellung in Innsbruck zu heftigen Kontroversen geführt hat.
Helga Machne, die erste Bürgermeisterin Tirols - das ehemalige Stadtoberhaupt von Lienz - spricht über ihre sehr besondere politische Karriere und erzählt, weshalb der Schützenhauptmann ihr als Frau den Salutschuss verweigerte.
Der Goinger Stanglwirt Balthasar Hauser blickt auf 250 Jahre Wirtshausgeschichte ohne Ruhetag zurück - und darauf, wie aus einem einfachen Wirtshaus ein luxuriöses 5-Sterne-Biohotel wurde, in dem sich internationale Prominenz die Klinke in die Hand gibt.
Athesia-Grand-Dame Martha Ebner reflektiert über die bewegte Geschichte Südtirols - im stolzen Alter von 93 Jahren. Die Chefredakteurin der "Südtiroler Frau" hat bis heute nichts von ihrer Energie verloren.
Der ehemalige Tiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner eröffnet spannende Einblicke in die jüngste Tiroler Politikgeschichte. Vom Quereinsteiger in der Landespolitik auf rasantem Wege zum Landeshauptmann von Tirol - und zwar zu einem, der Tirol nachhaltig geprägt hat.
Sechs große Tiroler Persönlichkeiten erzählen im Gespräch mit Felix Mitterer aus ihrem Leben. All ihre Erfahrungen und Erlebnisse, all ihre Entscheidungen und Handlungen zeichnen im Rückblick ein Mosaik von mehreren Jahrzehnten der Tiroler Geschichte.
Dieses Buch versammelt Beiträge über
- Martha Ebner
- Balthasar Hauser
- Helga Machne
- Reinhold Messner
- Wendelin Weingartner
- Rudi Wach
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Buchvorschau
Tirol menschlich betrachtet - Tiroler Tageszeitung
Verlag
Ein einzigartiges Erlebnis
Dr. Karl Stoss, Generaldirektor der Casinos Austria AG
Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,
wieder einmal ist es gelungen, in der nun schon vierten Staffel „Zeitzeugen-Gespräche großartige Persönlichkeiten aus Nord- und Südtirol, die sehr viel aus ihrem reichhaltigen Leben zu erzählen hatten, auf die Bühne des Casinos Innsbruck zu bringen. Das einmalige und einzigartige Erlebnis für die Zuhörer und Zuseher im Casino Innsbruck wurde souverän und spannend moderiert von Felix Mitterer, dem an dieser Stelle besonderer Dank gebührt. Gekonnt, einfühlsam, aber auch humorvoll hat er die Gespräche mit den „Zeitzeugen-Gästen
geführt und diese außergewöhnlichen Persönlichkeiten dem Publikum nähergebracht.
Bedanken möchte ich mich auch für die großartige Partnerschaft und Kooperation bei der Tiroler Tageszeitung und beim ORF Landesstudio Tirol, ohne die unsere „Zeitzeugen-Serie" nicht diese Erfolge feiern könnte.
Großer Dank gebührt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Casinos Innsbruck, die durch die professionelle Vorbereitung und Gastfreundschaft den Besuchern stets ein angenehmes Ambiente bieten.
Schon jetzt darf ich Ihnen ankündigen, dass es auch eine fünfte Staffel geben wird. In diesem Sinne freuen wir uns auch auf die fruchtbare Fortsetzung dieser Zusammenarbeit in der nächsten Gesprächsrunde mit namhaften Tiroler Persönlichkeiten.
Dr. Karl Stoss
Generaldirektor Casinos Austria AG
Meilenstein der Geschichtsschreibung
Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding
Die Erfolgsgeschichte geht weiter – mit dem vierten Band unserer jetzt schon traditionellen Zeitzeugenserie präsentieren wir einmal mehr sechs Persönlichkeiten aus Süd-, Ost- und Nordtirol, die in verschiedenen Bereichen maßgeblichen Anteil an der beeindruckenden Entwicklung unseres Landes hatten und haben.
Helga Machne, Martha Ebner, Wendelin Weingartner, Balthasar Hauser, Rudi Wach und nicht zuletzt Reinhold Messner gelten allesamt als faszinierende VertreterInnen eines Tirols, auf das wir mit Recht stolz sein können.
Die Idee, deren persönliche Geschichten nachzufragen, niederzuschreiben und in einem Buch mit sechs Kapiteln zu veröffentlichen, betrachte ich als einen Meilenstein in der Bemühung, mehr über unser Tirol zu erfahren. Wir halten also hier gleichsam ein Nachschlagewerk in den Händen, das für mich sowohl der Bereicherung der Geschichtsschreibung durch einen persönlichen Blickwinkel dient wie auch der Stärkung unseres Geschichtsbewusstseins.
Ganz besonders freut es mich natürlich, dass es gelungen ist, mit Felix Mitterer einen Zeitzeugen der ersten Stunde als Star-Moderator zu engagieren. Felix, der Dramaturg, hat es meisterhaft verstanden, im richtigen Augenblick die richtigen Stichworte zu geben, er motivierte seine Gäste zum Erzählen, und es untermauert die Qualität der Gespräche, dass jedes einzelne in die Verlängerung ging.
Verbunden mit einem herzlichen Danke an unsere Zeitzeugen, an unsere Partner Casinos Austria und ORF Tirol, an Felix Mitterer und den Haymon Verlag wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre und freue mich jetzt schon auf Teil fünf der Serie.
Hermann Petz
Vorstandsvorsitzender der Moser Holding
Faszinierende Lebensgeschichten
Helmut Krieghofer, Landesdirektor des ORF Tirol
In der bereits vierten Staffel der beliebten Gesprächsreihe „Zeitzeugen" ist die jüngere Zeitgeschichte Tirols einmal mehr spannend und sehr persönlich erzählt worden. An sechs Abenden haben jeweils Hunderte interessierter Tirolerinnen und Tiroler faszinierende Persönlichkeiten als Zeitzeugen erlebt, im Gespräch mit Felix Mitterer haben diese teils ganz neue Einblicke in ihre jeweiligen Lebensgeschichten zugelassen.
Rudi Wach hat als junger Künstler Tirol verlassen, um in Mailand zu studieren, wo er bis heute lebt und arbeitet. Mit seiner Heimat ist er stets verbunden geblieben.
Reinhold Messner fesselt mit seinen Erzählungen über Jahrzehnte voller Abenteuer, beim Besteigen der weltweit schwierigsten Berge oder beim Durchqueren von Wüsten und Eisregionen.
Helga Machne hat als erste Stadtchefin von Lienz – und erste Bürgermeisterin einer Tiroler Stadt überhaupt – Politikgeschichte geschrieben. Schmunzeln kann sie heute darüber, dass ein Schützenhauptmann einst zunächst den Salutschuss für eine Frau verweigert hat.
Wendelin Weingartner gewährt als ehemaliger Landeshauptmann spannende Einblicke in die jüngere Tiroler Politikgeschichte. Der frühere Chef der Hypo Tirol Bank wurde als Quereinsteiger in die Politik geholt.
Martha Ebner, die Grande Dame im Verlagshaus Athesia, erzählt aus einem bewegten Leben, das die Zeitgeschichte Tirols spiegelt – von der Zeit der Option über die Attentate der Südtirol-Aktivisten bis in die Gegenwart.
Balthasar Hauser, der Stanglwirt in Going, ist seit Jahrzehnten Gastgeber für unzählige Prominente. Seine Philosophie von Gastlichkeit bringt der Stanglwirt mit „Bauer trifft Beckenbauer" auf den Punkt.
In den „Zeitzeugen-Gesprächen haben all diese außergewöhnlichen Persönlichkeiten fesselnde Lebensgeschichten erzählt. Im „Trommelfell
von ORF Radio Tirol waren die Höhepunkte aus den einzelnen Interviews bereits zu hören. Ich darf Ihnen eine kurzweilige Lektüre mit den ausführlichen Lebensgeschichten der „Zeitzeugen" empfehlen.
Helmut Krieghofer
Landesdirektor ORF Tirol
Tiroler Geschichte in einfühlsamen Porträts
Projektkoordinator Fred Steinacher
Moderator Felix Mitterer im Gespräch mit Zeitzeuge Rudi Wach
Als wir 2012 begonnen haben, die faszinierenden Erlebnisse und Erinnerungen herausragender Tiroler Persönlichkeiten in Buchform zu veröffentlichen, war uns schon bewusst, dass wir mit diesen Beiträgen eine ganz besondere Form der Tiroler Geschichtsschreibung verwirklichen können. Tatsächlich ist es in all den Jahren und mit bisher – inklusive dieser Ausgabe – vier Bänden den Redakteuren der Tiroler Tageszeitung nicht nur perfekt gelungen, einfühlsame Porträts der Zeitzeugen zu vermitteln, sondern vor allem die Erinnerungen und Erlebnisse aus Vergangenheit und Gegenwart zu einem hochinteressanten Lesestoff zu verarbeiten.
Helga Machne, Martha Ebner, Rudi Wach, Wendelin Weingartner, Reinhold Messner und Balthasar Hauser – sie alle erzählten, meisterhaft geführt von Felix Mitterer als Moderator, ihre Lebensgeschichten, verrieten einer sehr aufmerksamen Zuhörerschaft bis dato unbekannte Einblicke in ihre persönlichen Zeitreisen.
Dabei sind „Bilder" entstanden, die – quasi als roter Faden – auf unterschiedliche Art und Weise durch die Jahrzehnte führen, die Vergangenheit treffend, vor allem aber menschlich skizzieren.
Mit einem herzlichen Dankeschön an alle Zeitzeugen, den Redakteuren und Felix Mitterer wünsche ich viel Spaß mit diesem spannenden Lesestoff und freue mich auf die Vorbereitungen für die nächste Serie unserer Zeitzeugengespräche.
Fred Steinacher
Projektkoordinator Moser Holding
„Für a Weibische schiaß ma nit" – Tirols erste Bürgermeisterin Helga Machne
Von Catharina Oblasser
Helga Machne im Juni 2015 beim Zeitzeugengespräch in Innsbruck
„Geh ja nicht in die Politik", hatte Helga Machnes Vater sie immer gewarnt. Dass die Tochter, die offensichtlich zur Chefin geboren war, sich nicht daran hielt, bescherte dem Land Tirol eine Premiere. 1994 wurde Helga Machne Lienzer Bürgermeisterin und damit das erste weibliche Gemeindeoberhaupt Tirols. Außerdem konnte sie als erste Frau überhaupt den Bürgermeistersessel einer österreichischen Bezirkshauptstadt erobern. Das hat der Vater nicht mehr erleben dürfen. Dass seine Tochter eine politische Karriere machen sollte, hätte er wohl nicht für möglich gehalten. 2003 trat Machne als Lienzer Bürgermeisterin zurück, war jedoch zu dieser Zeit schon weiter aufgerückt: Sie saß für die ÖVP im Nationalrat.
Die Metzgerstochter
Helga Machne wurde am 30. August 1938 als Helga Glanzl in Dölsach nahe Lienz geboren, als ältestes Kind eines Metzgermeisters. Sie hat drei Brüder. Aufgewachsen ist sie in Lienz. „Mein Vater musste damals nicht einrücken, er hat während des Krieges die Fleischverteilung übernommen, erzählt sie. Bombenalarme waren während Helgas früher Schulzeit nichts Außergewöhnliches. „Ich war sechs Jahre und ging in die Volksschule im so genannten Klösterle
. Das Klösterle des Ordens der Dominikanerinnen gibt es heute noch. Eine Volksschule ist dort zwar nicht mehr, jedoch eine mittlere bildende Schule für Wirtschaftsberufe. „Uns wurde eingetrichtert, dass wir uns in einem Torbogen verstecken müssen, wenn die Sirene geht." Das musste die kleine Helga mehrmals machen. Die Mutter habe sie dann immer abgeholt, erinnert sie sich. Der Unterricht wurde für einige Kinder aus Sicherheitsgründen dann in ein Gebäude außerhalb der Stadt verlegt, in das Schlössl Bad Weiherburg.
Im Krieg haben Bomben auch Lienz getroffen. „In unser Haus am Hauptplatz sind sieben Bomben eingeschlagen", so Machne. Das Kriegsende erlebten die Glanzl-Kinder in Dölsach, der Heimat der Mutter. Bis das Haus am Lienzer Hauptplatz wieder bewohnbar war, zog die Familie für ein Jahr in eine Baracke am Brennerleweg.
Mehr Bettler als Kunden
Politik sei nie ein großes Thema im Hause Glanzl gewesen, sagt die Alt-Bürgermeisterin. „Obwohl ich meine Eltern später sehr wohl gefragt habe: Wie hat man Hitler denn überhaupt zustimmen können? Ihre Mutter habe auf die 1930er-Jahre und die große wirtschaftliche Not damals hingewiesen. „Sie sagte: Damals haben wir im Geschäft mehr Bettler als Kunden gehabt
, erzählt Machne. Vor diesem Hintergrund habe damals vieles anders ausgesehen als heute. Ansonsten sind Kindheit und Jugend unspektakulär verlaufen. „Ich bin immer gerne in die Schule gegangen, ich hätte auch gerne studiert, doch das war damals nicht vorgesehen." Nach der Hauptschule absolvierte sie die Handelsschule, erlernte Buchhaltung und besuchte schließlich die Hotelfachschule in Bad Gastein. Dort arbeitete sie später als Rezeptionistin.
Ein Bad für Heinz Conrads
Sport war Helgas Vater immer ein großes Anliegen. „Er hat schon in den Bombenruinen unseres Lienzer Hauses Reck und Ringe aufgestellt, zum Trainieren. Tennis, eine Sportart, die Helga später zu ihrer großen Liebe finden ließ, erlernte sie als junges Mädchen. Auch ein kleines Schwimmbad errichtete Glanzl sen. in der Mühlgasse, wo zwei seiner Kinder heute noch leben. „Ich erinnere mich an eine Anfrage der Lienzer Stadtführung aus dem Jahr 1958. Heinz Conrads war in der Stadt, man suchte eine Schwimmgelegenheit für ihn. Damals gab es das Dolomitenbad noch nicht, nur die wenig ansehnliche Schwimmschule Lienz.
Conrads hatte Glück und konnte bei den Glanzls privat planschen.
Das Tennisspiel brachte Machne übrigens sogar einen Titel – wie es sich für eine künftige Bürgermeisterin gehört – auf Gemeindeebene. Sie wurde einmal Lienzer Stadtmeisterin. Im Team schaffte sie sogar mehrere Kärntner Landesmeistertitel. Die Leidenschaft für Tennis ist in der Familie geblieben. Machnes erster Enkel Leonhard, Sohn der ältesten Tochter Alice, ist mit seinen elf Jahren heute unter den ersten zehn in der Rangliste seiner Altersklasse.
Die USA rufen
Skifahren gehörte ebenfalls zum sportlichen Repertoire der jungen Lienzerin. Und so dauerte es nicht lange, bis eine Anfrage von Othmar Schneider kam. Der Skipionier aus Lech am Arlberg hatte in Michigan, USA, eine Skischule gegründet. „Österreicher waren damals als Skilehrer sehr gefragt, und man verdiente relativ gut. Englisch konnte Helga Machne aus ihrer Schulzeit, die sportlichen Kenntnisse waren ebenfalls vorhanden. „Obwohl ich glaube, die haben uns eher nach dem Aussehen ausgewählt
, meint die Alt-Bürgermeisterin schmunzelnd. Wenn man ein Foto der jungen Helga aus den 1960er-Jahren sieht, so scheint das nicht so weit hergeholt. Schließlich wurde die Lienzerin Teil der 70-köpfigen Skilehrerbrigade von Othmar Schneider in Boyne Mountain. „Das Skiressort war mit heutigen Standards nicht zu vergleichen, was die Pisten betraf. Es liegt ungefähr auf der Höhe von Thurn. Zur Information: Die Gemeinde Thurn nördlich von Lienz liegt auf etwa 855 Metern Seehöhe. Damals war das Skifahren für die meisten US-Bürger noch Neuland. „Wir hatten hauptsächlich Anfängergruppen
, erzählt Machne. Technisch zeigten sich die Amerikaner aber schon damals auf neuestem Stand. Die erste Schneekanone der Welt war 1962 in Boyne Mountain im Einsatz. Der jungen Helga oblag das Kinderprogramm, auch nach dem sportlichen Unterricht galt es, sich um die Skischüler zu kümmern. Denn im Gegensatz zu den Lienzer Skigebieten war es in Boyne Mountain damals schon Standard, die Gäste umfassend zu betreuen, mit ihnen rodeln zu gehen und für Unterhaltung zu sorgen. In anderer Hinsicht herrschte dort jedoch noch tiefstes Mittelalter. „Es war Schwarzen nicht erlaubt, das Ressort zu betreten", erinnert sich Machne.
Daumenhalten um vier Uhr früh
In den USA traf sie den Olympiasieger und Slalomweltmeister von 1964, Pepi Stiegler, ebenfalls ein Lienzer. „Er konnte nicht Englisch, ich habe gedolmetscht. In guter Erinnerung ist mir das Treffen geblieben, weil Pepi sagte, er würde nie in die USA auswandern, erzählt Machne. Dabei ist Stiegler 1965 in die USA gegangen und hat im Wintersportort Jackson in Wyoming seine eigene Skischule gegründet. Bis 1994 leitete er sie. Stieglers Olympiasieg in Innsbruck war übrigens auch jenseits des großen Teiches eine aufregende Angelegenheit. „Erst hätte er gar nicht starten dürfen, weil er nicht qualifiziert war, doch das hat sich dann regeln lassen
, erinnert sich Machne. Schließlich saßen die Osttiroler fiebernd vor dem Fernsehapparat, als das Rennen übertragen wurde – bedingt durch die Zeitverschiebung um vier Uhr früh. „Es war wie ein Krimi", weiß Machne noch.
Mehrere Wintersaisonen arbeitete die Bürgermeisterin in spe als Skilehrerin in den USA. Für den Sommer hatte sie gleichlautende Angebote. „Ich hätte im Sommer in Chile in Skigebieten unterrichten können. Aber das wollte ich nicht", erzählt sie. Erklärung: Heimweh.
Luxus in Hongkong
Andererseits war Machne in jungen Jahren eine richtiggehende Weltenbummlerin. Wenn es Schule und Arbeit zuließen, unternahm sie Reisen nach Paris und Rom und belegte dort auch Sprachkurse – mit entsprechend positiven Auswirkungen auf ihre Fremdsprachenkenntnisse. „Englisch und Italienisch beherrsche ich ziemlich gut, Französisch auch ein bisschen, erzählt sie. Glanzpunkt der jungen Globetrotterin war eine Weltreise mit ihrer besten Freundin, der Tochter des Glocknerwirts aus Heiligenblut. 1964 waren die beiden zwei Monate rund um den Globus unterwegs, unter anderem auch in Hongkong. Wie das? „Ich führte damals ein Hotel Garni mit 30 Betten am Lienzer Hauptplatz. Stammgäste waren eine Familie, ein Diplomatenehepaar mit einer kleinen Tochter. Die Familie besaß in Hongkong ein Haus und lud uns ein. Unser Aufenthalt dort war der reinste Luxus
, schwärmt Machne noch heute.
Diaabend mit Folgen
Schon bald siegte die Heimatverbundenheit endgültig über das Fernweh. Mit ein Grund war ein gewisser Manfred Machne, ein Architekt aus Dellach im Drautal. Und auch da spielte der Tennissport eine Rolle. Nach der Rückkehr von der Tour um den Globus bat der Tennisclub Lienz die Weitgereiste, einen Diavortrag über ihre Erlebnisse zu veranstalten, Manfred war unter den Zuhörern. „So haben wir uns kennen gelernt, schmunzelt die Politikerin. „Das war im Mai 1964.
Ein Jahr später wurde auf Schloss Bruck in Lienz geheiratet. Heute hat das Ehepaar Machne drei Kinder: Alice, die Wirtschaft studierte, Hans-Peter, der als Architekt in die Fußstapfen seines Vaters trat und Rainer, einen Molekularbiologen. Die vier Enkel sind zwischen sieben und elf Jahre alt.
In Innsbruck studiert hat übrigens keines der Machne-Kinder, und das mit Absicht. „Ich habe das bei meinem Vorgänger Hubert Huber erlebt, wie Kinder eines Politikers auf der Uni Vorurteilen ausgesetzt waren, begründet die Mutter. Teils aufgrund der Partei, die die Eltern vertreten, teils weil Politikerkindern oft unterstellt würde, sie hätten es viel leichter als der Durchschnittsstudent. „Unsere Kinder haben in Wien und Graz studiert, wo kein Mensch sich für ihre Herkunft interessierte.
Die Sache mit dem Akzent
Was hat es eigentlich mit dem Akzentstrich auf dem letzten Buchstaben des Namens „Machne auf sich, der je nach Schreibweise auftauchte oder nicht? „Verwandte meines Mannes in Klagenfurt schreiben ihren Namen mit Akzent, und mein Mann hat den Akzentstrich auch immer verwendet
, erzählt die Alt-Bürgermeisterin. Man wisse zwar mit Sicherheit, dass der Name nicht aus dem Französischen komme, mehr aber nicht. „Er kann aus Slowenien oder Triest stammen oder auch jüdischen Ursprungs sein, da gibt es mehrere Theorien", so Machne. Anders als bei den Klagenfurter Verwandten war bei den Lienzer Machnes der Akzentstrich jedoch nicht im Pass eingetragen. Dort hakten Machnes politische Gegner ein. Sie setzten durch, dass die Schreibweise des Bürgermeisterinnen-Namens in allen offiziellen Schriftstücken der Schreibweise im Pass entsprechen muss, denn das allein gilt als amtlich. Also ohne Akzentstrich.
Anonyme Anzeigen
Heute hat Machne nur ein Achselzucken für diese Polemik früherer Jahre übrig. Musste sie sich während ihrer politischen Laufbahn, vor allem in der Zeit als Minderheits-Bürgermeisterin, ein dickes Fell zulegen? „Als dickes Fell würde ich es nicht bezeichnen, meint sie nachdenklich. „Ich habe immer bestimmte Ziele vor Augen gehabt. Gewisse Dinge habe ich an mir abprallen lassen. Ich wurde angegriffen und beschimpft, es gab auch anonyme Anzeigen.
Heftige Angriffe seien vor allem von den kleinen Oppositionsfraktionen im Gemeinderat gekommen. Trotzdem dürfe man seine Sensibilität nicht verlieren. Aber: „Ich kann schon was wegstecken."
Wegstecken musste Helga Machne schon so einiges, bevor sie überhaupt Bürgermeisterin wurde. Denn das war dem Umstand zu verdanken, dass niemand anderer – im Klartext: kein Mann – den Job machen wollte, wie sie beim Zeitzeugen-Gespräch im Casino Innsbruck erzählt. Was damals wahrscheinlich weniger lustig war, schildert die Alt-Bürgermeisterin heute mit viel Humor, Augenzwinkern und einem Gespür für erheiternde Anekdoten.
„Helga, du hättest ja Zeit"
Seit 1986 befand sich Machne auf der Liste des Lienzer ÖVP-Langzeitbürgermeisters Hubert Huber im