Kochbuch Paraguay: Landestypische Rezepte und Hintergrundinformationen
Von Kerstin Teicher
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Über dieses E-Book
- Viele Tipps und Hintergrundinformationen zu Zutaten und Zubereitungsmethoden
- Faszinierende Einblicke in die Esskultur der Paraguayer, der indigenen Einwohner Guaraní und anderer Bevölkerungsgruppen
- Nützliche Hinweise zum paraguayischen Kochen in Deutschland mit Bezugsmöglichkeiten u.v.a.m.
- Übersicht traditioneller Kräuter und Gewürze
- Zahlreiche farbige Abbildungen
Haben Sie schon einmal paraguayisch gegessen? Dieses Rezeptbuch nimmt Sie mit auf eine Reise in ein unbekanntes Land mitten in Südamerika und seine einfache, aber schmackhafte Küche.
Notorische Improvisateure auf dem kulinarischen Gebiet dürfen sich freuen: Paraguay bietet nicht das, was sich im Volksmund „haute cuisine“ nennt. Dafür ersetzt ein gesundes Quäntchen an Augenmaß und Bauch-Gefühl das exakte Abwiegen, Übersetzen von Fachausdrücken, Zählen einzelner Pfefferkörner sowie endlose Spurensuche in überteuerten Delikatessenabteilungen.
In Paraguay wird selten pochiert, sautiert oder untergehoben, sondern das Essen kommt schlicht in den Topf, die Pfanne oder die Schüssel. Diese Einfachheit gibt Raum – nicht nur für die eigene Kreativität in der Küche, sondern auch für den Genuss der weiteren Zutaten dieses Buches, das über die Rezepte hinaus eine Menge über die Paraguayer und ihr (er)lebenswertes Land erzählt. Der Einfluss der Indigenen, insbesondere der Guaraní, findet sich in der Küche des Landes besonders deutlich wieder.
Zur Besonderheit des Buches gehören Beiträge von Spezialisten:
- Über Guaraní von Dr. Wolf Lustig mit einem erläuterten Rezeptbeispiel
- Vier original paraguayisch-mennonitische Rezepte von Brenda Sawatzky und Carola Esau
- Ein sprachlicher Fettnäpfchenführer lateinamerikanischer Lebensmittelbezeichnungen von Irene Reinhold
Rezeptbeispiele:
Käsebrötchen (Chipa), Sopa Paraguaya, Mbeju, Empanadas, Fisch-Eintopf mit Surubi, Panierte Aubergine, Bori Bori, Chipa Guazu, Kichererbseneintopf mit Mangold, Poroto con Queso, Hühnerschmortopf, Asado (Grillen auf Paraguayisch), Oster- und Weihnachtsrezepte, Partyfood, Maracuja-Mousse, gegrillte Ananas, Terere, Guavenmarmelade, aber auch Exotisches wie Rouladen mit Rosinen und Ei, Panseneintopf , Taubenbraten, geflochtenes Rindfleisch u.v.a.m.
Lassen Sie sich überraschen, wie einfach Kochen sein kann! Holen Sie sich mit einfachen Zutaten Südamerika in Ihr Haus!
Kerstin Teicher
Dr. Kerstin Teicher studierte Betriebswirtschaftslehre und Japanologie in Berlin, Tokyo und Kassel. Sie sammelte über 25 Jahre Erfahrungen in Bereich Wirtschaft und Wissenschaft, speziell in Asien, Europa und Lateinamerika. Regelmäßig schreibt sie über diverse wirtschaftliche Themen, hält Vorträge und Schulungen, oft in vergleichender Perspektive. Sie lebt seit 2007 in Paraguay und berät internationale Firmen.
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Buchvorschau
Kochbuch Paraguay - Kerstin Teicher
1. DIE PARAGUAYISCHE KÜCHE
Die paraguayische Küche ist vor allem eines im deutschsprachigen Raum: unbekannt!
Dabei ist sie sehr einfach nachzukochen; sie erfordert kaum penibles Abwiegen und verzeiht Abweichungen oder Fehler beim Rezept. Als Teil der lateinamerikanischen Küche weist sie wegen der gemeinsam verwendeten Zutaten wie Maismehl, Maniok, Rindfleisch und verschiedenen Gemüsearten Ähnlichkeiten zur argentinischen, brasilianischen, aber auch zur peruanischen oder mexikanischen Küche auf. Auch der Verzehr von Rindfleisch ist typisch für viele lateinamerikanische Länder. Viele Rezepte findet man daher ähnlich auch in anderen Ländern des Kontinents - durchaus auch mit kleinen Konflikten: so streiten sich mehrere Länder darum, Enstehungsland der Dulce-de-Leche
zu sein, einer karamellartigen Creme, die auch aus der paraguayischen Küche nicht wegzudenken ist. Auch die weltweit bekannten Empanada gibt es in zahlreichen Ländern, nicht nur in Lateinamerika, dort jedoch fast immer auch unter dem Namen Empanada.
Beeinflusst wurden die typisch paraguayischen Gerichte durch die Ureinwohner, die Guaraní-Indianer, die bereits vor der jeweiligen Staatsgründung im Gebiet des heutigen Paraguay, Argentinien, Brasilien und Uruguay wohnten. Sie wurden zuerst von den Jesuiten beeinflusst, die auch ihre Kochgewohnheiten erstmals beschrieben. Viele Namen der paraguayischen Gerichte tragen daher Bezeichnungen in Guaraní. Da diese Sprache der Ureinwohner lange Zeit nicht schriftlich fixiert war, gibt es noch heute unterschiedliche Schreibweisen für ein und dasselbe Rezept. Besonders deutlich wird dies bei einem der berühmtesten Gerichte Paraguays, dem Bori Bori (oder auch Vori Vori).
Größere Entwicklung erfuhr die paraguayische Gastronomie erst nach dem Triple Allianz-Krieg von 1864-1970, als sich kleine gastronomische „Industrien" bildeten.
Eines der Basisprodukte der paraguayischen Küche ist Mais – gemahlen als Mehl, gekocht oder fermentiert findet er Einsatz in zahlreichen Gerichten. Ein Paradebeispiel hierfür ist die oft als eines der Nationalgerichte bezeichnete „Sopa Paraguaya", die jedoch, anders als der Name suggeriert, keine Suppe ist, sondern eine Art Mais-Eier-Käse-Zwiebelauflauf.
Wenn ein Paraguayer „Fleisch" (carne) sagt, meint er fast immer „Rindfleisch". Huhn (pollo) und Schweinefleisch (cerdo bzw. chancho) hingegen werden als solches bezeichnet. Im Land kommen 14 Millionen Rinder auf nicht einmal 7 Millionen Einwohner Das Verhältnis Mensch zu Rind ist also in etwa 1 zu 2. Somit lässt sich auch einfach auf die Ernährungsgewohnheiten schließen: die meisten Gerichte enthalten eine nicht allzu knappe Menge Rindfleisch. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei 36 Kilogramm Rindfleisch, aber nur rund 4 kg Schweinefleisch. In Deutschland waren es 2007 nach Statistiken des Fleischerhandwerks 8,6 kg Rindfleisch, aber rund 40 kg Schweinefleisch. Doch Paraguay hat den Europäern eins voraus: die Rinder stammen alle aus freilaufenden Beständen und artgerechter Tierhaltung. Vielleicht weniger, weil man dort so tierfreundlich und umweltbewusst wäre; vielmehr bieten die unermesslichen Weiten des Chaco genug Freiraum für das liebe Vieh. Über die peniblen europäischen Quadratmetermessungen pro Tier für Biofleisch-Richtlinien würden wir in Südamerika nur Kopfschütteln ernten, dürfen aber gern weiterhin vor der Zubereitung eines paraguayischen Picadito das hierzulande gekaufte Rindfleisch misstrauisch beäugen – es ist dort wahrscheinlich besser.
Neben Fleisch ist Maniok Grundnahrungsmittel der Paraguayer.
Wussten Sie schon? Maniok
Maniok ist eine Pflanze mit stärkehaltigen Wurzelknollen und damit der Kartoffel ähnlich. Beide stammen sogar ursprünglich aus Südamerika und beide sind nur gekocht wirklich genießbar. Im Unterschied zur Kartoffel ist die Maniokknolle roh jedoch giftig. Sie ist heute Hauptlebensmittel in vielen südamerikanischen und afrikanischen Ländern, in denen sie unter unterschiedlichen Bezeichnungen bekannt ist. In Paraguay – und auch Argentinien und Brasilien - wird sie Mandioca genannt, in anderen Ländern Cassava oder Yuca. Die Blätter ähneln vom Aussehen her denen der Hanfpflanze, haben mit dieser aber nichts zu tun. Wie die Kartoffel kann man Maniok gekocht, gebraten, zu Brei gestampft oder frittiert genießen. Maniokmehl und –stärke sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der paraguayischen Küche.
Maniok ist für Paraguayer so wichtig, dass er fast zu jeder Mahlzeit gereicht wird, selbst wenn es als Beilage Nudeln, Reis oder Gnocchi gibt, die die Paraguayer ebenfalls sehr gern essen. Noch besser kommt die Wichtigkeit in folgendem Erlebnis zur Geltung: Bei einem Vortrag vor einer paraguayischen Schulklasse auf dem Land fragte die Lehrerin im Anschluss an meinen Vortrag, wer denn Lust hätte, einmal nach Deutschland zu reisen. Alle Schüler meldeten sich. Auf ihre Information, dass es dort keinen Maniok gebe und wer denn ohne Maniok eine Weile auskäme, meldete sich niemand mehr. Es gab nur ungläubige Gesichter.
Ebenso unverzichtbar für Paraguayer ist das Nationalgetränk „Tereré", auf den ausführlich im Kapitel über die Getränke eingegangen wird.
Das Frühstück fällt bei Paraguayern meist klein aus: man begnügt sich je nach Witterung mit einem Tereré, Mate oder Cocido und dazu oft ein süßes Teilchen oder Brot. Mittag- und Abendessen hingegen sind für die häufig schwer körperlich arbeitenden Menschen sehr wichtig und dürfen keinesfalls ausfallen. Fleisch gibt es dabei fast immer. Auch die Zwischenmahlzeit zur „Kaffeestunde", in Paraguay Merienda genannt, ist wichtig – sowohl zur Nahrungsaufnahme als auch für eine Unterhaltung zwischendurch. Dann werden eine Chipa, Empanada oder ähnliche Snacks verzehrt.
Die paraguayische Küche ist keine Gourmetküche. Dies spiegelt sich unter anderem auch in der Benennung der Speisen wieder, die eher deskriptiv denn poetisch ist. So gibt es vor allem zwei Apfelsorten: grüne und rote (manzana verde und manzana roja) oder zwei Soßenarten: rote und weiße (salsa roja und salsa blanca). Auch Gewürze werden wenig verwendet; es dominieren Salz, Pfeffer, Kümmeln, Oregano und Knoblauch sowie je nach Gericht auch Anis oder Thymian. Seltener bis gar nicht werden Paprika, Churry oder scharfe Gewürze verwendet.
Die vielen raffinierten Käsesorten, die es z.B. in Frankreich gibt, sucht man vergebens – dieser Umstand mag dem heißen Klima geschuldet sein, das einen raschen Verbrauch von Milch nahelegt. Obwohl es viele Kühe im Land gibt, wurde erst sehr spät mit der Käseproduktion begonnen. Zunächst gab es nur den auch heute noch sehr verbreiteten Paraguayischen Käse
(Queso Paraguayo), der auch hier in den Rezepten wiederzufinden ist. Dies ist ein recht kurz gelagerter, halbfester, salziger weißer Käse, der beim Kauen ein typisches Quietschen verursacht. Er ist quasi identisch mit dem Haupt-Käse aus anderen lateinamerikanischen Ländern, die selbigen oder ähnlichen jeweils unter ihrer eigenen Nationalflagge herstellen. Wer diesen Käse in Deutschland nicht findet oder einfach nicht mag, kann getrost mit allem Möglichen experimentieren, was die Käsetheke so hergibt – zu empfehlen ist Gouda oder ganz einfacher Frischkäse, die zu allen hier genannten Gerichten passen.
Käsenamen werden in Paraguay fast willkürlich vergeben – so kann man in den Supermärkten mittlerweile auch Hartkäse finden, aber was dort als Muzarella
verkauft wird, hat überhaupt nichts mit dem italienischen Mozzarella zu tun, sondern ist ein sehr mild-neutral schmeckender Käse, am ehesten Emmentaler ähnlich. Genauso verhält es sich mit der vielsagenden Bezeichnung Queso Sandwich
– es ist also eher die Verwendung als der Geschmack gemeint. Heutzutage findet sich jedoch auch mehr und mehr tatsächlich etwas differenziert schmeckender Käse in den paraguayischen Käsetheken, diese sind jedoch meist importiert oder werden von europäischen Einwanderern produziert.
Auch Fisch ist in dem Binnenland nicht so häufig auf der Speisekarte zu finden. Wenn überhaupt, ist es Süßwasserfisch, der traditionell vom Hausherrn geangelt wird und frisch auf den Tisch kommt. Besonders bekannt und sehr schmackhaft ist der Surubí (der quasi eingespanischte Begriff für Wels). Die Bezeichnung dieser Welsarten auf Guaraní lautet Surubí, welche auch von den spanischsprachigen Einwanderern übernommen wurde. Daneben gibt es auch Dorade, Pacú oder Carimbata.
Neben den Indigenen haben auch andere Bevölkerungsgruppen die paraguayische Küche beeinflusst. Durch die Mennoniten, die überwiegend im kargen Chaco leben und daher Früchte nur sehr selten bekommen, wurde eingelegtes Obst und Gemüse (Pickels) verbreitet. Sie sind es auch, die traditionell in großem Maße Erdnüsse anbauen, die in der paraguayischen Küche sehr geschätzt werden. Außerdem haben die Mennoniten aus anderen Ländern zahlreiche Rezepte mitgebracht
, durch die sie auf Ihrer Odyssee und Suche nach einem Land, in dem sie sich in Frieden niederlassen konnten, gereist sind.
Die vielen Japaner im Land schließlich haben Paraguay eine Vielzahl von neuen Obst- und Gemüsesorten beschert, so dass heute nicht nur Sojaprodukte gängige Lebensmittel sind. Die Auswahl an Sojasoßen in paraguayischen Supermärkten
