Die Mauerpark-Affäre: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #1
Von Heimo Lattner und Judith Laub
()
Über dieses E-Book
Damit schaffen sie die Grundlage für einen Park, um dessen Fertigstellung die folgenden 25 Jahre gerungen wird – eine Zeit, in der sich bürgerschaftliches Engagement in Partizipationsverfahren erschöpft und gesellschaftliche wie räumliche Polarisierungen zunehmen.
Was die detaillierte Rekonstruktion der Geschichte des Mauerparks veranschaulicht, findet über den lokalen Kontext hinaus seine Entsprechung an vielen Orten Berlins wie auch in anderen Städten: Es geht um die Grenzen der repräsentativen Demokratie.
Heimo Lattner
Studium an der Akademie der Bildenden Künste Wien und am Whitney Independent Study Program, NY. Mitbetreiber des Projektraums General Public Berlin (2005–2015). Seit 2015 Redaktionsmitglied der “Berliner Hefte zur Geschichte und Gegenwart der Stadt” und Co-Hrsg. von „Ibid. – szenische Lesungen aus Dokumenten der Berliner Stadt-und Kunturpolitik“. Seit 2017 Forschung zum Thema „Autonomie und Funktionalisierung der Kunst” an der UdK Berlin. Lehrauftrag am Institut für Geschichte und Theorie an der KH-Weißensee (2017–2018).
Ähnlich wie Die Mauerpark-Affäre
Titel in dieser Serie (12)
Die Mauerpark-Affäre: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGemeingut Stadt: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #4 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarx-Engels-Forum – JA!: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #3 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCity as Commons: Berlin Journals—On the History and Present State of the City #4 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZur Verfassung. Recherchen, Dokumente 1989–2017: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #5 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZingster Straße 25: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #6 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWiedersehen in TUNIX! Ein Handbuch zur Berliner Projektekultur: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #57 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpielclub. Kinder Stadt Geld: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #10 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm Rand von EuropaCity: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #9 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDüne Wedding: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #8 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenX Properties (EN): Berlin Journals—On the History and Present State of the City #11 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenX Properties: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #11 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Marx-Engels-Forum – JA!: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #3 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGleisdreieck / Parklife Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchanze 20357: engagiert - aufmunternd - anregend Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen100 Jahre Groß-Berlin / Grünfrage und Stadtentwicklung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Berliner Südwest-Schnellbahnen: Zwei Beiträge zur Verkehrsgeschichte von 1909 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm Stammtisch serviert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMetropolitanität ohne Identität? Das Städtebauprojekt Stuttgart 21 und der Kampf um den Stadtraum Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAneignung urbaner Freiräume: Ein Diskurs über städtischen Raum Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer 30jährige Baukrieg: Protokoll eines genervten Bauherrn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Ruhrgebiet: Mapping und Raumspiele Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen100 Jahre Groß-Berlin / Verkehrsfrage und Stadtentwicklung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Straßennamen von Aue: einer Stadt mit vielen Bezeichnungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungenre:publica Reader 2015 – Tag 3: #rp15 #rdr15 - Die Highlights der re:publica 2015 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Fernsehturm und sein Freiraum: Geschichte und Gegenwart im Zentrum Berlins Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusgerechnet: zwanzig.: 20 Parkplätze nur für Fußgänger in den Elbvororten. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöne Aussicht.: Semesterprojekt: Georg-Schumann-Straße Vol.1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUrbane Infrastrukturlandschaften in Transformation: Städte - Orte - Räume Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMünchen und das Auto: Verkehrsplanung im Zeichen der Moderne Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLandbahnhöfe: Ressourcen nachhaltiger Landschaftsentwicklung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm Rand von EuropaCity: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #9 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer gemeinsame Boden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer entwickelt die Stadt?: Geschichte und Gegenwart lokaler Governance. Akteure - Strategien - Strukturen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUrbane Mixturen: Städtebau und Stadtplanung als relationales Handlungsfeld Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStadtlandschaften Entwerfen?: Grenzen und Chancen der Planung im Spiegel der städtebaulichen Praxis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHafen Hamburg: Geschichte - Zahlen - Menschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Entwicklung der Wasserstraßen in und bei Berlin: Ein Beitrag zur Verkehrsgeschichte von 1881 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen100 Jahre Groß-Berlin / Wohnungsfrage und Stadtentwicklung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Mainzer Steinhalle: Dokumentation einer öffentlichen Debatte 2021 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöne Aussicht.: Georg-Schumann-Str. 2.0 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Geschichte für Sie
Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch): Tragödien, Komödien, Historiendramen und Versdichtungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRäumliche Semantisierungen: Raumkonstruktionen in den deutschsprachigen Literaturen aus Zentral- und Südosteuropa im 20.–21. Jahrhundert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Weltbild Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Französische Revolution: Geschichte – Erinnerung – Unterricht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWas wäre, wenn?: Ein Gespräch mit Sieglinde Geisel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie größten Lügen der Weltgeschichte: Fälschungen, Tricks und Propaganda Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Peloponnesische Krieg (Buch 1-8): Der größte Kampf um die Hegemonie im antiken Griechenland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeise Frau: Hebamme, Hexe und Doktorin. Zur Kulturgeschichte der weiblichen Heilkunst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEden Culture: Ökologie des Herzens für ein neues Morgen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Aber ich will etwas getan haben dagegen!": Die RAF als postfaschistisches Phänomen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZusammenfassung: Homo Deus: Eine Geschichte von Morgen: Kernaussagen und Analyse des Buchs von Yuval Noah Harari: Zusammenfassung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMysteriöse Museumsschätze: Rätselhafte Funde versunkener Welten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie TranceFormation Amerikas: Die wahre Lebensgeschichte einer CIA-Sklavin unter Mind-Control Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremdbestimmt: 120 Jahre Lügen und Täuschung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Habsburger: Eine Dynastie prägt Europas Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Größte Geheimnis: Dieses Buch verändert die Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie flache Erde oder Hundert Beweise dafür, daß die Erde keine Kugel ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRechte Esoterik: Wenn sich alternatives Denken und Extremismus gefährlich vermischen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Kampf Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Duden Allgemeinbildung Deutsche Geschichte: Menschen, Ereignisse, Epochen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIlias und Odyssee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNürnberg: Kleine Stadtgeschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchwarze Wurzeln: Afro-deutsche Familiengeschichten von 1884 bis 1950 Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Scharfschützeneinsatz in Woronesch: Information + Original-Fotos + Roman Zeitgeschichte Zweiter Weltkrieg Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Leninplatz Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Der Erste Weltkrieg: Von Sarajevo bis Versailles: die Zeitenwende 1914-1918 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJüdische Altertümer: Vollständige Ausgabe Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Gefühlspolitik: Friedrich II. als Herr über die Herzen? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRömische Geschichte: Alle 6 Bände: Die Geschichte Roms von den Anfängen bis zur Zeit Diokletians Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Die Mauerpark-Affäre
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Die Mauerpark-Affäre - Heimo Lattner
Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #1
Die Mauerpark-Affäre
Heimo Lattner, Judith Laub
Unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer beginnen Bürger*innen eigenmächtig mit der Begrünung eines Teils des ehemaligen Grenzstreifens zwischen den Bezirken Prenzlauer Berg im Osten und Wedding im Westen. Damit schaffen sie die Grundlage für einen Park, um dessen Fertigstellung die folgenden 25 Jahre gerungen wird – eine Zeit, in der sich bürgerschaftliches Engagement in Partizipationsverfahren erschöpft und gesellschaftliche wie räumliche Polarisierungen zunehmen. Was die detaillierte Rekonstruktion der Geschichte des Mauerparks veranschaulicht, findet über den lokalen Kontext hinaus seine Entsprechung an vielen Orten Berlins wie auch in anderen Städten: Es geht um die Grenzen der repräsentativen Demokratie.
Inhalt
Einleitung
Chronologie
Protokoll der 70. Plenarsitzung
des Abgeordnetenhauses Berlin,
17. Wahlperiode, Donnerstag, 8. Oktober 2015
Bürgerinitiativen
Glossar
Karten
Nachweise
Impressum
Bilderübersicht
Grenzstreifen nach der Maueröffnung, 1989
Baumpflanzung nach einer Fahrraddemonstration, 1990
Fest zum Weltkindertag, 1990
Pflanzaktion, ca. 1990
Falkplatz und erster Bauabschnitt (Sonnenuhr nur noch in Fragmenten erhalten), 1994
Besetzung Moritzhofgelände, 1995
Geheime Landnahme, 2006
Gleimtunnel, 1992
Gang durch den Mauerpark, 2016
Der Mauerpark an einem Sonntag, 2016
Einleitung
Der Mauerpark überrascht. Mit landläufigen Vorstellungen von einer Parkanlage hat er wenig gemein: Eine schnurgerade, kopfsteingepflasterte Straße durchzieht den Park in seiner gesamten Länge. Steinerne Quader, auf halber Strecke zu einem Amphitheater gestapelt, säumen diese Schneise, welche die südlich und nördlich gelegenen Stadtquartiere miteinander verbindet. Östlich von ihr erhebt sich ein spärlich bepflanzter Hang, auf dessen Anhöhe ein Rest der Berliner Mauer den Park begrenzt, dahinter ragen die Flutlichter des benachbarten Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks in den Himmel. Nach Westen hin erstreckt sich eine plane Freifläche, abgegrenzt durch einen einfachen Gitterzaun von einer Brache mit vereinzelten, zum Teil gewerblich genutzten, zum Teil verlassenen Baracken, verrosteten Eisenbahnschienen und Strommasten – Zeugnisse der einstigen Nutzung als Güterbahnhof. Daneben, auf einem Teilabschnitt, in seiner Erscheinung noch spartanischer als das restliche Gelände anmutend, bewirtschaften Stadtgärtner*innen Hochbeete. Durch ein Birkenwäldchen führt ein Fußweg über die Decke des denkmalgeschützten Gleimtunnels in das nördliche Areal der Anlage. Dort befinden sich ein Kinder- und Jugendbauernhof, ein kleiner Spielplatz und zur Gleisanlage der Nordbahn hin eine künstliche Kletterwand.
Was in seiner Beschreibung nur wenig einladend wirkt, steht emblematisch für ein unbeschwertes Lebensgefühl in Berlin: Der Mauerpark genießt Kultstatus, weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Ein Terrain im Dialog mit den noch lesbaren Spuren der Vergangenheit. Ein von der Geschichte gezeichnetes Gelände, in das man eintreten kann, das Raum für individuelle Aneignung und eigenwillige Nutzung bietet. An warmen Wochenenden bevölkern Zehntausende den Mauerpark.
Fast 30 Jahre lang teilte hier eine aufgerüstete Staatsgrenze Berlin in zwei Städte. Bis zum Fall der Mauer 1989/90. Alsbald begannen die Bürger*innen eigenmächtig mit der Begrünung des ehemaligen Mauerstreifens. „Diese öffentliche Aneignung des Niemandslandes erschien als der beste Weg, die Teilung der Stadt zu überwinden, d.h. sie zu erinnern und zugleich durch praktischen Gebrauch zu feiern, sie überwunden zu haben. Die demokratische Idee des Mauerparks beruht auf einem Ausgleich zwischen einer radikalen Individualität und einem dafür neu zu konstituierenden öffentlichen [Raum]."¹
Am 25. Oktober 1990 beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus, sich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2000 zu bewerben, und stimmte im Rahmen der Beschlussfassung der Errichtung einer Grünfläche auf dem gesamten Gebiet des ehemaligen Güterbahnhofs Eberswalder Straße entlang der westlichen Wohnbebauung zu. Mit der Olympia-Bewerbung Berlins sollte eine ökologische Aufwertung bisher vernachlässigter Stadtteile im Osten der Stadt beschleunigt werden. Im dafür eingerichteten Wettbewerbsgebiet Jahn-Sportpark/Mauerpark galt es, diese Ziele beispielhaft umzusetzen. Aus dem ehemaligen Grenzstreifen sollte gemäß der Wettbewerbsausschreibung ein zusammenhängender Stadt-park entstehen. Dabei wurde neben seiner Funktion als Erholungsfläche in einem hochverdichteten innerstädtischen Bereich vor allem seine Funktion als „grüne Brücke"² zwischen den „sich fremd gegenüberliegenden Stadtteilen in Ost und West"³ betont. Da sich lediglich ein ca. 7ha großer Teilbereich des angestrebten Grünstreifens in öffentlicher Hand befand, wurde zunächst von einer stufenweisen Fertigstellung ausgegangen. Einen erheblichen Teil der nötigen finanziellen Mittel stellte eine Stiftung bereit. Diese knüpfte ihre Zuwendung an die Fertigstellung des Mauerparks auf einer Mindestfläche von 10ha. Sollte dies nicht gelingen, müsste die Stadt die komplette Fördersumme zurückerstatten. Das gesamte Areal des ehemaligen Güterbahnhofs zwischen Bernauer Straße und Nordkreuz wurde 1994 auf Beschluss des Abgeordnetenhauses als Grünfläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen.
Der Wunsch nach einer Frischluftschneise, die von Norden her die Stadt durchziehen sollte, umfasste zunächst das gesamte Gebiet an der Bahntrasse des Nordkreuzes entlang der Grenzbrache und weiter, dem Verlauf der Bernauer Straße folgend, bis hin zum Nordbahnhof. Das unter Bundeskanzler Helmut Kohl verabschiedete Mauergrundstücksgesetz von 1996 durchkreuzte dieses Vorhaben. Es sah den Rückkauf von Grundstücken in den ehemaligen Grenzgebieten durch anspruchsberechtigte, jedoch zumeist kaum vermögende Ost-Eigentümer*innen zu 25% des Flächenwerts vor. Diese Maßnahme bewirkte, dass ein Großteil der Liegenschaften entlang der Bernauer Straße unmittelbar an Bauinvestoren weiterveräußert wurde. Somit war die Anlage des Mauerparks auf das Gebiet zwischen Bernauer Straße und der Nordbahntrasse beschränkt.
Nachdem die politische Chance verpasst worden war, die fehlenden Flächen für die Parkerweiterung vom Eigentümer, der Deutschen Bahn AG, respektive der Bahn-Tochtergesellschaft Vivico Real Estate GmbH, frühzeitig zu erwerben, wurde ein Ausweg aus der vertraglich prekären Situation in Form eines Tauschhandels gesucht: planungsrechtliche Ausweisung von Teilflächen als Bauland für Wohnungen gegen kostenfreie Überlassung der benötigten Flächen für die Parkerweiterung. Was den einen als glückliche Fügung erschien, stellte sich den anderen als handfester Affront gegen Bürgerinteressen dar. Schon längst war der Streit um den Mauerpark zu einem Politikum geworden, in dem sich – den wechselnden Koalitionen in den Bezirksparlamenten und im Berliner Abgeordnetenhaus entsprechend – die Mehrheitsverhältnisse zwischen 100 % Park- und kompromissbereiten Bebauungsbefürworter*innen kontinuierlich verschoben. Zuletzt spaltete er auch die Lager der Bürgerinitiativen selbst. Bangten die einen um die Fertigstellung des Parks auf den vertraglich vereinbarten 10 ha, argumentierten die anderen nicht zuletzt mit den absehbaren Konsequenzen wie Aufwertung und Verdrängung aus den angrenzenden Wohngebieten infolge des geplanten Neubauquartiers mit 700 Wohneinheiten.
Bereits unmittelbar nach der Wende hatten sich Bürger*innen unter dem Motto Wir bleiben alle versammelt. Die meisten Häuser in den umliegenden, ehemals Ostberliner Vierteln waren nach erfolgter Restitution teuer weiterverkauft worden, der Verwertungsdruck auf dem Immobilienmarkt wuchs enorm. Die staatlichen Förderprogramme für Stadtentwicklung wiesen in den östlichen Bezirken eine deutlich schlechtere Ausstattung auf als in den westlichen. Mitte der 1990er Jahre tendierten diese schließlich gegen Null. Soziale Auflagen wie Mietpreis- und Belegungsbindung fielen weitgehend weg, die Türen für Rendite- und Spekulationsinteressen öffneten sich somit weit. In der Folge wurden rund 80 % der ansässigen Bevölkerung aus den Bezirken Prenzlauer Berg und Mitte verdrängt.
Was als lokaler Konflikt begann, sah sich zuletzt im Schulterschluss mit stadtweiten Initiativen, die ihr Recht auf Direkte Demokratie, Mitgestaltung und Mitbestimmung in Fragen der Stadtentwicklung in den letzten Jahren bereits mehrfach erfolgreich geltend gemacht hatten.
Gegen den Bebauungsplan des Investors, der das Gebiet nördlich des Gleimtunnels zwischenzeitlich erworben hatte, gingen über 39.000 schriftliche Einwendungen ein. Abgesehen davon, ist das Areal nach wie vor im Berliner Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen. Zugleich wurde ein Antrag auf Abhaltung des Bürgerbegehrens 100% Bürgerrechte – 100% Mauerpark eingebracht. Um dem absehbaren Erfolg dieses Bürgerbegehrens entgegenzuwirken, entzog der Berliner Senat 2015 dem bis dahin zuständigen Bezirk Mitte das Verfahren, indem er das zu bebauende Areal mit dem Prädikat von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung