Hirn und zehn Finger
Von Gerald Kersh
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Über dieses E-Book
Nach dem kurzen, mächtigen Roman über das Massaker von Lidice verneigt sich Kersh nun vor den Menschen des Widerstands, vor aufrechten Menschen, denen ein inneres Licht innewohnt, das in der Dunkelheit sichtbar wird und zur Hoffnung der Menschheit gerät.
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Buchvorschau
Hirn und zehn Finger - Gerald Kersh
Hirn und zehn Finger
Gerald Kersh
Übersetzt aus dem Englischen von Angelika Müller
Widmung
Die Widerstandskämpfer in dieser Geschichte sind nicht die Kämpfer eines Draža Mihailović, noch sind sie Teil der Partisanen. Es sind einfach nur Slowenen, Kroaten und Serben – Menschen aus Jugoslawien, die kämpfen,
Gott sei Dank!
G.K.
Für Charles Evans
In wahren Menschen verbirgt sich ein Licht, das in der Finsternis zum Vorschein kommt. Ich glaube, dass die Hoffnung der Menschheit in dieser verborgenen Herrlichkeit liegt; dem Geist, der echte Menschen befähigt, sich noch an der Schwelle zum Grab an den Kehlen ihrer Feinde festzuklammern. »Hirn und zehn Finger« ist die Geschichte jugoslawischer Widerstandskämpfer. Ich habe sie geschrieben, weil ich ihren Mut und ihr ewiges inneres Feuer liebe und möchte, dass die Welt diese Menschen kennenlernt, die in der tiefschwarzen Nacht der Ereignisse ihren Glauben am Leben erhalten haben.
Dieses Buch ist für die Menschen in Jugoslawien; gute Menschen in Bedrängnis. Es wurde für diese Menschen geschrieben – oder, besser gesagt, für den unerschütterlichen Geist dieser Menschen. Doch ich möchte es Ihnen widmen, als ein Zeichen persönlicher Zuneigung und meiner langjährigen Bewunderung für Sie.
Mit der Publikation von »Hirn und zehn Finger« unterstützen Sie mich darin, meiner Gewogenheit gegenüber den Menschen Ausdruck zu verleihen, für die es geschrieben wurde: Ich bin Ihnen dankbar dafür, wie auch für gewisse andere Dinge. Ich halte Sie für einen guten Menschen und betrachte Sie als guten Freund; und so bitte ich Sie, es Ihrer natürlichen Bescheidenheit nicht zu gestatten, die Annahme dieser Widmung zu behindern.
Gerald Kersh
Ostern 1943
1. Kapitel
»Wer viel durchleidet, erinnert sich an viel!«
Andrej, der Junge, beginnt mit der Geschichte ...
Podgora war mein Dorf, aber jetzt ist es kein Ort mehr. Vergebt mir, Brüder, wenn meine Geschichte kurz ist! Mein Vater und meine Mutter sind Staub. Meine Heimat liegt in Trümmern. Ich habe keinen Flecken mehr, habe nichts als meinen Namen: Andrej. Ich bin ein Niemand. Ich war noch nie mit einer Frau zusammen. Wäre ich dunkelhaarig, wäre mein Schnurrbart vielleicht schon gewachsen. Mir einen Schnurrbart stehen zu lassen war schon immer mein größter Wunsch, aber Gott hat es anders gewollt. Könnte ich noch einen Monat weiterleben, würde ich siebzehn Jahre alt werden. Doch ich muss morgen sterben oder vielleicht übermorgen, und dann wird auch mein Name verloren gehen. Niemand wird sich meiner erinnern; wenn nicht, vielleicht, einer meiner Freunde es fertigbringt, so lange zu leben, bis Frieden auf der Welt herrscht, und dann sagt er vielleicht zu seinen Kindern: »Kinder, ich war mit Marko und Klemen zusammen, und der Junge Andrej war auch dabei, und er hat seinen Beitrag geleistet wie ein Mann.« Klemen wird leben. Er ist wie ein Baum, eine starke Eiche, und wenn du ihn ansiehst, spürst du, dass er immer so bleiben wird: immer in voller Größe. Ich war an seiner Seite: Er wird sich an mich erinnern. Er wird sagen, dass ich keine Angst gehabt und ebenso gut gekämpft habe wie der Rest. Er war mein Freund, liebenswürdig und treu.
Es passierte nachts. Mit anderen Kämpfern stand ich unter Markos Kommando. Marko war auch ein sehr feiner Mensch. Er war Serbe und hatte ein Gesicht wie ein Felsen. In dieser Nacht waren dreißig von uns an seiner Seite. Wir mussten Dynamit, Zündschnüre und Sprengkapseln beschaffen, also überfielen wir das Lager der Italiener. Es regnete und so konnte uns niemand hören, während wir uns durch den Wald bewegten. Es war Mitternacht, als wir die Bäume hinter uns ließen und den kleinen Hang hinaufgingen. Da war Stacheldraht, aber Marko durchtrennte ihn. Er wickelte kleinere Stofffetzen um den Draht, bevor er ihn zerschnitt, um das Knacken der Zange zu dämpfen. Dann schlich er sich von hinten an den Wachposten heran und stach ihm seitlich in den Hals, nah am Schlüsselbein, mit einem Fleischermesser. Sticht man auf diese Weise auf einen Mann ein, so füllen sich seine Lungen sofort mit Blut und er kann nicht mehr aufschreien. Schließlich krochen wir durch die Öffnung. Unter normalen Umständen, hatte Marko gesagt, müssten es fünfzehn von uns zurück schaffen. Die Italiener schienen zu schlafen. Wir wussten, wie man sich ruhig verhält. Wir hatten wie Wölfe gelebt. Wir waren fast bis zu der Stelle vorgedrungen, wo sie Munition und anderes Zeug lagerten, als uns jemand sah und das Feuer eröffnete. Danach mussten wir uns nicht länger ruhig verhalten. Einige von uns hatten kleine Maschinenpistolen dabei, manch andere Gewehre und Pistolen. Jeder von uns hatte Handgranaten. Wir hatten uns mit Schlamm getarnt und waren ungestüm wie Keiler, als wir angriffen, und die Italiener bekamen Angst: Sie wussten nicht, wie viele es von uns gab, bis jemand eine Leuchtpatrone abschoss. Sie ging am Himmel auf wie eine Dose Lampenöl, ein helles, unstetes grünliches Licht, und es war wie ein Traum, mit mehr Schatten als Männern und alles hüpfte und tanzte wie eine Dorfgemeinschaft auf einer Hochzeit. Anschließend hätte man denken können, alle Waffen auf der Welt würden zur gleichen Zeit abgefeuert. Es hätte euch gefallen. Es war großartig. Ich hatte eine kleine Maschinenpistole, die sie Beretta nannten. Ich war direkt hinter Marko. Er bewegte sich vorwärts wie ein Stier, feuerte ohne Unterlass, und ich machte es ebenso. Ich kann mich nicht an sehr viel erinnern. Irgendwie war es wie ein Traum. Ich weiß, dass es passiert ist, aber ich kann euch nicht alles schildern, es ging zu schnell, war zu grell.
Wir gelangten ins Lager. Marko übergab mir eine Kiste mit Dynamit und ich reichte sie an Klemen weiter, der, wie zuvor abgesprochen, damit loslief, zu der Öffnung im Stacheldraht, sich dabei mit Schüssen aus seiner Pistole verteidigte. Marko reichte mir zwei Büchsen mit Sprengkapseln und Zündschnürren, und ich stopfte mir beides unters Hemd. Marko schnappte sich noch eine Kiste mit Dynamit und wir liefen raus. Zu diesem Zeitpunkt hatte es bereits viele unserer Kämpfer erwischt. Ich blieb dicht hinter Marko. Urplötzlich verkrallte er sich in seine Mitte und fiel hin. Ich weiß nicht, weshalb Gott mich verschont hat, denn Kugeln zerfetzten meine Jacke zu Streifen und doch blieb ich unversehrt. Aber als ich Marko fallen sah, vergaß ich alles um mich herum, denn er war eine Art Gott für mich: kein Freund wie Klemen, sondern so etwas wie ein Stern – irgendwas Strahlendes hoch oben. Ich stand über ihn gebeugt, als er sich aufrichten wollte. Er war entsetzlich verwundet. Alles, was von unserer Truppe übrig war, befand sich auf dem Rückzug. Ich hörte Marko etwas rufen. Ich konnte aber nicht verstehen, was er rief. Als er sich aufrichtete, erwischte ihn eine weitere Kugel, und er fiel zurück auf den Boden. Ich weiß nicht, was für eine Kraft das ist, die einem Mann gegeben ist, wenn er in Stücke gerissen wird und dennoch weitermacht. Marko war eine einzige große Wunde und er bot einen schrecklichen Anblick. Sein Gesicht hatte nichts mehr von einem Gesicht. Noch immer hing seine Pistole an einer Fangschnur. Ich konnte es im Licht eines weiteren Leuchtgeschosses sehen und zugleich den Regen, der wie ein Vorhang niederging. Marko schrie mich an: »Hau ab!«
Ich zögerte, denn es war meine Pflicht, ihm zu gehorchen, aber es war auch meine Pflicht, mit ihm zu sterben. Er kam wieder auf die Beine und begann loszulaufen, aber nicht zurück zu der Öffnung im Stacheldraht, sondern vorwärts, Richtung Lager: Sie schossen auf ihn und erwischten ihn dutzendmal. Ich weiß nicht, warum ich nicht getroffen wurde. Dann leistete ich Marko Folge und rannte wie die anderen. Als ich durch die Öffnung stieg, fegte ein Geschoss aus einem Maschinengewehr dicht über meinen Kopf hinweg und riss mich zu Boden, aber ich stand schnell auf und rannte bei dem Gedanken, dass Sprengkapseln und Zündschnüre unter meinem Hemd steckten und wir sie dringend brauchten. Am Fuße des Abhangs hatte ich die anderen eingeholt, und ich vermute, die Italiener fürchteten sich davor, uns zu verfolgen, wussten sie schließlich nicht, wie viele von uns es noch geben mochte. In dem Moment, als wir zwischen die Bäume tauchten, sah ich mich um und alle Aufregung verflog und ich stand da wie ein verirrtes Schaf. Ich war traurig, denn ich wusste, ich sollte Marko niemals wiedersehen. Und jetzt »kein Marko mehr« zu sagen, war, als sagte man »keine Sonne mehr, kein Mond«. Dann krachte alles zusammen. Zunächst gab es eine Art Blitz: Das musste Markos Kiste mit dem Dynamit gewesen sein. Dann ein leichtes Donnergrollen, das mussten Kisten mit Granaten gewesen sein. Und danach zersprang alles, die Welt, der Himmel, alles! Das ganze Lager ging in die Luft. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Als wäre die Hölle am Kotzen. Allein der Krach war wie ein Schlag mitten in den Kopf, und der starke Wind, ein heißer Atem, toste über unser Köpfe hinweg, zerrte an den Baumkronen und wirbelte Äste durch die Luft. So starb Marko. Ich wünschte, ich könnte auch auf diese Weise sterben anstatt auf meine.
Ich weiß nicht, ob die