Bayerisches Denkmalschutzgesetz: Kommentar mit einer fachlichen Einführung von Mathias Pfeil
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Buchvorschau
Bayerisches Denkmalschutzgesetz - Jörg Spennemann
Landesrecht Bayern
von
Dr. Franz Dirnberger
Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags
Bayerisches Denkmalschutzgesetz
Kommentar mit einer fachlichen Einführung von Mathias Pfeil
begründet von
Dr. Wolfgang Eberl †
Ltd. Ministerialrat a. D.
bearbeitet von
Dr. Jörg Spennemann
Oberlandesanwalt, Landesanwaltschaft Bayern
Dr. Jörg Schindler-Friedrich M.A.
Abteilungsleiter, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Fabian Gerstner LL. M.
Rechtsanwalt, München
mit einer fachlichen Einführung von
Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil
Generalkonservator
8., überarbeitete Auflage
Deutscher Gemeindeverlag
8., überarbeitete Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-555-02083-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-555-02084-6
epub: ISBN 978-3-555-02085-3
mobi: ISBN 978-3-555-02086-0
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Die Neuauflage des seit 1973 erscheinenden Kommentars bietet in bewährter Weise eine ausführliche und fundierte Erläuterung des Gesetzes einschließlich der damit zusammenhängenden Rechtsgebiete unter Berücksichtigung der gerade in den letzten Jahren stetig gestiegenen Zahl einschlägiger Gerichtsentscheidungen.
Dr. Wolfgang Eberl, Leitender Ministerialrat a.D., der Verfasser des Gesetzes (verst.); Dr. Jörg Spennemann, Oberlandesanwalt bei der Landesanwaltschaft Bayern; Dr. Jörg Schindler-Friedrich M.A., Abteilungsleiter beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege; Fabian Gerstner LL. M., Rechtsanwalt in München.
Vorwort zur achten Auflage
Der seit 1973 erscheinende Kommentar zum BayDSchG erscheint erstmals ohne die Mitwirkung von Dr. Wolfgang Eberl, einem der „Väter" des Gesetzes, der im Herbst 2017 verstarb. Ihm folgte im Mai 2019 Prof. Michael Petzet. Dr. Martin schied auf eigenen Wunsch aus der Reihe der Bearbeiter aus.
Die Weiterentwicklung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie verschiedene Änderungen des Gesetzes und des bau- und umweltrechtlichen Rahmens wurden in der Neubearbeitung berücksichtigt. Praktische Handhabbarkeit für den Rechtsanwender und eine vertiefte Darstellung der mit der Anwendung des Gesetzes verbundenen Rechtsfragen sind gleichermaßen Ziel des Werks.
Erstmals wurde der Kreis der Autoren um ein Mitglied der Rechtsanwaltschaft erweitert.
Die Verfasser wünschen sich, dass das Werk einen Beitrag zur Erhaltung der bayerischen Denkmallandschaft auch in schwierigen Fällen leisten kann.
Verantwortlich
– für die Einleitung und die Erläuterung der Art. 1 bis 5, 10, 11, 13 bis 24 und 26 bis 28 BayDSchG: Dr. Jörg Spennemann,
– für die Erläuterung der Art. 7 bis 9 und 12: Dr. Jörg Schindler-Friedrich,
– für die Erläuterung der Art. 6 und 25: Fabian Gerstner, und
– für die fachliche Einführung: Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil.
München, im November 2019
Die Verfasser
Vorwort zur ersten Auflage
Das Gesetz basiert auf dem Regierungsentwurf vom 14.2.1972 (Landtagsdrucksache 7/2033, wo auch die amtliche Begründung des Gesetzes abgedruckt ist). Vorausgegangen waren diesem Entwurf bereits Initiativgesetzentwürfe der Abg. Dr. Schöfberger u. a. vom 4.3.1971 (Landtagsdrucksache 7/234) und Dr. Schosser u. a. vom 19.3.1971 (Landtagsdrucksache 7/328) und bereits in der vorhergehenden (6.) Legislaturperiode der Entwurf des Abg. Dr. Schosser vom 21.1.1970 (Landtagsbeilage 2733), von dem der Anstoß zum Erlaß des Gesetzes ausgegangen ist.
Mit dem Gesetz vom 25.6.1973 erfährt das Recht des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Bayern zum ersten Mal eine umfassende Kodifizierung. In nicht geringerem Maße als von Paragraphen wird das Schicksal der Denkmäler aber auch bestimmt vom Verständnis der Allgemeinheit und von der Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel. Auch Ideen, Phantasie und Beharrlichkeit sind vonnöten, um die vielfältigen und manchmal zunächst kaum lösbar erscheinenden Probleme zu meistern. Und schließlich – und das kann man an dieser Stelle ruhig aussprechen, weil ein Vorwort nur selten gelesen wird – kommt es, wie stets, wenn Rechtsgüter der Allgemeinheit vor Eingriffen Einzelner bewahrt werden sollen, auf die Zivilcourage eines Jeden an, der mit dem Vollzug einer einschlägigen gesetzlichen Bestimmung befaßt ist.
Daß an diesen Voraussetzungen für einen wirksamen Vollzug des Gesetzes kein Mangel bestehen möge, ist auch der Wunsch des Verfassers.
München, im Juli 1973
Wolfgang Eberl
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur achten Auflage
Vorwort zur ersten Auflage
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Teil A: Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz – DSchG)
Teil B: Fachliche Einführung
Teil C: Erläuterungen zum Denkmalschutzgesetz
Einleitung
Teil 1Allgemeine Bestimmungen (Art. 1–3)
Teil 2Baudenkmäler (Art. 4–6)
Teil 3Bodendenkmäler (Art. 7–9)
Teil 4Eingetragene bewegliche Denkmäler (Art. 10)
Teil 5Verfahrensbestimmungen (Art. 11–17)
Teil 6Enteignung (Art. 18–21)
Teil 7Finanzierung (Art. 22)
Teil 8Ordnungswidrigkeiten (Art. 23)
Teil 9Allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen (Art. 24–27)
Teil D: Ergänzende Bestimmungen, Richtlinien und Hinweise (Anhang)
1.Bayerische Verfassung (Auszug)
2.Vollzug des Denkmalschutzgesetzes und baurechtlicher Vorschriften
3.Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, WFKMS vom 14.1.2009 Nr. B 4–K 5111.0–12c/31 828 (07)
4.Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass – BayWEE, Auszug)
5.Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen für Denkmalschutz und Denkmalpflege
6.Verwaltungsverfahren bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz – BayDSchG)
7.Richtlinien zur Vergabe staatlicher Zuschüsse an nichtstaatliche Museen in Bayern
8.Empfehlungen des Landesdenkmalrates zu Baumaßnahmen im Ensemblebereich
9.Heimatpflege in den Landkreisen, kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten (Auszug)
10.Institutio Generalis Missalis Romani (Auszug)
11.Rundschreiben der Kongregation für den Klerus
Stichwortverzeichnis
Benutzerhinweis
Den Erläuterungen vorangestellt sind ein Abkürzungsverzeichnis und ein Literaturverzeichnis. Im Text der Erläuterungen erfolgen Vorschriften- und Literaturangaben und Vorschriftenhinweise daher vielfach nur in abgekürzter/stichwortartiger Form.
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
(Ausgewählte Literatur)
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Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019
BayBLfD (Hrsg.), Denkmalinventarisation in Bayern. Anfänge und Perspektiven, 1981
BayBLfD (Hrsg.), Archäologie in Bayern. Fenster zur Vergangenheit, 2006
BayBLfD (Hrsg.), Denkmalpflege-Themen:
Heft 3: Archäologie und Ehrenamt. Anlass, Verlauf und Bilanz eines Modellprojektes, 2012
Heft 4: Bodendenkmalpflege in Bayern: Standpunkte – Ziele – Strategien, 2013
Heft 6: Denkmalschutz und Denkmalpflege in Bayern 2020: Bewahren durch Erklären und Unterstützen, 2015
Heft 7: Kriterien für die Vermutung von Bodendenkmälern, 2016
Heft 8: Das Kommunale Denkmalkonzept – Den historischen Ortskern gemeinsam gestalten und entwickeln, 2017
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Strobl/Sieche/Kepmer/Rothemund, 4. Aufl. 2019
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Schneider/Franzmeyer-Werbe/Martin/Krombholz, 2000
Martin/Mieth/Graf/Sautter, 2. Aufl. 2008
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ST
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Martin/Ahrensdorf/Flügel, 2001
SH
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TH
Seifert/Viebrock/Dusek, 1992
Fechner/Martin, 2006
Teil A:Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz – DSchG)
Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz – DSchG)
Vom 25. Juni 1973 (BayRS 2242-1-WFK, GVBl. S. 328), zuletzt geändert durch Verordnung vom 26.3.2019, GVBl. S. 98
Änderungen des Gesetzes
Teil 1Allgemeine Bestimmungen
Art. 1Begriffsbestimmungen
(1) Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
(2) ¹Baudenkmäler sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit, soweit sie nicht unter Absatz 4 fallen, einschließlich dafür bestimmter historischer Ausstattungsstücke und mit der in Absatz 1 bezeichneten Bedeutung.²Auch bewegliche Sachen können historische Ausstattungsstücke sein, wenn sie integrale Bestandteile einer historischen Raumkonzeption oder einer ihr gleichzusetzenden historisch abgeschlossenen Neuausstattung oder Umgestaltung sind.³Gartenanlagen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, gelten als Baudenkmäler.
(3) Zu den Baudenkmälern kann auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, wenn keine oder nur einzelne dazugehörige bauliche Anlagen die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist.
(4) Bodendenkmäler sind bewegliche und unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden und in der Regel aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit stammen.
Art. 2Denkmalliste
(1) ¹Die Baudenkmäler und die Bodendenkmäler sollen nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. ²Die Eintragung erfolgt durch das Landesamt für Denkmalpflege von Amts wegen im Benehmen mit der Gemeinde. ³Der Berechtigte und der zuständige Heimatpfleger können die Eintragung anregen. ⁴Die Eintragung ist im Bebauungsplan kenntlich zu machen. ⁵Die Liste kann von jedermann eingesehen werden.
(2) Auf Antrag des Berechtigten und in besonders wichtigen Fällen können bewegliche Denkmäler, soweit sie nicht nach Absatz 1 eingetragen sind, in das Verzeichnis eingetragen werden.
Art. 3Gemeindliche Rücksichtnahme
Die Gemeinden nehmen bei ihrer Tätigkeit, vor allem im Rahmen der Bauleitplanung, auf die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, insbesondere auf die Erhaltung von Ensembles, angemessen Rücksicht.
Teil 2Baudenkmäler
Art. 4Erhaltung von Baudenkmälern
(1) ¹Die Eigentümer und die sonst dinglich Verfügungsberechtigten von Baudenkmälern haben ihre Baudenkmäler instandzuhalten, instandzusetzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen, soweit ihnen das zuzumuten ist. ²Ist der Eigentümer oder der sonst dinglich Verfügungsberechtigte nicht der unmittelbare Besitzer, so gilt Satz 1 auch für den unmittelbaren Besitzer, soweit dieser die Möglichkeit hat, entsprechend zu verfahren.
(2) ¹Die in Absatz 1 genannten Personen können verpflichtet werden, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist; soweit sie die Maßnahmen nicht selbst durchzuführen haben, können sie zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet werden. ²Entscheidungen, durch die der Bund oder die Länder verpflichtet werden sollen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Obersten Denkmalschutzbehörde.
(3) ¹Macht der Zustand eines Baudenkmals Maßnahmen zu seiner Instandhaltung, Instandsetzung oder zu seinem Schutz erforderlich, ohne daß eine vollstreckbare Entscheidung nach Absatz 2 vorliegt, so kann die zuständige Denkmalschutzbehörde die Maßnahmen durchführen oder durchführen lassen. ²Die dinglich und obligatorisch Berechtigten können zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet werden. ³Die Kosten der Maßnahmen tragen die in Absatz 1 genannten Personen, soweit sie nach Absatz 2 zur Durchführung der Maßnahmen verpflichtet wurden oder hätten verpflichtet werden können, im übrigen der Entschädigungsfonds (Art. 21 Abs. 2).
(4) Handlungen, die ein Baudenkmal schädigen oder gefährden, können untersagt werden.
Art. 5Nutzung von Baudenkmälern
¹Baudenkmäler sollen möglichst entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt werden. ²Werden Baudenkmäler nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt, so sollen die Eigentümer und die sonst dinglich oder obligatorisch zur Nutzung Berechtigten eine der ursprünglichen gleiche oder gleichwertige Nutzung anstreben. ³Soweit dies nicht möglich ist, soll eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf die Dauer gewährleistet. ⁴Sind verschiedene Nutzungen möglich, so soll diejenige Nutzung gewählt werden, die das Baudenkmal und sein Zubehör am wenigsten beeinträchtigt. ⁵Staat, Gemeinden und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts sollen Eigentümer und Besitzer unterstützen. ⁶Die Eigentümer und die sonst dinglich oder obligatorisch zur Nutzung Berechtigten können bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 2 verpflichtet werden, eine bestimmte Nutzungsart durchzuführen; soweit sie nicht zur Durchführung verpflichtet werden, können sie zur Duldung einer bestimmten Nutzungsart verpflichtet werden.
Art. 6Maßnahmen an Baudenkmälern
(1) ¹Wer
1. Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen oder
2. geschützte Ausstattungsstücke beseitigen, verändern, an einen anderen Ort verbringen oder aus einem Baudenkmal entfernen
will, bedarf der Erlaubnis. ²Der Erlaubnis bedarf auch, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. ³Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.
(2) ¹Die Erlaubnis kann im Fall des Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. ²Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 kann die Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
(3) ¹Ist eine Baugenehmigung oder an ihrer Stelle eine bauaufsichtliche Zustimmung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung erforderlich, entfällt die Erlaubnis. ²Für denkmaltypische Bauprodukte, die in Baudenkmälern verwendet werden sollen, erteilt die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde die Zustimmung im Einzelfall nach Art. 20 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). ³Ist in den Fällen des Satzes 2 keine Baugenehmigung oder bauaufsichtliche Zustimmung, jedoch eine durch die Denkmaleigenschaft bedingte Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderlich, schließt die Erlaubnis nach diesem Gesetz die Zustimmung im Einzelfall nach Art. 20 BayBO und die Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO mit ein.
(4) Bei Entscheidungen nach den Abs. 1 bis 3 sind auch die Belange von Menschen mit Behinderung und von Menschen mit sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen.
Teil 3Bodendenkmäler
Art. 7Ausgraben von Bodendenkmälern, Verordnungsermächtigung
(1) ¹Wer auf einem Grundstück nach Bodendenkmälern graben oder zu einem anderen Zweck Erdarbeiten auf einem Grundstück vornehmen will, obwohl er weiß oder vermutet oder den Umständen nach annehmen muß, daß sich dort Bodendenkmäler befinden, bedarf der Erlaubnis. ²Die Erlaubnis kann versagt werden, soweit dies zum Schutz eines Bodendenkmals erforderlich ist.
(2) ¹Die Bezirke können durch Rechtsverordnung bestimmte Grundstücke, in oder auf denen Bodendenkmäler zu vermuten sind, zu Grabungsschutzgebieten erklären. ²In einem Grabungsschutzgebiet bedürfen alle Arbeiten, die Bodendenkmäler gefährden können, der Erlaubnis. ³Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 gelten entsprechend. ⁴Grabungsschutzgebiete sind im Flächennutzungsplan kenntlich zu machen.
(3) Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 gelten nicht für Grabungen, die vom Landesamt für Denkmalpflege oder unter seiner Mitwirkung vorgenommen oder veranlaßt werden.
(4) ¹Wer in der Nähe von Bodendenkmälern, die ganz oder zum Teil über der Erdoberfläche erkennbar sind, Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf der Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines dieser Bodendenkmäler auswirken kann. ²Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 gelten entsprechend.
(5) ¹Soll eine Grabung auf einem fremden Grundstück erfolgen, so kann der Eigentümer verpflichtet werden, die Grabung zuzulassen, wenn das Landesamt für Denkmalpflege festgestellt hat, daß ein besonderes öffentliches Interesse an der Grabung besteht. ²Der Inhaber der Grabungsgenehmigung hat den dem Eigentümer entstehenden Schaden zu ersetzen.
Art. 8Auffinden von Bodendenkmälern
(1) ¹Wer Bodendenkmäler auffindet, ist verpflichtet, dies unverzüglich der Unteren Denkmalschutzbehörde oder dem Landesamt für Denkmalpflege anzuzeigen. ²Zur Anzeige verpflichtet sind auch der Eigentümer und der Besitzer des Grundstücks sowie der Unternehmer und der Leiter der Arbeiten, die zu dem Fund geführt haben. ³Die Anzeige eines der Verpflichteten befreit die übrigen. ⁴Nimmt der Finder an den Arbeiten, die zu dem Fund geführt haben, auf Grund eines Arbeitsverhältnisses teil, so wird er durch Anzeige an den Unternehmer oder den Leiter der Arbeiten befreit.
(2) Die aufgefundenen Gegenstände und der Fundort sind bis zum Ablauf von einer Woche nach der Anzeige unverändert zu belassen, wenn nicht die Untere Denkmalschutzbehörde die Gegenstände vorher freigibt oder die Fortsetzung der Arbeiten gestattet.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht bei Arbeiten, die vom Landesamt für Denkmalpflege oder unter seiner Mitwirkung vorgenommen oder veranlaßt werden.
(4) Eigentümer, dinglich Verfügungsberechtigte und unmittelbare Besitzer eines Grundstücks, auf dem Bodendenkmäler gefunden werden, können verpflichtet werden, die notwendigen Maßnahmen zur sachgemäßen Bergung des Fundgegenstands sowie zur Klärung der Fundumstände und zur Sicherung weiterer auf dem Grundstück vorhandener Bodendenkmäler zu dulden.
(5) Aufgefundene Gegenstände sind dem Landesamt für Denkmalpflege oder einer Denkmalschutzbehörde unverzüglich zur Aufbewahrung zu übergeben, wenn die Gefahr ihres Abhandenkommens besteht.
Art. 9Auswertung von Funden
Der Eigentümer eines beweglichen Bodendenkmals, die dinglich Verfügungsberechtigten und die unmittelbaren Besitzer können verpflichtet werden, dieses dem Landesamt für Denkmalpflege befristet zur wissenschaftlichen Auswertung und Dokumentation zu überlassen.
Teil 4Eingetragene bewegliche Denkmäler
Art. 10Erlaubnispflicht
(1) ¹Wer ein eingetragenes bewegliches Denkmal beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will, bedarf der Erlaubnis. ²Die Erlaubnis kann versagt werden, soweit dies zum Schutz des Denkmals erforderlich ist.
(2) ¹Die Veräußerung eines eingetragenen beweglichen Denkmals ist dem Landesamt für Denkmalpflege unverzüglich anzuzeigen. ²Zur Anzeige sind der Veräußerer und der Erwerber verpflichtet.
Teil 5Verfahrensbestimmungen
Art. 11Denkmalschutzbehörden
(1) ¹Untere Denkmalschutzbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden. ²Soweit kreisangehörigen Gemeinden die Aufgaben der Unteren Bauaufsichtsbehörden übertragen sind oder übertragen werden, gilt diese Übertragung auch für die Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörden. ³Art. 115 Abs. 2 der Gemeindeordnung gilt entsprechend.
(2) Höhere Denkmalschutzbehörden sind die Regierungen.
(3) Oberste Denkmalschutzbehörde ist das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (Staatsministerium).
(4) ¹Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die Unteren Denkmalschutzbehörden für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig. ²In den Fällen des Art. 73 Abs. 1 BayBO treten die Höheren an die Stelle der Unteren Denkmalschutzbehörden.
(5) Die Aufgaben der Denkmalschutzbehörden sind Staatsaufgaben; für die Gemeinden sind sie übertragene Aufgaben.
Art. 12Landesamt für Denkmalpflege
(1) ¹Das Landesamt für Denkmalpflege ist die staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. ²Es ist dem Staatsministerium unmittelbar nachgeordnet.
(2) ¹Dem Landesamt für Denkmalpflege obliegen die Denkmalpflege und die Mitwirkung beim Denkmalschutz. ²Die Denkmalpflege umfasst auch die Erforschung der Denkmäler, soweit solche Vorhaben mit den sonstigen Aufgaben des Landesamts für Denkmalpflege in unmittelbarem Zusammenhang stehen und mit diesen vereinbar sind. ³Insbesondere hat es folgende Aufgaben:
1. Mitwirkung beim Vollzug dieses Gesetzes und anderer einschlägiger Vorschriften nach Maßgabe der hierzu ergangenen und ergehenden Bestimmungen;
2. Herausgabe von Richtlinien zur Pflege der Denkmäler unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände;
3. Erstellung und Fortführung der Inventare und der Denkmalliste;
4. Konservierung und Restaurierung von Denkmälern, soweit die Konservierung und die Restaurierung nicht von anderen dafür zuständigen staatlichen Stellen durchgeführt werden;
5. fachliche Beratung und Erstattung von Gutachten in allen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege;
6. Überwachung der Ausgrabungen sowie die Überwachung und Erfassung der anfallenden beweglichen Bodendenkmäler;
7. Fürsorge für Heimatmuseen und ähnliche Sammlungen, soweit diese nicht vom Staat verwaltet werden.
⁴Das Staatsministerium kann dem Landesamt für Denkmalpflege weitere einschlägige Aufgaben zuweisen.
(3) Die bisherigen Aufgaben der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen bleiben unberührt.
Art. 13Heimatpfleger
(1) ¹Die Heimatpfleger beraten und unterstützen die Denkmalschutzbehörden und das Landesamt für Denkmalpflege in den Fragen der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes. ²Ihnen ist durch die Denkmalschutzbehörden in den ihren Aufgabenbereich betreffenden Fällen rechtzeitig Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(2) Die Denkmalschutzbehörden und das Landesamt für Denkmalpflege sollen sich in geeigneten Fällen der Unterstützung kommunaler Stellen sowie privater Initiativen bedienen.
Art. 14Landesdenkmalrat
(1) ¹Der Landesdenkmalrat berät die Staatsregierung in allen wichtigen Fragen der Denkmalpflege. ²Er wirkt an der Festlegung von Ensembles mit.
(2) ¹In den Landesdenkmalrat werden folgende Mitglieder jeweils für die Dauer der Legislaturperiode entsandt:
1. sechs von den Fraktionen des Bayerischen Landtags gemäß ihren Besetzungsrechten nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers,
2. je zwei von der Katholischen Kirche und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche,
3. je eines
a) von den israelitischen Kultusgemeinden in Bayern,
b) vom Verein zur Erhaltung privater Baudenkmäler und sonstiger Kulturgüter in Bayern e.V.,
c) von der Deutschen Burgenvereinigung, Landesgruppe Bayern,
d) vom Landesverband der Bayerischen Haus-und Grundbesitzer e.V.,
e) vom Familienbetriebe Land und Forst Bayern e.V.,
f) von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste,
g) von der Bayerischen Architektenkammer,
h) von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Landesgruppe Bayern,
i) vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege,
j) vom Bayerischen Bauernverband,
k) von der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Handwerkskammern,
l) vom Bayerischen Gemeindetag,
m) vom Bayerischen Städtetag,
n) vom Bayerischen Landkreistag,
o) vom Bayerischen Bezirketag,
4. bis zu sieben vom Staatsministerium.
²Es wird entsprechend Satz 1 jeweils ein Stellvertreter bestimmt. ³Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden vom Landtag bestellt, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 bis 4 auf Vorschlag der jeweiligen entsendenden Stelle.
(3) ¹Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. ²Sie erhalten Reisekosten nach den Vorschriften des Bayerischen Reisekostengesetzes wie ein Ehrenbeamter.
(4) ¹Der Landesdenkmalrat wählt aus seiner Mitte mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder ein vorsitzendes Mitglied und einen Stellvertreter. ²Der Landesdenkmalrat gibt sich im Übrigen eine Geschäftsordnung. ³Das Staatsministerium führt seine Geschäfte.
(5) Ohne Stimmrecht nehmen an den Beratungen des Landesdenkmalrats bei Bedarf Sachverständige nach Einladung des Landesdenkmalrats teil.
Art. 15Erlaubnisverfahren und Wiederherstellung
(1) ¹Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 6, 7 und 10 Abs. 1 und auf Verpflichtung des Eigentümers nach Art. 7 Abs. 5 ist schriftlich bei der Gemeinde einzureichen, die ihn mit ihrer Stellungnahme unverzüglich der Unteren Denkmalschutzbehörde vorlegt. ²Art. 75 und 76 BayBO gelten in den Fällen der Art. 6, 7 und 8 Abs. 2 entsprechend.
(2) ¹Die Untere Denkmalschutzbehörde soll vor einer Entscheidung nach den Teilen 2 bis 4 dieses Gesetzes das Landesamt für Denkmalpflege hören. ²Art. 65 Abs. 1 Satz 3 BayBO gilt entsprechend.
(3) Für eine Erlaubnis nach den Teilen 2 bis 4 dieses Gesetzes gilt Art. 69 BayBO entsprechend.
(4) Werden Handlungen nach Art. 6, 7, 8 Abs. 2 oder Art. 10 Abs. 1 ohne die erforderliche Erlaubnis, Baugenehmigung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung durchgeführt, so kann die Untere Denkmalschutzbehörde verlangen, daß der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird, soweit dies noch möglich ist, oder daß Bau- und Bodendenkmäler und eingetragene bewegliche Denkmäler auf andere Weise wieder instandgesetzt werden.
(5) Wer widerrechtlich Bau- oder Bodendenkmäler oder eingetragene bewegliche Denkmäler vorsätzlich oder grob fahrlässig zerstört oder beschädigt, ist unabhängig von der Verhängung einer Geldbuße zur Wiedergutmachung des von ihm angerichteten Schadens bis zu dessen vollem Umfang verpflichtet.
(6) Die zuständige Behörde kann die Entscheidung über einen Antrag auf Erlaubnis, Baugenehmigung, baurechtliche Zustimmung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung auf höchstens zwei Jahre aussetzen, soweit dies zur Klärung der Belange des Denkmalschutzes, insbesondere für Untersuchungen des Baudenkmals und seiner Umgebung, erforderlich ist.
Art. 16Betretungs- und Auskunftsrecht
(1) Die Denkmalschutzbehörden und das Landesamt für Denkmalpflege sind berechtigt, im Vollzug dieses Gesetzes Grundstücke auch gegen den Willen der Betroffenen zu betreten, soweit das zur Erhaltung eines Bau- oder Bodendenkmals oder eines eingetragenen beweglichen Denkmals dringend erforderlich erscheint.
(2) Eigentümer und Besitzer von Bau- und Bodendenkmälern und von eingetragenen beweglichen Denkmälern und sonstige Berechtigte sind verpflichtet, den Denkmalschutzbehörden und dem Landesamt für Denkmalpflege alle zum Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Art. 17Kostenfreiheit
¹Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz werden Kosten nicht erhoben. ²Schließt die Erlaubnis gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 3 die Zustimmung im Einzelfall nach Art. 20 BayBO oder die Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO ein, werden für die Zustimmung oder die Abweichung Kosten nach dem Kostengesetz erhoben.
Teil 6Enteignung
Art. 18Zulässigkeit der Enteignung
(1) ¹Kann eine Gefahr für den Bestand oder die Gestalt eines Bau- oder Bodendenkmals oder eines eingetragenen beweglichen Denkmals auf andere Weise nicht nachhaltig abgewehrt werden, so ist die Enteignung zugunsten des Staates oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts zulässig. ²Zugunsten einer juristischen Person des Privatrechts ist die Enteignung dann zulässig, wenn die dauernde Erhaltung des Bau- oder Bodendenkmals oder des eingetragenen beweglichen Denkmals zu den satzungsmäßigen Aufgaben der juristischen Person gehört und bei Berücksichtigung aller Umstände gesichert erscheint.
(2) ¹Zugunsten des Staates ist die Enteignung außerdem zulässig bei beweglichen Bodendenkmälern, an deren Erhaltung für die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse besteht. ²Im Fall des Satzes 1 kann der Antrag nur gestellt werden, wenn dem Landesamt für Denkmalpflege im Zeitpunkt der Antragstellung die vollständige Bergung des Bodendenkmals nicht länger als ein Jahr bekannt war.
(3) bis (5) (aufgehoben)
Art. 19Vorkaufsrecht
(1) ¹Dem Freistaat Bayern steht beim Kauf historischer Ausstattungsstücke, die nach Art. 1 Abs. 2 zusammen mit Baudenkmälern geschützt und in die Denkmalliste eingetragen sind, und beim Kauf von eingetragenen beweglichen Denkmälern ein Vorkaufsrecht zu. ²Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt, insbesondere wenn die Ausstattungsstücke oder die eingetragenen beweglichen Denkmäler der Öffentlichkeit zugänglich gemacht oder in ihrer Gesamtheit erhalten werden sollen. ³Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer Ausstattungsstücke oder eingetragene bewegliche Denkmäler an seinen Ehegatten oder an eine Person veräußert, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt ist. ⁴Das Vorkaufsrecht beim Kauf historischer Ausstattungsstücke ist ausgeschlossen, wenn diese mit dem Baudenkmal veräußert werden und in dem Baudenkmal verbleiben sollen.
(2) ¹Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags an das Landesamt für Denkmalpflege durch das Landesamt für Denkmalpflege ausgeübt werden. ²§§ 463 bis 468 Abs. 1, 469 Abs. 1, § 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. ³Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. ⁴Es geht unbeschadet bundesrechtlicher Vorschriften allen anderen Vorkaufsrechten im Rang vor. ⁵Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte.
Art. 20Enteignende Maßnahmen
(1) ¹Soweit der Vollzug dieses Gesetzes eine über den Rahmen der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes, Art. 103 Abs. 2 und Art. 158 der Verfassung) hinausgehende Wirkung hat, ist dem Betroffenen nach den Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung Entschädigung in Geld zu gewähren. ²Steuervorteile, die auf die Denkmaleigenschaft zurückzuführen sind, sind in allen Fällen in angemessenem Umfang auf die Entschädigung anzurechnen.
(2) ¹Die Kreisverwaltungsbehörde setzt auf Antrag des Betroffenen die Entschädigung fest. ²Die Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung über die Festsetzung der Entschädigung gelten sinngemäß.
(3) ¹Ergeht auf einen neuen Antrag hin eine Entscheidung, die für den Entschädigungsberechtigten günstiger ist als die der Entschädigungsfestsetzung nach Absatz 1 zugrunde liegende Entscheidung, so ist in allen Fällen die Entschädigung auf die Höhe herabzusetzen, die der entstandenen Beeinträchtigung entspricht. ²Absatz 2 gilt entsprechend. ³Ein überzahlter Betrag ist zurückzuerstatten, soweit der Entschädigungsberechtigte noch bereichert ist.
Art. 21Tragung des Entschädigungsaufwands, Verordnungsermächtigung
(1) ¹Der Freistaat Bayern und die Gemeinden haben die Entschädigung grundsätzlich gemeinsam zu tragen. ²Die Ansprüche des Berechtigten sind gegen den Freistaat Bayern zu richten. ³Der Entschädigungsfonds erstattet dem Freistaat Bayern auf Antrag der örtlich zuständigen Regierung die dem Betroffenen gewährten Entschädigungsleistungen.
(2) ¹Die Oberste Denkmalschutzbehörde unterhält und verwaltet einen Entschädigungsfonds als staatliches Sondervermögen. ²Der Freistaat Bayern und die Gemeinden tragen den Fonds durch Beiträge von je 13,5 Millionen Euro jährlich.
(3) ¹Die staatlichen Beiträge sind in zwei gleichen Teilbeträgen im Januar und im Juli zahlbar. ²Die von den Gemeinden zu tragenden Einzelbeiträge errechnen sich nach dem Verhältnis der jeweiligen gemeindlichen Umlagegrundlagen für die Kreisumlage oder die Bezirksumlage. ³Sie werden jährlich vom Landesamt für Statistik berechnet und sollen entsprechend bis 31. März des jeweiligen Beitragsjahres gegenüber den Gemeinden durch Beitragsbescheid festgesetzt werden. ⁴Die Beiträge werden mit der Auszahlung der Schlüsselzuweisungen für das dritte Vierteljahr fällig, staatlicherseits einbehalten und an den Fonds abgeführt. ⁵Soweit Gemeinden keine Schlüsselzuweisungen erhalten, zahlen sie die Beiträge bis zum 15. September an die Staatsoberkasse.
(4) Erfolgt eine Enteignung zugunsten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die nicht Gebietskörperschaft ist, oder zugunsten einer juristischen Person des Privatrechts, so hat diese die Entschädigung zu tragen.
Teil 7Finanzierung
Art. 22Leistungen
(1) ¹Der Freistaat Bayern beteiligt sich unbeschadet bestehender Verpflichtungen in Höhe der jeweils im Staatshaushalt ausgewiesenen Mittel an den Kosten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, insbesondere an den Kosten der Instandsetzung, Erhaltung, Sicherung und Freilegung von Denkmälern. ²Die Höhe der Beteiligung richtet sich nach der Bedeutung und der Dringlichkeit des Falls und nach der Leistungsfähigkeit des Eigentümers.
(2) Die kommunalen Gebietskörperschaften beteiligen sich im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit in angemessenem Umfang an den Kosten der in Absatz 1 genannten Maßnahmen.
Teil 8Ordnungswidrigkeiten
Art. 23Ordnungswidrigkeiten
(1) Mit Geldbuße bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. Handlungen nach Art. 4 Abs. 4 vornimmt, obwohl ihm dies durch vollziehbare Anordnung untersagt wurde,
2. ohne die nach Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 4 Satz 1 oder Art. 10 Abs. 1 erforderliche Erlaubnis oder die an ihre Stelle tretende baurechtliche oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung Maßnahmen an einem Denkmal durchführt,
3. ohne die nach Art. 7 Abs. 1 erforderliche Erlaubnis nach Bodendenkmälern gräbt oder zu einem anderen Zweck Erdarbeiten auf einem Grundstück vornimmt oder wer ohne die nach Art. 7 Abs. 2 erforderliche Erlaubnis Arbeiten in einem Grabungsschutzgebiet durchführt, die Bodendenkmäler gefährden können,
4. die gemäß Art. 8 Abs. 1 oder Art. 10 Abs. 2 erforderliche Anzeige nicht unverzüglich erstattet,
5. die aufgefundenen Gegenstände und den Fundort nicht gemäß Art. 8 Abs. 2 unverändert läßt,
6. seiner Übergabepflicht gemäß Art. 8 Abs. 5 nicht unverzüglich nachkommt.
(2) Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten verjährt in fünf Jahren.
Teil 9Allgemeine Bestimmungen und Schlußbestimmungen
Art. 24Grundrechtseinschränkung
Die Grundrechte der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 Abs. 3 der Verfassung), der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 101 der Verfassung) und des Eigentums (Art. 14 des Grundgesetzes, Art. 103 der Verfassung) werden durch dieses Gesetz eingeschränkt.
Art. 25Erteilung von Bescheinigungen für steuerliche Zwecke
Bescheinigungen für die Erlangung von Steuervergünstigungen werden vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen vom Landesamt für Denkmalpflege erteilt.
Art. 26Kirchliche Denkmäler
(1) Art. 10 §§ 3 und 4 des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl vom 29. März 1924 und Art. 18 und 19 des Vertrags zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins² vom 15. November 1924 bleiben unberührt.
(2) ¹Sollen Entscheidungen über Bau- oder Bodendenkmäler oder über eingetragene bewegliche Denkmäler getroffen werden, die unmittelbar gottesdienstlichen Zwecken der Katholischen Kirche oder der Evangelisch-Lutherischen Kirche dienen, so haben die Denkmalschutzbehörden die von den zuständigen kirchlichen Oberbehörden festgestellten kirchlichen Belange zu berücksichtigen. ²Die Kirchen sind am Verfahren zu beteiligen. ³Die zuständige kirchliche Oberbehörde entscheidet im Benehmen mit der Obersten Denkmalschutzbehörde, falls die Untere und Höhere Denkmalschutzbehörde die geltend gemachten kirchlichen Belange nicht anerkennen. ⁴Gegenüber anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, gelten die Sätze 1 bis 3 sinngemäß.
Art. 27Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1973 in Kraft¹.
(2) Art. 26a tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2018 außer Kraft.
Teil B:Fachliche Einführung
Denkmalpflegerische Grundsätze und Leitlinien
I.Vorbemerkung
1 Der Kommentar zum Bayerischen Denkmalschutzgesetz wird nunmehr in seiner 8. Auflage herausgegeben. Die fachlichen Einführungen der vorausgegangenen Auflagen hatte, mit Ausnahme der 6. Auflage, der 2019 verstorbene Generalkonservator a. D. Prof. Dr. Michael Petzet verfasst.
Obwohl die von Prof. Petzet ausgeführten Grundgedanken bereits einige Jahre alt sind, haben sie dennoch nichts an Aktualität eingebüßt; allenfalls da, wo sich im Zuge gesellschaftlicher Entwicklungen Bedürfnisse verändert haben, wie die Forderungen nach mehr Bürgernähe, Transparenz und Nachvollziehbarkeit, sind Ergänzungen angebracht. Mit seinen Formulierungen zu den Grundsätzen der bayerischen Denkmalpflege hat Prof. Petzet das nach wie vor gültige Grundgerüst für den Umgang mit Bau- und Bodendenkmälern geschaffen und dies in einer schlüssigen, klar nachvollziehbaren Weise erläutert. Die an verschiedenen „Abschichtungen in der Eingriffstiefe an Baudenkmälern festgemachten Begrifflichkeiten gelten heute nach wie vor und dienen vielen Denkmalpflegerinnen und Denkmalpflegern als Richtschnur für den fach- und sachgerechten Umgang mit Baudenkmälern. Allerdings bringt der gesellschaftliche Wandel auch neue Anforderungen an die staatliche Denkmalpflege mit sich und so werden inhaltliche und organisatorische Anpassungen notwendig, Neuerungen, die effizientere Arbeitsabläufe einfordern und die sich an den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger orientieren. Die Anpassung an gesellschaftliche Änderungen ist auch für die staatliche Denkmalpflege eine fortlaufende Aufgabe und so orientieren sich die heutigen Standards für den fachlichen Umgang mit dem bayerischen denkmalfachlichen Kulturgut auch daran, wie gut diese vermittelt werden können. So hat auch das österreichische Bundesdenkmalamt dieses Erfordernis erkannt und bereits im Jahr 2014 mit der Veröffentlichung „ABC – Standards der Baudenkmalpflege
ein gutes Beispiel dafür abgegeben, wie eine stärkere Hinwendung zu den Bürgerinnen und Bürgern durch Vermittlung denkmalfachlicher Anliegen aussehen kann.
2 Denkmalschutz und Denkmalpflege funktionieren nicht ohne Partner. Die Denkmalbehörden auf der einen Seite, Bürgerinnen und Bürger auf der anderen, profitieren vom gemeinsamen Zusammenspiel. Eine immer wichtiger werdende Rolle bei der Umsetzung denkmalfachlicher Aufgaben nimmt das bürgerschaftliche Engagement in unserer heutigen Gesellschaft ein, wie es sich am Beispiel der neu geschaffenen Vereinigungen, wie der Stiftung „Kulturerbe Bayern deutlich zeigt. Um der neuen Herausforderung einer verstärkten Hinwendung zu den Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden, haben sowohl das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) als oberste Denkmalbehörde wie auch das BLfD als Denkmalfachbehörde des Freistaats Bayern bereits einige Initiativen gestartet. Nach dem „Modellversuch Denkmalpflege
(MVD) des Jahres 2011 mündeten diese Überlegungen im Konzept „Denkmalschutz und Denkmalpflege 2020 des Jahres 2015. Dieses neue Leitbild der staatlichen Denkmalpflege ist als „lebendiges
Dokument zu verstehen, das fortlaufend differenziert und weiterentwickelt werden wird und sich heute bereits in einer neuen Überarbeitungsphase befindet. Die verstärkte Hinwendung zu den Bürgerinnen und Bürgern wird bürokratische Prozesse vereinfachen und nachvollziehbarer machen. Leistungen des BLfD wie das 2011 geschaffene Beratungsangebot für das „Ehrenamt in der Bodendenkmalpflege oder das 2018 gegründete „Bürgerportal Denkmalpflege
verdeutlichen die herausgehobene Stellung, die der bürgerschaftliche Dialog inzwischen eingenommen hat.
II.Das Bayerische Denkmalschutzgesetz
3 Das Bayerische Denkmalschutzgesetz von 1973 stellte zum ersten Mal eine umfassende rechtliche Grundlage für die staatliche Denkmalpflege in Bayern dar. Nach wie vor ist dieses relativ abstrakt formulierte Gesetz, trotz mannigfaltiger Änderungen im Detail, im Grundsatz weitgehend unverändert geblieben. Vielfach im Zuge gerichtlicher Verfahren bestätigt, beläuft sich der Änderungsbedarf eher auf spezielle Themenbereiche. In Art. 1 des Gesetzes wird der Denkmalbegriff definiert, die Aufgaben des BLfD als staatlicher Fachbehörde werden in Art. 12 beschrieben. Natürlich sind nach fünf Jahrzehnten einige Änderungen erforderlich geworden und so gab es bereits vielfach kleinere Anpassungen des Gesetzestextes. Die letzte relevante Änderung vom 4.4.2017 umfasste eine Adaption des Ensemblebegriffs, wonach ein Ensemble auch ohne Einzeldenkmäler ausgewiesen werden kann, wenn es sich um ein städtebauliches Denkmal handelt.
Im Grundsatz präsentiert sich das Bayerische Denkmalschutzgesetz nach wie vor als ein einfaches, abstrakt formuliertes und daher flexibel anwendbares und leicht verständliches, nutzerfreundliches Gesamtwerk, dessen Novellierungsbedarf immer noch begrenzt ist.
4 Auch wenn sich in letzter Zeit vermehrt Stimmen geäußert haben, die einen rechtspolitischen Reformstau, insbesondere im Bereich der Bodendenkmalpflege, annehmen (vgl. 15 Punkte für eine bessere Denkmalpflege in Bayern – Positionspapier des Denkmalnetzes Bayern, München 2016; Martin, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, München 2019, Einführung Rn. 16 ff.), muss man festhalten, dass sich seit 1973 Einiges getan hat: Standards wurden auf internationaler kulturpolitischer Ebene definiert und zum Teil in völkerrechtliche Verträge gegossen. Umweltpolitische Ziele wie die Begrenzung des Flächenverbrauchs haben enorm an politischer Bedeutung gewonnen und decken sich weitgehend mit den Interessen der Bodendenkmalpflege. Diese Gebiete können heute – ganz aktuell – durchaus auch als Schutzflächen gegen den weiteren Flächenverbrauch angesehen werden. Die Vollzugspraxis hat sich an Sinn und Zweck des BayDSchG orientiert so weiterentwickelt, dass der Gesetzestext im Sinne der Rechtsklarheit nachgezogen werden könnte (z. B. sog. „Veranlasserprinzip", Mittel aus dem Entschädigungsfonds nach Art. 21 BayDSchG für juristische Personen des öffentlichen Rechts). Das BLfD wird in Abstimmung mit dem StMWK Vorschläge zur ausgewogenen Fortentwicklung des Gesetzestextes entwickeln.
III.Denkmalbegriff, Denkmalliste
Was ist ein Denkmal
5 Einen einheitlichen und verbindlichen Denkmalbegriff kennt das BayDSchG nicht. Die Begriffe „ Bau- und „ Bodendenkmäler
sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen. Die „Denkmalfähigkeit wird in Art. 1 BayDSchG klar beschrieben. Neben den fünf Bedeutungskriterien umschreibt Art. 1 auch das zusätzliche, quasi übergeordnete und verbindliche Tatbestandsmerkmal des „öffentlichen Interesses
. Oftmals kann die Frage, was ein Denkmal ist, trotz vermeintlich klarer rechtlicher Definition aber nicht immer und nicht für alle zufriedenstellend beantwortet werden.
Gerade die öffentliche Meinung verlangt oft mehr, als eine rationale Prüfung zu geben vermag. Eine immer sensibler auftretende engagierte Bürgerschaft kann die „verobjektivierte" Argumentation der Denkmalbehörden bei der Definition, was denn ein Denkmal ist, oft nur schwer nachvollziehen. Natürlich muss man in solchen Fällen unterscheiden, ob diese geäußerte öffentliche Meinung gesellschaftlich relevant ist, oder nur die Auffassung Einzelner darstellt. Dennoch muss die Denkmalfachbehörde – das BLfD – mit seiner Fachkompetenz prüfen, ob nicht doch eine gewisse gesellschaftliche Relevanz in diesen Äußerungen enthalten ist.
Hierbei kann die vom Gesetzgeber bereits an zweiter Stelle der Bedeutungskriterien des Art. 1 Satz 1 angeführte „künstlerische Bedeutung durchaus hilfreich sein; ein Aspekt, der häufig den Hintergrund bürgerschaftlichen Engagements darstellt und der bei der Denkmalprüfung in Einzelfällen daraufhin reduziert wird, ob und wie oft über ein Gebäude zum Zeitpunkt dessen Entstehung in den zeitgenössischen Medien berichtet wurde. Dies würde allerdings den in Art. 1 BayDSchG ebenfalls vorgegebenen Aspekt der „vergangenen Zeit
außer Acht lassen, denn die zeitgenössische Berichterstattung kann nichts über die „künstlerische Bedeutung eines Gebäudes aus heutiger Sicht aussagen. Der Gesetzgeber hat den in seiner Bedeutung oft unterschätzten Begriff der „künstlerischen Bedeutung
aber durchaus flexibel genug gestaltet, um diesen auch nach heutigen Kriterien in eine Denkmalprüfung mit einfließen zu lassen und neben den rein wissenschaftlichen Kriterien auch emotionale Aspekte in die Denkmalprüfung zu übernehmen.
Natürlich kann ein öffentlich formuliertes Bürgerbegehren aber nicht gleichgesetzt werden mit dem „öffentlichen Interesse des Art. 1 BayDSchG, und allein die Lautstärke, mit der man sich zu Wort meldet, ist nicht gleichbedeutend mit der Berechtigung der Äußerung aus denkmalfachlicher Sicht. So ist der vom „Münchner Forum
vehement geforderte unveränderte Erhalt der räumlichen Tiefe der Arkaden an der Alten Akademie in der Neuhauser Straße ohne Berücksichtigung eines greifbaren Denkmalaspekts ausgesprochen worden. Die vom Architekten Josef Wiedemann in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts gestalteten Arkaden waren zum Zeitpunkt ihrer Errichtung von gänzlich anderer innenräumlicher Qualität (Installationen aus Glas und Licht), als dies der Zustand im Jahr 2019 widerspiegelte. Sämtliche bauzeitlichen Einbauten aus Stahl und Glas sowie die zwischen den Kolonnaden und Säulen eingestellten Vitrinen wurden 1972 mit dem Bau der Fußgängerzone entfernt. Übrig geblieben ist nur ein breiter, offener Raum, der den Entwurfsgedanken Josef Wiedemanns kaum mehr erkennen lässt und dessen Erhalt unter denkmalfachlichen Aspekten nicht von Belang sein kann.
Grundsätzliche Bedeutung der Denkmalerfassung
6 Wirksamer Denkmalschutz und damit einhergehend wirksame Denkmalpflege sind nur dann möglich, wenn eine bestmögliche Erfassung dessen, was geschützt werden soll, erfolgt ist. Somit kommt der qualifizierten Führung der Denkmalliste eine zentrale Bedeutung zu. Als Denkmäler werden diejenigen Objekte ausgewiesen, die als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte die verschiedenen Kulturlandschaften Bayerns prägen. Dazu zählen Bau- und Bodendenkmäler, baufeste und bewegliche Ausstattungsgegenstände, bewegliche Denkmäler und städtebauliche Denkmäler (Ensembles), die als flächenhafte Denkmäler sowohl Bau- als auch Bodendenkmäler, sowie Gebäude ohne eigene Denkmaleigenschaft beinhalten können. Die Denkmalerfassung in Bayern folgt dem Leitbild der „integralen Denkmalpflege". Grundsätzlich gilt, dass der Erhalt und die Pflege des baulichen und des archäologischen Erbes als eine Einheit anzusehen sind, weshalb in Bayern die Teillisten der Bau- und der Bodendenkmäler nicht getrennt, sondern in einer gemeinsamen Denkmalliste geführt werden.
7 Denn trotz einiger Unterschiede bilden Bodendenkmäler und Baudenkmäler eine Einheit, oft sogar materiell, da nicht wenige Baudenkmäler auf Resten einstiger Gebäude aus vorausgegangenen Epochen, die sich heute unter der Erdoberfläche befinden, beruhen. Diese Einheit der Denkmäler findet bereits seit 1908, als in Bayern das Generalkonservatorium als eigenständige Behörde organisatorisch festgelegt wurde, als „Integrale Denkmalpflege ihren Ausdruck. Der „integrale Ansatz
äußert sich auch darin, dass die verschiedenen denkmalpflegerischen Grundsätze gleichsam für die Bau- wie auch die Bodendenkmalpflege gelten, denn bei beiden Denkmalgattungen geht es zunächst einmal um den materiellen Erhalt prinzipiell vergänglicher Dinge, wenn auch ein alleiniger Bezug auf die Substanz nicht ausreichend sein kann. Der unveränderte Erhalt von Bodendenkmälern ist deutlich schwieriger zu erreichen, da sich deren Denkmalwerte (Zeugniswert, sekundäre Werte etc.) schwerer erschließen, bzw. verständlich machen lassen und dies nur mit deutlich höherem Aufwand, ggf. durch projektbezogene Publikationen und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, möglich ist, als bei einem Baudenkmal.
8 Die Führung der Denkmalliste ist eine „dynamische Aufgabe. Gemäß dem Aspekt „ aus vergangener Zeit
des Art. 1 BayDSchG ist es ganz selbstverständlich, dass neuere Zeitschichten sukzessive nachfolgen und denkmalfähig werden. In Bayern ist man dabei, die 1960er- und 1970er-Jahre zu erfassen. Die Bauten der Wiederaufbauzeit der 50er-Jahre sind bereits weitgehend inventarisiert, auch wenn bei Einzelprüfungen nach wie vor noch zahlreiche Objekte aus dieser Epoche als Denkmäler neu erkannt werden. Die Erfassung der Bauten der 1960er- und 1970er Jahre wurde nach Abschluss des Projekts der Nachqualifizierung und Revision der bayerischen Denkmalliste verstärkt und systematisch angegangen. Das BLfD hat dazu in Zusammenarbeit mit den Architekten- und Ingenieurekammern sowie Vertretern der Hochschulen eine grundlegende Untersuchung der wichtigsten Gebäude und Bauaufgaben aus den 1960er- und 1970er-Jahren durchgeführt und objektive Kriterien für eine Denkmalerkenntnis nach Art. 1 BayDSchG erarbeitet. Dabei wurden diese wesentlichen Bauten unter systematisch-chronologischem Vorgehen nach denkmalfachlichen Kriterien gesichtet, zusammengestellt sowie unter Wahrung der Denkmalwerte auf Erhaltungszustand und Erhaltungsmöglichkeiten hin geprüft.
9 Die denkmalfachliche Erfassung der Bauten der 1980er- und 1990er-Jahre, die in anderen Ländern, deren Denkmalschutzgesetze den Aspekt der „ vergangenen Zeit nicht zum Inhalt haben, bereits läuft, wird in Bayern erst dann angegangen, wenn die Erfassung der vorausgegangenen Epochen weitestgehend abgeschlossen ist. An einem „Wettbewerb
zwischen den Ländern, wo das jüngste Denkmal eingetragen wurde, wird sich das BLfD nicht beteiligen, denn wenn man den grundlegenden Ansatz des bayerischen Denkmalschutzrechts ernst nimmt, muss eine klare Trennung vollzogen werden zwischen dem „Bewahren wichtiger Kulturgüter aus vergangenen Epochen und einer zur Architekturkritik mutierenden Denkmalpflege. Es kann keinesfalls im öffentlichen Interesse sein, nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen basierende Bewertungen abzugeben und mit gesetzlichen Mitteln bauliche Anlagen zu schützen, deren Bedeutung für die Allgemeinheit noch nicht sichergestellt ist. Auch Bauten durchlaufen eine gewisse Epoche der gesellschaftlichen Prüfung und nur die herausgehobenen Gebäude durchlaufen diese weitgehend unverändert. Zudem ist eine Bewertung einer Epoche, die „in sich abgeschlossen
ist, ohne zeitlichen Abstand zu dieser nicht möglich.
Erinnerungsorte
10 Neben den klassischen Bau- und Bodendenkmälern gibt es auch Orte und räumliche Zusammenhänge, die für die Geschichte unseres Landes von enormer Bedeutung sind. Die denkmalfachliche Erfassung von sogenannten „Erinnerungsorten ist dabei sowohl dem Bereich der Bau- als auch der Bodendenkmäler zuzuordnen und gerade in Deutschland von ganz besonderer, geschichtsträchtiger Bedeutung. Der Bayerische „Atlas der Erinnerungskultur
wird sich außerhalb bekannter und großflächiger Standorte sogenannter Opfer- und Täterorte maßgeblich wohl auf Erkenntnisse der Bodendenkmalpflege stützen, um charakteristische Merkmale dieser Denkmalgattung sichtbar werden zu lassen. Hierzu zählt insbesondere die in weiten Teilen Bayerns großflächige Verteilung der Schauplätze der Unterdrückung und Vernichtung wie auch der Militarisierung und Repräsentation der NS-Ideologie. In den letzten Jahren haben archäologische Untersuchungen an mehreren Standorten von Konzentrationslagern gezeigt, dass diese Zeugnisse zwischenzeitlich sowohl in ihrer flächenhaften Verteilung, als auch in ihrer Erhaltung vor Ort stark gefährdet sind. Dabei steht ihr Potential zur eindrücklichen Vermittlung der Ereignisse außer Frage und tritt heute nach und nach an die Stelle der letzten lebenden Zeitzeugen. Das BLfD entwickelt im Umgang mit diesen Bodendenkmälern fachlich angepasste Konzepte zur Erfassung und Dokumentation und erschließt die ausgegrabenen Bestände zusammen mit Partnern (Gedenkstättenstiftung, NS-Dokumentationszentrum) für eine breite Präsentation etwa im Rahmen von Ausstellungen (OT-Lager Allach im Dokuzentrum Dachau).
Geschichte der Denkmalerfassung in Bayern
11 Die Denkmalerfassung steht grundsätzlich am Anfang des staatlichen Denkmalschutzes, denn sie bildet dessen Grundlage. Noch bevor im Dezember 1881 der Bayerische Architekten- und Ingenieureverein in München beim Staatsministerium des Inneren anregte, entsprechend der Forderung des gesamtdeutschen Verbandes der Architekten- und Ingenieurvereine die Baudenkmäler Bayerns zu inventarisieren, gab es erste Ansätze dazu bereits seit dem 16. Jahrhundert. Konkreter wurden diese Überlegungen im 19. Jahrhundert. Mit der Verordnung König Ludwigs I. vom 12. Januar 1826 „ zum Schutz der Befestigung alter Städte erfolgte zunächst eine Erhebung der Befestigungsanlagen unter Berücksichtigung ihrer Lage und Umgebung. Bereits 1827 folgte ein Kabinettsbeschluss „ zur Erfassung und zum Schutz der Denkmäler seit der Römerzeit
und „ der Denkmäler im öffentlichen Besitz , bei dem erstmals auch Bodendenkmäler erfasst wurden. Interessant ist hierbei die Festlegung auf „ öffentlichen Besitz
. Private Denkmäler wurden nicht mit einbezogen. Der damalige Schutz bedeutete somit noch keinen Eingriff in Privateigentum, wie dies heute ganz selbstverständlich der Fall ist. 1882, noch zur Regierungszeit König Ludwigs II., erhielten die Kreisregierungen den Auftrag, „ alle Denkmäler in Listen zu erfassen, was damals allerdings nicht gelang. 1892 erschien ein erster Band für Oberbayern mit Bildatlas in der Reihe „Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern vom 11. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
. Die Fortführung dieses Großinventars folgte dann 1904 und wieder ab 1908. 1972, ein Jahr vor Einführung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes, begann die erste bayernweite Denkmalerfassung nach 1945. 1976 war die Teilliste für die Baudenkmäler fertiggestellt, 1985/86 erschien sie gedruckt unter Einbeziehung der „ obertägig sichtbaren Bodendenkmäler in sieben Bänden (Oberbayern zwei), 1997 folgte ein Sonderband mit den Ensembles in Oberbayern. Von 2007 bis 2014 erfolgte die letzte landesweite „Revision und Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste
sowohl für die Boden- wie auch für die Baudenkmäler, deren jeweilige Aktualisierung laufend weiterbetrieben wird.
Eine „öffentliche" Denkmalliste
12 Mit dem Denkmalschutzgesetz von 1973 wurde das „deklaratorische Prinzip der Denkmalerfassung (mit Ausnahme beweglicher Denkmäler) festgelegt, nach dem Denkmaleigenschaft „grundsätzlich
besteht und die Erfassung der Denkmäler in die Liste lediglich „nachrichtlichen" Charakter hat. Die Denkmaleigenschaft besteht somit kraft Gesetz. Dieses System haben inzwischen fast alle anderen Länder übernommen. Die Denkmalliste spielt für den Vollzug des Gesetzes eine zentrale Rolle, denn sie ist der zentrale Ausgangspunkt für die Information der Bürgerinnen und Bürger und damit auch der wesentliche Anhaltspunkt für das Handeln staatlicher und kommunaler Behörden.
Die öffentliche Einsehbarkeit der Denkmalliste ist in Art. 2 Satz 1 BayDSchG mit der Formulierung „Die Liste kann von jedermann eingesehen werden geregelt, daher ist es für die Vermittlung der Denkmalpflege von ganz entscheidender Bedeutung, dass die Denkmalliste sowohl für die Bürgerinnen und Bürger, wie auch für Behörden ein höchstmögliches Maß an Verlässlichkeit und Transparenz aufweist. Deshalb hat das BLfD seit dem Jahr 2006 eine öffentlich einsehbare Darstellung der Denkmalliste im Internet (zunächst „Bayern-Viewer-Denkmal
) als Pilotprojekt gemeinsam mit der Vermessungsverwaltung umgesetzt und damit bundes- und europaweit neue Maßstäbe bei der Transparenz der Denkmalvermittlung geschaffen. Diese digitale Veröffentlichung der bayerischen Denkmalliste wurde mit einer Prüfung der Inhalte verbunden (sog. Nachqualifizierung). Die damals noch etwas holprig „Bayern-Viewer genannte Liste wurde zunehmend anwenderfreundlich gestaltet und ist heute unter dem Begriff „Bayerischer Denkmalatlas
im Internet abrufbar. In einem nächsten Schritt soll dieses Internetangebot für mobile Endgeräte optimiert werden (Smartphones, Tablets) und über eine GPS-Vernetzung dem Nutzer seinen jeweiligen Standort und die naheliegenden Denkmäler aufzeigen.
Bereits jetzt schon ist im Vergleich zur früheren, rein listenmäßigen Erfassung der Denkmäler mit Adressangabe die öffentliche Darstellung im Internet wesentlich leichter nachvollziehbar. Zudem ist diese elektronische Denkmalliste flächenscharf, georeferenziert, digital kartiert und mit den Texten der Denkmalliste sowie weiteren Informationen zum jeweiligen Verfahrensstand der Benehmensherstellung und einer Abbildung bei den Baudenkmälern versehen. Durch die allgemeine Verfügbarkeit der Liste im Internet ist nun eine öffentliche Wahrnehmung ermöglicht, die sich gravierend von der früheren Papier- bzw. Druckform unterscheidet. Im Zuge der anwenderfreundlichen Optimierung dieser digitalen Denkmalliste sollen weitere Angebote, wie das digitalisierte historische Bildarchiv des BLfD, folgen und weiter ausgebaut werden.
IV.Denkmalschutz und Denkmalpflege 2020
13 Bereits in den Jahren 2008–2010 gab es zum verstärkt wahrgenommenen Thema der Notwendigkeit der Öffnung der Denkmalbehörden hin zu den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger Diskussionen zwischen dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und dem BLfD. Beide Behörden waren konzeptionell bemüht, neue Wege in der Denkmalpflege zu ermitteln, die dem Bedürfnis eines verstärkten Bürgerinteresses entsprechen könnten. Mit dem „Modellversuch Denkmalpflege sowie dem darauf aufbauenden, im Jahre 2015 veröffentlichten Konzept „Denkmalschutz und Denkmalpflege 2020 – Bewahren durch Erklären und Unterstützen
wurden diese Ideen weiterentwickelt. Wichtige neue Instrumentarien wie das Kommunale Denkmalkonzept (KDK) oder neue Fördermöglichkeiten in der Bodendenkmalpflege wurden entwickelt und ab 2015 umgesetzt. Da sich diese Konzepte in einer laufenden Weiterentwicklung befinden, sind das BLfD und das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wieder in einer Überarbeitungsphase des Konzepts „Denkmalschutz und Denkmalpflege 2020. Demnächst wird als Aktualisierung das „Konzept Denkmalschutz und Denkmalpflege 2025
veröffentlicht werden. Diesen Konzepten gemeinsam sind der verstärkte Bezug und die Hinwendung zu den Belangen von Bürgerinnen und Bürgern.
Das Konzept „Denkmalschutz und Denkmalpflege 2020 stellt das neu entwickelte „Leitbild
der staatlichen Denkmalpflege in Bayern dar. Es umfasst sämtliche Bereiche von der Boden- über die Baudenkmalpflege bis zur städtebaulichen Denkmalpflege und der Denkmalerfassung und wurde entwickelt, um die Funktion von Denkmalschutz und Denkmalpflege als tragende Säule der Politik des Freistaates Bayern zu erhalten und fortzuentwickeln. Es gelten folgende grundsätzliche Maximen:
14 keine Absenkung des gesetzlichen Schutzniveaus
keine Ausweitung des gesetzlichen Schutzumfangs.
15 Neue Herangehensweisen, wie in der städtebaulichen Denkmalpflege das „Kommunale Denkmalkonzept" (KDK), wurden entwickelt, um noch breitere Schichten der Bevölkerung für die Unterstützung der Belange der Denkmalpflege zu erreichen. Bayerns Vielfalt und seine regionale kulturelle Identität werden bis heute sehr stark von den Denkmälern bestimmt. Als sichtbarer Identitätsanker prägen die Denkmäler die Bewohner und das Bild Bayerns in der Welt maßgeblich, auch wenn der Anteil der Einzelbaudenkmäler lediglich ca. 1,3 % am Gesamtbaubestand beträgt und die Bodendenkmäler aus mehr als 100.000 Jahren menschlicher Geschichte sich nur auf ca. 1,4 % der Fläche Bayerns befinden. Denkmalschutz und Denkmalpflege sind daher tragende Säulen der bayerischen Kulturpolitik. Gleichzeitig hat der Freistaat Bayern den Anspruch, als Land der Zukunftsfähigkeit und Innovationen eine führende Stellung einzunehmen. Die Verbindung von Tradition und Moderne ist jedoch kein Widerspruch, sondern eine notwendige Ergänzung.
Daher gilt, dass Denkmalschutz und Denkmalpflege immer nur so stark sein können wie deren Akzeptanz in der Bevölkerung, denn der Kulturauftrag wird von der Bevölkerung erteilt und getragen. Denkmalschutz und Denkmalpflege waren noch nie ein konfliktfreier Bereich, aber neben Kritik an Einzelfällen ist eine breite