Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Gangsterjagd in New York #4: Zwei Action Thriller: Mord mit Ansage/Jesse Trevellian und der tote Ermittler
Gangsterjagd in New York #4: Zwei Action Thriller: Mord mit Ansage/Jesse Trevellian und der tote Ermittler
Gangsterjagd in New York #4: Zwei Action Thriller: Mord mit Ansage/Jesse Trevellian und der tote Ermittler
eBook278 Seiten3 Stunden

Gangsterjagd in New York #4: Zwei Action Thriller: Mord mit Ansage/Jesse Trevellian und der tote Ermittler

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In letzter Sekunde wird ein Mörder auf dem elektrischen Stuhl begnadigt. Das ist der Auftakt zu einer beispiellosen Hetzjagd auf Menschen, die nicht der Norm entsprechen. Unliebsame Ärzte, Schwule, Journalisten werden getötet– sogar ein Gouverneur soll sterben. Wer sind die Elias-Ranger, die im Namen einer fehlgeleiteten Ideologie Morde begehen? Trevellian und Tucker bekommen es mit Leuten zu tun, für die nur ein Gesetz gilt: Ihr eigenes.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum19. Juli 2017
ISBN9783743821934
Gangsterjagd in New York #4: Zwei Action Thriller: Mord mit Ansage/Jesse Trevellian und der tote Ermittler

Mehr von Thomas West lesen

Ähnlich wie Gangsterjagd in New York #4

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Gangsterjagd in New York #4

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Gangsterjagd in New York #4 - Thomas West

    Mord mit Ansage

    Krimi von Thomas West

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 115 Taschenbuchseiten.

    In letzter Sekunde wird ein Mörder auf dem elektrischen Stuhl begnadigt. Das ist der Auftakt zu einer beispiellosen Hetzjagd auf Menschen, die nicht der Norm entsprechen. Unliebsame Ärzte, Schwule, Journalisten werden getötet– sogar ein Gouverneur soll sterben. Wer sind die Elias-Ranger, die im Namen einer fehlgeleiteten Ideologie Morde begehen? Trevellian und Tucker bekommen es mit Leuten zu tun, für die nur ein Gesetz gilt: Ihr eigenes.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    Zu zweit schoben sie ihn in den Raum hinein. Ein kahler Raum. Leer bis auf eine schmale, im Kachelboden verankerte Bahre und eben den Stuhl.

    Über dem Stuhl, an der weißen Kachelwand, eine große Uhr. Zwölf vor zwölf. Kevin starrte sie an, als hätte er nie zuvor eine Uhr gesehen. Deine Zeit ist um, schien sie im sagen zu wollen.

    „Komm schon, Kevin.‟ Dean Lowell, rechts neben ihm, wollte ihn zum Stuhl ziehen. Doch Kevin blieb stehen. Seine Beine gehorchten ihm einfach nicht mehr. Sein ungläubiger Blick hing an dem schwarzen, klobigen Stuhl. Wie ein Thron beherrschte er den kahlen Raum. Ein Thron des Todes.

    Er ruhte auf einem niedrigen, knapp einem Quadratmeter großen Podest. Arm-, Bein- und Brustgurte waren aufgeklappt, das Holz und das Leder der Gurte und des Kopfpolsters glänzten. Sie hatten den Thron sorgfältig geputzt und vorbereitet. Für ihn.

    Sechs Schritte trennten Kevin von dem schwarzen Thron. Die letzten sechs Schritte seines Lebens.

    Kevin zog die Schultern hoch, sein Körper spannte sich an, sein Fuß wollte sich nicht vom Kachelboden lösen. Der Mann links von ihm, Jimmy Rice, räusperte sich.

    „Es ist Zeit, Kevin, komm jetzt.‟ Genau wie Dean sprach er leise und heiser. Als ständen sie am Bett eines Sterbenden.

    Zeit – Kevins Knie begannen zu schlottern. Unwillkürlich wanderten seine Augen vom Kopfpolster des Todesthrones über die Kachelwand hinauf zur Uhr. Elf Minuten vor Mitternacht.

    Es ist Zeit – Zeit für den Augenblick, den er sich während neun langer Jahre in seiner Zelle tausendmal ausgemalt hatte. Zeit für den Augenblick, gegen den er neun Jahre lang mit allen juristischen Mitteln gekämpft hatte. Vergeblich. Jetzt gab es kein Ausweichen mehr.

    Der Druck der Hände auf seinen Oberarmen verstärkte sich. Dean und Jimmy zogen ihn mit Gewalt zum Stuhl. Eine Faust schien ihm von innen gegen das Brustbein zu hämmern, immer heftiger, immer schneller.

    Er stemmte sich gegen den Kachelboden, warf seinen Oberkörper nach hinten, versuchte, sich dem festen Griff der beiden Vollzugsbeamten zu entwinden.

    „Sei vernünftig, Kevin!‟, zischte Dean mit zusammengepressten Zähnen. „Es ist, wie es ist ...‟

    Seine Beine schienen plötzlich unter Strom zu stehen. Alles summte, alles vibrierte. Seine Muskulatur verkrampfte sich, seine Kehle schwoll zu, seine Augen weiteten sich und füllten sich mit Wasser.

    Er bog den Kopf zurück, drehte ihn über die Schulter und schrie: „Ich war’s nicht!‟ Hinter der Glasfront in der Wand gegenüber des Stuhles sah er Menschen. Stocksteif saßen sie da. Er erkannte seine Mutter, er erkannte seinen Anwalt, er erkannte Leute, die er vor neun Jahren während des Prozesses gesehen hatte – Lilian Browns Verwandte und Freunde.

    „Ich war’s nicht, Mom!‟, brüllte er. „Ich war’s nicht, Mrs. Brown! Ich war’s nicht Mr. Brown!‟

    „Reiß dich zusammen, Kevin!‟ Dean und Jimmy zerrten ihn mit Gewalt zum Stuhl. Zwei weitere Männer eilten aus der Tür zum Todestrakt in den Raum und packten seine Beine. Zu viert drückten sie ihn in den Stuhl hinein.

    „Ich bin unschuldig ...‟, krächzte er. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. „Ich hab sie nicht getötet ...‟ Er heulte wie ein kleiner Junge.

    Einer stand hinter ihm und zog den Brustgurt zu, zwei knieten vor dem Thron und schnallten seine Beine fest. Dean beugte sich von der Seite über ihn und drückte seine Arme gegen die Armlehnen. „Ruhig, Kevin, ganz ruhig, gleich hast du′s geschafft ...‟

    Kevins Schließmuskel versagte, der Schritt seiner Hose zog sich mit warmer Flüssigkeit voll, Uringestank mischte sich in den Geruch seines Angstschweißes. Er starrte den Wärter an, wollte etwas sagen, aber nur noch ein Krächzen löste sich aus seiner Kehle.

    Seine Arme wurden festgeschnallt, jemand stülpte ihm von hinten die Maske über den Kopf. Es wurde dunkel. Aus, vorbei …

    2

    Arthur Sheridan seufzte tief. Er blickte zum Telefon.

    „Überleg dir gut, was du tust, Archie.‟ Ernest Godell stieß seinen kurzen, massigen Körper aus dem Ledersessel heraus. In kleinen, raschen Schritten tippelte er von der Konferenzecke des riesigen Büros zum schwarzen Schreibtisch des Gouverneurs. Er steckte seine Zigarre in den Mund und stützte seine fleischigen Fäuste auf die Schreibtischplatte. Die kleinen Augen unter seinen kurzen, buschigen Brauen funkelten gefährlich. „Überleg es dir sehr gut.‟

    Sheridans Blick wanderte zu der in Elfenbein gefassten Standuhr an der rechten Ecke seines Schreibtisches. „Neun Minuten vor Mitternacht‟, sagte er mit rollendem Bass. „Es bleibt keine Zeit mehr, sich noch irgendetwas zu überlegen. Eine Entscheidung ist gefragt. Und ich hab mich entschieden.‟

    Er wies auf die Papiere vor sich auf dem Schreibtisch. Das Gnadengesuch Kevin McMillans. Und die Akten des Prozesses im Mordfall Lilian Brown. Sheridan hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht.

    Godall, Sheridans Freund und politischer Berater, stieß sich vom Schreibtisch ab, nahm seine Zigarre aus dem Mund. „Du machst einen Fehler, Archie, glaub es mir. Der Prozess hat die Gemüter erregt damals. Und nicht nur bei uns in Virginia. Und in den letzten Wochen hat die Presse den Fall noch einmal breitgetreten.‟ Langsam schaukelte Godall zurück zur Konferenzecke. „Die Bürger von Virginia wollen McMillan sterben sehen.‟

    „Die Presse hat auch den Fall von Bill Henning breitgetreten‟, entgegnete Sheridan unwirsch. „Dreizehn Jahre in der Todeszelle von Greensville. Ich hab ihn nicht begnadigt.‟ Er schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. „Und seit sechs Wochen wissen wir, dass wir einen Unschuldigen auf den elektrischen Stuhl geschickt haben ...‟

    „Mit diesem Risiko müssen wir leben‟, schnitt Godell ihm das Wort ab. „Verdammt, Archie!‟ Der Dicke fuhr herum. „Kapierst du nicht, oder willst du nicht kapieren?! Ein Gouverneur, der einen zum Tode verurteilten Mörder begnadigt, gilt in politischen Kreisen als Weichei! Wenn du in vier Jahren Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden willst, darfst du dir so etwas nicht erlauben!‟

    Ein Zeitlang sahen sie sich schweigend an. Dann wanderte Sheridans Blick wieder zu seiner Elfenbeinuhr. Sieben Minuten vor zwölf. Er griff zum Telefon. Godell eilte zum Schreibtisch und legte seine Hand ebenfalls auf den Hörer.

    „Der Gnadenausschuss hat das Gesuch abgelehnt‟, sagte er eindringlich. „Man hat dir empfohlen, den Kerl nicht zu begnadigen ...!‟

    „Der Gnadenausschuss hat mir noch nie etwas anderes empfohlen, seit es ihn gibt.‟ Sheridan schob die Hand seines Freundes vom Telefon weg. „Ich hab mir den ganzen Sonntag um die Ohren gehauen, um mir die Prozessakten anzusehen.‟

    „Das hat der Gnadenausschuss auch getan‟, knurrte Godell.

    „Es war ein Indizienprozess! Die Sache ist mir zu unsicher!‟

    „McMillans Anwalt konnte die Unschuld des Kerls nicht beweisen ...!‟

    „Ich hab ein schlechtes Gefühl!‟ Die Männer wurden lauter. „Bei Bill Henning hatte ich auch ein schlechtes Gefühl! Ich hab mir geschworen, nie wieder gegen mein Gefühl zu handeln!‟

    Endlich nahm er den Hörer ab. „Geben Sie mir die Todeszelle von Greensville ...‟

    3

    Das Bild stand neben dem Monitor. Es war schwarz gerahmt und etwa so groß wie ein durchschnittliches Buch. Es zeigte eine junge Frau Anfang zwanzig.

    Erst als seine Finger das kalte Glas spürten, merkte George Tronder, dass seine Hand wie von selbst zu dem Bild gewandert war. Er riss seine Augen vom Monitor los und blickte das Foto an.

    Die junge Frau musste in einem sehr glücklichen Augenblick fotografiert worden sein. Ihre Züge wirkten entspannt, ihre Augen strahlten, und sie lächelte. Tronders Miene verhärtete sich noch mehr. Seine Lippen wurden schmal und farblos, und unter der faltigen Haut seines Halses tanzte sein Adamsapfel auf und ab.

    Tronder war ein Mann von Anfang sechzig – nicht besonders groß, aber von kräftigem, muskulösem Körperbau. Das graue, sehr kurzgeschnittene Haar zog sich wie eine Bürste über seinen breiten Schädel. Seine wässrig-blauen Augen lagen tief in den Höhlen unter dichten, struppigen Brauen.

    Er trug einen nicht mehr ganz neuen Kampfanzug. Die Streifen auf den Schultern wiesen ihn als Captain der US-Army aus. Ein Barett lag neben der Tastatur. Zur Feier des Tages hatte er sich seine Orden an die Brust geheftet.

    Sein Blick löste sich vom Bild der jungen Frau und hefteten sich wieder auf den Monitor. Sie hatten dem Kerl jetzt die Maske übergestülpt und die Gurte um Beine, Arme und Brust festgezurrt. Die große Uhr an der Kachelwand hinter Old Sparky stand auf fünf Minuten vor zwölf.

    „Noch fünf Minuten, dann haben wir den dreizehnten Mai‟, murmelte Tronder. Er nahm das Bild seiner Tochter und stellte es hinter die Tastatur. So, dass die junge Frau in den Monitor hinein lächelte. „In fünf Minuten hast du Geburtstag, Kathy.‟

    Jetzt stülpten sie dem Mann die Kopfmaske über. „Stirb langsam, du Sauhund‟, knurrte er. „Ganz langsam sollst du sterben ...‟

    Erst vor zwei Wochen hatte er sich eine PC-Karte für den Internetzugang angeschafft. Sofort, nachdem er in der Zeitung gelesen hatte, dass die Hinrichtung von Kevin McMillan live aus dem Gefängnis von Greensville, Virginia übertragen werden sollte. Im Internet.

    Er beugte sich vor. Nichts sollte ihm entgehen – jede Zuckung, jedes Aufbäumen des Mannes auf Old Sparky wollte er genießen. „Endlich schicken sie wieder einen dieser Mistkerle in die Hölle, Kathy‟, murmelte er. „Ein schönes Geburtstagsgeschenk für dich, mein Täubchen ...‟

    Die vier Vollzugsbeamten traten zurück und verschwanden aus dem Bereich der Kamera. Nur noch Old Sparky, die große Uhr an der Kachelwand und den festgeschnallten McMillan konnte man jetzt noch auf dem Monitor sehen. Tronders maskenhafte Miene verzog sich zu einem hässlichen Feixen, als er die schlotternden Knie des Todeskandidaten bemerkte.

    Das Bild zog Tronder vollständig in den Bann. Seine Finger ballten sich zu Fäusten, öffneten sich wieder, rieben sich aneinander und schlossen sich erneut zu Fäusten. Seine starren Augen hingen an dem zum Sterben verurteilten Frauenmörder.

    Sekunden verstrichen. Eine ganze Minute sogar, und länger. Der schwarze Zeiger der Uhr an der Kachelwand bewegte sich ruckartig – drei Minuten vor Mitternacht.

    Nichts geschah.

    Plötzlich erschienen die Vollzugsbeamten wieder im Bild. Sie schnallten McMillan los und zogen ihm die Maske vom Kopf. Man konnte die weit aufgerissenen Augen des Todeskandidaten sehen. Ungläubig starrte er die Männer rechts und links von sich an.

    Einer beugte sich zu ihm hinunter, um ihm etwas zu sagen. Eine Mischung aus Schmerz und Lachen flog über McMillans Züge. Er sah aus, als sei er wahnsinnig geworden. Er schlug die Hände vors Gesicht und sackte auf Old Sparky zusammen …

    Tronder saß wie erstarrt. Er konnte nicht glauben, was seine Augen doch ganz genau sahen. „Verfluchte Scheiße, was treiben die Idioten da ...‟ Kein Kommentar, keine Erklärung, gar nichts …

    Seine Finger verkrampften sich um das Bild seiner Tochter. „Kapierst du das, Kathy, kapierst du das ...?‟

    Dann ein Schriftzug am unteren Rand des Bildschirms: Kevin McMillan in letzter Minute begnadigt …

    Tronder schrie laut auf. Er warf sich in seinem Stuhl zurück. Fassungslos starrte er auf die Wand hinter dem Tisch, auf dem er Computer und Monitor aufgebaut hatte. Die amerikanische Flagge hing dort. Noch einmal schrie er.

    Er sprang auf, rannte in sein kleines Wohnzimmer, wo sein TV-Gerät stand. Mit zitternden Händen griff er nach der Fernbedienung. Er zappte sich durch die Kanäle, bis er einen Nachrichtensender fand.

    Endlich der Konterfei einer Nachrichtensprecherin. Tronder stellte lauter.

    „… der Gouverneur von Virginia, Arthur Sheridan, hat gleichsam in letzter Minute dem Gnadengesuch des wegen Mordes und Vergewaltigung zum Tode verurteilten Kevin McMillan stattgegeben. Der dreiundzwanzigjährige McMillan sollte heute, am zwölften Mai, um Mitternacht im Todestrakt von Greensville, Virginia, auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet werden. Wie aus der Internet-Übertragung der Hinrichtung ersichtlich wurde, saß McMillan bereits auf ...‟

    Tronder hörte nicht mehr zu. Er drehte sich um und ging zum Telefontisch. Dort ließ er sich in einen Sessel fallen. Minutenlang hockte er regungslos da. Irgendwann steckte er sich einen Zigarillo zwischen die Lippen und zündete sie an.

    Ein paar Züge rauchte er, bevor er zum Telefonhörer griff. Er wählte eine New Yorker Nummer. „Ich bin′s, George‟, sagte er mit müder, schleppender Stimme. „Habt ihr′s gehört?‟

    „Ja.‟ Eine Frauenstimme war am anderen Ende der Leitung.

    „Gut.‟ Er blies den Rauch seines Zigarillos in Richtung Fernsehgerät. Auf der Mattscheibe sah er eine Traube von Reportern vor dem Regierungssitz des Gouverneurs. Mit Kameras und Mikrofonen bewaffnet drängten sie sich um einen großen, weißhaarigen Mann. Arthur Sheridan.

    „Schick die nächste Sendung Briefe hinaus‟, knurrte Tronder. „Wir schlagen los ...‟

    4

    Es war an einem Freitagabend Ende Juni. Was heißt Abend – Mitternacht war lange vorbei, und eine Menge Nachtschwärmer sammelten sich an der Theke und um die Tische der kleinen Bar in SoHo. Seit zwei Stunden saß ich dort.

    Ich weiß nicht mehr, was mich an diesem Frühsommerabend nach SoHo verschlagen hatte. Ich weiß nur noch, dass die Bar Café Carré hieß, und dass ich allein war. Milo hatte sich damals einen Kurzurlaub gegönnt und war nach Hawaii gejettet.

    Ein Bürotag lag hinter mir. Ermittlungsberichte, Verhörprotokolle, umfangreiche Schreiben an die Staatsanwaltschaft – lauter ungemein aufregende Jobs, auf die ich so scharf war wie auf einen Zahnarzttermin. Erst gegen zehn hatte ich die Federal Plaza verlassen.

    Ein übler Fall war das, mit dem wir uns in den Wochen zuvor beschäftigen mussten. Wir hatten einen bundesweiten Ring von Sadisten auffliegen lassen. Pornohändler der übelsten Sorte. Sie hatten junge Mädchen umgarnt und zu Perversitäten gezwungen, die das Vorstellungsvermögen normaler Menschen überstiegen. Sogar Morde an den Mädchen hatten sie gefilmt und mit den Streifen Geschäfte gemacht.

    Den ganzen Juni über war die Verhaftungswelle durch verschiedene Bundesstaaten gerollt. Dutzende von Männern wanderten hinter Gitter. Äußerlich brave Bürger zumeist – Familienväter, Geschäftsleute und biedere Männer, denen man auf den ersten Blick nicht einmal eine Geschwindigkeitsübertretung zugetraut hätte.

    Die Beschäftigung mit den Verhörprotokollen und den Ermittlungsberichten hatte den Fall wieder auf meine innere Bühne geholt. Im Café Carré versuchte ich meinen Ekel herunterzuspülen. Mit dem einen oder anderen Bier.

    Der Mann hinter der Theke fiel mir auf. Er erinnerte mich an ein Gemälde, das mir in meiner Schulzeit begegnet war – ungarische Reiteroffiziere, die in der Schlacht von Austerlitz Bonapartes′ Regimenter angriffen.

    Wie einer dieser schnittigen Husaren sah der Wirt aus: Drahtig, nicht besonders groß, scharf geschnittenes, schmales Gesicht; akkurat gestyltes, dunkelblondes Haar und einen buschigen Schnauzer unter der geraden Nase.

    Je länger ich ihn beobachtete, desto beeindruckender fand ich den Mann – seine Hände flogen über die Theke, sammelten leere Gläser ein und knallten frisch gefüllte vor die Gäste. Die Art, wie er die Zapfhähne bediente, hatte etwas von der Präzision, mit der Marines ihre schweren automatischen Waffen bedienten.

    Jeder Handgriff saß, jeder Schritt schien tausendmal gemacht, die meisten Gäste an der Theke wurden mit Vornamen angesprochen, und seine Augen wanderten aufmerksam über die Tische.

    Als ein Betrunkener zu randalieren begann, verließ der Husarenkellner ohne zu zögern die Deckung seiner Theke und setzte den Mann an die frische Luft. Ich begriff, dass er die unumstrittene Autorität im Café Carré darstellte.

    Genauso zackig wie die Zapfhähne und die Spülbecken für die Gläser bediente er die Musikanlagen links neben dem Barregal. Lauter vertraute Töne der siebziger Jahren perlten aus den Boxen: Bob Dylans lakonisches Quäken, Mick Jaggers gierige Stimme, Joe Cockers selbstgefälliges Geschrei, Ginger Bakers Getrommel und Chris Reas melancholische Gitarrenläufe.

    Je länger ich an der Theke saß, desto besser gefiel mir der Laden – eine Kneipe wie ein Wohnzimmervorposten. Der Gedanke, endlich nach Hause zu gehen verflüchtigte sich, und ich bestellte noch ein Bier.

    Ein Mann kam herein – groß, blonder Lockenkopf, Body-Builder-Figur, mein Alter. Bereitwillig rückten die Leute zusammen und machten ihm Platz am Tresen.

    „Hi, Simon‟, begrüßte ihn der Husar hinter der Theke. „Wie geht′s so?‟ Auch diesen späten Gast schien er gut zu kennen.

    Ein paar Minuten später servierte er mir mein Bier. „Könnte es sein, dass Sie der Chef hier sind?‟, fragte ich.

    „So ist es, Sir – und Sie sind entweder Auftragskiller, Journalist oder Bulle.‟

    „Wie kommen Sie auf die Idee?‟ Ich verbarg meine Verblüffung, so gut es ging.

    „Die Art, wie Sie hier sitzen und beobachten‟, grinste er. „Sie gehören zu

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1