Tirol hautnah erlebt: Zeitzeugen im Gespräch
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Buchvorschau
Tirol hautnah erlebt - Tiroler Tageszeitung
Impressum
Ein einmaliges Privileg
Dr. Karl Stoss, Generaldirektor der Casinos Austria AG
Ich möchte zuerst allen, die zu dieser großartigen Veranstaltungsreihe beigetragen haben, ganz herzlich danken.
Dies sind in erster Linie große Persönlichkeiten, die durch ihre Auftritte und Beiträge nicht nur den unzähligen Gästen im Casino Innsbruck, sondern auch Ihnen, Ihren Kindern und Kindeskindern einmalige und wertvolle Informationen und Botschaften hinterlassen haben.
Sie alle waren, in den unterschiedlichen Gebieten und Professionen, Zeugen ihrer Zeit und haben nun viele der erlebten Ereignisse – die bisher nirgends dokumentiert sind – an uns weitergegeben. Betrachten wir dies als ein einmaliges Privileg, für welches ich den Zeitzeugen nochmals aufrichtig danke.
Weiters danken möchte ich Elmar Oberhauser, einem der profiliertesten und besten Journalisten unserer Zeit. Er hat es aufgrund seiner großen journalistischen Erfahrung verstanden, den Zeitzeugen Antworten und Statements zu entlocken, die für uns alle von so großer Bedeutung sind.
Mein aufrichtiger Dank geht auch an die Kooperationspartner, die Moser Holding und das ORF Landesstudio Tirol. Sie haben durch die begleitende, umfangreiche Berichterstattung zum erfolgreichen Gelingen dieser Veranstaltungen beigetragen.
Ein Dankeschön gebührt auch dem zahlreich erschienenen Publikum, das nicht nur durch seine Teilnahme, sondern auch durch eine Reihe von Fragestellungen diese besonderen Abende bereichert hat.
Last but not least ein herzliches Danke auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Verantwortlichen des Casino Innsbruck. Sie haben durch ihre großartige Unterstützung wesentlich dazu beigetragen, dass die Casinos in Österreich mehr als nur Orte der gehobenen Unterhaltung und des Vergnügens sind. Casinos sind mit Veranstaltungsreihen wie den Zeitzeugen-Gesprächen besondere Orte der Begegnung und des gesellschaftlichen Lebens.
Dr. Karl Stoss
Generaldirektor
Casinos Austria AG
Ein wertvoller Schatz
an Erinnerungen
Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding
Wir treffen täglich Menschen, die maßgeblichen Anteil an den politischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte hatten und haben. Die Idee, deren Geschichten niederzuschreiben, in einem Buch zu veröffentlichen, haben wir auch deshalb sehr schnell verwirklicht, weil wir als Tiroler Tageszeitung es für wichtig und als eine dankbare Aufgabe erachten, Erinnerungen bedeutender Menschen an die Vergangenheit auch für die folgenden Generationen festzuhalten.
Persönlichkeiten wie Julia Gschnitzer, Dr. Ludwig Steiner, Altbischof Reinhold Stecher, Dr. Heinrich Klier, Felix Mitterer und Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder sind veritable Zeitzeugen auf der Reise durch die Geschichte unseres Landes.
Elmar Oberhauser ist es in seinen Interviews meisterhaft gelungen, unseren Zeitzeugen einen wahren Schatz an Erfahrungen und persönlichen Eindrücken zu entlocken, und es freut mich außerordentlich, dass mit der Auflage dieses Buches ein faszinierender Teil der Vielfalt und Besonderheit Tirols und der angeführten Persönlichkeiten präsentiert werden kann.
Redakteure und Mitarbeiter der Tiroler Tageszeitung vermitteln nicht nur einfühlsame Porträts der Zeitzeugen, sondern verarbeiteten deren Erinnerungen und Erlebnisse aus der Vergangenheit mit viel Kompetenz zu einem höchst interessanten Lesestoff.
Ich sehe dieses Buch durch die publizistische Aufbereitung beeindruckender Lebensgeschichten zunächst als einen wichtigen Meilenstein in den Bemühungen, mehr über unser Tirol zu erfahren, aber auch als ein Nachschlagewerk, dessen Lektüre als Bereicherung der Geschichtsschreibung dienen und zur Stärkung des Geschichtsbewusstseins anregen sollte – zur Rückbesinnung an Zeiten, die nicht immer konfliktfrei waren.
Ein herzliches Danke an unsere Zeitzeugen, ein Danke an unsere Partner Casinos Austria und ORF Tirol, an Elmar Oberhauser und den Haymon Verlag, und Ihnen, verehrte Leser, höchstes Vergnügen bei der Lektüre von „Tirol hautnah erlebt".
Hermann Petz
Vorstandsvorsitzender
der Moser Holding
Bewegende Lebensgeschichten
Helmut Krieghofer, Landesdirektor des ORF Tirol
Die Gesprächsreihe „Zeitzeugen" in Zusammenarbeit von Casinos Austria, Tiroler Tageszeitung und ORF Tirol ist bereits nach sechs Folgen zu einer Erfolgsgeschichte geworden. An jedem der Abende im Casineum Innsbruck haben hunderte interessierte Tirolerinnen und Tiroler ebenso bedeutende wie faszinierende Persönlichkeiten als Zeitzeugen kennengelernt. Diese Persönlichkeiten haben im Gespräch mit Elmar Oberhauser stets menschliche Einblicke in ihre bewegenden Lebensgeschichten zugelassen. Der Doyen der heimischen Politik und frühere Diplomat Dr. Ludwig Steiner erzählte, wie der Zweite Weltkrieg in Tirol zu Ende ging und Österreich später den Staatsvertrag bekam. Der populäre Altbischof von Innsbruck, Dr. Reinhold Stecher, erinnerte sich daran, wie er Jahrzehnte später jenem früheren Gestapo-Mann begegnete, der ihn seinerzeit im Gefängnis verhört hatte. Südtirols Langzeit-Landeshauptmann, Dr. Luis Durnwalder, hatte die Lacher auf seiner Seite, als er über die ungewöhnlichen Umstände berichtete, unter denen in der Kommunalpolitik seine politische Karriere begonnen hatte. Dr. Heinrich Klier, Tourismuspionier und Unternehmer mit Weitblick, schilderte den Kampf um Südtirol genauso spannend wie den Weg Tirols zum Wintersportland Nummer eins in Österreich. Julia Gschnitzer, die Grande Dame des heimischen Theaters, gewährte ungewöhnliche Einblicke hinter Bühnen und Kameras. Sie wusste von klein auf, dass sie Schauspielerin werden wollte. Auch Erfolgsautor Felix Mitterer wollte schon als Kind Schriftsteller werden und schwänzte mitunter die Schule, um in einem Heustadel tagelang Bücher lesen zu können. Durch die Zusammenfassungen der Gespräche in der Radio-Tirol-Sendung Trommelfell sind diese Geschichten auch einem breiten Publikum zugänglich geworden.
Mehrere der „Zeitzeugen" sind über Jahrzehnte hinweg eng mit dem ORF Landesstudio Tirol verbunden, das 2012 sein 40-jähriges Bestehen feiert. So ist etwa die Versteigerung der Bilder von Altbischof Reinhold Stecher Jahr für Jahr fixer Teil der ORF-Hilfsaktion Licht ins Dunkel. Heinrich Klier war vor Jahrzehnten Freier Mitarbeiter des ORF Tirol und hat legendäre Radio-Sendungen, wie Die Sendung für den Bergsteiger und Heimat an Etsch und Eisack, gestaltet. Julia Gschnitzers Stimme war schon zu Beginn ihrer Karriere am Tiroler Landestheater in Radio Tirol zu hören. In den letzten Jahren hat sie in teils preisgekrönten Hörspiel-Produktionen des ORF Tirol mitgewirkt. Felix Mitterer ist vom Start seiner Laufbahn an stets mit dem ORF Landesstudio Tirol verbunden. So war etwa sein erfolgreiches und aufsehenerregendes Theater-Erstlingswerk Kein Platz für Idioten ursprünglich als Hörspiel konzipiert. Die Hörspiel-Produktion des ORF Tirol von Felix Mitterers Die Beichte, unter der Regie von Martin Sailer, siegte 2004 beim renommierten internationalen „Prix Italia in der Kategorie Originalhörspiel. Dank der „Zeitzeugen
-Gespräche haben wir – wie recht der Buchtitel doch hat! – „Tirol hautnah erlebt". Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre der hier nachempfundenen Lebensgeschichten von Persönlichkeiten, die Tirol maßgeblich mitgeprägt haben.
Helmut Krieghofer
Landesdirektor
ORF Tirol
Gedanken, Erinnerungen
und Erlebnisse
Da liegt es also: ein Buch über sechs großartige Tiroler Persönlichkeiten, der erste „Zeitzeugen"-Band. Noch bevor man sich auf die Reise durch einen Teil der Geschichte Tirols und Österreichs begibt, drängt sich die Frage auf: Gibt es etwas Faszinierenderes, als mit Menschen der Gegenwart in die Vergangenheit einzutauchen? Klare Antwort: Nein!
Die Jahrzehnte umfassenden Gedanken, Erinnerungen und Erlebnisse dieser Menschen zu erfragen, zu dokumentieren und als Zeitzeugnis aufzuzeichnen, schien zunächst eine Herausforderung der besonderen Art, mutierte aber letztlich zu einer reizvollen Beschäftigung – nicht zuletzt, weil es die Hauptdarsteller dieses Werks meisterhaft verstanden haben, Geschichte lebendig werden zu lassen. Im Bewusstsein, dass alles, was gesagt, erzählt und demonstriert wird, subjektiv ist, äußerst persönlich, doch aus der Sicht des Befragten natürlich in höchstem Maße authentisch. Es mag schon sein, dass das eine oder andere den Gralshütern der Objektivität nicht in den Kram passt. Aber hat nicht jeder, der Interessantes erlebt, mit- und durchgemacht oder auch nur beobachtet hat, das Recht, seine ganz persönliche Sicht der betreffenden Ereignisse darzulegen? Diese Frage stellt auch Elmar Oberhauser.
Ob Julia Gschnitzer oder Heinrich Klier, Felix Mitterer, Luis Durnwalder, Reinhold Stecher oder Ludwig Steiner – sie alle erzählten Elmar Oberhauser im Gespräch ihre Lebensgeschichten und gestatteten dabei, nicht zuletzt dank der meisterhaften wie einfühlsamen Gesprächsführung ihres Interviewers, einer faszinierten Zuhörerschaft Einblicke in ihre persönliche „Zeitreise".
Projektkoordinator Fred Steinacher
Diskussionsleiter und Moderator Elmar Oberhauser mit Zeitzeugin Julia Gschnitzer und Helmut Krieghofer, Landesdirektor des ORF Tirol (v.l.n.r.)
Die Idee der „Zeitzeugen wurde gegen Ende der 90er-Jahre in Bregenz geboren. Väter dieses Projekts waren gemeinsam mit Elmar Oberhauser der damalige Kulturchef des ORF-Landesstudios Vorarlberg, Dr. Walter Fink, sowie der damals stellvertretende Direktor des Casinos Bregenz, Aldo Amann. Walter Fink schrieb in dem 1999 im Russ-Verlag erschienenen Buch „Zeitzeugen
: „Wenn mehrere Menschen die gleiche Geschichte erzählen, dann ist es jedes Mal eine andere Geschichte. Das gilt nicht nur für Geschichten, das gilt auch für die Geschichte, für die Historie."
„Ich denke nicht daran, mich mit den Vertretern der Geschichtswissenschaften anzulegen, sagt Elmar Oberhauser, „aber die Frage muss gestattet sein: Gibt es eine Garantie dafür, dass in der Vergangenheit – vor allem in der älteren – alles so war, wie uns das die Historiker erzählen? Oder müsste man nicht sehr oft die Möglichkeitsform verwenden, ein Fragezeichen setzen oder ganz einfach zugeben, dass man nicht alles so ganz genau weiß?
Mit der Gesprächsreihe „Zeitzeugen", von Casino-Generaldirektor Dr. Karl Stoss im vergangenen Jahr nach einer Diskussion in der TT-Lounge in Wien mit Dr. Steiner und Hermann Petz wiederbelebt und nach Tirol transferiert, wurde – dank Unterstützung der Tiroler Tageszeitung und des ORF-Landesstudios Tirol – eine eigene Form der Geschichtsschreibung entwickelt, mit einer ganz hohen Subjektivität, wie Oberhauser untermauert, die aber dennoch ihren eigenen Stellenwert hat und das Bemühen um Objektivität nicht in Frage stellt.
Ein Buch, sechs Autoren, sechs Persönlichkeiten: Auf- bzw. Vorgabe an Redakteure und Mitarbeiter der Tiroler Tageszeitung war es, jene Menschen zu porträtieren, die in den unterschiedlichsten Bereichen Großes und Nachhaltiges geleistet und damit ihrer Zeit sowie dem Land Tirol einen Stempel für die Ewigkeit aufgedrückt haben. Dabei sind Persönlichkeitsbilder entstanden, die – als roter Faden sozusagen – zwar auf verschiedenste Art und Weise durch die Jahrzehnte führen und dennoch ein Gesamtbild schaffen, das seinesgleichen sucht. Schon deshalb ist und war es eine besondere Ehre, an diesem Buch, das Geschichten über Menschen beinhaltet, die selbst einen Teil der Tiroler Geschichte geprägt haben, mitarbeiten zu dürfen.
Wie sagte Elmar nach der letzten Talk-Runde im Casino? „Ich freue mich schon auf den im Dezember startenden zweiten Durchgang, in dem erneut höchst interessante Tirolerinnen und Tiroler bereit sind, über die „Spuren, die sie hinterlassen, und die Erfahrungen, die sie gesammelt haben, zu berichten.
Fred Steinacher
Projektkoordinator
Moser Holding
Ludwig Steiner –
vom Widerstand zur Versöhnung
Von Peter Nindler
Elmar Oberhauser im Zeitzeugengespräch mit Ludwig Steiner: Wenn Steiner erzählt, moralisiert er nicht.
Die Gesinnung
Es war in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, als der damals 23-jährige Widerstandskämpfer Ludwig Steiner im Innsbrucker Stadtteil Mariahilf einen Mann erkannte. Plötzlich lief alles wie in einem Film ab, handelte es sich bei dieser Person doch um den ehemaligen Nazi-Blockleiter von Mariahilf. „Er hatte sich immer wieder in unserem Haus umgehört, zuerst meinen Vater und dann mich angezeigt. Vier Mal musste ich mich vor der Geheimen Staatspolizei verantworten", blickt Steiner zurück.¹ Sein Vater, der Bäckermeister Ludwig Steiner sen., saß bis 1934 im Innsbrucker Gemeinderat und machte auch nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland aus seiner christlich-sozialen Überzeugung keinen Hehl. Von der Gestapo verhaftet, wurde er 1939 ins Konzentrationslager Dachau gebracht, zwei Wochen nach seiner Rückkehr aus dem KZ starb der überzeugte Demokrat im August 1941 an den Folgen der Haft. Der im April desselben Jahres zum Reichsarbeitsdienst nach Frankreich eingezogene Ludwig Steiner konnte seinen Vater nicht mehr sehen und nicht einmal bei der Trauerfeier zu Hause in Innsbruck sein. Er hatte zwar einen Marschbefehl für die Beerdigung, aber nach Interventionen der Gauleitung in Tirol wurde die Genehmigung zurückgenommen. Die Gesinnung seines Vaters hat Steiner zeit seines Lebens geprägt. „Als er schon todkrank war, sagte unser Pfarrer zu ihm, er hätte vielleicht doch nicht so laut seine Meinung sagen sollen. Darauf meinte mein Vater: ‚Ja, ist schon recht. Ich war bei der leidenden Kirche, Du warst bei der Tarock spielenden.‘ "²
Jetzt stand der Blockwart vor dem jungen Ludwig Steiner. Nach einer schweren Verwundung, die ihn felduntauglich gemacht hatte, schloss er sich 1943 der Widerstandsgruppe „05 an. „Der Blockleiter war letztlich für den Tod meines Vaters verantwortlich. Mit der Maschinenpistole in der Hand habe ich eine Sekunde daran gedacht, ich sollte schießen: Aber ich habe es nicht getan, das hat mich lange gereut. Aber mein ganzes Leben bin ich froh gewesen, dass ich es damals nicht getan habe. Das waren zutiefst menschliche Momente.
³
Die Wurzeln des Widerstands entfalteten jedoch eine Gestaltungskraft und Überzeugung bei Ludwig Steiner, die ihn zu einer der ganz großen Persönlichkeiten der Zweiten Republik gemacht haben: Mitbegründer der Tiroler Volkspartei 1945, Sekretär von Außenminister Karl Gruber (1952/53) und Bundeskanzler Julius Raab (1953 bis 1958), Staatssekretär im Außenamt (1961 bis 1964), Botschafter in Griechenland und in Zypern (1964 bis 1972), Abgeordneter der Tiroler ÖVP im Nationalrat (1978 bis 1990), Vorsitzender von drei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen (Draken, Lucona, Noricum), stellvertretender Parteiobmann der Tiroler ÖVP (1991 bis 1996), außenpolitischer Sprecher der Volkspartei, Ehrenmitglied der Südtiroler Volkspartei, Präsident der politischen Akademie der Volkspartei (1989 bis 1996), Vizepräsident des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (2011) und Vorsitzender des Komitees des Österreichischen Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit (2000 bis 2005). Gerne wird Steiner als Doyen und Grandseigneur der österreichischen Diplomatie bezeichnet, er selbst zieht sich aber auch mit seinen 90 Jahren noch nicht auf diese Rolle zurück. Vielmehr sieht er sich in der Rolle eines Erzählers und politischen Pendlers zwischen der österreichischen Außen- und der Innenpolitik, der seine Standpunkte klar und deutlich umrissen einfügt. Politik und Diplomatie hatte er in seinem beruflichen Handgepäck, wenngleich er in seinen Erinnerungen⁴ offen zugibt, dass sein Herz eigentlich für die Innenpolitik geschlagen hat. „Im Rückblick ist es unverkennbar, dass für mich die innerösterreichischen Vorgänge viel berührender waren, als es die Tätigkeiten im Ausland je sein konnten. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass ich bereits im politischen Erleben meiner Jugend auch emotionell vollen inneren Anteil am Geschick meines Vaterlandes genommen habe."⁵
Steiners Lebenslinien verlaufen nicht nach einem Muster, doch Widerstand, Staatsvertrag, Südtirol und Aussöhnung formten sein Leben nachhaltig. Sein Engagement wurde zur Berufung, aus dem Widerstand entwickelte sich die Versöhnung.
Der Weg in den Widerstand
Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters wird Ludwig Steiner im Krieg schwer verwundet und zum Gebirgsjäger-Ersatzbataillon 136 nach Innsbruck versetzt. Dort bekleidet er die Funktion eines Adjutanten. Steiner lotet Möglichkeiten aus, um aktiv zu werden. „Widerstand hat geheißen, dass man in erster Linie versucht, denjenigen Menschen zu helfen, die unter die Räder des NS-Regimes gekommen sind."⁶ Steiner verklärt den Widerstand nicht, sondern erzählt vom Selbstbewusstsein, mit der die Widerstandsgruppe in Innsbruck aufgetreten ist, und von seinen Erfahrungen in jener Zeit. Das nationalsozialistische Regime hatte das Spitzel- und Denunziantentum gefördert. „Im Widerstand mussten wir uns deshalb vor allem darüber immer genau informieren, auf wen man sich noch verlassen kann. Ich muss ehrlich sagen, dass ich in dieser Hinsicht keine Enttäuschungen erlebt habe. Das waren für mich die großen Erlebnisse in dieser Zeit", will Steiner die vereinzelten Lichtblicke in einer dunklen Epoche nicht missen.⁷ Bis zu den Tagen der Befreiung im Mai 1945 dauerte es aber noch mehr als eineinhalb Jahre. Doch das Netz des Innsbrucker Widerstands wurde immer engmaschiger. Steiner knüpfte Kontakte zu Otto und Fritz Molden von der Widerstandsorganisation 05, im Februar 1945 traf er sich erstmals mit Karl Gruber, der die einzelnen Widerstandsbewegungen in Tirol koordinierte. Das Kriegsende rückte näher, und damit drängte sich die Frage auf, wie denn die Tiroler Landeshauptstadt aus den Händen der Nazis übernommen werden konnte. „In der letzten Phase waren wir bereit, die Stadt Innsbruck zu übernehmen, und haben das