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Dorian Hunter 82 – Sommernachtsalbtraum
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Dorian Hunter 82 – Sommernachtsalbtraum
eBook251 Seiten3 Stunden

Dorian Hunter 82 – Sommernachtsalbtraum

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Über dieses E-Book

Band 82 der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter!

Die Steinzeitdämonin Mainica ist immer noch nicht besiegt. Aber sie hat sich verändert. Ist sie überhaupt noch sie selbst oder hat etwas anderes von ihr Besitz ergriffen? Etwas noch Gefährlicheres? Als Dorian Hunter sich näher mit der Vergangenheit der metallenen Särge beschäftigt, die zu Mainicas Gefängnis werden sollen, stellt er Erstaunliches fest. Durch Eis und Schnee zieht es ihn ausgerechnet nach Norwegen, wo er Wesen kennenlernt, von deren Existenz er bisher nicht wusste ...

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
283: "Kaltes Eisen"
284: "Sommernachtsalbtraum"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum4. Dez. 2015
ISBN9783955720827
Dorian Hunter 82 – Sommernachtsalbtraum

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    Buchvorschau

    Dorian Hunter 82 – Sommernachtsalbtraum - Christian Schwarz

    Sommernachtsalbtraum

    Band 82

    Sommernachtsalbtraum

    von Christian Schwarz und Michael M. Thurner

    © Zaubermond Verlag 2015

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: Die Autoren-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Bösen, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Der Pakt galt, und als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, wanderte seine Seele in den nächsten Körper. Im Jahr 1713 wurde er als Ferdinand Dunkel in Wien Zeuge, wie Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, von einem Nachfolger verdrängt wurde, der sich fortan Asmodi II. nannte. Ihn kann Dorian schließlich töten.

    Nach vielen Irrungen nimmt Lucinda Kranich, die Schiedsrichterin der Schwarzen Familie, die Rolle des Asmodi an. Niemand weiß, dass sie in Wirklichkeit hinter dem wiedererstandenen Fürsten steckt. Und letztendlich wird ihre Maskerade Wirklichkeit. Dass Lucinda sich einen Teil Asmodis einverleibt hat, um seine Macht zu erlangen, wird ihr zum Verhängnis. Der in ihr schlummernde Asmodi übernimmt die Kontrolle über ihren Körper und ersteht so tatsächlich wieder auf.

    Und die Umstände wollen es, dass ausgerechnet Coco Zamis die neue Schiedsrichterin wird. Das Dämonenkiller-Team droht zu zerfallen, Dorian stirbt. Die Dämonen scheinen gesiegt zu haben.

    Aber mit vereinten Kräften gelingt es Dorians Freunden, ihn ins Leben zurückzuholen. Das Team formiert sich neu. Dummerweise sind einige von ihnen während Dorians Abwesenheit auf Abwege geraten. So hat der ehemalige KGB-Agent Kiwibin eine mächtige Dämonin namens Mainica aus ihrem steinzeitlichen Gefängnis befreit. In dem Versuch, sie unschädlich zu machen, ist Dorian auf zwei metallene Särge gestoßen, die als ewiges Gefängnis für einen Dämon dienen können. Doch was zuvor in den Särgen gefangen war, ist eventuell gefährlicher, als er dachte.

    Erstes Buch: Kaltes Eisen

    Kaltes Eisen

    von Christian Schwarz

    nach einem Exposé von Susanne Wilhelm

    1. Kapitel

    Im Jahre des Herrn 1394

    Es hat sie wohl schon immer gegeben. Aber niemand weiß, warum sie so plötzlich aus ihren Löchern krochen. Innerhalb kurzer Zeit haben sie sich zu einer tödlichen Gefahr entwickelt. Nun wird es Zeit, dass ihnen jemand die Stirn bietet und sie dahin zurückschickt, wo sie hergekommen sind. Dieser Jemand werde ich sein. Und Hakon, der mir glaubhaft versicherte, dass er die Waffen dafür hat. Mit Gottes Hilfe werden wir es schaffen.

    Endlich finde ich die Zeit, meine Geschichte niederzuschreiben. Ich muss es tun, denn das, was ich erlebt habe, ist einfach zu verstörend. Vielleicht verarbeite ich es besser, indem ich es diesen Blättern anvertraue.

    Heute wanderte ich den ganzen Tag entlang der norwegischen Südküste. Ich benutzte die öffentlichen Pfade, wich aber aus, wenn andere Menschen des Weges kamen. Ich fürchte mich nicht vor ihnen, denn ich bin stark und mutig und ganz sicher ein Meister des Schwerts, das Tag und Nacht an meiner Seite hängt. Aber ich muss vorsichtig sein, denn auf meinen Kopf ist eine hohe Belohnung von sechzig neuen Silbermark ausgesetzt, die König Håkon VI. Magnusson vor über drei Jahrzehnten zum ersten Mal prägen ließ. Håkon war gewiss ein aufrechter Kerl, ein Mann echten norwegischen Geblüts. Aber seit seinem Tod im Jahre des Herrn 1380 regiert seine dänische Gattin, die ungekrönte Margarethe. Ihr Traum ist es, alle nordeuropäischen Staaten unter ihrer Herrschaft zu vereinigen, um damit ein Gegengewicht zur mächtigen norddeutschen Hanse zu schaffen. Damit zog sie sich den Zorn vieler norwegischer Fürsten zu, die dieses nicht gutheißen. Norwegen soll unabhängig bleiben.

    Einer dieser Fürsten, Olav von Hårfagres, hatte beschlossen, die Königin aktiv zu bekämpfen, und nach Art der früheren Seekönige ein Drachenschiff ausgerüstet. Zu dessen Mannschaft hatte auch ich gehört. Mehr noch, ich war der engste Vertraute Hårfagres' gewesen und hatte von diesem Lesen und Schreiben gelernt. Bei mehr als zwei Dutzend Raubzügen entlang der norwegischen und dänischen Küste, die wir teilweise zusammen mit den Schiffen von Gödecke Michels' Vitalienbrüdern führten, konnten wir zwei Jahre lang Angst und Schrecken verbreiten und zahlreiche Schiffe der verhassten Königin plündern und versenken. Vor guten zwanzig Tagen jedoch war unsere stolze Windsbraut vor der schwedischen Küste bei Helsingborg in einen Hinterhalt gesegelt und von vier königlichen Schiffen aufgerieben worden. Einige wenige schafften es, an die Küste zu schwimmen und zu entkommen, darunter ich, während Hårfagres ohne öffentliche Gerichtsversammlung, einem Thing, am Mast aufgeknüpft worden war.

    Auf meinem Weg nach Norden in meine norwegische Heimat erfuhr ich vor drei Tagen, dass die dänische Hexe hohe Belohnungen auf alle Überlebenden, die einst Olav von Hårfagres folgten, ausgesetzt hatte. Wie auch schon Hårfagres sollte keiner von uns die Möglichkeit erhalten, sich vor einem Thing zu rechtfertigen und schon gar nicht schwören dürfen, dass er zum Mitmachen gezwungen worden war und somit nicht für sein Tun verantwortlich zu machen sei.

    Diese Möglichkeit zog ich ohnehin nicht in Betracht. Wenn mich die Königlichen tatsächlich aufspürten, würde ich nach Art der alten Seekönige, die im Volk heute nur noch verächtlich Wikinger genannt wurden, lieber tapfer sterben. Aber herausfordern wollte ich meinen Tod nicht. Als Lebender konnte ich sicher noch einiges tun, um Norwegens Eigenständigkeit und damit seine Freiheit zu erhalten.

    Spätestens morgen um die Mittagszeit werde ich meine Heimatstadt Bergen erreichen, dachte ich und spürte jetzt, da die Sonne sank, die Müdigkeit in mir. Vor mir erstreckte sich ein ausgedehnter Laubwald, in dem ich übernachten würde, um morgen in aller Frühe meinen Weg fortzusetzen. Ich drang also in den dichten Wald vor und ging noch ein gutes Stück, bis ich einen geeigneten Baum fand. Geschickt bestieg ich die uralte Eiche und fand in gut sechs Meter Höhe einen bequemen Platz auf einem mächtigen Ast; er bildete dort, wo er aus dem Stamm herauswuchs, eine ausreichende Kuhle.

    Diese Maßnahme war notwendig, um im Schlaf keine leichte Beute von Bären und Wölfe zu werden, die es hier allenthalben gab. Um nicht herunterzufallen, band ich mich mit einem Tau der Windsbraut, das ich mit mir führte, am Stamm fest. Dann schaute ich eine Weile durch die dicht belaubten Kronen, die trotzdem hier und dort etwas Ausblick boten, auf den samtblauen wolkenlosen Nachthimmel, an dem Tausende Sterne funkelten. Nur kurz dachte ich daran, dass ich in Bergen wohl schon neu in Brot und Arbeit kommen würde; ich hatte gute Freunde im Tyske Bryggen, dem Hansekontor. Dort nimmt vor allem der Handel mit Trockenfisch gerade großen Aufschwung und ich konnte sicher als Matrose auf einem der Handelsschiffe unterkommen. Schiffe der Hanse wurden von der dänischen Hexe nicht angetastet. Noch nicht zumindest, denn die politische Einheit der Nordländer stand kurz bevor, so pfiffen es die Spatzen von den Dächern. Was dann passierte, würde man sehen.

    Dann waren sie wieder da, die Bilder der Seeschlacht, die schrecklichen Todesschreie, der rollende Kanonendonner, das Krachen und Bersten von Holz nach den Einschlägen, der Pulverdampf, die abgerissenen Glieder, die Ströme von Blut, die Toten, die absaufende Windsbraut

    Ich atmete schwer, schlief aber kurz darauf doch ein. Lautes Plappern und Kichern weckte mich. Da ich ohnehin nur den oberflächlichen Schlaf des Gejagten schlief, war ich sofort wach und lauschte mit pochendem Herzen in den nächtlichen Wald hinein.

    Das Plappern und Kichern kam näher. Menschliche Stimmen. Allerdings konnte ich nicht verstehen, was sie sagten. Ich konnte auch die Richtung, aus der sie kamen, nicht feststellen. So beschloss ich, ruhig sitzen zu bleiben und erst mal abzuwarten. Meine rechte Hand schloss sich um den Schwertknauf.

    Jetzt waren die Stimmen ganz in der Nähe. Ich glaubte, huschende Schatten zwischen den Bäumen zu sehen. Schneller, als ein Mensch sich bewegen konnte. Und nur entfernt von menschlicher Statur. Aber da konnte ich mich täuschen. Trotzdem spürte ich es eiskalt über meinen Rücken laufen.

    Die Geräusche entfernten sich. Ich sah die Schatten noch einmal. Dann zuckte ich erschrocken zusammen. Nicht weit entfernt flammte plötzlich ein Feuer auf! Ich konnte die hoch lodernden Flammen zwischen den Bäumen sehen.

    Zauberei, schoss es mir durch den Sinn und ich verspürte Furcht. So schnell konnte kein natürliches Feuer entstehen. Im flackernden Schein sah ich nun auch diejenigen, die die Geräusche von sich gaben.

    Ich musste mir eingestehen, mich getäuscht zu haben. Das da waren Menschen. Drei große, gut gebaute Männer mit langem Haar und prächtigen Bärten sowie zwei junge, wunderschön aussehende Frauen. Sie trugen Kleidung aus Rentierfell, die Röcke der Frauen reichten bis fast auf den Boden. Einer der Männer trug eine Art Flöte an einem Band um den Hals. Das Feuer brannte auf einer kleinen Lichtung, wie ich zu erkennen glaubte.

    Der Mann, der um einiges größer als ich selbst zu sein schien, nahm die Flöte zur Hand und begann darauf zu blasen. Eigentümliche Töne erfüllten den Wald, während die anderen anfingen, lachend und plappernd um das Feuer zu tanzen. Gleichzeitig duftete es verlockend nach gebratenem Rentier. Die Furcht in mir verstärkte sich, denn da war kein Fleisch über dem Feuer.

    Bildete ich mir den Duft etwa nur ein, weil ich Hunger hatte?

    Die Frauen und Männer tanzten einzeln und dann wieder zusammen. Dabei jauchzten sie fröhlich, klatschten die Hände gegeneinander und wollten gar nicht mehr aufhören. An und für sich ein harmloser, eher freundlicher Anblick, auch wenn so ein Fest zur nächtlichen Stunde eher ungewöhnlich war. Allerdings gab es etwas, das mich stark irritierte. Eine Zeit lang vermochte ich nicht zu sagen, was es war. Dann begriff ich es schlagartig.

    Die Schatten der Tanzenden!

    Sie bewegten sich nicht im Gleichklang mit ihnen. Auch wenn sie an den Menschen klebten, bewegten sie sich wie eigenständige Wesen, als böten sie ihren ganz eigenen Tanz dar. Nun, da ich dies erkannte und die Schatten genau beobachtete, gab es keinen Zweifel mehr. Zudem glaubte ich plötzlich, rot glühende Augen in den Schatten zu erkennen. Bösartig und verdorben. Und da, waren das nicht Mäuler, die sie hin und wieder aufrissen und schreckliche Reißzähne präsentierten?

    Ich zitterte plötzlich am ganzen Leib und war nicht in der Lage, das Zittern zu stoppen. Zudem merkte ich, wie sich meine Beine im Takt der Musik bewegten. Ich wollte aufhören, konnte es aber nicht. Etwas zwang mich zum Tanzen.

    Die Musik!

    Mich rettete allein die Tatsache, dass ich mich an den Stamm gebunden hatte. Sonst wäre ich nun hinuntergestiegen, um mit den Fremden zu tanzen. Ich flehte zu Gott, dass die fremde Kraft mich nicht zwang, das Seil zu lösen. Sie tat es nicht.

    Ein weiterer Mensch erschien zwischen den Bäumen. Ein noch junger Mann, ein Wanderer wie ich. Die Unheimlichen hörten auf mit dem Tanzen, als er auf die Lichtung trat. Erwartungsvoll sahen sie ihm entgegen.

    »Entschuldigt die Störung, werte Frauen und Männer«, sagte der Mann. »Mein Name ist Harald Egdur. Ich bin auf Wanderschaft. Auf dem Weg dort vorne hörte ich plötzlich diese liebliche Musik, die mich wie magisch anzog, und roch den verlockenden Duft gebratenen Rens. Da beschloss ich nachzuschauen und euch zu fragen, ob ich vielleicht ein wenig an eurer Gesellschaft teilhaben kann. Ich habe Hunger und Durst und kann euch bezahlen, wenn ihr das wünscht. Ich führe einige Silbermark, Øre und Halbpfennige bei mir, mit denen ich eure Gastfreundschaft sicher ausgiebig entlohnen könnte.«

    Flieh schnell, du Dummkopf!, dachte ich, dessen Drang zu tanzen mit dem Verklingen der Flötentöne schlagartig verschwunden war, panisch. Flieh! Siehst du denn nicht, dass da nichts auf dem Feuer brutzelt?

    Harald Egdur floh nicht. Stattdessen tänzelte eine der Frauen näher, blieb vor ihm stehen und lächelte ihn an. Sie hatte dralle wogende Brüste und blondes Haar, das so dicht wie ein Vorhang bis zu ihren Kniekehlen fiel. Ihr Gesicht war so fein geschnitten wie das von adeligen Frauen, ihre Fingernägel mit roter Farbe bemalt. Sie legte dem späten Gast die Hand auf die Wange. »Willkommen in unserer Runde, Harald Egdur. Wir freuen uns, wenn du an unserem Fest teilnimmst. Aber Silbermark und Halbpfennige wollen wir nicht. Es reicht uns völlig, wenn du mit uns tanzt. Danach wollen wir gemeinsam essen. Bist du einverstanden?«

    »Natürlich, gerne«, erwiderte Harald Egdur erfreut, während sich die Frau kurz an ihn drückte, seine Hand nahm und ihn hin zum Feuer zog.

    Die Flöte klang erneut auf und spuckte ihre verfluchten magischen Laute in den Wald. Meine Beine begannen sich umgehend wieder zu bewegen. Auch die Fremden tanzten und mit ihnen Harald Egdur. Am Anfang jauchzte er, als ihn die beiden Frauen mit ihren Brüsten immer wieder berührten und ihre Haare spielerisch in sein Gesicht fliegen ließen.

    Immer schriller, atonaler und ekstatischer wurde das Flötenspiel des Mannes. Er bewegte nun seinen Oberkörper in diesen seltsamen abgehackten ständig wechselnden Rhythmen hin und her, warf den Kopf nach hinten und nach vorne.

    »Nun ist es genug für mich!«, rief eine Frau und stieg aus. Die andere folgte, dann die Männer. Nur Harald Egdur tanzte weiter. Ich sah ihn immer wieder zwischen den Bäumen auftauchen.

    »Ich … habe auch genug«, keuchte Egdur. »Aber … ich kann nicht aufhören wie … ihr, ich tanze weiter. Was … ist mit mir?«

    Die Frauen und Männer kicherten schrill. Es klang böse. Ich glaubte, die seltsamen Schatten nach dem Tanzenden schnappen zu sehen.

    »Du bist noch nicht fertig mit Tanzen, Harald Egdur!«, schrie eine der Frauen. »Noch lange nicht. Tanze zu unser aller Vergnügen, damit wir dann in beschwingter Laune essen können. Tanz weiter, immer weiter.«

    Mit weit aufgerissenen Augen sah ich zu, wie Egdur in diesem wahnsinnigen Rhythmus noch viele Minuten weitertanzen musste. Er stöhnte und keuchte, was die Unheimlichen zu immer schrilleren Freudenschreien animierte. Schließlich fielen sie übereinander her, rissen sich die Kleider vom Leib und begannen vor Egdurs Augen, es miteinander zu treiben. Die Laute, die sie dabei von sich gaben, erinnerten an die von Tieren.

    Mich schauderte es. Ich dankte Gott, dass nicht ich anstelle des bedauernswerten Tänzers dort unten sein musste.

    Während sie sich begatteten, beobachteten die Unheimlichen den Tanzenden weiter. Auch jetzt wieder führten ihre Schatten ein Eigenleben und schienen sich tunlichst vom Treiben ihrer Träger zu distanzieren, soweit ich das sehen konnte. Ganz genau sah ich hingegen, wie sich der gurgelnde Egdur ans Herz fasste und auf die Knie fiel. Dabei verdrehte er die Augen.

    Sofort waren die Nackten bei ihm, rissen ihn hoch und stellten ihn erneut auf die Beine. Dann fetzten sie ihm ebenfalls die Kleider vom Leib. Nackt musste Egdur weitertanzen und die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, während seine Peiniger begeistert im Rhythmus klatschten. Zum Schluss taumelte er nur noch. Mit einem letzten grässlichen Stöhnen brach der junge Mann zusammen und blieb reglos liegen.

    Die Flöte verstummte, auch meine Beine wurden wieder ruhig. Ich spürte, wie sie zitterten und zu verkrampfen drohten, während die Fremden neben dem Reglosen auf die Knie gingen und lauthals lachten. Die Männer wälzten ihn auf den Rücken. Die Blonde setzte sich auf sein Gesicht und urinierte darüber, während die anderen plötzlich Messer in den Händen hielten. Ich sah nicht, wo diese hergekommen waren.

    »So, jetzt ist das Fleisch schön mürbe und gut gewürzt«, sagte der Flötist und alle lachten laut. Nun offenbarten sie mir plötzlich auch ihre wahre Gestalt. Ich hatte mich vorhin also nicht getäuscht. Die wunderschönen menschlichen Körper waren nichts als dämonische Gaukelei gewesen. Ich schauderte und musste meine ganze Willenskraft aufbieten, um das Zusammenklappern meiner Zähne zu verhindern.

    Die Männer schnitten große Stücke Fleisch aus Egdurs totem Körper, wobei sie mit seinem Geschlecht begannen, und hielten sie ins Feuer. Dann fraßen sie sie schmatzend, während die Frauen die Gedärme aus der Leiche zogen und sie über verschiedene Äste hängten, um daran zu schaukeln, bis sie rissen. Währenddessen schienen sich auch die Schatten an der Leiche zu bedienen und vor allem das Blut aufzusaugen.

    Der schreckliche Geruch dieses grausamen Schlachtfestes drang bis zu mir. Ich wusste, was mir blühte, wenn sie mich entdeckten. Das also hatten die Schrecklichen mit dem gemeinsamen Essen gemeint. Ich wollte nicht ebenfalls gefressen werden. Bis vor Kurzem hatte ich gedacht, dass es kein schlimmeres Schicksal geben könnte, als in den Kerkern der dänischen Hexe zu landen und gefoltert zu werden.

    Es gab ein schlimmeres Schicksal.

    Aber ich kam davon. Nachdem die Dämonischen den Toten förmlich in Stücke gerissen und seinen Kopf auf einen Ast gespießt hatten, erlosch das magische Feuer. Dann zogen sie weiter. Erst mit dem Aufgang der Sonne wagte ich mich von meinem Baum herunter. Ich übergab mich und torkelte wie im Rausch weiter.

    In Bergen traf ich einen Mann namens Hakon. Zufällig kamen wir in der Wirtschaft Zum Seeungeheuer, das zum Hansekontor Tyske Bryggen gehört, am selben Tisch zu sitzen und tauschten uns aus. Als die Rede anderer Gäste auf die Unheimlichen kam und Hakon sich ebenfalls daran beteiligte, wurde ich plötzlich weiß wie Segeltuch im Gesicht. Nachdem

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