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Köln für Imis: Erste Hilfe für Zugereiste
Köln für Imis: Erste Hilfe für Zugereiste
Köln für Imis: Erste Hilfe für Zugereiste
eBook337 Seiten3 Stunden

Köln für Imis: Erste Hilfe für Zugereiste

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Über dieses E-Book

Der unentbehrliche Lebensretter für alle, die Köln besser verstehen wollen, geht in die vierte Ausgabe. In der Mischung aus Stadtführer und kölnischem "stupid White Men" geht es nicht um Dom, Kneipen und Geschichte, sondern um die wichtigen Dinge: Wo soll ich wohnen? Wie sind die Leute hier so? Was ist hier eigentlich los, verdammt? Und wieso gehen die Leute immer noch zum FC?
SpracheDeutsch
HerausgeberEmons Verlag
Erscheinungsdatum31. Juli 2014
ISBN9783863585686
Köln für Imis: Erste Hilfe für Zugereiste

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    Buchvorschau

    Köln für Imis - Falko A Rademacher

    © 2014 Hermann-Josef Emons Verlag

    Alle Rechte vorbehalten

    © für die Fotografien beim Autor und bei den Fotografen

    Umschlaggestaltung: Weusthoff Noël, Hamburg (www.wnkd.de)

    Layout und Zeichnungen: Eva Kraskes, Köln

    eBook-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

    ISBN 978-3-86358-568-6

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    Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de

    Dieses Buch versteht sich als Satire im Sinne des Gesetzgebers.

    »Natürlich herrscht in Dresden eine andere Lebensqualität als in Köln. Hier das Elbflorenz mit Semperoper, Zwinger, Frauenkirche, Museen und Elbsandsteingebirge – dort die verdreckte Großbaustelle vor den Toren des Phantasialandes.«

    Harald Schmidt

    Inhalt

    Titel

    Impressum

    Widmung

    Vorwort zur Version 4.0

    Basiswissen für Imis

    Einführung in die Einführung

    Der Imi als notwendiges Übel

    Bei echten Kölnern kommt es auf die Grösse an

    Gott ist Kölner

    Zum Fressen ungern

    Das Düsseldorf

    Lebenshilfe für Imis

    Mad City - Einkaufen im siebten Kreis der Hölle

    Der seltsamste Fussballclub der Welt

    Kölns regierender Medienmogul

    Nichts als Müll

    Kölsch für Imis

    Kölner Kulturbeutel

    Geographie für Imis

    Der Rhein in unseren Köpfen

    En unserem Veedel

    Organisation für Imis

    Mediterrane Lebensfreude

    Über den Parteien

    Der Meisterbürger und die Meta-Kognition

    Klüngelüngelüng

    Köln Krimis

    Verkehrserziehung für Imis

    Die Strassen von Köln

    Beinarbeit in Köln

    Öffentlich. Persönlich. Nah. Verkehrt.

    Vorbilder für Imis

    Witsch. Millowitsch.

    Antwerpes!

    Konrad Adenauer

    Wolfgang Niedecken

    Böll

    Kamelle für Imis

    Die vierte Jahreszeit

    Schwule, Geister, Weiber und andere Randgruppen

    Die Bahn kommt

    Literaturnachweis

    Autor

    Anmerkungen

    Leseprobe

    Vorwort

    zur Version 4.0

    Dieses Werk erscheint nun schon in der vierten Version. Ist doch recht viel passiert in der Zwischenzeit, wobei das Positive eindeutig überwiegt, und damit meine ich die Verkaufszahlen des Buchs. Es wird Sie freuen zu hören, dass Teile Ihres Geldes dadurch direkt in die Dritte Welt gehen, zum Beispiel als Bezahlung für meine Turnschuhe oder meine acht Liter Kaffee pro Tag. Außerdem kriegt natürlich auch die Stadt Köln in Form von Steuereinnahmen was ab – wobei ich relativ weit davon entfernt bin, Köln zur Dritten Welt zu zählen. Sagen wir … Zweite?

    Davon abgesehen ist es nett zu wissen, dass dieses Werk auch von der herrschenden Klasse Kölns gelesen wird. Unter anderem erkennbar war das in der Vergangenheit durch Klagedrohungen zwielichtiger Bankhäuser und hergelaufener FDP-Fraktionsvorsitzender. Und dann sind da diese prägnanten Leserbriefe mit Briefkopf, abgesandt von zornigen Lindenthalern im Vorruhestand – Ausdrücke kennen die …

    Wie in jeder Neuausgabe gibt es auch in dieser wieder eine Menge Aktualisierungen; besonders viel stand diesmal in den Bereichen Politik und Fußball auf der Agenda. So hundertprozentig aktuell kann man da natürlich nie sein. Keine Ahnung, ob zu dem Zeitpunkt, da Sie dies lesen, die Kölner CDU noch existiert oder der 1. FC Köln sich irgendwie zum fünften oder sechsten Erstliga-Gastspiel gestolpert hat. Wichtig für die Stadt ist keins von beidem. So lange die ortsansässigen Brauereien weiter in Betrieb sind, können die Kölner alles ertragen. Ich verfolge sowieso schon seit langem die Theorie, dass Köln innerhalb eines Jahres zu einer führenden Kultur- und Wirtschaftsmetropole werden würde, wenn nur eine einzige Karnevalssession komplett ausfällt. Aber das wird wohl eher nix.

    Die Zukunft Kölns sieht dennoch sehr gut aus. Das tut sie freilich schon lange, und es ist leider charakteristisch für die Zukunft, dass sie nie passiert, sondern immer nur passieren wird. Das reicht den Kölnern jedoch für gewöhnlich schon aus. Die Gegenwart ist mehr so was wie ein lästiges Zwischenstadium, das nur länger anhält als ursprünglich gedacht. Apropos: Sollte Kardinal Meisner nicht eigentlich längst in Rente sein? Ich frag ja nur.

    Stets der Ihre,

    Falko Rademacher

    April 2008

    Basiswissen

    für Imis

    »Mit einer gewissen Befriedigung stellte ich fest, dass Köln eine triste Stadt ist. Es tat gut zu sehen, dass die Deutschen eine Stadt ebenso verpfuschen können wie alle anderen. Köln ist dafür das beste Beispiel.«

    Bill Bryson

    »Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands!«

    Michael Trippel, Stadionsprecher des 1. FC Köln

    Einführung in die Einführung

    Wir gratulieren Ihnen zu Ihrer Entscheidung für die Stadt Köln, die bedeutendste Metropole östlich von Pulheim. Wir wollen Ihnen mit diesem Buch helfen, sich die Stadt möglichst schnell zu »erarbeiten«. Es ist aus der Sicht eines verschüchterten, überrumpelten Immigranten geschrieben, der schnell gemerkt hat, dass in Köln bestimmte Bräuche und Gesetzmäßigkeiten vorherrschen, die es so in kaum einer anderen Stadt geben dürfte. Köln ist selbstverständlich mehr als nur »das größte Kaff der Welt« oder die »hässlichste Stadt Deutschlands«, wie der Bund Deutscher Architekten vor ein paar Jahren maßlos untertrieb. Es ist im Grunde sträflicher Leichtsinn, Menschen einfach nach Köln ziehen zu lassen, ohne sie auf die Dinge vorzubereiten, die hier auf sie warten.

    Bemerkenswert ist dabei auch, dass den meisten Kölnern überhaupt nicht bewusst ist, in was für einer Ausnahmeerscheinung von Stadt sie leben. Sie sind allerdings in der positiven Einschätzung Kölns von niemandem zu überbieten und besitzen ein sehr gesundes Selbstbewusstsein, das manche Leute– wie zum Beispiel Heinrich Böll – auch schon mal mit »mieser Arroganz« verwechselt haben. Sie sind vom unerschütterlichen Glauben beseelt, dass Köln ganz klar die tollste Stadt der Welt ist, in der die sympathischsten Menschen des Universums leben. Wie sie zu dieser Ansicht gekommen sind, ist uns bisher allerdings noch nicht klar. Alle Kölner sagen es, das haben sie schon als kleine Kinder auswendig gelernt, also muss es wohl stimmen. Aber aufgrund der Tatsache, dass sie ihre geliebte Stadt nur äußerst selten verlassen, haben sie kaum die Möglichkeit, die herrschenden Zustände in Köln mit denen in anderen Städten zu vergleichen. Das führt dann dazu, dass sogar bizarre Entwicklungen wie die Einkaufs- und Verkehrssituation in der City oder die schrittweise Umwandlung der Straßen in eine permanente Mülldeponie als völlig normal angesehen werden.

    Dem Neu-Kölner geht es anders. Er kennt zumindest seine vorherige Heimatstadt sehr genau und wird früher oder später anfangen, sich sehr zu wundern. Viele werden stutzig, wenn sie ihr erstes Kölsch trinken und sich fragen, wie man so was als Bier bezeichnen kann und wieso das Gewerbeaufsichtsamt da nicht einschreitet. Andere machen einen Spaziergang durch die Innenstadt und verirren sich in einem unüberschaubaren Straßendschungel. Oder man sagt einen unschuldigen Satz wie »Ich wohne in Holweide« und wird unter Hohngelächter aus der Szenekneipe vertrieben.

    Das Wörtchen »Imi« ist Ihnen möglicherweise unbekannt. Es steht durchaus nicht, wie viele vermuten, für »Immigrant«, dann müsste man es ja auch– trotz oder gerade wegen der Reformschreibrichtung – mit zwei m schreiben. Nein, Imi leitet sich ab von dem Wort »imitieren«. Es entstammt der bei eingeborenen Kölnern allgemein vorherrschenden Auffassung, ein nichtgebürtiger Kölner sei gar kein richtiger Kölner. Auch wenn Sie Ihr ganzes Leben in der Stadt verbringen und jeden Pflasterstein mit Vornamen anreden, werden Sie niemals als vollwertiger Mensch anerkannt. Der Autor dieser Zeilen wurde trotz seines jahrelangen Aufenthalts in Köln von der Bild-Zeitung als »Bochumer Autor« bezeichnet, der angeblich »Köln beleidigt«. Dies nur als Hinweis darauf, wie viel Freundlichkeit Sie von den weltoffenen Kölnern erwarten können. Dennoch: Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie es nicht abwarten können, nach Köln zu ziehen.

    »Der Kölner ohne Imi ist eine Katastrophe, der ersäuft in seiner heimat-klerikalen Pampe.«

    Jürgen Becker

    Der Imi als notwendiges Übel

    Dem Imi kommt in Köln traditionell eine besondere Bedeutung zu. Zunächst einmal sind die Eingeborenen– so sagte es zum Beispiel mal der Stadtentwicklungsdezernent – eigentlich für keine richtige Arbeit geeignet und für nichts vernünftig ausgebildet. Die schwierigen Arbeiten müssen demnach von Imis erledigt werden. Das hat Tradition, alle nennenswerten Kölner Errungenschaften stammen von Imis: Das »Kölnisch Wasser« wurde nicht von den eher hygieneskeptischen Kölnern erfunden, sondern von einem Italiener namens Giovanni Maria Farina, der angeblich den Gestank der Stadt nicht mehr aushalten konnte. Albertus Magnus, der Gründer der Kölner Universität, war ein Imi aus dem Sauerland. Und sogar das Millowitsch-Theater ist ein Import aus Düsseldorf. Auch polithistorisch ist unser Status fundiert: Wenn nicht die Franzosen 1794 mal so frei gewesen wären, die Stadt ein paar Jahre zu besetzen und für Ordnung zu sorgen, wäre Köln heute nach Ansicht von Historikern »irgendein unbedeutendes, zurückgebliebenes Kaff mit merkwürdig überdimensionaler Kirche«. Es bedurfte der Initiative der französischen Imis, um dem Kölner höflich, aber bestimmt nahezulegen, den Müll doch bitte schön nicht mehr auf die Straße zu schmeißen und zur Krönung noch darauf zu defäkieren. Der Klerus wurde enteignet, Juden durften wieder in die Stadt ziehen, und sogar, halten Sie sich fest, Protestanten! Das ist in etwa so, als würde Andy Möller zu Schalke 04 wechseln: undenkbar! Des Weiteren sorgten die Neuankömmlinge für ein Krankenhaus, den Friedhof Melaten, eine regelmäßige Müllabfuhr, eine gescheite Wasserversorgung und ähnlichen neumodischen Firlefanz. In dieser Tradition steht jeder Imi, ganz egal woher er kommt.

    Kommen wir zu einem etwas unappetitlichen Thema: den Mieten. Bisher gab es keine echte Wohnungsnot in Köln, zumindest global betrachtet. Wem es nichts ausmachte, in den Vororten oder gar im Rechtsrheinischen zu wohnen (s. Kapitel »Geografie für Imis«), konnte bisher immer eine Wohnung finden. Aber in den letzten Jahren hat sich die Situation dramatisch verändert: Preiswerter Wohnraum wird in Köln allmählich so knapp wie in München oder auf dem Jupiter. Die CDU fördert nun mal lieber Einfamilienhäuser statt sozialen Wohnungsbau. Im Juli 2004 wachte man dann plötzlich auf und beschloss den Bau von 3800 neuen Wohnungen pro Jahr. Überflüssig zu sagen, dass dieses hehre Ziel nicht erreicht wird, vor allem weil ungefähr die Hälfte der Kölner Bauunternehmer entweder pleite ist oder im Knast hockt. Die Botschaft ist klar: In Köln will man keine armen Leute haben. Und vor allem keine Studenten. Davon gibt es sowieso zu viele. An der Universität zu Köln studieren etwa 45.000 junge Menschen (und ein paar hundert alte Hippies über vierzig). Allein zum Wintersemester kommen jedes Jahr sechstausend neue bildungshungrige Imis nach Köln zum bafögeln. Plätze in Studentenwohnheimen sollten Sie mindestens drei Jahre im Voraus reservieren, am besten bedenken Sie auch gleich Ihre Kinder mit, auch wenn die noch nicht geboren sind.

    Die Universität zu Köln war lange Zeit die größte Uni Deutschlands, seit Einführung der Studiengebühren ist dieser Status jedoch äußerst wacklig. Da nutzt es auch nichts, die Studentenzahl zu manipulieren, indem man frech die Zweithörer hinzurechnet. So ähnlich geht die Stadt auch vor, wenn es darum geht, die Einwohnerzahl zu fälschen, um als Millionenstadt durchzugehen. Da das niemanden beeindruckt, versucht die Stadt nun, Studenten zum Ummelden zu nötigen, indem eine Zweitwohnungsteuer in Höhe von zehn Prozent der Kaltmiete erhoben wird. Die Hälfte der Einnahmen geht für die Verwaltung drauf – Sie sehen also, hier geht es nicht um Geld.

    Als das Centrum für Hochschulentwicklung ein Ranking der Hochschulen in NRW erstellte, landete die Universität von und zu Köln auf einem hervorragenden allerletzten Platz. Die Fachleute monierten das Fehlen eines Leitbildes und klar definierter Qualitätsziele. Außerdem würden Studenten nicht genug eingebunden, und die Reformfreude entspreche in etwa der des Vatikans im dreizehnten Jahrhundert. Die Uni Bonn hingegen erhielt als Belohnung für gutes Qualitätsmanagement nicht nur fünfzig Prozent mehr Geld aus den Studiengebühren als Köln, sondern zählt laut einer Studie auch zu den besten deutschen Forschungsstätten, ebenso wie Aachen. Es hat zuweilen den Anschein, dass über der Stadt Köln eine Käseglocke aus Ignoranz und Faulheit hängt, während das Umland fröhlich pfeifend neue Gipfel erklimmt. Wenn Sie also grundsätzlich kein Streber sind, ist die Uni Köln wie für Sie gemacht!

    Noch ein guter Grund, in Köln zu studieren, besteht in der hohen Moral und dem verantwortungsvollen Sexualverhalten der hiesigen Studenten, zumindest laut einer Erhebung des Playboy-Magazins: Täglichen Sex haben nur 3,4 Prozent der Studenten; bei den Aachenern, diesen triebgesteuerten Säuen, sind es 11,6 Prozent. Noch schlimmer treiben es die durch und durch verkommenen Bochumer, diese wandelnden Aids-Schleudern haben dreimal so oft One-Night-Stands wie die Kölner Studenten, die das stolze Schlusslicht der Sexbesessenen-Tabelle bilden. Außerdem finden nur 1,7 Prozent der Kölner ihre Mitstudenten »sehr attraktiv« (in Mainz: 22,1 Prozent). Sollten Sie also in der Hoffnung nach Köln kommen, Ihre niederen Triebe auszuleben, so sind Sie hier falsch. Kölner Studenten sind gottesfürchtig, sittenstreng und haben starke Handgelenke.

    Wobei es möglicherweise auch mehr eine Frage des körperlichen Vermögens ist. Wie eine Erhebung der Kölner Universitätsklinik unter 20.000 Probanden ergab, sind zwanzig Prozent aller Kölner Männer impotent. Könnte am Rauchen liegen, aber wir wollen den niedlichen kleinen Glimmstengeln ja nicht das ganze Elend der Menschheit in die Schuhe schieben. Dafür haben wir schließlich Gott erfunden. Abgesehen von der erfreulichen und auch statistisch belegbaren Auswirkung, dass die Kölner sich kaum noch vermehren, hat das Ganze aber auch eine Schattenseite: Die Zahl der Verkehrsunfälle steigt. Dies belegt uns wiederum eine Studie der University of New York, der zufolge achtzig Prozent der verhaltensauffälligen Autofahrer, die untersucht wurden, unter sexuellen Hemmungen oder Potenzstörungen litten. Die hohe Unfallrate in Köln lässt sich so auf einmal ganz leicht erklären …

    Für den Imi ist es leider nicht gerade leicht, sich in Köln zurechtzufinden. Der Kölner an sich hat nämlich eine heftige Abneigung gegen jede Art von Hinweisschildern. Ganz egal, ob es um den Weg zur Kölnarena, zu einer bestimmten U-Bahn-Linie oder zu einem bestimmten Kinosaal im Cinedom geht: Es gibt grundsätzlich keine Schilder, die den Weg weisen. So was haben Kölner nicht nötig. Die Menschen hier gehen davon aus, dass einfach jeder WEISS, wo er lang muss. Pünktlich nach dem Papstbesuch hat man inzwischen begonnen, ein Fußgängerleitsystem einzuführen, wie es anderswo, zum Beispiel in Aachen oder im Phantasialand, schon seit Ewigkeiten üblich ist, sodass man zumindest die wichtigsten Punkte in der Innenstadt finden kann, ohne sich ständig zu verlaufen. Für die Fußgänger sind die Schilder erfreulich. Den Auto- und Radfahrern nutzen sie derweil wenig, denn die wollen idealerweise auch gern wissen, wie eigentlich die Straßen heißen, durch die sie fahren. Das müssen sie sich aber meistens einfach selber denken, denn Straßennamensschilder sind in dieser Stadt ein völlig überflüssiger Luxus. So gab es vor ein paar Jahren einen Geheimbeschluss, demzufolge sämtliche Straßennamensschilder sukzessive abzumontieren seien, um zu verhindern, dass Köln-Besucher die Stadt wieder verlassen. Es ist nur der etwas trägen Arbeitsmoral der Kölner zu verdanken, dass dieser Beschluss bisher nur stückweise umgesetzt wurde. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Verkehrsstaus in der City ist darauf zurückzuführen, dass Ortsfremde verzweifelt herauszufinden versuchen, wo zum Teufel sie eigentlich gerade sind. Schon so mancher Handelsreisende oder Brummifahrer hatte auf dem Barbarossaplatz einen mittleren Nervenzusammenbruch. Besonders witzig sind die Schilder, auf denen nichts weiter steht als »Autobahn«. Welche Autobahn sich dahinter verbirgt, erfährt der Leser nicht. Der Kölner braucht diese Hinweise auch nicht, er verlässt die Stadt ja nie. Das Kabarett-Duo »Missfits« mutmaßte: »Der Kölner glaubt, Köln ist ’ne Scheibe. Und dahinter ist nichts.«

    »Unsere viel gerühmte Kompromissfähigkeit, heute kaum noch zu finden, leitete sich aus keiner schleierhafteren oder komplizierteren Sache ab als der generellen Gleichgültigkeit jedweder Diskussion gegenüber, die womöglich gerade im Gang ist – was wir in unserer Eitelkeit natürlich Toleranz nennen.«

    Edmund Crispin über freilich die Engländer

    Bei echten Kölnern kommt es auf die Grösse an

    Vor einiger Zeit wurde ein neununddreißigjähriger Kölner verhaftet, der sich beim Bau einer Bombe selbst entmannt und deshalb vier Jahre lang von Autobahnbrücken auf Autos geschossen hatte. Aber na ja, keine Angst liebe Imis, nicht alle Kölner sind so.

    Im Gegenteil: Ein paar von denen sind wirklich nett, und die meisten pflegen sich und sprechen sogar ganz gut deutsch. Man kann die schon mögen, solange sie sich uns Imis anpassen. Aber wie ist er denn nun wirklich, der typische Kölner Eingeborene, mit dem Sie in den nächsten Jahren auskommen wollen? Der international gefeierte Philosoph Falko Amadeus Rademacher hat einmal in einem insgesamt eher dämlichen Buch ¹  geschrieben: »Die Kölner nehmen Dinge leicht, die sie ernst nehmen sollten, wie den Klüngel. Und sie nehmen Dinge ernst, die sie leicht nehmen sollten, wie den Humor«.

    Der Kerl ist ein aufgeblasener Sackheini, wenn Sie uns fragen. Dass solche Leute Bücher schreiben dürfen, da kann man nur den Kopf schütteln. Aber leider ist er nicht der Einzige, der ein völlig verzerrtes Bild von den Kölnern hat. Besonders drastische Formulierungen verwendete auch der niedersächsische Berufsmisanthrop Dietmar Wischmeyer, der Köln als »Debilenkaff« bezeichnete und seine »behämmerten Ureinwohner« als einen »unerträglich von sich selbst eingenommenen Menschenschlag, vulgär, laut und zotig«. Ist das nicht furchtbar? Da werden gesunder Lokalpatriotismus und eine gesellige, fröhliche Art auf so niederträchtige Weise verunglimpft, es ist schrecklich. Nun ja, »behämmert« und »debil«, das könnte man eventuell so stehen lassen, mag sein. Aber man sollte es wenigstens etwas rücksichtsvoller formulieren. Lassen Sie sich von solchen Tunichtguten nicht beeinflussen!

    »Et kütt wie et kütt« lautet einer der kölschen Wahlsprüche. Übersetzt heißt er so viel wie »Ist mir doch scheißegal«, und er ist auch die Quintessenz der wohl wichtigsten und von den Kölnern am meisten propagierten Ureigenschaft der kölschen Lebensform: Toleranz.

    Das wird Ihnen jeder Kölner sofort bestätigen: Die Kölner sind so was von tolerant! Und weltoffen! Das sind die Vokabeln, die jedem Kölner auf die Stirn tätowiert sind, auch wenn manche was anderes behaupten, wie der Humorforscher Jürgen Bennack: »Wirklich toleranter als andere Leute sind die Kölner nicht, sie sind genauso kleingeistig und spießig wie andere auch, und sie sind genauso gegen Ausländer.« Ähnlich äußerte sich der Kabarettist René Otzenköttel, besser bekannt als Johann König, der meint, der Kölner Humor sei »so tolerant wie der Barbarossaplatz schön ist«. Er diagnostizierte den Kölnern eine grundsätzliche Unfähigkeit zur Selbstironie, die dazu führt, dass sie sich über andere, aber niemals über sich selbst lustig machen. Unverfrorenheit! Natürlich sind die Kölner tolerant, aber so was von. Und wenn sie intolerant sind, dann zumindest auf ihre eigene, versponnene Art und Weise. In manchen Gegenden Deutschlands können konservative Politiker mit ausländerfeindlichen Tiraden und Verweisen auf gängige Vorurteile spielend jede Wahl gewinnen. In Köln ginge das auch, aber nicht mit Agitation gegen Ausländer oder Homosexuelle, sondern gegen Düsseldorfer! Jedes Volk bastelt sich eben sein eigenes Feindbild.

    Nun könnte man sagen (und manche tun es): Wie kann man eine Stadt als »weltoffen« bezeichnen, wenn ihre Toleranz schon bei der nächsten großen Nachbarstadt aufhört? Nicht ganz ungerechtfertigt, aber man bedenke: Das sind immerhin dreißig Kilometer Luftlinie. Das ist für einen Kölner quasi schon die ganze Welt. Köln ist die Welt! Man sagt ja schließlich »Die Welt ist ein Dorf.«

    Um diese Einstellung zu verdeutlichen, kam mal ein »City Globus« auf den Markt, ein Globus, der nur Köln darstellt. Der Stadt-Anzeiger meinte ironiefrei, darin den »handfesten Beweis« gefunden zu haben, dass Köln »die Welt ist«. Der Globus ist von innen beleuchtet, wodurch er »Köln-typisch strahlt«, und als nächstes Projekt empfehle man Düsseldorf, »als Mond, der um Köln kreist«. Spötter meinten allerdings zu diesem »peinlichen Provinzler-Fetisch«, das sei gar nicht nötig, Köln drehe sich ja selbst nur um seine eigene Achse, wie der Globus zeige.

    Nicht ganz so gut funktioniert das Argument der räumlichen Begrenzung bei dem Umstand, dass die Kölner nicht nur Nachbarstädte, sondern sogar die ganze rechte Seite ihrer eigenen Stadt diskriminieren. Die rechte Rheinseite Kölns wird traditionell »schäl Sick« genannt, was so viel heißt wie »krumme Seite«. Manchmal kann man sogar hören, dass dort bereits »Sibirien beginnt«. Dabei stimmt das im Grunde gar nicht, es sieht bloß so aus.

    »Köln gilt in Deutschland als Aids-Hauptstadt, bezogen auf die Zahl der Einwohner gibt es hier die meisten HIV-Infizierten«, berichtet die Präventionsexpertin Heidi Eichenbrenner. Hier kommen zwei Komponenten zum Tragen: Zum einen die natürliche Sorglosigkeit der Kölner im Umgang mit Problemen, zum zweiten die verstärkte Penis-Affinität eines recht großen Teils der männlichen Population. Angeblich sollen zehn Prozent der Kölschheit dem eigenen Geschlecht zugetan sein. Warum das so ist, weiß niemand so recht. Aber ob es nun am typisch kölschen Schnauzbart liegt oder an den hässlichen Kölner Frauen, ganz egal, Schwule fühlen sich in Köln wohl und werden von jedem gemocht und akzeptiert. Na gut, abgesehen von denen, die Jagd auf Schwule machen und sie verprügeln. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Jröne) berichtet von »Schwulenhassern, die am Aachener Weiher und am Ring Jagd auf Homosexuelle machen«. Wenn Sie selber zu dieser »Zielgruppe« gehören, sollten Sie vielleicht woanders spazieren gehen, zum Beispiel irgendwo im Wald, wo Sie keiner sieht. Im Jahr 2000 meldete das »Schwulen-Überfall-Telefon« (19 228) Dutzende schwerer Vorfälle, darunter sogar zwei Tötungsdelikte. Wobei neunzig Prozent

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