Das Betriebssystem erneuern - Alles über die Piratenpartei, Auszug des kompletten Titels: Kapitel: Die Piratenpartei - Aktivisten aus dem Internet
Von Stefan Appelius und Armin Fuhrer
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Über dieses E-Book
* Wie alles anfing: Eine kleine Parteigeschichte
* Jens Seipenbusch: Pirat der ersten Stunde
* Piraten-Parteitage: Generation Twitter in Aktion
* Piraten und Grüne: Die ungleiche Alternative
* Die Piraten und das Parteiensystem: Etablierung einer neuen Kraft
* Die Piraten und ihre Anhänger: Zulauf aus allen Richtungen
* Andreas Baum: Politik mit Gelassenheit
Erfahren Sie wie alles anfing, wer die Piraten der ersten Stunde sind und welche Hürden eine neue Partei überwinden muss, um im Parteienspektrum eines Landes ernstgenommen zu werden.
Der komplette Titel ist als E-Book für 9,99 Euro erhältlich.
Sie sind die Politiksensation des Jahres 2012. Sie entern Landesparlamente und nehmen Kurs auf den Bundestag. Sie scheuchen die etablierten Parteien auf und lassen das Interesse vieler Bürger an der Politik wieder aufleben. Doch wer sind die Piraten eigentlich? Wer steckt hinter dieser Partei, die aus dem Internet kam? Wie wurde sie gegründet, was
sind ihre Ziele und Visionen, wie funktioniert sie? Und nicht zuletzt: Hat sie eine Chance, dauerhaft auf der politischen Bühne eine wichtige Rolle zu spielen?
- Wie die Piraten das Parteiengefüge verändern
- scharfsichtig und kenntnisreich analysiert
- 11 ausgewählte Parteimitglieder im Portrait (u.a. Marina Weisband, Christopher Lauer, Bernd Schlömer, Julia Schramm)
Stefan Appelius und Armin Fuhrer besuchten die großen Parteitage und die Meetings der kleinen Crews, sie sprachen ausführlich mit unzähligen Piratinnen und Piraten. Die Autoren
zeichnen ein buntes Bild der Partei jenseits herkömmlicher trockener Politikwissenschaft und spannen den Bogen von der ersten Demokratie in Athen bis zur Liqiud Democracy,
der Vision der Piraten für die Zukunft.
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Buchvorschau
Das Betriebssystem erneuern - Alles über die Piratenpartei, Auszug des kompletten Titels - Stefan Appelius
selbst.
DIE PIRATENPARTEI
AKTIVISTEN AUS DEM INTERNET
Die Sache ging ganz flott über die Bühne. Gerade einmal vier Stunden nahmen sich die 53 Anwesenden Zeit, um eine neue politische Partei ins Leben zu rufen. Am 10. September 2006, einem sonnigen Spätsommersonntag, traf man sich in der C-Base im Berliner Bezirk Mitte an der Jannowitzbrücke, unweit des Alexanderplatzes. Der Ort war gut gewählt, handelte es sich dabei doch um einen beliebten und traditionsreichen Treffpunkt der Nerd-Szene. »Das war ein verrücktes Gefühl an diesem Gründungssontag in der C-Base. Da war ich vorher noch nicht gewesen. Ich hab nur gedacht, verdammt, das ist der richtige Ort, um unsere Partei zu gründen. Ein Ort, wo Platinen an der Wand hängen, da fühlt man sich wie zu Hause«, sagt Jahre später Lars Hohl, eines der Gründungsmitglieder. Dabei standen die Betreiber der C-Base der Sache eher skeptisch gegenüber, weil sie keine politischen Veranstaltung in ihren Räumen wollten. »Es hat Fingerspitzengefühl gebraucht, um die Leute von der C-Base zu überzeugen«, erinnert sich einer der Initiatoren des Treffen, Christof Leng.
Das C-Base liegt direkt an der Spree. Man muss durch zwei Hinterhöfe und dann in einer Toreinfahrt rechts die Stahltür öffnen. Hinter dieser Tür betritt man eine andere Welt: Zuerst befindet man sich in einer Art Röhre, so als würde man in ein Raumschiff hineingehen. Die ganze C-Base ist wie eine riesige Raumstation, von Science-Fiction-Freaks liebevoll gestaltet. Vom Erdgeschoss aus gibt es einen Zugang zum Spreeufer. Hier unten herrscht Clubatmosphäre, berlinisch-alternativ. Wirklich spannend wird es erst im Keller, der über eine Wendeltreppe zu erreichen ist. Doch in den größten Raum hier kommt man nicht als Normalsterblicher, sondern nur als Mitglied. Dort unten, ganz hinten, sitzen die Computerfreaks. Und hier, an einem Tischchen in einer Nische, wo etwa ein Dutzend Leute Platz finden, trafen sich in den ersten knapp drei Jahren ihres Bestehens die Berliner Piraten. Der Tisch reichte damals völlig aus. Seitdem die Partei immer größer wird, ist die C-Base kein offizieller Treffpunkt mehr. Diese Funktion hat jetzt das »Kinski«, ein Club in Neukölln. Doch auch heute noch kommen viele Piraten nicht nur aus Berlin gern in die Location am Fluss.
2006 allerdings, vor der Parteigründung, bat der Vermieter darum, den Tagungsort erst möglichst spät bekannt zu geben, denn er befürchtete eine »Infiltration von Rechten«. »Wir hatten damals aber auch das Beispiel der Berliner FDP vor Augen«, erklärt Jens Seipenbusch, Gründungsmitglied und späterer Bundesvorsitzender der Piraten. Jahre zuvor hatten Studenten versucht, den Landesverband der Liberalen in der Hauptstadt komplett umzudrehen. »Persönlich aber hatte ich keine Hinweise darauf, dass Rechtsextreme oder andere versuchen könnten, uns zu übernehmen«, so Seipenbusch. Vorsichtshalber erkundigte er sich trotzdem vor der Versammlung beim Bundeswahlleiter, ob auf eine öffentliche Einladung verzichtet werden könne.
Die ganze Sache war gut vorbereitet. Seipenbusch und Leng waren von Anfang an die treibenden Kräfte. Leng, der zuvor schon in der Friedensbewegung aktiv gewesen war, fand es spannend, als er von der Gründung der schwedischen Piratenpartei auf heise.online las. »Was mir imponierte, war, dass diese Leute in die Offensive gingen und sich nicht länger in die Defensive drängen lassen wollten.« Als Jens Seipenbusch von der Gründung der Piratenpartei in Schweden erfuhr, war seine erste Idee, die Domaine Piratenpartei.de im Internet zu reservieren. Aber das hatte schon der Informatikstudent Christian Weiske aus Leipzig getan. Die beiden kannten sich nicht, und Weiske ist auch schon lange nicht mehr dabei, aber er kann für sich in Anspruch nehmen, der allererste Pirat in Deutschland gewesen zu sein – bevor die Partei überhaupt existierte. Auch wenn er nicht die Mitgliedsnummer 1