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Für Einigkeit und Recht und Freiheit: Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815
Für Einigkeit und Recht und Freiheit: Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815
Für Einigkeit und Recht und Freiheit: Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815
eBook233 Seiten3 Stunden

Für Einigkeit und Recht und Freiheit: Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815

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Über dieses E-Book

In diesem packenden EBook zeichnet Hans-Dieter Otto ein prägnantes Bild einer Epoche, die zu den dramatischsten der deutschen Geschichte zählt. Hautnah erlebt der Leser mit, wie aus dem Hass gegen die Unterdrücker, aus der Verzweiflung über die Not der Zeit und vor allem aus einer geistigen und politischen Selbsterneuerung Preußens der nationale Gedanke entsteht.
SpracheDeutsch
HerausgeberThorbecke
Erscheinungsdatum15. Jan. 2013
ISBN9783799507899
Für Einigkeit und Recht und Freiheit: Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815

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    Buchvorschau

    Für Einigkeit und Recht und Freiheit - Hans-Dieter Otto

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    Cover

    Haupttitel

    Inhalt

    Zeittafel

    Quellen- und Literaturverzeichnis

    Über den Autor

    Über das Buch

    Impressum

    Hinweise des Verlags

    Hans-Dieter Otto

    »Für Einigkeit und Recht und Freiheit«

    Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806–1815

    Jan Thorbecke Verlag

    Für André und Alexander

    »Der Sand, der durch die Uhr der Zeit läuft, ist aus unserer Asche gemacht. Was wir einst waren, heute sind und einmal sein werden, diese Folge von Geschlechtern und Schicksalen, die aus weit zurückliegendem Dunkel auftaucht, durch den flüchtigen Lichtstreif der Gegenwart wandert und den Weg in die Undurchdringlichkeit der Zukunft nimmt, das alles wäre nur gestaltloser Stoff, wenn es nicht den Geist der Geschichte gäbe, der sich gern herbeirufen lässt, um den Weg zu deuten.«

    Friedrich Sieburg, »Napoleon«

    INHALT

    PREUSSEN AM TIEFPUNKT SEINER ERNIEDRIGUNG

    Juli 1806–August 1807

    Preußen steht allein – Der Rheinbund als französischer »cordon sanitaire« – Franz I. legt die Kaiserkrone nieder – »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung«, der Fall Palm – Jena und Auerstedt – Flucht der Königsfamilie nach Ostpreußen – Berlin wird besetzt – Napoleons Einzug durch das Brandenburger Tor – Harte Kontributionen – Berliner »Wendehälse« – Gneisenaus Widerstand in Kolberg – Frieden von Tilsit – »Unser Todesurteil ist gesprochen!« – Kontinentalsperre gegen England – Alle linksrheinischen Gebiete werden französische Departements – Preußen nach dem Friedensschluss – Not und Stimmung im Lande

    PREUSSISCHE REFORMER UND PATRIOTEN

    September 1807–April 1808

    Hoffnungsschimmer am Horizont: Scharnhorst und der Freiherr vom Stein – Königin Luise wird aktiv – Reformen »von oben nach unten« – Steins »Bauernbefreiung« – Opposition des Adels – Neuorganisation der Verwaltung – Auch das Königshaus muss sparen – Preußen soll 120 Millionen Francs zahlen – Scharnhorst und Gneisenau reformieren das Heer – Maßregelung der preußischen Offiziere – Der »Bürger in Uniform« – Gneisenau plant den Befreiungskrieg – Scharnhorst führt das »Krümpersystem« ein – Die Gebildeten tragen den Geist der Freiheit und der Selbstbestimmung in alle Volksklassen – Fichtes »Reden an die deutsche Nation« – Der nationalrevolutionäre »Tugendbund« wird verboten – Ernst Moritz Arndts gesamtdeutsche Appelle und Friedrich Jahns »Turnbewegung«

    »STEHST DU AUF, GERMANIA?«

    Mai 1808–April 1809

    Aufstand in Spanien – Steins kompromittierender Brief – Österreichs Außenminister Graf Stadion plant den Krieg – Napoleon will ein Bündnis mit Russland – Erfurter Fürstenkongress – Napoleon spricht in Weimar mit Goethe – Talleyrands Verrat – Hasenjagd auf dem Schlachtfeld von Jena – Minister Stein wird entlassen – Die Franzosen räumen Berlin – Proklamation an die österreichischen Soldaten: »Eure deutschen Brüder harren ihrer Erlösung!« – Friedrich Wilhelm III. will keinen neuen Krieg gegen Napoleon – Österreich schlägt allein los – Tiroler Volksaufstand unter Andreas Hofer – Blücher will seinen Austritt aus der preußischen Armee erklären – Preußische Offiziere meutern – »Kameraden, es geht gegen Napoleon!«, der Aufstand des Majors Schill – Die erhoffte allgemeine Revolte bleibt aus – Das Schillsche Freikorps kämpft bei Dodendorf gegen die Franzosen – Schills Tod im Kampf um Stralsund – Elf seiner gefangenen Offiziere werden hingerichtet – Erzherzog Karl verliert in Bayern sechs Gefechte – In Preußen agitiert Heinrich von Kleist gegen Napoleon – Die »Hermannsschlacht« als Vorbild des Befreiungskampfes – »Ruf der Germania an ihre Kinder « – Die radikalen Aufrufe bleiben in Deutschland ungehört

    ÖSTERREICH KÄMPFT – UND PREUSSEN?

    Mai 1809–November 1810

    Napoleon in Wien – Das Massaker von Schwaz – Schlacht bei Aspern – Kleists kämpferisches Wochenblatt »Germania« – Kaiser Franz erbittet ein Schutz- und Trutzbündnis – Friedrich Wilhelm III. scheut das Risiko – Schlacht bei Wagram – Andreas Hofer wird verraten – Metternich und der Friede von Schönbrunn – Napoleon heiratet die Tochter von Kaiser Franz – Das preußische Königspaar kehrt in die Hauptstadt zurück – Patriotische Stimmung in Berlin, Eichendorff und Kleist – Hardenberg wird Staatskanzler – Tod der Königin Luise – Hardenbergs Maßnahmen und Reformen – Steuergesetze und Gewerbeordnung – Frankreichfeindliche Berliner Salons – Wilhelm von Humboldt gründet die Berliner Universität – »Turnvater« Jahn und der neue Geist der Vaterlandsliebe

    FREIHEIT ODER UNTERWERFUNG

    Dezember 1810–April 1812

    Zar Alexander durchbricht die Wirtschaftsblockade gegen England – Napoleon annektiert die Hansestädte, Ostfriesland und Oldenburg – Offener Konflikt zwischen Frankreich und Russland – Preußen sitzt zwischen zwei Stühlen – Gneisenaus Denkschrift zum Schicksal Gesamtdeutschlands – In den Rheinbundstaaten verändert sich die Einstellung der Bewohner zu den Franzosen – Auswirkungen der Kontinentalsperre in Preußen – Arbeitslosigkeit und Armut in Berlin – Strenge Zensur der Besatzer – »Ganz Europa werde ich hinter mir herschleifen!« – Napoleon plant den Russlandfeldzug – Heinrich von Kleist resigniert – Tragischer Doppelselbstmord am Kleinen Wannsee – Steins gesamtdeutsches Glaubensbekenntnis – Jérôme warnt seinen Bruder – Napoleons Bündnis mit Preußen und Österreich – 20.000 preußische Soldaten lernen die Marseillaise – Scharnhorst und Gneisenau reichen ihren Abschied ein – Das Bekenntnis von Clausewitz

    DIE KONVENTION VON TAUROGGEN

    Mai 1812–Februar 1813

    Napoleon überschreitet den Njemen – Russische Taktik der »verbrannten Erde« – Schlacht von Borodino – Moskau brennt – Katastrophe an der Beresina – Untergang der »Grande Armée« – Reaktion der deutschen Bevölkerung – Ernst Moritz Arndts Appell an eine deutsche Nation in Einheit und Freiheit – General Yorcks preußisches Korps erklärt sich für neutral – Der preußische König erkennt die Konvention von Tauroggen nicht an – Ostpreußen macht mobil – Friedrich Wilhelm III. flieht ins unbesetzte Breslau – Bündnis mit Russland – Der offene Befreiungskampf steht unmittelbar bevor

    »AN MEIN VOLK!«

    März 1813–April 1813

    Blücher wird Oberbefehlshaber der preußischen Armee – Einführung der preußischen Nationalkokarde – Angespannte Lage in Berlin – Die Kosaken kommen – Revolte der Hamburger Bürger – Die Franzosen räumen die Hansestädte – Russische Truppen in Hamburg – Friedrich Wilhelm III. stiftet das Eiserne Kreuz – Preußen erklärt Frankreich den Krieg – Proklamation des preußischen Königs – Bildung von Freikorps – »Gold gab ich für Eisen« – Patriotische Frauenvereine – Das Idealbild deutscher Weiblichkeit verändert sich – Luisenkult und Luisenorden – Das »Schwarze Korps« des Majors von Lützow – Theodor Körner, der »Sänger des deutschen Befreiungskampfes« – Heine und Goethe missbilligen die Kriegslieder – Napoleon will das Haus Hohenzollern absetzen

    FOLGENSCHWERER FRÜHJAHRSFELDZUG

    April 1813–Juni 1813

    Napoleons Strafgericht über die norddeutschen Hansestädte – Der preußisch-russische Operationsplan – Marschall Kutusow hält sich nicht daran – Blüchers Gefecht bei Möckern – Gneisenaus Proklamation an die Sachsen – Körners Aufruf – »Bewaffnete Neutralität« zwischen Österreich und Sachsen – Schlacht bei Großgörschen (Lützen) – Wer hat gewonnen? – Der russische Oberbefehlshaber ist überfordert – Schlacht bei Bautzen – Napoleon residiert in Breslau – Waffenstillstand – Körners Verwundung im Gefecht bei Kitzen – Tod Scharnhorsts – Preußen schwebt erneut zwischen Leben und Tod

    EINE NEUE ALLIANZ

    Juni 1813–September 1813

    Napoleon verhandelt mit Metternich – Österreich erklärt Frankreich den Krieg – Fürst Schwarzenberg wird neuer alliierter Oberbefehlshaber – Marschall Bernadotte wechselt die Seiten – Der neue Kriegsplan ist defensiv – Blüchers Probleme mit seinen Korpsgenerälen – Die preußische Armee zieht sich zurück – Schlacht an der Katzbach – General Bülow siegt bei Großbeeren und rettet Berlin – Schlacht um Dresden – Rückzug der alliierten Hauptarmee nach Böhmen – Schlacht bei Kulm – Alliierte Uneinigkeit über die Strategie

    DIE »VÖLKERSCHLACHT«

    September 1813–Oktober 1813

    Zustand und Lage der französischen »Herbstarmee« – Probleme der alliierten Heeresleitung – Theodor Körner fällt im Gefecht bei Gadebusch – Tod der Eleonore Prochaska beim Kampf in der Göhrde – Eichendorff verlässt die Landwehr – Bayern sagt sich vom Rheinbund los – General Yorck siegt bei Wartenburg – In Schwarzenbergs Hauptquartier weiß man nicht, wo der Feind steht – Napoleon plant in Leipzig die Entscheidungsschlacht – Die Not der Bürger und das Elend der Verwundeten – Leipzig bereitet sich auf die Verteidigung vor – Angriff von allen Seiten – Napoleon durchbricht bei Wachau das österreichische Zentrum – Schwarzenberg setzt alle Reserven ein – Blüchers Angriff bei Möckern – Wo bleibt Marschall Ney? – Napoleons Lage wird kritisch – Keine Antwort auf das Angebot zum Waffenstillstand – Ruhetag in Leipzig – Napoleon bereitet den Rückzug vor – Drei alliierte Armeen greifen erneut an – Französische Schlüsselstellung bei Probstheida – Verrat der Sachsen – Der Rückzug nach Westen beginnt

    DEUTSCHLAND WIRD FREI

    Oktober 1813–Mai 1814

    1000 alliierte Kanonen beschießen Leipzig – Katastrophe an der Elsterbrücke – Straßenkampf im Stadtinneren – Drei Monarchen auf dem Marktplatz – Blücher wird Generalfeldmarschall – Opfer der Schlacht – Schlimme Zustände in den Lazaretten – Siegesfeier in Berlin – Französische Rückzugsgefechte – Napoleon flüchtet nach Paris – Der Rheinbund löst sich auf – Metternich will das Gleichgewicht in Europa erhalten – In Hamburg setzt Marschall Davout sein Schreckensregiment fort – Alliierte Offensive über den Rhein – Preußische Soldaten in Frankreich – 200.000 Freiwillige stoßen zu Napoleon – Blüchers zersplitterte Korps verlieren mehrere Schlachten – Angriff auf Paris – Blüchers Kanonen auf dem Montmartre – Marschall Marmont verrät seinen Kaiser – Feierlicher Einzug der alliierten Gardetruppen in Paris – Talleyrand kehrt zurück – Der neue Bourbonenkönig heißt Ludwig XVIII. – Napoleon dankt ab – Lebenslanges Exil auf Elba

    WIENER KONGRESS UND WATERLOO

    Mai 1814–September 1815

    Pariser Friedensvertrag – In Wien tritt ein Kongress zusammen – Wie soll die Beute verteilt werden? – »Der Kongress tanzt, aber kommt nicht voran« – Napoleon landet in Südfrankreich – Die französischen Truppen laufen zu ihm über – Napoleon ist wieder in Paris – Der »Feind der Menschheit« – Preußens Territorialgewinne – Blüchers Armee sammelt sich in Südbelgien – Revolte der sächsischen Regimenter – 100.000 englische Soldaten landen in Belgien – Drohende Vereinigung beider Feindarmeen – Schlacht bei Ligny – Schlacht bei Waterloo – Wellington hält Stand – Die Preußen treffen auf dem Schlachtfeld ein – Napoleon ist geschlagen – Erneute Abdankung und Verbannung nach St. Helena – Preußen ist wieder Großmacht – Ein vereintes Deutschland rückt in weite Ferne – Partikularismus und Restauration gewinnen die Oberhand – Flickenteppich Deutscher Bund – »Wo ist jetzt das Deutschland, dem unser Kampf galt?«

    ZEITTAFEL

    QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

    PREUSSEN AM TIEFPUNKT SEINER ERNIEDRIGUNG

    Juli 1806–August 1807

    Er ist 1777 in Frankfurt an der Oder geboren und entstammt dem pommerschen Uradel, ein waschechter Preuße also. Anders als seine Vorfahren ist er weder Gutsbesitzer, hoher Diplomat oder Gelehrter noch General oder gar Feldmarschall. Heinrich von Kleist ist »nur« ein Dichter. Und dazu noch einer, der sich in seinem literarischen Schaffen jenseits der Weimarer Klassik und der Romantik bewegt, fernab von allen etablierten Lagern. Er ist ein zu Unbeständigkeit, Maßlosigkeit und Melancholie neigender Außenseiter mit psychopathischen Zügen. Manchmal stottert und stammelt er; er errötet oft und wirkt äußerlich eher kindlich, fast mädchenhaft. Aber er ist ein genialer Schriftsteller, der in seinen Werken auch politisch Stellung bezieht. Wie wir noch sehen werden, ist er ein hasserfüllter Feind des acht Jahre älteren Napoleon Bonaparte. Anders als die Napoleonverehrer Goethe, Wieland oder Hölderlin, für den Napoleon sogar »der Herrlichste« ist, dämonisiert Kleist ihn in seinem »Katechismus der Deutschen« zu einem »verabscheuungswürdigen Menschen«, zu einem »Erzfeind« und »bösen Geist«. Während sich insbesondere das Zitat des zeitgenössischen deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel von Napoleon als »Weltseele«, den nicht zu bewundern einfach unmöglich sei, im kulturellen Gedächtnis der Deutschen fortgepflanzt hat, sieht Kleist in Napoleon einen »Höllensohn«, die Inkarnation des Bösen schlechthin. In seinem extremen Denken und Handeln steht Heinrich von Kleist ziemlich allein, ähnlich allein wie auch Preußen.

    Der preußische Staat ist durch seine rücksichtslose Politik unbeliebt und politisch isoliert. Am 16. Juli 1806 unterzeichnen 16 süddeutsche Staaten, allen voran Bayern und Württemberg, in Paris den »Rheinbundvertrag« und bekennen sich damit ausdrücklich zu Frankreich als Schutzmacht. Alle bisherigen Reichsgesetze werden durch die Rheinbundakte für nichtig erklärt. Alle Mitglieder müssen für immer mit Frankreich verbündet bleiben und für Napoleons europäische Kriege Hilfstruppen stellen, Kanonenfutter für seinen Imperialismus. Jetzt kann er nicht nur seine Armee auf 280.000 Mann vergrößern, wovon rund ein Viertel Deutsche sind, sondern er verfügt auch über den lang ersehnten »cordon sanitaire«, eine Sicherheitszone Frankreichs nach Osten. Mit diesem Rheinbund, der bis 1808 auf 36 Mitglieder anwachsen wird, hört das »Heilige Römische Reich Deutscher Nation« praktisch auf zu existieren. Am 1. August 1806 verweigert Napoleon dem Reich die diplomatische Anerkennung und verlangt unverblümt von Kaiser Franz I. von Österreich die Abdankung als Oberhaupt des Reiches. Franz fügt sich und entsagt am 6. August 1806 der Krone. Damit findet die mehr als tausendjährige Reichsgeschichte ein klägliches Ende.

    Kaum jemand in den deutschen Landen protestiert dagegen oder zeigt sich empört. Die Zeitungen schreiben zwar darüber, aber die lesen nur die Gebildeten. Goethe, der gerade auf Reisen ist, schreibt: »Viel wichtiger an diesem Tage war mir der Streit meines Kutschers mit einem Bediensteten.« Das einfache deutsche Volk erfährt kaum etwas vom Untergang seines Reiches. Nur hier und da regt sich Widerstand. Ein unbekannter Verfasser, wahrscheinlich ein Student, publiziert im Verlag des Buchhändlers Johann Philipp Palm im seit März 1806 von französischen Truppen besetzten Nürnberg eine 144 Seiten umfassende Schrift mit dem Titel »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung«. Palm bietet das Pamphlet, in dem zum Widerstand gegen die Franzosen und ihre bayrischen Verbündeten aufgerufen wird, in seiner Nürnberger Buchhandlung zum Verkauf an. Es gerät in die Hände eines Deutsch sprechenden französischen Offiziers, der sofort Anzeige erstattet. Obwohl er als bayrischer Staatsbürger und Privatperson unter die bayrische Gesetzgebung fällt, wird Palm wegen Verbreitung verbotener, ehrenrühriger Schriften gegen Frankreich verhaftet und in der französischen Festung Braunau am Inn vor ein französisches Kriegsgericht gestellt. Den Namen des Verfassers gibt er nicht preis. Auf persönlichen Befehl Napoleons verurteilen ihn am 25. August französische Offiziere zum Tode. Napoleon will ein Exempel statuieren und die Deutschen einschüchtern. Schon einen Tag später wird Palm erschossen. Die ersten beiden Gewehrkugeln verwunden ihn nur, erst beim dritten Versuch bereitet ein gezielter Pistolenschuss seinem Leben ein Ende.

    Auch Preußen ist mit Napoleon verbündet. Doch hier werden die Stimmen immer lauter, die dem nach Macht und Ruhm strebenden französischen »Empereur« endlich Einhalt gebieten wollen. Auch Kleist zählt dazu. Die Siegeszuversicht ist trügerisch, als Preußen Ende September 1806 Napoleon den Krieg erklärt, nicht zuletzt als Folge einer ungerechtfertigten Selbstüberschätzung durch einige preußische Militärs. Das von allen Großmächten isolierte Preußen will einem kriegserfahrenen, starken und siegreichen Gegner allein die Stirn bieten. Seine Armee ist dem Gegner zwar zahlenmäßig überlegen, in punkto Kampfkraft und operativer Führung gegen das moderne französische Revolutionsheer jedoch ohne Chance. Seit den Schlesischen Kriegen Friedrichs des Großen hat sie sich nicht wesentlich weiterentwickelt. Die Niederlage Preußens gegen die überlegenen napoleonischen Truppen in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 kommt einer Katastrophe gleich. Der Staat bricht vollkommen zusammen. Nie zuvor in der Geschichte ist eine erstrangige und durch ihre militärischen Traditionen berühmte europäische Macht innerhalb von nur sieben Tagen so total geschlagen worden. Deprimiert schreibt Heinrich von Kleist am 24. Oktober aus Königsberg an seine Schwester Ulrike: »40.000 Mann gefallen auf dem Schlachtfelde, und doch kein Sieg! Es ist entsetzlich … Nur ein sehr kleiner Teil der Menschen begreift, was für ein Verderben es ist, unter seine (Napoleons) Herrschaft zu kommen …. Es ist (sic!) auf eine Ausplünderung von Europa abgesehen, um Frankreich reich zu machen. Doch, wer weiß, wie es die Vorsehung lenkt.« Nach der verlorenen Schlacht kapitulieren die preußischen Truppen fast überall im Lande nahezu kampflos und übergeben den Siegern stark ausgebaute und gut versorgte Festungen und Städte wie Spandau, Küstrin, Stettin und Erfurt. Auch die mit riesigen Vorräten ausgestattete Festung Magdeburg, in der allein 23.000 preußische Soldaten mit 800 Kanonen stationiert sind, hisst ohne jeglichen Widerstand bereits die weiße Fahne, als die ersten drei französischen Geschütze auf den Wällen auffahren.

    Der friedensliebende preußische König Friedrich Wilhelm III. hat sich lange gegen diesen Krieg gesträubt. Er widersetzte sich zunächst dem Drängen seiner Militärs und seiner patriotisch gesinnten Gemahlin, der Königin Luise, die sich mit Nachdruck

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