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Im Kreis der Liebe
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eBook240 Seiten3 Stunden

Im Kreis der Liebe

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Über dieses E-Book

Eigentlich hatte sich der weltberühmte Herzchirurg Nick Parker geschworen, nie mehr auf die Insel seiner Kindheit zurückzukehren. Doch als ihm sein Freund die Leitung der Herzchirurgie im alten Memorial Ausbildungskrankenhaus "House of Hope" anbot, sagte er ohne lange darüber nachzudenken zu.
Schicksal?

Obwohl er sich entschlossen gegen die alten Zaubereien seiner Tante und die Magie dieser Insel wehrt, fällt es ihm von Tag zu Tag schwerer die verhassten Bilder in seinem Kopf zu ignorieren. Nein, er würde nicht zulassen, dass sie ihn wieder beherrschten. Niemals! Das hatte er sich trotz seiner Rückkehr und der Sehnsucht nach seiner Heimat geschworen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. März 2015
ISBN9783735704481
Im Kreis der Liebe
Autor

Nischa Spengler

Autorin: Nischa Spengler wohnt mit ihrem Partner und ihren Söhnen in einer kunterbunten, turbulenten Wohngemeinschaft in einem Vorort von Zürich. Schon als Kind hielt sie viele ihrer Abenteuer und Erlebnisse in Kurzgeschichten fest und vergrub sich in ihren Tagebüchern. Mit ihrem Erstlingsroman: Im Kreis der Liebe wagt sie sich zum ersten Mal auf die grosse Bühne der Schriftstellerei. Nach fünfzehnjähriger Tätigkeit in einem Krankenhaus für drogenkranke Menschen, betreut sie heute in einer Wohngemeinschaft Jugendliche mit einem schwierigen, sozialen Hintergrund. Nebenberuflich macht sie eine Ausbildung zur Energietherapeutin und Ge-sundheitsmasseurin, liebt es in ihrem Kräu-tergarten zu arbeiten, treibt viel Sport, schreibt Kurzgeschichten oder Liedertexte und wünscht sich als Mutter ihrer munteren Teenagerbande, dass die Tage mindestens doppelt so viele Stunden hätten…

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    Buchvorschau

    Im Kreis der Liebe - Nischa Spengler

    um.

    -1-

    „Ok, dann sind wir uns einig?" Dr. Nathan McDorrel stand auf und kam mit ausgestreckter Hand hinter seinem schweren Chefarzt-Schreibtisch hervor. Ein weißhaariger, kleiner Mann mit gütigen Augen. Nick schlug ein und nickte. „Wir sehen uns also am nächsten Montag. Ich werde sie im Frührapport vorstellen.

    Noch Fragen?" Nick schob den unterschriebenen Arbeitsvertrag in seine Mappe und schüttelte den Kopf. Er war kein Mann großer Worte. Es würde sich schon alles so fügen wie es sein musste, so war es doch immer gewesen.

    „Kommen Sie, ich begleite sie hinaus. McDorrel öffnete die Tür und sie traten hinaus in einen langen, düsteren Gang. Der Boden knarrte und sah alt und abgenutzt aus, doch er glänzte, als hätte man ihn stundenlang gescheuert. „Ein alter Kasten, unser gutes Memorial, bemerkte McDorrel, der Nicks skeptischen Blick auffing.

    „Ist seit vielen Generationen im Besitz unseres Clans." Er zwinkerte ihm zu und legte väterlich seine Hand auf Nicks Schulter. Es war ein wunderschönes Anwesen. Alt und knorrig, aber voll Charisma und einfach bezaubernd.

    Als Nick vor zwei Stunden durch den Eingangstorbogen der Klinik gefahren war, kam es ihm vor, als würde er in eine seltsam, verwunschene Welt eintauchen. Memorial - House of Hope, allein der Name ließ seine Fantasie tanzen. Der Kies unter seinem schweren Jeep und dem langen Wohnwagenanhänger knirschte und ließ ihn nur im Schritttempo fahren. Sauber geschnittene Hecken säumten die Einfahrt und überall blühten Rosen, in unzähligen Farben. Als er schlussendlich vor dem imposanten Bau stand, spürte er, wie sein Herz vor Aufregung wild gegen seine Brust hämmerte. Nick war überwältigt, keine Frage. War das ein Schloss? Das Anwesen eines Lords? Wie ein Krankenhaus wirkte es zumindest nicht. War er hier wirklich richtig?

    „Für einen Privathaushalt eindeutig zu groß und kostspielig und da die McDorrels plötzlich alle Ärzte wurden..., der alte Arzt schmunzelte, „bauten sie es vor drei Generationen zu einem Krankenhaus um. Es hörte sich einfach und logisch an, aber Nick Parker konnte nur vermuten, wie viel Arbeit, Geld und Herzblut in diesem Haus steckten.

    Die Augen des alten Mannes leuchteten stolz und doch wirkte er müde. Die vielen, rastlosen Jahre und sein lebenslanger, selbstloser Einsatz hatten ihre Spuren hinterlassen, seine Körperhaltung geformt. Er ging gebückt und schwerfällig. Nick musterte ihn verstohlen. Er wusste, dass Nathan McDorrel sein ganzes Leben hier auf Moorin-Island verbracht hatte. Er studierte zwar drüben, auf dem Festland, doch er blieb nur so lange weg, bis er bereit war, das Erbe seines Vaters und Großvaters zu übernehmen. Dann kehrte er zurück und verließ die Insel nie mehr. Nick mochte ihn auf Anhieb.

    Er strahlte Verlässlichkeit aus und Nick bewunderte, was er hier erreicht hatte. Sein ganzes Leben hatte er dem House of Hope untergeordnet. Dieses Krankenhaus war sein Lebenswerk und Nick beneidete McDorrel dafür.

    Natürlich hatte Nick auch viel in seinem Leben erreicht. Er wollte immer und überall der Beste sein und das war ihm eigentlich recht gut gelungen. Sich mit Herz und Seele für einen Traum eingesetzt, dass hatte er sich noch nie.

    Er beneidete McDorrel und fragte sich, ob es wirklich richtig war, hier zu sein? War dies hier seine Bestimmung? Auf Moorin-Island, in diesem uralten Gemäuer einer Bande wissensbegieriger, zukünftiger Eliteärzte sein Wissen weiterzugeben? Er wusste, dass er nicht nur als Oberarzt und Herzchirurg eingestellt wurde. McDorrel plante, in absehbarer Zeit die Leitung seines Krankenhauses abzugeben und da er keine Nachkommen hatte, würde er sie in die Hände einer seiner sechs Oberärzte legen.

    „Entweder Sie lieben das alles hier von Anfang an, mit allen närrischen Geistern, die hier rumschwirren und einem das Leben manchmal ganz schön schwer machen, oder......" sein freier Arm malte eine Wolke in die Luft. Er ließ den Satz unbeendet und wandte sich Nick zu.

    Sein durchdringender Blick hielt ihn fest und er fühlte sich schlagartig unbehaglich, irgendwie ertappt. Konnte der alte Arzt seine Gedanken lesen? Spürte er seine Unentschlossenheit? Und was hatte es mit den Geistern auf sich?

    In der Eingangshalle blieben die beiden vor einem riesigen Gemälde stehen. „Das Haus war auch ihr Leben." Dr. Linda-May Kennedy stand in goldener Schrift darunter. Ihr Blick traf sie streng und autoritär. Eine schöne Frau, mit hellen Augen und graumeliertem Haar, das im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden war. Schwer zu sagen, welche Haarfarbe sie früher einmal hatte. Nick erinnerte sich nicht.

    Fasziniert blieb er an ihrem Gesichtsausdruck hängen. Der harte Zug um ihren Mund passte nicht zu den strahlenden, begeisterten Augen.

    Er ertappte sich dabei, wie er sich vorstellte, ihren strengen Haarknoten zu lösen. „Sie kennen sie? Verlegen, weil sein viel älterer Kollege schon wieder seine abgeschweiften Gedanken unterbrach, nickte er. „Wer kennt sie nicht.

    Sie war die wohl weltweit genialste Herzchirurgin aller Zeiten. Wo sie aufgetaucht war und doziert hatte, füllte sie die Hörsäle. Alle ihre Tagungen waren immer restlos ausgebucht. Ihre Theorien, Techniken und ihr unglaubliches Wissen standen in allen Lehrbüchern der Welt. Nick bewunderte sie, hatte wenn möglich immer ihre Vorträge und Lehrgänge besucht und sich so sehr gewünscht, einer ihrer Schüler zu sein und mit ihr im OP zu stehen. Dr. Linda-May Kennedy, wer an ihrer Seite operieren durfte, hatte es geschafft.

    „Sie hätte mich nicht allein lassen dürfen."

    Nick wandte sich dem alten Mann zu. Er schaute traurig und wirkte jetzt erschöpft und sehr verletzlich. Es war Krebs gewesen. Nick wusste Bescheid. Es stand in allen Zeitungen. Vor knapp zwei Jahren. Sie hatte keine Chance.

    Die Tür am Ende der Eingangshalle sprang auf und aus ihr traten, laut gestikulierend, farbige Gestalten. Ein junger Mann warf gerade voller Begeisterung seine geblümte OP Mütze in die Luft. „Hey Doc, ich hab gerade einen Blinddarm rausgeholt. Gaaaaanz alleine! Er kam auf sie zu und klapste dem Chefarzt übermütig an die Schulter. Seine OP Maske hing lose um seinen Hals. Er trug ein, traditionelles, grünes OP Hemd und dazu..., purpurrote Hosen. „Saubere Sache, O’Donnellan, und wie liefs? Er schaute an ihm vorbei und nickte zum Gruß, einer kleinen, leicht übergewichtigen Frau zu. Auch sie trug ihr grünes OP-Hemd, dazu aber knallgelbe Hosen. Sie stand breitbeinig mit verschränkten Armen da. „Ganz ok." Ungläubig drehte sich der junge Assistenzarzt zu ihr um.

    „Ganz ok? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst? Spitzenklasse war das, einfach perfekt! Ein feiner Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht, doch dann herrschte sie ihn streng an: „In einer Stunde liegt Ihr OPs-Bericht auf meinem Schreibtisch! O’Donnellan salutierte theatralisch und steuerte mit den anderen ausgelassen dem Ausgang zu.

    „Grace, darf ich Ihnen Nick Parker vorstellen? Ohne ihre verschränkten Arme zu lösen stampfte sie auf die beiden Ärzte zu. „Sie wissen schon, der neue Herzchirurg. Er fängt nächsten Montag bei uns an. Sie musterte Nick ernst: „Riordan, Grace Riordan, Notaufnahme, und reichte ihm die Hand. Ein fester Händedruck. Ihrem Chef zugewandt meinte sie: „Wurde aber auch Zeit. Nick nickte, wie immer, wenn er nichts zu sagen hatte und sie drehte sich grußlos ab und marschierte davon.

    McDorrel schien die ganze Situation zu amüsieren: „Lassen Sie sich von ihr nicht einschüchtern. Sie hat das Herz am rechten Fleck.

    Sie betreut unsere 16 Assistenzärzte und wird von ihnen General genannt. Lassen Sie es sie aber um Himmels Willen nicht wissen! Jetzt lachten sie beide. McDorrels Piepser meldete sich. Mit einem kurzen Blick drauf, verabschiedete er sich bei Nick: „Ich muss los. Tut mir leid. Sie haben bestimmt Hunger. Die Zeit auf seiner Armbanduhr bestätigte seine Annahme. Es war längst nach Mittag. „Die Cafeteria ist gleich dort drüben oder nein,… ein spitzbübisches Lächeln spielte um seinen Mund, „ Fahren Sie runter, raus aus dem Tor und dann die zweite Abzweigung rechts. Dort finden Sie Toms Pub und werden sie alle antreffen, unsere Kids. Kids? Welche Kids? „Parker...? Wir sind hier eine große Familie. Und bereits zum zweiten Mal an diesem Tag legte er seine Hand auf Nicks Schulter. Dieser nickte einmal mehr und wandte sich zum Gehen. Nick war seltsam verwirrt und konnte sich diesen Zustand nicht erklären. Er war schon fast bei seinem Jeep, als er McDorrel rufen hörte: „Dr. Parker? Nick... darf ich Sie was fragen? Er blieb stehen, drehte sich um und sie gingen wieder aufeinander zu. „Warum wir? Sie könnten an den besten Häusern der Welt operieren." Nick scharrte mit dem Fuß im Kies. „Ich war an den besten Häusern der Welt..."

    „Und…? McDorrel ließ nicht locker. „Sie kam doch auch. Nick wies mit dem Kinn zu Linda-May Kennedys Portrait in der Eingangshalle.

    „Ja, aber sie hatte ein kleines Kind, wollte kürzer treten, sich von der Elite zurückziehen." Dass ihr dies nicht gelang, wussten sie beide.

    Wo sie auftauchte, lebte der Erfolg. Sie hatte das Memorial vor 25 Jahren zu dem gemacht, was es jetzt war. Sie hatte sie alle hergeholt, die Koryphäen aus aller Welt. Sie war es gewesen, die aus einem ländlichen Durchschnittsspital, das beliebteste Ausbildungskrankenhaus weit und breit gemacht hatte. Ein Haus, in dem die unglaublichsten Wunder geschahen, das Unmögliche möglich wurde.

    „Nein, entgegnete Nick. McDorrel verstand nicht. „Nein, sie dürfen nicht fragen.

    Dr. Nathan McDorrel steckte nachdenklich die Hände in seinen Arztkittel. Er würde es herausfinden.

    -2-

    Als Nick vor Toms Pub anhielt, begann es gerade zu regnen. Ob er seinen Jeep und den langen Wohnwagenanhänger einfach am Straßenrand stehen lassen konnte? Die Scheibenwischer an seiner Frontscheibe gingen automatisch an. Rauf – runter – rauf - runter. Nick schaltete den Motor aus. Sie kamen noch immer unerwartet und heftig, diese sintflutartigen Regengüsse. Es hatte sich nichts geändert und er wusste nicht recht, ob er das als Erleichterung oder als Belastung empfinden sollte. Die Parkfrage hatte sich aber zumindest erledigt. Niemand würde hier versuchen, während diesen berüchtigten Inselplatzregen, mehr als zehn Meter zu Fuß zu gehen. Er schaute durch die beschlagene Autoscheibe.

    Bunte Neonbuchstaben hingen über dem Eingang des Pubs. Selber glich der Laden aber eher einer Baracke und Nick befürchtete, dass sie einer wilden Horde übermütiger Sprayer zum Opfer gefallen war. Graffiti über Graffiti zierten die Wände. Nicks Blick blieb an einem ganz besonders kunstvollen Werk hängen: Die Liebe ist das Kind der Freiheit! Es stand in warmen Orange-, Rot- und Gelbtönen über einem schwarz gesprayten Felsbrocken. Der Schriftzug glich einem Sonnenuntergang. Um Nicks Mund spielte ein Lächeln. Er mochte sie, die Sonnenuntergänge hier im Westen der Insel. Leider lockten sie zwar im Sommer immer tausende von Touristen an, aber das konnte man ihnen nicht verübeln. Es gab fast nichts Schöneres, als an lauen Sommerabenden, barfuß über die moosbewachsenen Felsen zu schlendern und diesen einmaligen Sonnenuntergängen zuzuschauen. Schon als Teenager hatte er dort oft gelegen, abseits, wo ihn niemand sehen konnte, hinter diesem einen, geteilten Felsen, von dem man sich erzählte, dass der Teufel ihn mit seinem Dreizack entzweigeschlagen hatte, weil die Inselbewohner ihn erzürnt hatten. Er würde ihn suchen gehen, diesen magischen Ort seiner Kindheit, aber das musste vorerst noch warten, denn er hatte jetzt erst einmal Hunger. Nur wenige Schritte trennten ihn vom Eingang des Pubs. Würde er ihn ohne Regenjacke und Schirm halbwegs trocken erreichen? Er bezweifelte es, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in den Wolkenbruch zu stürzen. Nach passenden Regensachen in seinem Wohnwagen zu suchen, erschien ihm zu mühsam.

    Der Vorraum des Pubs war durch eine Western-Schwingtür abgetrennt. Weiße Arztkittel, Regenjacken und Schirme hingen an den seltsamsten Kreationen von Garderobenhaken.

    Nick schüttelte die Regentropfen aus seinen dunklen Locken und überlegte sich kurz, ob er die braune Lederjacke über das Geweih eines mit Blumenornamenten verzierten, karierten Elchkopfes werfen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er stieß die Schwingtür auf und fand sich in einem Raum wieder, der eher einem heimeligen Wohnzimmer, als einem Pub glich. Hinten in der Ecke schichteten gerade zwei Männer Holz in einem Kamin und versuchten sich mit ihrem Wissen, was Feuer entfachen betraf, zu überbieten. Vor ihm, an einer langen Holztheke standen vierzehn unterschiedliche Barhocker. Jeder einzelne ein Unikat aus Fell, bunter Farbe, grünem Kunstgras, weichem Plüsch oder auch fantasievoll geschmiedetem Stahl. Außer einem zottigen, alten Mann, der schlürfend über einem dampfenden Suppenteller sass, war niemand an der langen Bar. Das kam Nick entgegen. Er mochte es, irgendwo unbeachtet zu sitzen und neue Bilder in sich aufzunehmen. Er wählte einen gelbgezackten Sonnenbarhocker, ganz am Rand und ließ seinen Blick neugierig durch das Pub wandern. In einem der vielen, etwas abgenutzten Sofas streckte sich der junge Assistenzarzt aus, den er vor einer halben Stunde in der Eingangshalle des Memorial House of Hope angetroffen hatte. Derjenige mit dem Blinddarm. Wie hieß er noch? O‘ Donnell? Nein, Donnellan. Seine Schuhe hatte er abgestreift und die Füße genüsslich auf dem niedrigen Clubtisch ausgestreckt. Ungeschickt kramte er eine verknitterte Packung Lucky Strikes aus seinen purpurroten Hosen, suchte umständlich nach einem Feuerzeug und steckte sich dann in aller Ruhe eine Zigarette an. Den Rauch blies er im Zeitlupentempo und mit amüsiertem Blick in den Raum. Einmal, zweimal, dreimal... „Conor! Neben Nick tauchte eine üppige, schwarze Frau mit einer fleckigen Kochschürze auf. „Wenn du diesen verdammten Glimmstängel nicht nullkommaplötzlich ausmachst, drücke ich ihn dir auf deinem süßen Arsch aus, klar? Sie stemmte ihre kräftigen Arme in die runden Hüften und stampfte drohend mit dem Fuß auf. „Ach komm schon, Mama Aurelia, draußen regnet es Katzen vom Himmel.... Die jungen Frauen, die sich fast einem Harem gleich, um Conor O’Donnellan herum scharten, kicherten. Sie kannten scheinbar die Szene und wussten was folgen würde. Conor grinste. „Ich warne dich, junger Mann! Die Stimme der Frau aus der Küche klang tief, wie ein Tenor.

    Schon stand sie vor ihm, einem schwarzen Racheengel gleich. „Aufstehen, - umdrehen! Wie ein kleiner, ertappter Junge gehorchte Conor, stand auf und überreichte der wütenden Frau den rauchenden Übeltäter. „Darfst dir auch einen Zug nehmen, Mamma, dabei küsste er sie liebevoll auf ihre weiche, wabbelnde Wange. „Worauf du dich verlassen kannst, du unverbesserlicher Lümmel. Ihr Klapps an seinen Hinterkopf war mütterlich und als er sich laut seufzend wieder in sein Sofa zurückfallen ließ, wuschelte sie ihm fast zärtlich durch die blonden Strubel Haare. „Elender Lausbub, brummte sie und marschierte, begleitet von fröhlichem Applaus, an Nick vorbei wieder zurück in die Küche. „Komme gleich, rief sie Nick mit erhobener Zigarette zu. An ihrer Stelle trat jedoch ein großer, breitschultriger Mann an ihn heran. Er reichte Nick seine dunkle Hand: „Ich bin Tom und das war meine Frau, Aurelia, er zwinkerte Nick belustigt zu. „ Was darf ich Ihnen bringen? Nicks Hand verschwand in Toms großen Pranken, die er wie eine Muschel um seine legte und plötzlich spürte er eine kribbelnde Wärme, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Verwirrt entzog sich Nick dieser seltsamen Umklammerung. Toms Augen fixierten ihn. „Heute haben wir Linseneintopf in Brotschüssel oder unsere warmen Sandwiches. Ohne Nick aus den Augen zu lassen, wies er auf drei beschriebene Schiefertafeln, die hinter ihm über der Bar hingen. Nick musste sich vom Blick des schwarzen Mannes abwenden, denn er verursachte ihm ein flaues Gefühl in seiner Magengrube. Obwohl er demonstrativ wegschaute, spürte er, wie sein Gegenüber ihn weiterhin eindringlich musterte. Irgendwie schien sich alles um ihn herum zu vernebeln.

    Nick starrte auf die schwarzen Schiefertafeln, ohne auch nur ein Wort lesen zu können und nickte unbeholfen.

    Hinter ihm ging schwungvoll die Tür auf. Tom ließ seinen Blick noch einige Sekunden lang auf Nick gerichtet, wendete sich dann aber ab und stimmte in das schallende Gelächter seiner Gäste ein. Seine weißen Zähne blitzten.

    Nick tauchte nur langsam aus seiner meeresähnlichen Tiefe auf. Er holte tief Luft und zuckte erschrocken zusammen, als unerwartet der Lärm über ihm zusammenschlug. Wo war er gewesen? Tom hielt Nick am Unterarm fest.

    „Tut mir leid...", und prustete dann amüsiert los. Seine Aufmerksamkeit galt irgendeinem Spektakel hinter seinem Rücken, denn er schaute über ihn hinweg. Nick drehte sich auf seinem Sonnenbarhocker um und sah sie. Eine Frau, nass bis auf die Haut. Die aufgeweichte Regenjacke und den dicken, triefenden Wollpullover hatte sie bereits achtlos und sichtlich wütend auf den Boden geworfen. Gerade war sie hektisch dabei, die Schnürsenkel ihrer schweren Bergschuhe aufzuknöpfen. Ihre grünen Augen blitzten zornig und von ihrem triefendnassen Haar tropfte es unaufhörlich auf den groben Holzboden und es bildete sich bereits eine unansehnliche Lache um sie herum.

    „Verflucht..., schimpfte sie vor sich hin und schleuderte einen ihrer Schuhe direkt vom Fuß quer durchs Pub. „Euch wird das Lachen schon noch vergehen. Der fliegende Schuh hatte seine Wirkung nicht verfehlt und zog johlende Schreie nach sich. Die junge Frau schüttelte sich wie ein nasser Hund und doppelte mit einem gezielten Wurf des zweiten Wanderschuhs gleich nochmals nach. Ihr Shirt klebte nass und eng an ihrem Körper und betonte ihre zierliche Figur. Ob sie sich ihrer Ausstrahlung bewusst war? Nick bezweifelte es und gab sich gar keine Mühe, seine Faszination zu verbergen. Grinsend und seelenruhig, als würde sie der ganze Tumult den sie ausgelöst hatte, nichts mehr angehen, platschte sie in ihren durchnässten Ringelsocken auf die Bar zu und klopfte im Vorbeigehen dem alten Mann in seinen abgewetzten, übelriechenden Kleidern auf die Schulter: „Könnte eine nasse, kalte Nacht werden Pete. Vielleicht kommst du besser bei uns vorbei? Pete hatte eben noch neben seinem leeren Suppenteller gedöst und murmelte etwas Unverständliches. „Aber um ein feines, warmes Schaumbad kommst du nicht herum. Sie zog an seinen zottig verklebten Haaren und rümpfte die Nase. Petes zahnloser Mund verzog sich zu einem Lächeln und sein dreckiger Zeigefinger strich der jungen Frau über die Wange. Inzwischen stand Tom mit einem großen Handtuch bereit. „Komm her, mein Engel. Fürsorglich wickelte er sie darin ein und rubbelte ihr sanft über ihren Rücken. Ihr Kopf lag an seiner breiten Brust und er hauchte ihr vertraut einen Kuss auf den Scheitel. „Aber die Schweinerei, er wies mit dem Kinn an Nick vorbei auf den nassen Boden, „die machst du selber weg!" Der ausgelassene Lärm hatte auch Aurelia aus der Küche gelockt. Mit einem kritischen Blick in die Runde versuchte sie die Situation einzuschätzen.

    Ihre übermütigen Gäste, die inzwischen ausgelassen auf den Sofas herum hopsten und irgendwelche Schuhe durch die Luft schleuderten, die Überschwemmung im Eingang und... „Ainoah, mein Kind, wie siehst du denn aus und wo hast du die letzten Tage gesteckt? Wir haben uns schon Sorgen gemacht!" Ohne sich um das Chaos hinter ihrem Rücken zu kümmern, schob sie ihren nassen Schützling durch die Küchentür. „Komm, du holst dir ja den Tod, wir suchen was Trockenes zum Anziehen.

    Tom...? Er nickte gutmütig und die beiden Frauen verschwanden. „Der Boss hat gesprochen und überlässt mir wieder Mal die Schweinerei und die verrückte Meute! Er würde für

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