Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Rehabilitationsmanagement: Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren
Rehabilitationsmanagement: Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren
Rehabilitationsmanagement: Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren
eBook1.006 Seiten7 Stunden

Rehabilitationsmanagement: Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Veränderte Rahmenbedingungen haben im Reha-Bereich zu verstärktem Kostendruck und Wettbewerb geführt - bei zugleich steigendem Versorgungsbedarf innerhalb der Bevölkerung. Dieses Buch setzt sich mit marktstrategisch relevanten Rahmenbedingungen und Behandlungstrends auseinander und vermittelt Wissen über Management-Instrumente, die auf dem Weg zur Sicherung der Überlebensfähigkeit einer Reha-Einrichtung von Nutzen sind.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum20. Feb. 2014
ISBN9783170251212
Rehabilitationsmanagement: Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren

Ähnlich wie Rehabilitationsmanagement

Ähnliche E-Books

Medizin für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Rehabilitationsmanagement

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Rehabilitationsmanagement - Wilfried von Eiff

    Wilfried von Eiff

    Bernhard Greitemann

    Marthin Karoff (Hrsg.)

    Rehabilitationsmanagement

    Klinische und ökonomische Erfolgsfaktoren

    Verlag W. Kohlhammer

    Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

    1. Auflage 2014

    Alle Rechte vorbehalten

    © 2014 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart

    Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher

    Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

    Print:

    ISBN 978-3-17-022630-2

    E-Book-Formate:

    pdf:     ISBN 978-3-17-024037-7

    epub:  ISBN 978-3-17-025121-2

    mobi:  ISBN 978-3-17-025122-9

    Geleitwort I

    Mit der Redia-Studie wird das Ziel verfolgt, die Auswirkungen der Einführung der Diagnosis related groups (DRG) im Krankenhausbereich für Patienten auf die medizinische Rehabilitation in Deutschland zu erforschen. Mit der vorliegenden Reha-Studie III wird die Reha-Studie I und II fortgeführt.

    Die Erfahrungen in anderen Ländern (z. B. Australien und USA) haben gezeigt, dass die Umstellung der Finanzierung der Krankenhausleistungen von herkömmlichen Tagessätzen auf diagnosebezogene Fallpauschalen auf die nachfolgenden Versorgungsbereiche, insbesondere auf die Rehabilitation, Auswirkungen hat.

    Ausgangspunkt für die Redia-III-Studie war die Redia-II-Studie. Die Redia-II-Studie untersuchte die ersten Auswirkungen der DRG-Einführung in Deutschland. Mit ihr wurde nachgewiesen, dass es durch die DRG-Einführung zu kürzeren Verweildauern im Krankenhausbereich kam. Dies führte dazu, dass die Patienten früher in die Rehabilitationseinrichtungen aufgenommen wurden. Eine Verlängerung der stationären Rehabilitationsaufenthaltszeiten war jedoch nicht zu beobachten. Vielmehr verkürzte sich der Gesamtbehandlungsprozess in den untersuchten Bereichen Orthopädie und Kardiologie deutlich.

    Inwieweit sich die in der Redia-II-Studie festgestellten Veränderungen langfristig weiterentwickeln, sollte die Redia-III-Studie untersuchen. Zur Feststellung langfristiger Effekte der DRG-Einführung auf die medizinische Rehabilitation war die Erhebung weiterer Vergleichsdaten im Rahmen einer dritten Studienphase erforderlich. Unter anderem sollte auch untersucht werden, ob es zu einer Kostenverlagerung vom Bereich der Krankenversicherung (Akutbehandlung im Krankenhaus) in den Bereich der Rentenversicherung (Rehabilitation) gekommen ist.

    Mit den Redia-Studien I–III wird eine bisher zum Teil kontrovers geführte Diskussion um die Auswirkungen der DRG-Einführung auf eine empirische Grundlage gestellt. Die Redia-Studie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der Auswirkungen der DRG-Einführung auf das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesem Grunde handelt es sich bei der Redia-Studie um eine wichtige Forschungsarbeit.

    Als große Rehabilitationsträger haben die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Westfalen die Redia-Studie unterstützt. Seitens der Deutschen Rentenversicherung Westfalen haben die Kliniken Münsterland, Königsfeld und Salzetal an der Studie mitgewirkt.

    Der Aussagewert der Redia-Studie ist aus folgenden Gründen als sehr hoch einzuschätzen. Zum einen ist die Studie die einzige, die schon vor der Einführung der DRG begann und nach Abschluss in der Konvergenzphase endete. Zum anderen konzentriert sich die Studie auf die Bereiche Orthopädie und Kardiologie, die 50 % der Rehabilitationspatienten abdecken und einen hohen Anteil an der Anschlussrehabilitation bilden.

    In der ersten Phase, d. h. in den Jahren 2003 und 2004 wurde die Ausgangssituation vor Einführung der DRGs erfasst. Die zweite Phase in den Jahren 2005 und 2006 diente dazu, den Einfluss der DRG-Einführung auf den Versorgungsprozess bei den einbezogenen Diagnosen sowie erste Auswirkungen der DRGs auf die Behandlungsbedarfe in der Rehabilitation zu untersuchen. Während der dritten Phase in den Jahren 2008 bis 2009 wurde untersucht, welche langfristigen Effekte die DRGs auf die medizinische Rehabilitation haben. Die Redia-Studie bestätigte die Vermutung, dass durch die Einführung der DRGs die Patienten aus dem Akutkrankenhaus schneller entlassen werden.

    Neben den fiskalischen und organisatorischen Fragen darf der Patient aber nicht außen vor bleiben. Die Gesundung des Patienten und die Wiederherstellung der Teilhabefähigkeit (am Erwerbsleben und an der Gesellschaft) muss auch weiterhin Triebfeder aller Handlungen sein. Der Patient steht im Mittelpunkt. Dieses wird auch bei der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention durch die Bundesregierung deutlich. Unter der Überschrift »Mit Dir zum Wir« arbeitet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit den Behinderten- und Wohlfahrtsverbänden, den Sozialversicherungsträgern und anderen gesellschaftlichen Gruppen an der nationalen Umsetzung der UN-Behindertenkonvention. Die UN-Behindertenkonvention fordert die Inklusion behinderter Menschen. Inklusion bedeutet, dass behinderte Menschen überall einbezogen werden. Für die medizinische Rehabilitation gilt auch weiterhin, dass sie sich an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Patienten anpassen muss.

    Münster, Dezember 2013

    Thomas Keck

    Erster Direktor Deutsche Rentenversicherung Westfalen

    Geleitwort II

    Das Gesundheitssystem ist mit rund 4,6 Mio. Beschäftigten und ca. 263 Mrd. € Umsatz pro Jahr ein zentraler Bestandteil unseres Sozialleistungssystems. Es hat sich bewährt und ist international anerkannt. Für den einzelnen Menschen ist Gesundheit von elementarer Bedeutung. Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass qualitativ hochwertige Leistungen zur Verfügung stehen, die in jedem Einzelfall die bestmögliche Versorgung sicherstellen.

    Für die Zukunft steht das Gesundheitssystem vor großen Herausforderungen: Unsere Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass die Menschen immer älter werden. Zugleich zeigen sich nicht nur im Alter zunehmend chronische Beschwerden und komplexere Krankheitsbilder. Gerade weil aber mit dem demografischen Wandel zwangsläufig eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit einhergeht, gewinnen Maßnahmen zur Gesunderhaltung am Arbeitsplatz und die Rehabilitation weiter an Bedeutung. Der Bedarf an medizinischen Leistungen wird auch künftig weiter steigen. Behandlungsmethoden und Therapien werden fortentwickelt.

    Dies zieht zwangläufig die Frage nach den Kosten für diese Leistungen nach sich. Das System muss für die Menschen, die es finanzieren, bezahlbar bleiben. Dennoch sollen die Menschen die Qualität der Leistungen erwarten dürfen. Vor allem muss deutlich werden, dass eine Begrenzung der Kosten keineswegs eine Verschlechterung der Qualität mit sich bringen muss. Wichtig ist bei allen Reformvorhaben in diesem sensiblen Bereich, dass nicht nur an einzelnen Stellschrauben gedreht, sondern auch die Auswirkung auf das Gesamtgefüge beachtet wird. Wir dürfen dabei nicht aus dem Blick verlieren, dass es immer um Menschen geht.

    Qualitätssicherung und die Begrenzung von Kosten schließen sich allerdings nicht aus. Kosten werden durch Abrechnungen transparent. Ein Baustein im Rahmen der Veränderungen des Gesundheitssystems war die Einführung der Diagnose related groups (DRG). Bereits mit Wirkung vom 1. 4. 2004 wurde für alle deutschen Krankenhäuser das DRG-Fallpauschalensystem als verbindliche Abrechnungsgrundlage eingeführt. Seitdem wird nach einem diagnosebezogenen pauschalierten Festkostensystem abgerechnet, unabhängig vom tatsächlichen individuellen Krankheits- und Genesungsverlauf bzw. den tatsächlich anfallenden Behandlungskosten, Liege- und Verweildauern der Patienten. Die Gruppierung zu den einzelnen Fallgruppen beruht im Wesentlichen auf der Hauptdiagnose. Weitere mögliche Klassifikationsmerkmale sind aber auch beispielsweise Alter oder Geschlecht. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, dass die Einführung eines DRG-Systems nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Bereich der Rehabilitation und der Nachsorge haben kann.

    Daher haben die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Westfalen dem Institut für Krankenhausmanagement der Universität Münster gern den Forschungsauftrag erteilt, die Auswirkungen der DRG auf die Rehabilitation in Deutschland zu analysieren. Die REDIA-Studie unter der Projektleitung von Herrn Professor von Eiff hat die Thematik eingehend sowohl in Bezug auf die Orthopädie als auch im Hinblick auf die Kardiologie aufgearbeitet. Ich freue mich, dass die sehr aufschlussreichen Ergebnisse nunmehr vorliegen und in diesem Buch vorgestellt werden.

    Sie zeigen, dass es der medizinischen Rehabilitation gelungen ist, die durch die Verkürzung der Verweildauer im Akuthaus bei den Patienten aufgetretenen Veränderungen zu kompensieren. Daher gebührt ein großes Kompliment den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Rehabilitationseinrichtungen, die den gesteigerten Behandlungsaufwand im medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Bereich aufgefangen haben.

    Für die ausgezeichnete Arbeit der Herausgeber und der Autoren sei an dieser Stelle sehr herzlich gedankt. Diese sehr differenzierte Analyse der in drei Stufen durchgeführten REDIA-Studie bietet nunmehr qualifizierte, wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Auswirkungen der DRG auf die Rehabilitation und damit verbunden insbesondere auch über die Qualität der Rehabilitation. Mit diesem Geleitwort verbinde ich den Wunsch, dass die Forschungsergebnisse Rückschlüsse erlauben, wie die Rehabilitation im Interesse der Menschen, um die es geht, effizienter gestaltet und fortentwickelt werden kann. Ich wünsche diesem Buch viele Leser, die Freude an einer hervorragenden Untersuchung der Qualitäts- und Kostenkonsequenzen der DRG-Einführung haben.

    Münster, Dezember 2013

    Karl Schiewerling, MDB

    Alternierender Vorstandsvorsitzender der Vertreterversammlung der DRV Westfalen

    Inhaltsverzeichnis

    Geleitwort I

    von Thomas Keck

    Geleitwort II

    von Karl Schiewerling

    Vorwort

    I   Zweck und Funktion der Reha

    1   Medizinische Rehabilitation: Merkmale, Ziele und Aufgaben

    Wilfried von Eiff und Stefan Schüring

    2   Fakten, Trends und Entwicklungsperspektiven in der Rehabilitation: Kosten- und Nutzenaspekte

    Hans Günther Haaf, Christiane Ordon, Daniela Sewöster und Angelika Wegener

    3   Rehabilitation in den nordischen Gesundheitssystemen: Zweck, Funktion, Kosten und Outcome

    Uwe K. Preusker

    II   Trends und Perspektiven

    1   Orthopädische Rehabilitation – die Aufgaben und Belastungen steigen Trends in der orthopädischen Rehabilitation unter Berücksichtigung der REDIA-III-Studie

    Bernhard Greitemann

    2   Trends in der kardiologischen Rehabilitation

    Marthin Karoff und Daniela Huber

    3   Rehabilitation in der Altersmedizin

    Norbert Wrobel

    4   Auf dem Weg zu einer exzellenten stationären somatischen Rehabilitation

    Matthias Köhler und Jens Möller

    5   Das Rapid Recovery Programm – Die bestmögliche Vorbereitung des Patienten auf die orthopädische Rehabilitation

    Claudia Linke und Philipp Schwegel

    6   Psychokardiologie – Eine Innovation für die Rehabilitation oder eine Illusion angesichts der Finanzierungsmechanismen des Gesundheitswesens?

    Alice Jordan, Denise Ginzburg, Maria Tavenaux und Jochen Jordan

    III   Auswirkungen der DRG-Einführung im vollstationären Bereich (REDIA)

    1   REDIA-Studie: Anlass, Forschungsfragen und Ergebnisse

    Wilfried von Eiff und Stefan Schüring

    2   Welchen Stellenwert haben Leistungen zur Rehabilitation in unserer Gesellschaft? Oder: Wie kann Teilhabe zukünftig sichergestellt werden?

    Herbert Rebscher und Ulrich Holschbach

    3   Die »ambulante Versorgungslücke« – Hintergründe, Auswirkungen und Lösungsstrategien

    Claudia Klöhn

    IV   Medizinische und ökonomische Einflussfaktoren auf Reha

    1   Kosten- und Nutzenstrukturen in der Rehabilitation – Eine Analyse der Behandlungskosten durch Patientenklassifikation

    Eric Liebich

    2   Integrierte Versorgung: Qualität und Wirtschaftlichkeit – (k)ein Widerspruch?

    Rolf-Ulrich Schlenker, Marcus Reiland, Achim Kleinfeld und Christine Full

    3   Das Phänomen MRSA in der Rehabilitation

    Achim Schröder

    4   Aktueller Überblick zur Reha-Qualitätssicherung der Rentenversicherung – am Beispiel der orthopädischen und kardiologischen Rehabilitation

    Ulrike Beckmann, Janett Zander und Here Klosterhuis

    5   Reha-Therapiestandards der Deutschen Rentenversicherung

    Silke Brüggemann

    V   Personalpolitische Aspekte des Medizinbetriebs

    1   Personalmanagement und Personalmarketing

    Wilfried von Eiff

    2   Aufgaben- und Rollenverteilung in der medizinischen Rehabilitation bei muskuloskelettalen Erkrankungen

    Jürgen Höder

    3   Das Rheinfelder Patientenmanagement-Modell (RPMM)

    Volker Stange, Mara Völlmin, Willi Bäckert, Udo Hartl, Remo Baumann und Thierry Ettlin

    VI   Management

    1   Grundlagen im betrieblichen Rechnungswesen von Rehabilitationseinrichtungen

    Wilfried von Eiff, Stefan Schüring und Dennis Haking

    2   Investition und Finanzierung von Reha-Kliniken

    Wilfried von Eiff

    3   Strategisches Management – von der Unternehmensstrategie zum Markenmanagement

    Wilfried von Eiff

    4   Mergers & Acquisitions: Trends und Strategieoptionen für das Reha-Management

    Christine A. von Eiff und Andreas A. J. W. Goldschmidt

    VII   Ethik und Reha

    1   Ökonomisierung der Medizin: Der Beitrag ethischer Maximen zur bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Gestaltung des Medizinbetriebs

    Wilfried von Eiff

    2   Rationalisierung, Priorisierung und Rationierung in der medizinischen Rehabilitation aus einer ethischen Sicht

    Oliver Rauprich

    Verzeichnis der Herausgeber und Autoren

    Stichwortverzeichnis

    Vorwort

    Der Markt für Rehabilitationsleistungen hat sich durch die Reformgesetzgebung der 1990er Jahre sowie der Jahre 2004 (Einführung des DRG-Systems im vollstationären Bereich) und 2007 (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz und Vertragsarztänderungsgesetz) einerseits sowie andererseits durch wachsende Rivalität innerhalb der Branche, ausgelöst durch Vergütungsverfall im Bereich der GKV-Pflegesätze sowie durch Fusionen und Übernahmen, zu einem dynamischen Wettbewerbsmarkt entwickelt.

    Obwohl die volkswirtschaftliche und gesundheitspolitische Relevanz der Rehabilitation ebenso unbestritten ist wie deren Bedeutung aus individueller Sicht von betroffenen Patienten und Angehörigen, handelt es sich um einen Markt, der durch zunehmende Nachfrage (Gründe: demografischer Wandel, DRG-System im vollstationären Bereich), aber beschränkte Finanzierungsmöglichkeiten (Gründe: Kostensteigerungen durch Zunahme multimorbider Patienten, medizin-technische Innovationen, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) gekennzeichnet ist.

    Diese Entwicklung hat dazu beigetragen, dass die Rehabilitation in Deutschland »medizinischer« und »betriebswirtschaftlicher« wurde. »Medizinischer«, weil die Patienten bei Aufnahme in die Reha mittlerweile einen erkennbar verschlechterten Allgemeinzustand bei früherer postoperativer Verlegung aufweisen und dadurch geringer belastbar sind, was die Rehabilitationsmöglichkeiten einschränkt. Darüber hinaus gehören Wundversorgung und Medikationstherapien (Thromboseprophylaxe, Schmerzmanagement, Entzündungen) mittlerweile zum Standard. In besonderer Weise sind die Bereiche Neurologie, Kardiologie und Orthopädie von dieser Entwicklung betroffen. »Betriebswirtschaftlicher«, weil der Kostendruck in den Reha-Einrichtungen steigt (in 2012 betrugen die Kostensteigerungen zwischen 2,5 und 3 Prozent) und gleichzeitig die Qualitätsanforderungen sowie die Aufwendungen für Case Manager, Wundversorgung, intensive Physiotherapie und Medikation zunehmen.

    Als Ergebnis der REDIA-Studie ist festzustellen, dass im Rehabilitationsbereich im Zeitraum 2003 bis 2011

    •  sich der medizinische Aufwand um ca. 25 % intensivierte,

    •  die Verweildauer um ca. 6,5 Tage zurückging,

    •  der medizinische Zustand des Patienten bei Aufnahme in die Reha sich um ca. 20 % verschlechterte und gleichzeitig

    •  die GKV-Vergütung um etwa 15 % abgesenkt wurde.

    Vor diesem Hintergrund setzt die nachhaltige Existenzsicherung einer Reha-Einrichtung voraus, dass betriebswirtschaftliche Methoden flankierend eingesetzt werden, um die ökonomische und strategische Marktposition zu festigen. Strategisches Management, Marketing und Markenführung, Prozessmanagement und Controlling finden zunehmend Eingang in die bisher dominant medizinisch geprägten Arbeits- und Entscheidungsprozesse in Reha-Einrichtungen. Die Herausforderung der Ökonomisierung des Reha-Betriebs besteht darin, betriebswirtschaftliche Handlungsmaximen so einzuführen, dass medizinethische Prinzipien nicht verletzt werden, sondern im Gegenteil durch ökonomische Handlungsmaximen Rationierung und Priorisierung medizinischer Leistungen unterbleiben können.

    Die vorliegende Publikation ist die Konsequenz aus den Erfahrungen und Ergebnissen der REDIA-Studie, die als einzige Langzeitstudie (2003 bis 2011) die Auswirkungen der DRG-Einführung im akutstationären Bereich auf medizinische Leistungsstrukturen und Kosten im Rehabilitationsbereich systematisch in drei Studienabschnitten untersuchte: Vor Einführung der DRGs (2003), während der Konvergenzphase (2005/07) und nach erfolgter Einführung (2010/11).

    Als Ergebnis der REDIA-Studie zeigte sich, dass die mit der Einführung des DRG-Systems im vollstationären Bereich verbundenen Ziele der Verweildauerreduktion erwartungsgemäß eingetreten sind. Unterschätzt wurden allerdings die organisatorischen Konsequenzen des DRG-Anreizsystems, wodurch Management-Lücken in der sektorübergreifenden Patientensteuerung offenbar wurden.

    Insofern setzt sich die vorliegende Publikation nicht nur mit veränderten medizinischen Rahmenbedingungen und Behandlungstrends auseinander, sondern vermittelt auch handbuchartig Wissen über Management-Instrumente, die auf dem Weg zur Sicherung der Überlebensfähigkeit einer Reha-Einrichtung von Nutzen sind.

    Allen Mitautoren gilt unser Dank für ihre fachlich fundierten und engagierten Beiträge. Ein besonderer Dank geht an Dipl.-Kfm. Stefan Schüring und Dennis Haking, M.Sc. BA, die mit großem Engagement die organisatorische und redaktionelle Betreuung übernahmen.

    Münster, Bad Rothenfelde, Ennepetal im Dezember 2013

    Wilfried von Eiff

    Bernhard Greitemann

    Marthin Karoff

    I   Zweck und Funktion der Reha

    1          Medizinische Rehabilitation: Merkmale, Ziele und Aufgaben

    Wilfried von Eiff und Stefan Schüring

    1       Aufgaben der medizinischen Rehabilitation im deutschen Sozialstaat

    Zu den staatstragenden Grundsätzen der Bundesrepublik Deutschland zählen die Sicherung der Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Prinzip der Gleichbehandlung durch öffentliche Gewalten und die Garantie des Sozialstaatsgrundsatzes. Durch die Säulen des Sozialstaates soll jedem Bürger vor wirtschaftlichen und sozialen Folgen unverschuldeter und unwägbarer Zufallsereignisse des Lebens existenzerhaltend geschützt werden ( Abb. I.1).

    Das Grundgesetz sichert allen Bürgern diese Grundrechte zu, insbesondere auch denjenigen Menschen, die durch eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung in ihrer sozialen Lebensführung beeinträchtigt sind oder denen eine derartige Behinderung droht (§ 10 SGB I). Unabhängig von der Ursache der Behinderung und losgelöst von Schweregrad und Dauer

    Abb. I.1: Die Säulen des Sozialstaates

    der Beeinträchtigung besteht für jeden Bürger ein soziales Recht auf rehabilitative medizinisch indizierte Maßnahmen, die darauf abzielen, Teilhabebeeinträchtigungen durch Fähigkeitsstörungen (Behinderung, Erwerbsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit) vorzubeugen, zu verhindern oder zu verbessern. Dieses soziale Recht umfasst auch die Verpflichtung, Menschen mit einer Beeinträchtigung in das Berufsleben wiedereinzugliedern bzw. ihnen ein weitgehend selbstgesteuertes Leben im eigenen sozialen Umfeld zu ermöglichen. Die sozialstaatliche Definition geht folglich über die rein medizinische Definition hinaus, indem sie das Minimieren von Einschränkungen um eine Befähigungskomponente erweitert. Das soziale Recht umfasst auch die Verpflichtung, Menschen mit Behinderungen in das Berufsleben wiedereinzugliedern (Rehabilitation vor Rente, z. B. nach einer Hüftoperation oder nach Herzinfarkt oder nach Schlaganfall) bzw. ihnen ein weitgehend selbstgesteuertes Leben im eigenen sozialen Umfeld zu ermöglichen (Reha vor Pflege).

    Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind in § 26 Sozialgesetzbuch (SGB) IX geregelt. Die Träger der Rehabilitation übernehmen aus diesem Grunde folgende medizinische Leistungen:

    •  Behandlungen durch Ärzte, Zahnärzte und Angehörige anderer Heilberufe,

    •  Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder,

    •  Arznei- und Verbandmittel,

    •  Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie,

    •  Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung

    •  Hilfsmittel,

    •  Belastungserprobung und Arbeitstherapie.

    Die Leistungen der Befähigungskomponente kommen im zweiten Absatz des § 26 SGB IX zum Ausdruck:

    •  Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,

    •  Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,

    •  mit Zustimmung der Leistungsberechtigten Information und Beratung von Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen,

    •  Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe- und Beratungsmöglichkeiten,

    •  Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,

    •  Training lebenspraktischer Fähigkeiten,

    •  Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

    Darüber hinaus existieren die soziale Rehabilitation und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als weitere Formen der Rehabilitationsmaßnahmen. Bei der medizinischen Rehabilitation sind die Anschlussheilbehandlung (AHB) und das Heilverfahren (HV) bedeutende Formen der Rehabilitation.

    Der AHB geht, im Gegensatz zum allgemeinen HV, ein Krankenhausaufenthalt voraus. Mithilfe der AHB soll für ausgewählte Eingriffe und Indikationen gewährleistet werden, dass eine medizinisch notwendige Weiterbehandlung innerhalb kurzer Zeit (nicht mehr als 14 Tage) gewährleistet ist. Im Anschluss des Akutaufenthaltes erfolgt die Behandlung im stationären oder ambulanten Rahmen.

    Der GKV-Spitzenverband äußert sich zur Vorzugswürdigkeit der ambulanten Reha wie folgt: »Kann das Rehabilitationsziel mit gleicher Erfolgsaussicht auch im Rahmen

    Abb. I.2: Abgrenzung der Rehabilitationsträger

    Quelle: In Anlehnung an Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. 2012, S. 63

    Abb. I.3: Zentrale Leistungsträger der Rehabilitation

    einer ambulanten Leistung erreicht werden, fließen in die Entscheidung der Krankenkasse wirtschaftliche Gesichtspunkte sowie die berechtigten Wünsche der Versicherten ein« (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. 2012, S. 34).

    Im Rahmen der Frührehabilitation werden Maßnahmen schon im Akutkrankenhaus durchgeführt. Hier schreibt das fünfte Sozialgesetzbuch die Leistungsdurchführung zum frühestmöglichen Zeitpunkt vor (vgl. § 39 Abs. 1 SGB V). Dagegen existiert für Alkohol-, Drogen-, Medikamenten- und Mehrfachabhängige die Entwöhnungsbehandlung als Sonderform der medizinischen Rehabilitation (vgl. Reha-Bericht 2012, S. 24).

    Die Aufgaben der Rehabilitation lassen sich unter Bezug auf die Phasen eines »typischen Reha-Krankheitsverlaufs« ableiten ( Abb. I.4). In Form der Früh-Rehabilitation werden alle Maßnahmen durchgeführt, die zu einer Frühmobilisierung des Patienten führen und Spätfolgen abwenden oder einschränken bzw. die Therapieprognose verbessern.

    Zur Durchführung einer Rehabilitation wird festgestellt, welche krankheitsbedingten Funktionsstörungen vorliegen und wie sich diese auf den Betroffenen und seine Familie auswirken. Daraus folgt die Ableitung der notwendigen therapeutischen Maßnahmen und die Aufstellung eines ganzheitlichen Behandlungsplans schließt sich an. Der ganzheitliche Plan umfasst das medizinische, das physiotherapeutische und das psychosoziale Therapieverfahren in steuernder Funktion. Dies beinhaltet ebenfalls die Information und Beratung der Patienten sowie dessen Angehöriger zur Einstellung auf eine veränderte Lebensführung. Die medizinische Reha folgt bei der Wahrnehmung ihrer grundsätzlichen Aufgaben einem ganzheitlichen Versorgungsansatz: Somatische, physiologische, psychische und soziale Aspekte sollen integriert in die Therapie eingebracht werden (bio-psycho-soziales Konzept von Krankheit und Behinderung).

    Physiotherapeutisches und psychologisches Training soll verbliebene Funktionsreflexe und Fähigkeiten reaktivieren; neue Fertigkeiten werden erlernt und helfen, trotz Funktions- und Mobilitätsbeeinträchtigungen das soziale Leben selbständig zu bewältigen. Rehabilitation unterstützt den Weg zu einem an der Beeinträchtigung orientierten Sozial-, Freizeit- und Ernährungsverhalten; auch die Vermittlung selbstverantwortlicher Bewegungstherapien gehört dazu.

    Eine gezielte Überleitung von der medizinischen Rehabilitation zur Hausarztbetreuung ist Voraussetzung für den Langzeiterfolg von Reha-Maßnahmen und die Grundlage für erfolgreiche Nachsorgeprogramme.

    Abb. I.4: Der Reha-Prozess und seine Stufen am Beispiel eines neurologischen Patienten von der akutstationären Behandlung bis zur Nachsorge

    2       Rechtliche und konzeptionelle Grundlagen

    Die Rehabilitation ist eine Komplexleistung. Leistungen des § 26 Abs. 2 und 3 SGB IX können Bestandteil dieser Leistung sein, sind hingegen im Falle einer Einzelleistung nicht nach den §§ 40 und 41 SGB V einzustufen. Die medizinische Rehabilitationsleistung im Sinne des § 40 SGB V gilt nur dann als indiziert, wenn folgende Kriterien erfüllt sind (vgl. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. 2012, S. 34):

    •  Rehabilitationsbedürftigkeit,

    •  Rehabilitationsfähigkeit,

    •  realistische alltagsrelevante Rehabilitationsziele und

    •  eine positive Rehabilitationsprognose.

    Das Sozialgesetzbuch IX bildet die gesetzliche Grundlage der Rehabilitation. Hier ist die »Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen« verankert. Weiterhin ist das SGB V für die GKV, das SGB VI für Gesetzliche Rentenversicherung, das SGB VII für die gesetzliche Unfallversicherung, das SGB III für die Jugendhilfe und SGB XII für die Sozialhilfe gesetzliche Grundlage. Das SGB II und III gelten für die Bundesagentur für Arbeit ( Abb. I.1).

    Abb. I.5: Gesetzliche Bestimmungen für die medizinische Rehabilitation

    Quelle: In Anlehnung an Faktenbuch Medizinische Rehabilitation (2011)

    Gemäß der Festlegung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beinhaltet Rehabilitation die Gesamtheit aller Bemühungen,

    •  einen durch Krankheit, angeborenes Leiden oder äußere Schädigung betroffenen Menschen

    •  mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung

    •  auf medizinischem, schulischem, beruflichem und sozialem Gebiet in die Lage zu versetzen,

    •  eine Lebensform und -stellung, die ihm entspricht und seiner würdig ist,

    •  im Alltag, in der Gemeinschaft und im Beruf zu finden bzw. wiederzuerlangen.

    Die medizinische Rehabilitation bezieht sich unter Orientierung an der WHO-Definition auf zwei Bereiche.

    a)  Rehabilitation soll Menschen, die mit bleibenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leben müssen, diejenige medizinische, physiotherapeutische, psychologische, pflegerische und soziale Hilfe geben, die erforderlich ist, um am »normalen sozialen Leben« weitgehend aktiv teilhaben zu können; dies betrifft die berufliche Integration ebenso wie die Wiedereingliederung in die soziale Umgebung, also Familie und Gesellschaft. Für Menschen mit dauerhaften Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit und physischen sowie sozialen Mobilität bietet die medizinische Rehabilitation Mobilisationshilfen an, um trotz gesundheitsbedingter Bewegungseinschränkungen ein möglichst normales Leben, möglichst in vertrauter sozialer Umgebung führen zu können.

    b)  Medizinische Rehabilitation hat aber nicht nur die Aufgabe, Lebensqualität für Menschen mit bleibender Behinderung zu unterstützen, sondern auch Heilungsprozesse zu beschleunigen, Beeinträchtigungen zu beseitigen bzw. Folgeschäden von Krankheiten zu vermeiden. Dies ist ein volkswirtschaftlich relevanter Aufgabenbereich, weil jeder Tag, mit dem ein erkrankter Erwerbstätiger durch Rehabilitation früher in das Berufsleben zurückkehrt, einen »produktiven« Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt hervorruft; unabhängig davon, dass mit der beruflichen Reintegration auch die familiäre und soziale Stabilisierung gekoppelt ist.

    Medizinische Rehabilitation ist also einerseits gerichtet auf die Folgen chronischer Erkrankungen und schwerster akut auftretender gesundheitlicher Schädigungen (z. B. Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall). In diesen Bereichen kann die Gesundheit meistens nicht wiederhergestellt werden, sondern es geht hier primär darum, den Gesundheitszustand zu verbessern oder/und den Fortschritt des Krankheitsprozesses aufzuhalten. Der Kranke soll befähigt werden, mit seiner Krankheit zu leben oder durch Umstellung seiner Lebenseinstellung und Lebensführung trotz Krankheit ein weitgehend selbständiges Leben zu führen.

    Die »Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit« (ICF) verbindet den Leistungsanspruch der Teilhabe mir der reinen biomedizinischen Sichtweise einer diagnoseorientierten Betrachtungsweise (ICD). Da gemäß SGB IX Leistungen nur für Personen erbracht werden können, deren Einbindung in die einzelnen Lebensabschnitte bedroht oder beeinträchtigt sind, muss zur Begründung der sozialrechtlich relevanten Teilhabe die Berücksichtigung der bio-psycho-sozialen Zusammenhänge hergestellt werden. Abb. I.6 verdeutlicht diesen Zusammenhang (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2010, S. 7 f.).

    Ein bedeutender Aspekt der ICF-Klassifikation ist die Interaktion zwischen der medizinischen Sichtweise des Gesundheitsproblems und erweiterten Faktoren einer ganzheitlichen Sichtweise der gesamten Lebensumstände in Bezug auf Aktivitäten und gesellschaftliche Teilhabe. Die Teilhabe stellt eine besondere Zielkomponente für die Rehabilitation und ist neben den Aktivitäten und den umwelt- und personenbezogenen Faktoren eine wichtige Erweiterung im heutigen Rehabilitationsverständnis. Die Klassifizierung der Aktivitäten und eine Beurteilung der Teilhabe kann wie folgt strukturiert werden (Bundesarbeitsgemeinschaft

    Abb. I.6: Bio-psycho-soziales Modell der ICF

    Quelle: ICF – Praxisleitfaden 2, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2008), S. 12

    für Rehabilitation 2008, S. 14 ff.):

    1.  Lernen und Wissensanwendung (z. B. bewusste sinnliche Wahrnehmungen, elementares Lernen, Wissensanwendung)

    2.  Allgemeine Aufgaben und Anforderungen (z. B. Aufgaben übernehmen, die tägliche Routine durchführen, mit Stress und anderen psychischen Anforderungen umgehen)

    3.  Kommunikation (z. B. Kommunizieren als Empfänger, Kommunizieren als Sender, Konversation und Gebrauch von Kommunikationsgeräten und -techniken)

    4.  Mobilität (z. B. die Körperposition ändern und aufrecht erhalten, Gegenstände tragen, bewegen und handhaben, gehen und sich fortbewegen, sich mit Transportmitteln fortbewegen)

    5.  Selbstversorgung (z. B. sich waschen, pflegen, an- und auskleiden, die Toilette benutzen, essen, trinken, auf seine Gesundheit achten)

    6.  Häusliches Leben (z. B. Beschaffung von Lebensnotwendigkeiten, Haushaltsaufgaben, Haushaltsgegenstände pflegen und anderen helfen)

    7.  Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen (z. B. allgemeine interpersonelle Interaktionen, besondere interpersonelle Beziehungen)

    8.  Bedeutende Lebensbereiche (z. B. Erziehung/Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliches Leben)

    9.  Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (z. B. Gemeinschaftsleben, Erholung und Freizeit, Religion und Spiritualität)

    Zudem werden externe Umweltfaktoren in die Beurteilung eingebaut und durch personenbezogene Faktoren ergänzt (a. a. O., S. 16):

    1.  Produkte und Technologien (z. B. Hilfsmittel, Medikamente)

    2.  Natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt (z. B. Bauten, Straßen, Fußwege)

    3.  Unterstützung und Beziehungen (z. B. Familie, Freunde, Arbeitgeber, Fachleute des Gesundheits- und Sozialsystems)

    4.  Einstellungen, Werte und Überzeugungen anderer Personen und der Gesellschaft (z. B. Einstellung der Wirtschaft zu Teilzeitarbeitsplätzen)

    5.  Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze (z. B. Gesundheits- und Sozialsystem mit seinen Leistungen und Diensten, Rechtsvorschriften)

    3       Institutionen und Organisationen

    Die medizinische Rehabilitation wird in Deutschland ambulant und stationär durchgeführt. Dies ist von der jeweiligen Krankheit, der individuellen Behandlung und den verantwortlichen Leistungsträgern abhängig. Die stationäre Rehabilitation findet in Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen statt. Die ambulante z. B. in Praxen von Krankengymnasten und Masseuren im Heimatort (Nagel 2007, S. 219). Somit besteht eine Trägervielfalt der Rehabilitationseinrichtungen. Zusammen mit Bund und Ländern wirken die unterschiedlichen Träger darauf hin, dass Rehabilitationsdienste in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Die Entscheidungshoheit über die Zahl und den Preis der medizinischen Maßnahmen liegt beim Leistungsträger (Beske und Witton 2008, S. 62). Neben den Krankenhäusern gehören in Deutschland die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu den Einrichtungen der stationären Versorgung.

    So gab es am 31.12.2008 in Deutschland 1.239 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit insgesamt 171.000 aufgestellten Betten. Gut die Hälfte dieser Einrichtungen ist in privater Trägerschaft, 26 % werden von freigemeinnützigen Trägern

    Abb. I.7: Reha-Settings

    unterhalten und öffentliche Träger hatten einen Anteil von 17,8 %. Sowohl die Anzahl der Einrichtungen mitsamt der Bettenzahl, als auch die Fallzahl und die Pflegetage sind seit 2000 gesunken. Die Verweildauer ist ebenfalls leicht gesunken, die Bettenauslastung ist im Gegensatz dazu von 76,1 % im Jahr 2000 auf 81,3 % in 2008 leicht angestiegen (Statistisches Bundesamt 2008, S. 12).

    Die ambulante Rehabilitation wird wohnortnah durchgeführt, i. d. R. wohnt der Patient zuhause. Nach § 40 SGB V und § 19 Abs. 2 SGB IX hat die ambulante Rehabilitation Vorrang vor der stationären. So wird unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände stationär behandelt, sofern die ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht. Der Anteil ambulanter Leistungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Durch das GKV-WSG wurden weitere Möglichkeiten geschaffen, vermehrt ambulante Rehabilitation durchzuführen. So wurde eine Alternative in Form eines mobilen Rehabilitationsteams geschaffen. Der Patient wird durch ein interdisziplinäres Team zuhause behandelt, welches den Leitsatz »ambulant vor stationär« nachdrücklich unterstützt. Über die Anzahl ambulanter Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland sind keine Daten vorhanden (Beske und Witton, 2008, S. 62 f.). Allerdings gibt es eine Angabe über die nach den BAR-Kriterien zugelassenen ambulanten Rehabilitationszentren. Diese liegen bei 232 Zentren in ganz Deutschland.

    Reha-Leistungen werden in den dafür vorgesehenen ambulanten und vollstationären Einrichtungen erbracht, um die Ziele der Rehabilitation gem. § 11 Abs. 1 (2) und Abs. 2 SGB V zu erreichen (Reha vor Pflege; siehe auch § 72 Abs. 1 SGB IX: Erbringung von Reha-Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen). Das Aufgabenspektrum dieser Einrichtungen (Behandlung einer gesundheitlichen Schwächung, die absehbar zu einer Krankheit führt, Heilung oder Verhinderung der Verschlimmerung einer Krankheit, Sicherung des akut-stationären Behandlungserfolgs, Abwendung von Behinderung und Pflegebedürftigkeit – Ausschluss: aktivierende Pflege) ist in § 107 Abs. 2 SGB V geregelt.

    Die zugelassenen Reha-Einrichtungen haben einen Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V. Vollstationäre Einrichtungen werden nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifiziert. Reha-Leistungen sind (gem. § 40 Abs. 3 SGB V) grundsätzlich zeitlich begrenzt (ambulant längstens 20 Tage; vollstationär längstens drei Wochen). Das statistische Bundesamt definiert Versorge- und Rehabilitationseinrichtungen (in Anlehnung an den Krankenhausbegriff des § 2 Nr. 1 KHG) als Einrichtungen,

    •  in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung

    •  der Gesundheitszustand des Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan

    •  vorwiegend durch die Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie,

    •  ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische (psychologische) Einwirkungen verbessert und

    •  den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte geholfen werden soll und

    •  in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können.

    Abb. I.8: Überblick über Organisationen und Institutionen

    Quelle: In Anlehnung an Augurzky, Reicher und Scheuer 2011

    4       Finanzierung in der Rehabilitation

    Die Ausgaben der Rehabilitation und Teilhabe lagen im Jahr 2010 bei 28,85 Mrd. €. Im Gegensatz dazu lagen die Ausgaben 2006 noch bei 25,1 Mrd. €, was einem Anstieg von 14,94 % entspricht (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2011). Die Ausgaben für die medizinische Rehabilitation haben hieran einen Anteil von rund 32 %. Dabei sind die zahlenmäßig wichtigsten Leistungsträger in der medizinischen Rehabilitation die gesetzliche Rentenversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung (vgl. Abb. I.9).

    Abb. I.9: Ausgaben für Rehabilitation und Teilhabe 2010

    Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2010)

    Die gesetzliche Rentenversicherung ist als Träger der Rehabilitationsleistungen hauptsächlich für Erwerbsfähige verantwortlich. So werden medizinische Maßnahmen durchgeführt, wenn die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder bereits gemindert ist. Dadurch soll eine drohende Frühverrentung verhindert oder verringert werden. Die GRV erbringt keine Leistungen bei akuter Behandlungsbedürftigkeit wie Frührehabilitation oder wenn die Maßnahme anstelle einer andernfalls erforderlichen Krankenhausbehandlung stattfindet, Ausnahmen liegen allerdings z. B. bei einer onkologischen Rehabilitation bei Rentnern vor, diese können zu Lasten der GRV durchgeführt werden. Allumfassend bestimmt die gesetzliche Rentenversicherung unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme.

    Die Ausgaben der GRV für die medizinische Rehabilitation waren zwischen 2000 und 2005 tendenziell rückläufig. Sie sanken von 3,1 Mrd. € im Jahr 2000 auf 2,84 Mrd. im Jahr 2005, nahmen allerdings in 2006 auf 2,9 Mrd. (Beske und Witton 2008, S. 57 f.) und 2010 auf 5,6 € wieder zu (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2011).

    Die gesetzliche Krankenversicherung gewährt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Auch hier sind die Ausgaben in den Jahren 2001 bis 2006 gesunken, zeigen bis 2008 aber wieder eine steigende Tendenz. So lagen die Ausgaben in 2000 bei 2,6 Mrd. € sanken in diesem Zeitablauf auf ihren niedrigsten Stand im Jahr 2006 und stiegen bis 2010 wieder auf knapp 2,7 Mrd. € an (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2011). Sämtliche Rehabilitationsleistungen wurden wie bereits erwähnt durch das GKV-WSG zu Pflichtleistungen mit Einbeziehung in den Risikostrukturausgleich. So kann eine Leistung nur noch abgelehnt werden, wenn sie medizinisch nicht sinnvoll ist (Beske und Witton 2008, S. 59 f.).

    Neben der Krankenversicherung gewährt auch die Unfallversicherung medizinische Leistungen zur stationären Rehabilitation (Nagel 2007, S. 219). Allerdings können Ansprüche gegenüber der GUV nur bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit erhoben werden. Die Ausgaben für ambulante Heilbehandlungen und Zahnersatz machten einen Wert von 1.233 Mio. € in 2010 aus. Stationäre Behandlung und häusliche Krankenpflege zusammen mit sonstigen Heilbehandlungskosten stiegen von 2008 bis 2010 um 285 Mio. € auf 2.444 Mio. € an (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2011).

    Die Alterssicherung für Landwirte stellt einen eigenständigen Zweig der Sozialversicherung dar. Träger sind hier die landwirtschaftlichen Altersklassen, welche Landwirten u. a. Renten- und Rehabilitationsleistungen gewähren. Die Ausgaben der Alterssicherung sind allerdings in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Wie viel davon auf die medizinische Rehabilitation abfällt, ist nicht bekannt (Beske und Witton 2008, S. 66).

    Die Kriegsopferversorgung/-fürsorge erbringt ebenfalls Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese werden bei Gesundheitsschäden durch Kriegsdienst, Wehrdienst oder Zivildienst erbracht. Auch hier sind keine Zahlen veröffentlicht.

    Die Sozialhilfe erbringt hauptsächlich Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe. Als Träger der medizinischen Rehabilitation erbringt sie Leistungen nur dann, wenn kein anderer Träger die Kosten übernimmt. Somit spielt sie eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2006 betrugen die Ausgaben 74 Mio. € und sanken bis ins Jahr 2010 auf 56 Mio. € (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2011). In den meisten Fällen handelte es sich um Leistungen der psychiatrischen Rehabilitation und medizinischen Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen.

    Das Jugendamt als letzter Träger von Rehabilitationsleistungen finanziert Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe für seelisch Behinderte oder hiervon Bedrohte bis zu einem Alter von 26 Jahren. Die Ausgaben sind nicht bekannt.

    Zuzahlungen spielen im Bereich der medizinischen Rehabilitation eine Rolle. So muss der Patient unter normalen Umständen immer dazuzahlen. Ausnahmen sind nur möglich, wenn der Patient freigestellt ist, z. B. weil er privatversichert ist. Je nachdem welcher Träger für die Kostenübernahme der Leistungen in Frage kommt, differieren die Zuzahlungen. Der über die Krankenkasse gesetzlich Versicherte muss bis zu 28 Tage pro Kalenderjahr dazuzahlen (§ 40 Abs. 5, § 61 SGB V). Der Versicherte über die RV muss i. d. R. 14 Tage dazuzahlen.

    Die Zuzahlungsleistungen liegen sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich bei höchstens 10 € pro Tag, mindestens jedoch 5 € je Kalendertag (§ 61 SGB V). Die Beiträge müssen hingen nur bis zu einer Belastungsgrenze in Höhe von zwei Prozent und bei chronisch Kranken ein Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens je Kalenderjahr entrichtet werden (§ 63 Abs. 1 SGB V).

    5       Steuerungsmechanismen

    Im grundsätzlich sektoral organisierten deutschen Gesundheitssystem ( Abb. I.10) hat die Rehabilitation (»Wiederherstellung«) als Säule der medizinischen Versorgung einen bedeutenden Stellenwert und umfasst:

    •  die medizinische Rehabilitation

    •  Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie die

    •  Soziale Rehabilitation

    Abb. I.10: Sektoralstruktur und medizinische Versorgungskette: die Versorgungsmöglichkeiten der sektoralen Struktur kollidieren mit den Anforderungen der medizinischen Versorgungskette

    Rehabilitationsmaßnahmen bezwecken, einen existierenden oder sich abzeichnenden Gesundheitsschaden – sofern die Möglichkeit der sozialen Teilhabe oder die Erwerbsfähigkeit bedroht ist – zu beseitigen, abzumildern oder dessen Konsequenzen (Spätfolgen) zu vermeiden.

    Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung sind im SGB IX geregelt.

    Rehabilitationsleistungen sind an vier systemsteuernden Prinzipen orientiert:

    •  Reha vor Therapie von Folgeerkrankungen und körperlichen/geistigen/psychischen Behinderungen;

    •  Reha vor Rente i. S. v. Verhinderung des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben;

    •  Reha vor Pflege i. S. v. Vermeidung des vorzeitigen Eintretens einer Pflegebedürftigkeit;

    •  Reha vor Sozialhilfe i. S. v. Vermeidung oder Minderung des vorzeitigen Bezugs von dauerhaften Sozialleistungen (gem. § 31 SGB XI).

    Damit fällt der Rehabilitation eine zentrale gesundheits-, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Aufgabe zu: Durch gezielte Rehabilitation soll ein Beitrag zur nachhaltigen Entlastung der Sozialbudgets sowie zur Sicherstellung der volkswirtschaftlichen Produktivität geleistet werden. Gesellschaftspolitisch unterstützt Rehabilitation das grundsätzliche Ziel des solidaren Gesundheitssystems, den Einzelnen vor den nicht-kalkulierbaren Folgen einer Erkrankung oder Behinderung im Sinne eines »sozialen Konkurses« zu schützen. Das Sozialgesetzbuch IX verpflichtet die Kostenträger, medizinische Leistungen

    Abb. I.11: Antragsverfahren der Anschlussrehabilitation

    zur Rehabilitation zu finanzieren (siehe auch Leistungskatalog der GKV gem. § 40 SGB V).

    Rehabilitation ist integraler Bestandteil der medizinischen Versorgungskette und unterliegt damit den Steuerungsprinzipien des § 39 SGB V ( Abb. I.3). Danach gilt es, den vollstationären Sektor (Akutkrankenhäuser) dadurch zu entlasten, indem die Steuerungsprinzipien

    •  Vorsorge vor Therapie

    •  ambulant vor stationär

    •  vorstationär/teilstationär vor vollstationär,

    •  nachstationär vor vollstationär

    •  Reha/AHB vor vollstationär

    •  Reha vor Pflege und

    •  Reha vor Rente

    konsequent zur Anwendung kommen.

    Abb. I.12: Die Versorgungskaskade ist durch Steuerungsprinzipen gekennzeichnet, erfordert aber zusätzliche Organisationsmaßnahmen (Case Manager, Transferstationen, …)

    Die Anwendung dieser Prinzipien stößt in der Versorgungspraxis an Grenzen; die Ursachen liegen in den störenden Anreizwirkungen der grundsätzlich sektoralen Trennung. Allerdings hat der Gesetzgeber im Rahmen der Reformgesetzgebung (Einführung DRG-System zur Abrechnung vollstationärer Leistungen 2004; GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz und Vertragsrechtsänderungsgesetz jeweils 2007) eine Reihe von Maßnahmen zur verbesserten sektorübergreifenden Patientenversorgung eingeführt. Dazu gehören u. a. die sektorbezogenen Versorgungsverträge (Hausarztzentrierte Versorgung § 73b; Besondere Versorgungsaufträge § 73 c; DMP-Programme §§ 137 f und e) und die Verträge zur integrierten Versorgung (§ 140 a).

    Rehabilitationsmaßnahmen dienen damit auch dem Schutz der Gesundheit und haben entsprechend auch Präventionscharakter ( Abb. I.13).

    Abb. I.13: Reha-Maßnahmen sind Bestandteil eines ganzheitlichen Präventionskonzepts

    Literatur

    Augurzky, B., Reicher, A., Scheuer, M. (2011), Faktenbuch Medizinische Rehabilitation 2011 – RWI Materialien 66, Essen.

    Beske, F., Witton, M. (2008), Integration von Sozialer Pflegeversicherung und medizinischer Rehabilitation der Gesetzlichen Rentenversicherung, in: die Gesetzliche Krankenversicherung: Ein Rationalisierungskonzept. Schmidt & Klaunig, Kiel.

    Nagel, E. (2007), Das Gesundheitswesen in Deutschland: Struktur, Leistungen, Weiterentwicklung. Deutscher Arzte-Verlag, Köln.

    Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (Hrsg.) (2012), Begutachtungs-Richtlinie Vorsorge und Rehabilitation, aktualisierte Fassung vom Februar 2012. Essen.

    Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.) (2011), Geschäftsbericht 2011. Frankfurt am Main.

    Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.) (2008), ICF – Praxisleitfaden 2. Frankfurt am Main.

    Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.) (2010), ICF – Praxisleitfaden 3. Frankfurt am Main.

    Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2012), Reha-Bericht 2012. Berlin.

    Statistisches Bundesamt (2008), Gesundheit: Grunddaten der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. Wiesbaden.

    2          Fakten, Trends und Entwicklungsperspektiven in der Rehabilitation: Kosten- und Nutzenaspekte

    Hans Günther Haaf, Christiane Ordon, Daniela Sewöster und Angelika Wegener

    1       Inanspruchnahme der medizinischen Rehabilitationsleistungen

    Die Rehabilitation ist neben der Gewährung von Renten wesentlicher Bestandteil der Leistungen der Deutschen Rentenversicherung. Das Ziel der Rehabilitation durch die Rentenversicherung ist der Erhalt oder die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten. Dafür erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben – letzteres besser bekannt als berufliche Rehabilitation. Die Vermeidung von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und der Erhalt von Beitragszahlungen lohnen sich für die Rentenversicherung unmittelbar monetär. Aber es geht auch und nicht zuletzt um die Teilhabe der meist chronisch kranken Versicherten an der Gesellschaft und am Arbeitsleben. Davon profitieren die Versicherten nicht nur finanziell über den Erhalt ihres Einkommens, sondern auch durch eine höhere Lebensqualität.

    Im Jahr 2010 haben insgesamt 1,669 Mio. Versicherte einen Antrag auf medizinische Rehabilitation gestellt. Das waren über 30.000 Anträge mehr als im Jahr zuvor. Damit hält die Entwicklung einer tendenziellen Antragssteigerung seit 2006 auch vor dem Hintergrund von Wirtschafts- und Finanzkrise weiter an. Ursächlich für die zunehmenden Antragszahlen ist zum einen die demografische Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge aus den sechziger Jahren kommen nun in ein Reha-relevantes Alter. Des Weiteren führen die gesetzlichen Änderungen (Rente mit 67) zu einem verstärkten Reha-Bedarf der älteren Arbeitnehmer über 60 Jahre. Rund 64 % der Anträge wurden bewilligt, etwa 20 % abgelehnt – meist aus medizinischen (90 %), selten aus versicherungsrechtlichen (10 %) Gründen. Die restlichen 16 % der Anträge wurden an den jeweils zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Abb. I.14 zeigt die Entwicklung von Anträgen, Bewilligungen und durchgeführten medizinischen Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung in den letzten zehn Jahren.

    Neben dem anhaltenden Trend der Steigerung bei den Anträgen und den durchgeführten Reha-Leistungen insgesamt sind zwei weitere Entwicklungen besonders auffällig. So ist der Anteil der bewilligten ambulanten medizinischen Rehabilitationsleistungen in der letzten Dekade von 3 % auf 12 % angestiegen. Bei einigen Rentenversicherungsträgern liegt er schon bei 20 %. Diese Form der medizinischen Rehabilitation, bei der die Rehabilitanden nur tagsüber in die Rehabilitationseinrichtung kommen, wird seit 1997 für ausgewählte Indikationen angeboten. Voraussetzung war, dass die ambulante Rehabilitation in dafür geeigneten Fällen ebenso gute Behandlungserfolge vorweisen kann wie die stationäre Rehabilitation. In einer Reihe

    Abb. I.14: Medizinische Rehabilitation – Anträge, Bewilligungen und abgeschlossene Leistungen 2001–2010;

    Quelle: Rentenversicherung in Zeitreihen 2010

    von rehabilitationswissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass neben stationären Leistungen auch die ambulant bzw. ganztägig ambulant durchgeführten Rehabilitationen erfolgreich sind. Folglich wurde die Möglichkeit der ambulanten Durchführung kontinuierlich ausgebaut. Mit dem Auf- und Ausbau der ambulanten Rehabilitation wurden die spezifischen Bedürfnisse der Versicherten aufgegriffen, die durch die ambulante Rehabilitation im gewohnten sozialen und beruflichen Umfeld verbleiben können. Dies erleichtert häufig den Transfer von notwendigen Lebensstiländerungen – wie sie in der Reha vermittelt werden – in den Alltag. In den nächsten Jahren ist von einem weiteren relativen und absoluten Anstieg der ambulanten Rehabilitationsleistungen auszugehen. Der weit überwiegende Teil medizinischer Rehabilitation erfolgt zwar nach wie vor stationär, der Anteil der stationären Leistungen sank jedoch von 2001 bis 2010 von

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1