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Der Lausedelphin
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eBook453 Seiten6 Stunden

Der Lausedelphin

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Über dieses E-Book

Das Leben im Meer ist dem Leben an Land manchmal sehr ähnlich. In einer Delphinsiedlung lebt ein junger, lebensfroher Jungdelphin namens Ignazius, der schon die zweite Klasse besucht. Da Delphine nur drei Jahre überhaupt in die Schule gehen, gibt es meistens nur wenig Freizeit für die verspielten Meeresbewohner, da sie so schnell erwachsen werden. Gegen Ende des zweiten Schuljahres müssen die Eltern von Ignazius verreisen und so beginnt eine wundervolle Zeit mit vielen Abenteuern für den kleinen Lausedelphin. Darüber hinaus stehen Ignazius und seine Mitschüler gerade am Beginn der Pubertät, was das Leben für alle noch zusätzlich interessanter und auch komplizierter macht.

Abgesehen von Abenteuern, lernt Ignazius auch viele neue Freunde kennen und diese braucht er auch, denn die Haie sind in der letzten Zeit ziemlich frech geworden und sind auf Ärger aus.

Um die Sache abzurunden, gibt es auch Probleme mit Roberta, einer jungen Delphindame, die Ignazius schon seit Kindertagen kennt. Plötzlich kann er sie nur noch anblubbern und versteht nicht wieso. Selbst der Meermenschenarzt, Doktor Qualle, ist ratlos.

Dieses erste Buch von den ’Geschichten von unter der Meeresoberfläche’ bietet einen guten Einstieg in die Unterwasserwelt, in der die Delphine und auch die Meermenschen zahlreiche Abenteuer zu bestehen haben.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum30. Jan. 2020
ISBN9783739698908
Der Lausedelphin

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    Buchvorschau

    Der Lausedelphin - E. Dence

    Prolog

    Bitte beachten Sie die Altersempfehlung bei allen Büchern, denn es werden auch Bücher geschrieben, welche nicht von Kindern oder Jugendlichen verstanden würden oder gelesen werden sollten.

    Die folgenden Geschichten enthalten einen guten Teil Schulwissens, sind jedoch mit phantasievollen Extras ausgestattet, da sie ja speziell für Kinder und Jugendliche unterhaltsam sein sollen. Auch Erwachsene werden dieses Buch ebenso zum Schmunzeln finden, wie jüngere Leser.

    Einzelne Charaktere in diesem ersten Buch aus der Serie »Geschichten von unter der Meeresoberfläche« werden später auch in anderen Büchern zu finden sein. Beachten Sie bitte auch im Anhang das Kapitel »Wahrheit und Fiktion«.

    Ich hoffe die zahlreichen Delphingeschichten werden für Sie und Ihre Kinder genauso spannend zu lesen oder zu hören sein, wie sie für mich zu schreiben gewesen sind. Ich wünsche Ihnen und Ihren Kindern viel Spaß.

    Der junge Lausedelphin Ignazius

    Delphine gibt es schon sehr viel länger als die Menschen. Delphine wissen auch, dass Delphine wesentlich intelligenter als die Menschen sind. Da aber niemand die Delphinsprache spricht, ist das den Menschen noch nicht aufgefallen. Aus Menschensicht gehören die Delphine zu den Säugetieren. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass Delphine lebende Jungen zur Welt bringen, welche sie auch säugen. Das ist also genau so wie bei den Menschen und anderen Säugetierarten. Obwohl die Delphine im Wasser leben, brauchen sie auch Luft zum Atmen.

    Fische unterscheiden sich von Delphinen hingegen sehr. Sie legen im Regelfall, aber nicht immer, Eier und aus diesen schlüpfen dann die Jungfische. Kiemen ermöglichen es den Fischen unter Wasser auch zu atmen, indem sie dem Wasser so den lebensnotwendigen Sauerstoff entziehen.

    Auch die Delphine haben Familien und die Jungdelphine werden von ihren Eltern genauso geliebt und ernährt, wie dies bei den Menschen und ihren Kindern der Fall ist. Und so beginnt unsere Geschichte:

    Auf den großen Ozeanen gibt es viele Inseln. Eine dieser Inseln war mit mehreren Stränden und einer sehr feinen aber kleinen Bucht an der Westseite ausgestattet. Vor der Insel waren einige Felsen im Wasser auf der Seite der Bucht. Doch tauchte man an den Felsen vorbei immer tiefer und tiefer, stieß man auf eine Delphinsiedlung. Dort lebten zahlreiche Delphinfamilien in ihren Unterwasserhöhlen. Es gab auch eine Schule und allerlei Verwaltungshöhlen. Die Versorgerdelphine sorgten dafür, dass in allen Höhlen an der Decke Luftblasen hingen, damit die Delphine zum Atmen nicht immer die Höhle verlassen und an die Oberfläche schwimmen mussten. In einer dieser Unterwasserhöhlen lebte Familie Seestern. Mama und Papa Seestern waren stolze Eltern eines frechen und lebensfrohen Delphins namens Ignazius. Ignazius Seestern ist daher sein vollständiger Name, doch ‚Herr Seestern‘ wird nur sein Papa von Mama genannt, wenn sich Papa wieder einmal an der Hausarbeit in ihrer feinen Unterwasserhöhle nicht beteiligt. Delphinkinder hingegen werden immer nur beim Vornamen gerufen. Unser Ignazius war schlimm. Schon in den Jahren bevor Ignazius zur Schule musste, spielte er den Eltern und auch den Nachbarn andauernd Streiche. Mit Streichen fing Ignazius bereits an, als er nur kurz auf der Welt und noch nicht einmal ein Jahr alt war.

    »Kicher, kicher«, hörte man es leise im Raum. Mama und Papa Seestern konnten nur nicht genau sagen, woher genau das Kichern kam. Zwei Stunden lang hatten sie schon alle abgetrennten Höhlenabteile ihrer Unterwasserhöhle durchsucht, aber ihren Sohn Ignazius hatten sie nicht gefunden. Das war nicht das erste Mal, dass der kleine Schlingel solche Streiche spielte und irgendwann mussten sie hinter den Trick kommen, um nicht andauernd nach ihm suchen zu müssen. Erst wenn Ignazius Hunger bekam, tauchte er plötzlich auf, als wäre nichts gewesen. Mama Seestern wollte anfangs streng mit ihm sein, aber wenn der kleine, süße Lausedelphin von unten schuldbewusst mit seinen großen Glupschaugen die Mama ansah, schmolz sie dahin und verzieh ihm sofort alles. Papa musste der Strenge sein und schimpfte auch immer mit Ignazius. Das erste Wort, das Ignazius sprechen konnte, war nicht etwa »Mama« oder »Papa«. Nein, es war, »’tschuldigung«. Kurz darauf lernte er sein erstes Wort noch zu ergänzen mit: »’tschuldigung, ich mach’s nie wieder«.

    Aber die heutige Suche erwies sich als besonders anstrengend. Das Kichern schien irgendwie aus dem nächsten Abteil in der Höhle zu kommen und war man dort, schien es, als käme es wieder aus dem Höhlenteil, den man gerade verlassen hatte. Frau Seestern schlug vor sich zu trennen und so schwamm Papa Seestern in das nächste Abteil, während Mama Seestern in diesem Abteil blieb. Mama versteckte sich noch zusätzlich, vielleicht würde es ja etwas bringen.

    Papa Seestern fing im Nachbarabteil an, nach Ignazius zu rufen. Da schoss der kleine Lausedelphin aus einem der kleinen Verbindungstunnel zwischen den Abteilen. Durch diese Tunnel war ein stetiger Austausch von Wasser gegeben und so wurde in den abgetrennten Höhlenteilen für ein gesundes Klima gesorgt. ‚Aha‘, dachte sich Mama Seestern während Ignazius zur Luftblase an der Decke schoss. ‚So ein Schlingel.‘ Nachdem er kurz Luft getankt hatte, raste er in beeindruckender Geschwindigkeit wieder in den Verbindungstunnel. Mama Seestern hätte ihn nie erwischt und aus dem Tunnel drang wieder ein Kichern, während Papa im Nachbarabteil schon heiser wurde.

    Mama Seestern schwamm in die Haupthöhle und rief nach ihrem Mann. Die Haupthöhle wurde fast immer als Wohnhöhle bezeichnet und auch meistens so verwendet. Von hier aus gab es auch kleine Verbindungstunnel in die äußeren Abteile und daher konnte Mama nicht sicher sein, dass sie nicht von Ignazius belauscht wurden. Leise erzählte sie ihrem Mann, wie es Ignazius anstellte, scheinbar immer wieder zu verschwinden. Schnell war ein Plan entwickelt.

    Mama und Papa schwammen in alle Abteile, bis sie ein Kichern aus der Wand hörten. Dann schwamm Papa ins Nachbarabteil, holte bei der Deckenblase ganz tief Luft, schwamm zum Tunnel und blies, wie auf einer Trompete, so kräftig er konnte in den Tunnel hinein. Ein vergnügtes Quietschen war sofort zu hören, während Ignazius förmlich aus dem Tunnel herausgeblasen wurde. Papa hatte so heftig geblasen, dass der kleine Ignazius quietschend und wie ein kleiner Ball aus dem Tunnel sauste, von Höhlenwand zu Höhlenwand prallte und vor der entsetzten Mama zu liegen kam. Ignazius richtete sich wieder gerade, glotzte die Mama mit leicht rollenden Augen an und rief begeistert, »Nochmal, nochmal, nochmal! Das war lustig! Nochmal!« Während Mama Seestern ihrem Sohn, dem vor lauter Freude und Aufregung die Seitenflossen flatterten, wieder einmal nicht böse sein konnte, war Papa nicht so begeistert. Hinter Ignazius ertönte eine tiefe Stimme, »Sohn, wir müssen reden.«

    Liebe Nachbarn

    Nach der Strafpredigt und dem Verbot nochmals so einen Unfug in der heimischen Höhle anzustellen, fand Ignazius bald neue Opfer. Zwar war es auch verboten, ohne Begleitung von Erwachsenen in diesem Alter die Höhle zu verlassen, aber eine Strafpredigt hatte es deswegen noch nicht gegeben. Verbote ohne Strafpredigten empfand Ignazius eher als Empfehlungen. Daher besuchte Ignazius am nächsten Tag die Familie Mondschein, welche in einer höher gelegenen Unterwasserhöhle gegenüber ein schönes Zuhause hatte.

    Heimlich schlich sich Ignazius raus und machte die Nachbarn mit seinem Kichern aus der Wand nervös. Die Kinder der Mondscheins waren schon lange in die Hauptstadt gezogen, denn die Familie war auch ursprünglich aus der Hauptstadt, doch hatten die Kinder nie solche Streiche gespielt. Eine halbe Stunde ging der Spuk, dann musste Ignazius schnell heim, damit seine Abwesenheit nicht bemerkt werden würde. Auch bei anderen Nachbarn schaute Ignazius ab und zu vorbei, aber bei der Familie Mondschein war er am liebsten, denn dort roch es so angenehm und Herr und Frau Mondschein lächelten immer so freundlich, wenn Ignazius mit Mama unterwegs war und ihnen begegnete. Doch die Ausflüge von Ignazius wurden immer länger und Herr und Frau Seestern mussten ihn irgendwann deshalb schon wieder suchen. Da er nicht in der Höhle zu finden war und Papa Seestern alle Verbindungstunnel erfolglos durchgepustet hatte, bis ihm schwindlig wurde, musste der kleine Lausedelphin wohl oder übel die Höhle verlassen haben. Besorgt schwamm Mama Seestern zu allen Nachbarn, um diese zu bitten, die Augen offen zu halten. Papa Seestern suchte in der Zwischenzeit die ganze Gegend ab.

    »Frau Seestern, mein Mann ist doch Chef der Wächterdelphine. Vielleicht sollten wir uns vom Posten Verstärkung holen, damit wir den kleinen Ausreißer schneller finden«, sagte Frau Mondschein, die gerade Futterfische für das Abendessen holen wollte, als ihr Frau Seestern am Eingang ihrer Höhle begegnete. Frau Seestern wusste zwar, dass manchmal ein Jungdelphin trotz Verbot unerlaubt die Höhle verlassen würde, doch war es ihr peinlich, dass gerade ihr lieber Ignazius zu den Ausreißern zählen könnte. »Soso«, sagte Herr Mondschein, der sich gerade hinzugesellte, denn durch die Stimmen vor der Höhle war er neugierig geworden. »Alles sehr seltsam. Genauso wie das unerklärliche Kichern in der Wand, das wir seit ein paar Wochen bei uns haben. Vorhin habe ich es schon wieder gehört.« Frau Seestern wurde bleich und rief gleich nach ihrem Mann, der gerade ein paar Korallenbäumchen in der Nähe inspizierte.

    »Ich glaube, ich weiß, was los ist und wo Ignazius steckt«, sagte Frau Seestern, als ihr Mann erschöpft eintraf. »Können wir einmal in die Höhle schwimmen, wo Sie das Kichern gehört haben, Herr Mondschein?«, fragte Frau Seestern. Herr Mondschein nickte und alle folgten ihm in eine sehr schön dekorierte Schlafhöhle. Keine halbe Minute später war wieder ein Kichern zu hören. Herr Mondschein drehte sich um seine Achse und richtete seinen Schnabel genau auf die Richtung, aus der das Kichern kam. Herr Seestern schwamm so schnell er konnte in das Nachbarabteil und tankte ordentlich Luft an der Deckenblase. ‚Na warte, du Schlingel‘, dachte sich Herr Seestern und blies so heftig er konnte in den Verbindungstunnel. Wie ein Gummiball schoss Ignazius quiekend aus dem Tunnel und knallte dem erschrockenen Herrn Mondschein genau zwischen die Augen, klatschte oben an die Höhlendecke und endete mit einem dumpfen PLATSCH am Höhlenboden. »Autsch! Nochmal, nochmal!«, quietschte Ignazius vergnügt und leicht lädiert. Alle Flossen vibrierten vor Verzückung und er konnte sich nicht einmal mehr aufrichten. Herr Mondschein war ganz benommen und schielte mit den Augen. »Soso«, sagte er trocken, »Das erklärt ja so einiges und außerdem – Autsch.« Während Frau Mondschein und Frau Seestern noch ganz verdutzt zwischen Ignazius und dem verwirrt schielenden Herrn Mondschein hin und her blickten, schwamm Herr Seestern aufgeregt durch den Eingang der Schlafhöhle. »Haben wir den Schlingel erwischt?«, fragte er aufgeregt. »Najaaaa, zuerst hat Ignazius Herrn Mondschein erwischt, genau zwischen die Augen. Und jetzt kullert er vor Frau Mondschein herum und will gleich nochmal so in der Gegend herum geschossen werden«, antwortete Frau Seestern schuldbewusst und mit leicht gesenktem Kopf. Herr Seestern senkte den Kopf und entschuldigte sich gleich für alles bei Herrn Mondschein. »Papperlapapp, da hat Herr Mondschein schon ganz andere Sachen erlebt. Das hält er schon aus. Schließlich war er doch einmal selbst Wächterdelphin, bevor er den Wächterposten dann übernommen hat«, erwiderte Frau Mondschein. Dann strich sie Ignazius sanft über den Bauch, denn der konnte sich immer noch nicht aufrichten, weil er vor Aufregung noch zitterte. Ignazius beruhigte sich und umklammerte mit den winzigen Seitenflossen ganz fest ihren Schnabel. »Du bist so lieb, Frau Mondschein«, schwärmte Ignazius und sah sie mit seinen großen Glupschaugen auch ganz liebevoll an. So einem süßen Fratz konnte sie unmöglich böse sein. Sanft hob sie den Kleinen hoch und brachte ihn zu seiner Mutter. »Wir müssen nach Hause, kleiner Schatz«, sagte Frau Seestern sanft, denn sie war bei den Worten ihres Sohnes ebenfalls hoffnungslos dahingeschmolzen. Nur Papa Seestern und Herr Mondschein tauschten wissende Blicke aus. Die Damen waren schon wieder einmal von einem frechen Lausedelphin um die Flosse gewickelt worden.

    Am nächsten Tag gab es für den kleinen Lausedelphin dann die Konsequenzen. Papa Seestern befahl Ignazius, sich bei allen Nachbarn, denen er Streiche gespielt hatte, zu entschuldigen. Das war natürlich ein Fehler, denn Herr Seestern hatte einen freien Tag und wusste ja gar nicht, wie viele Nachbarn Ignazius schon besucht hatte. Nach dem zwanzigsten Nachbarn war ein guter Teil des Tages schon vergangen, denn Herr Seestern hatte Ignazius auch befohlen zu beichten, wie und wie oft er denn Streiche gespielt hätte.

    Papa begleitete den kleinen Lausedelphin und kam aus dem Staunen nicht heraus. Als Ignazius schließlich von Papa gefragt wurde, wie viele Besuche noch offen waren, gab der ermüdete Ignazius an, dass es nur noch fünf Nachbarn waren. Herr Seestern befahl Ignazius, diese jetzt alleine zu besuchen und es ganz genauso zu machen, wie bei den vielen anderen. Dann schwamm Herr Seestern nach Hause, um seiner Frau beim Aufräumen zu helfen. Bei der gestrigen Suche war alles in Unordnung geraten und Frau Seestern schuftete schon den ganzen Tag, um aufzuräumen.

    Ein paar Stunden später bereiteten beide müde und erschöpft das Abendessen zu. Ignazius war gerade mit dem letzten Nachbarn fertig geworden und er war nun auch schon sehr erschöpft. Mit halb geschlossenen Augen schwamm er einfach seiner Nase nach, der Geruch leitete ihn – in die Höhle der Familie Mondschein. Herr und Frau Mondschein waren gerade beim Abendessen, als ein total erschöpfter Ignazius langsam in die angenehm duftende Wohnhöhle schwamm. »Ich hab mich jetzt bei allen entschuldigt. Gute Nacht«, gab er leise von sich, schwamm zu Frau Mondschein und kroch unter eine ihrer Seitenflossen. Nur das Gesicht lugte unter der Flosse hervor. Ignazius gähnte einmal herzhaft und war auch schon eingeschlafen. Ein leises Schnarchen war bereits zu hören, als Frau Mondschein wagte etwas zu sagen, »Da ist wohl jemand sehr müde.« Behutsam legte sie die Seitenflosse etwas besser um den kleinen Delphin und liebevoll strich sie mit ihrem Schnabel über seinen Kopf. »Nein, du darfst ihn nicht behalten«, sagte Herr Mondschein trocken. Verdutzt sahen sich beide an und fingen an, leise zu lachen. »Ich sage mal seinen Eltern, dass ihr Sohn heute bei uns zu Gast ist. Sonst machen sie sich noch Sorgen«, teilte Herr Mondschein seiner Frau mit und schwamm aus der Höhle. Ihr glücklicher Gesichtsausdruck, als sie Ignazius zärtlich mit dem Schnabel streichelte, machte auch Herrn Mondschein glücklich. Viel zu oft wurde nur noch von der Arbeit gesprochen und so ein kleiner, liebenswerter Lausedelphin brachte offensichtlich wieder mehr Freude ins Alltagsleben der Mondscheins.

    Herrn Mondschein bot sich ein seltsamer Anblick, als er in die Unterwasserhöhle der Seesterns schwamm. In der Eingangshöhle hatte er laut und deutlich gefragt, ob er hereinkommen durfte, doch hatte er keine Antwort bekommen. In allen Delphinhöhlen, die Herr Mondschein kannte, waren Ziergegenstände und fallweise sogar Spiegel an den Wänden befestigt. Dies hatten die Meermenschen getan, damit die Höhlen für Delphine behaglicher wurden. Hier schien alles irgendwie heruntergefallen zu sein, denn die noch vorhandenen Gegenstände standen alle am Höhlenboden und lehnten gegen die Wand. So ein energiegeladener Jungdelphin schien auch so einige Auswirkung auf das Mobiliar zu haben.

    So sah es dann auch in der Wohnhöhle aus, als Herr Mondschein hinein schwamm. Herr Seestern lag in seiner Raststelle und kaute lustlos und abwesend am Abendessen herum, während Frau Seestern gerade mit ihrem Abendessen aus der Vorratshöhle kam. Der Futterfisch fiel ihr fast aus dem Schnabel und ihre Augenlider waren halb geschlossen. ‚Ach so. Auch so erschöpft, wie der Kleine‘, dachte sich Herr Mondschein. »Einen guten Abend wünsche ich. Euer Sohn hat sich wohl in der Höhle geirrt und ist derzeit bei uns. Allerdings war er müde und ist sofort eingeschlafen. Er kann gerne die Nacht bei uns verbringen und wir bringen ihn morgen früh wieder vorbei, wenn es Ihnen recht ist.« Mühsam richteten Herr und Frau Seestern ihre Blicke auf Herrn Mondschein. Beide schienen leicht zu lächeln und sagten gleichzeitig, »Danke.«

    Herr Mondschein wendete und sagte, »Keine Ursache, bis morgen und gute Nacht.« Da er keine Antwort bekam, drehte er sich nochmals um und sah Herrn Seestern mit dem Kopf im Abendessen liegen. Ein leises Schnarchen war schon zu hören, aber es kam nicht von ihm, sondern vom Boden. Dort lag Frau Seestern mit ihrem Abendessen im Schnabel und schlummerte schon tief und fest. ‚Muss ganz schön anstrengend sein, so ein lebhafter junger Delphin. Unsere Kinder waren ja eher von der gemütlichen Sorte. Der kleine Ignazius hat ganz schön Seeigeln in der Schwanzflosse‘, dachte sich Herr Mondschein und schwamm heim, um seiner Frau zu berichten.

    Am nächsten Morgen freuten sich Ignazius und seine Eltern, wieder vereint zu sein. Beide Mondscheins hatten ihn wie versprochen abgeliefert. Überschwänglich bedankte sich Frau Seestern, während Herr Seestern den kleinen Ignazius mit seinem Lieblingsspiel beglückte. Herr Seestern balancierte Ignazius auf seinem Schnabel in der Luftblase an der Decke. Damit war Ignazius wie ein Landbewohner kurz aus dem Wasser und konnte mit den Flossen in der Luft flattern, was ihm besonders zu gefallen schien. Die Mondscheins kannten dieses Spiel noch nicht und freuten sich über die liebevolle, wenn auch leicht ramponierte Umgebung, in welcher der Kleine so wundervoll aufwuchs. Vielleicht lag es ja auch an Papa Seesterns Art, mit dem Kleinen so zu spielen, dass er so aufgeweckt und unternehmungslustig war. Zufrieden schwammen beide wieder heim.

    »Weißt du, eigentlich ist der Kleine ja ganz süß. Soll ich fragen, ob wir öfters auf ihn aufpassen sollen?«, neckte Frau Mondschein ihren Mann. Dieser wurde kreidebleich, denn er glaubte nicht, dass sie beide in ihrem Alter noch mit so einem kleinen Energiebündel fertig werden würden. Als Frau Mondschein kicherte, realisierte er aber, dass es nur ein Spaß gewesen war und die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück. »Ich glaube, so eine Nähe solltest vor allem du nicht anstreben, mein liebes Schnäuzelchen.« »Das war doch nur Spaß. Und wieso sollte ich das nicht?«, fragte Frau Mondschein. »Nun ja, wenn man bedenkt, wie alt Ignazius jetzt ist, wird er bei deiner nächsten ersten Klasse in ein paar Jahren ohnehin für drei ganze Jahre nur dir ganz allein gehören, mein Schatz«, erwiderte ein grinsender Herr Mondschein. Nun war es an ihm, seine Frau ein wenig zu necken. Und jetzt war es auch Frau Mondschein, die weiß wurde wie eine Wand. Das hatte Frau Fachlehrer Mondschein tatsächlich nicht bedacht.

    Auf zur Schule

    Da die Siedlung relativ klein war, gab es immer nur eine einzige erste Klasse. Zwangsläufig kam Ignazius also in Frau Mondscheins Klasse, da sie diesmal an der Reihe war, die erste Klasse zu übernehmen. Ignazius war davon sehr begeistert, denn er hatte so einige schöne Erinnerungen an die Mondscheins und mochte sie sehr. Frau Mondschein freute sich auch, war aber etwas verhaltener. Schließlich durfte sie keine Jungdelphine bevorzugen und es stand ihr guter Ruf als strenge Lehrerin, welche die Kinder gut auf den Lebensweg vorbereitet, auf dem Spiel.

    Schon im ersten Schuljahr wurde Ignazius als schlimmster Delphin in der Schule bekannt. Unter anderem versteckte er sich gerne vor den Lehrern, vertauschte den Schülern die Lunchpakete und vor allem die kleineren und schwächeren weiblichen Delphine neckte er mit Kussgeräuschen, sobald sich einer seiner männlichen Mitschüler einem Delphinmädchen auch nur näherte. Natürlich waren alle noch viel zu jung, um Interesse aneinander zu haben, aber Ignazius machte es trotzdem. Der Unterricht war langweilig und die Klassenlehrerin Frau Mondschein hatte leider wenig Verständnis für einen Störenfried, auch wenn sie ihn kannte und sehr mochte. Da die Schule langweilig war und seine Hänseleien meistens nur Ignazius selbst belustigten, entdeckte er schon bald ein neues Hobby: Schulschwänzen

    Es dauerte nicht lange, dann war Ignazius ein Profi im Ausreden erfinden. In der Schule war er öfters krank gemeldet und daheim schwindelte er über den Unterricht, den er ja nicht immer besuchte. Für Delphine war Lügen zwar etwas sehr Schlimmes, aber in den jungen Jahren waren Schwindeleien von Jungdelphinen durchaus zu erwarten.

    Selbst verheiratete Delphine schwindelten noch ab und zu: »Hast du den Müll schon zur Recycling-Höhle gebracht, mein Schatz?«, »Ich erledige das in einer Minute, Liebling.«

    Wurde der Müll doch nicht rasch weggebracht, so durfte der Delphinehemann wieder einmal in der Wohnhöhle, anstatt in der Schlafhöhle schlafen. Delphinehefrauen verziehen solche Schwindeleien ihrer Männer nur selten und mussten schließlich den Kindern beibringen, dass niemandem Schwindeleien verziehen wurden. Delphinehemänner, die häufiger schwindelten, erkennt man ganz leicht an den Ringen unter den Augen. In den Wohnhöhlen kann man nämlich nicht so gut schlafen, wie in den Schlafhöhlen.

    Für Ignazius begannen die wilden Jahre, dachte zumindest er selbst. Schiffswracks, Korallenbänke und Höhlen mussten erforscht werden. Auch riskante Ausflüge ins nächstgelegene Hai-Territorium mussten unternommen werden. Am faszinierendsten fand Ignazius jedoch den Strand. Die Idee, auf einem festen Boden ohne Wasser leben zu müssen, fand Ignazius auch erschreckend, aber die Tierarten, die dort lebten, waren es durchaus wert, studiert zu werden. Die häufigste Tierart war eine haarlose Affenart namens Mensch. Diese seltsamen Wesen gingen nicht gebückt, so wie die anderen Affenarten. Sie schienen auch tatsächlich nicht wie andere Affen auf Bäumen zu leben. Das hatte er im Unterricht, in der Menschenkunde, gelernt. Aber Theorie war fade und hier konnte Ignazius viel mehr lernen und Spaß dabei haben. Da die Delphine häufig Wächterdelphine zum Strand schickten, um auf die unbeholfenen Tierarten der Oberfläche aufzupassen, damit diese nicht ertranken, musste er vorsichtig sein. Jungdelphinen war es verboten, ins Haigebiet, den Strand oder zu den Wracks zu tauchen. Alles was Spaß machte oder aufregend war, war Jungdelphinen verboten. Sicher könnte Ignazius warten und später selbst Wächterdelphin werden, aber wenn man etwas schon tun darf, war es für den Jungdelphin einfach weniger reizvoll.

    In einer kleinen Bucht mit seichtem Wasser war Ignazius sicher vor den Patrouillen. Auch für Haie war es hier nicht leicht möglich zu jagen. Die Wächterpatrouillen vertrieben auch die Haie vom Strand ins offene Meer, denn von den Menschen behaupteten Delphinwissenschaftler, sie seien vielleicht sogar beinahe so intelligent wie Delphine. Die Versammlung der Meeresvölker hatte daher schon vor langer Zeit beschlossen, die Menschen unter Artenschutz zu stellen, damit auch die eher räuberischen Meeresvölker die Menschen in Ruhe ließen. Intelligente Wesen zu verspeisen galt als unzivilisiert. Nur die Haie hielten sich nicht so gerne an die Abmachung, aber diese verspeisten schon immer auch Angehörige anderer Meeresvölker, wenn niemand hinsah. Als schnellster Schwimmer der Klasse konnte sich Ignazius aber immer schnell verstecken oder davonschwimmen, wenn er einen Hai sah. Ein Hai würde ihn nie erwischen und wenn er erst erwachsen war, konnte er die unverschämten Haie auch noch mit der Schwanzflosse verprügeln.

    Diese Ausflüge stärkten die Muskeln von Ignazius und im Sportunterricht war er einfach der Beste. Nur die schlanke und wendige Roberta Nordstrom war fast so schnell wie er, obwohl sie als Streberin bekannt war und von den breiter und besser gebauten Delphinmädchen gehänselt und als magere Gräte bezeichnet wurde. In allen anderen Unterrichtsfächern war Roberta die Nummer eins und Ignazius kam bald kaum mehr im Unterricht mit. Natürlich flog Ignazius beim ersten Elternsprechtag sofort auf. Frau Mondschein erkundigte sich nach dem kränklichen und häufig fehlenden Ignazius. Frau Mondschein wusste natürlich, dass Ignazius vermutlich die Schule schwänzte. Erstens kannte sie den kleinen Schelm schon sehr lange und zweitens konnte ein Delphin, der so oft krank war, wohl kaum der schnellste Schwimmer der Klasse sein. Mama und Papa Seestern hatten jedoch keine Ahnung.

    Für das Schulschwänzen gab es Hausarrest und in der Schule musste er nachsitzen, um aufzuholen. Roberta nannte ihn einen Trottelfisch, wegen seiner schlechten Leistung in der Theorie, fragte Ignazius jedoch, ob sie ihm Nachhilfe geben sollte. Da dieses Angebot bedeutete, dass er noch weniger Zeit am Strand in der Bucht verbringen konnte, lehnte er ab. Roberta wollte zwar nicht, dass der beste Schwimmer die Klasse wiederholen musste, aber nachschwimmen würde sie dem Lausedelphin natürlich auch nicht. »Dann bleib eben doof«, erwiderte sie schnippisch und schwamm davon. ‚So eine Frechheit‘, dachte sich Ignazius. Beim Nachsitzen fiel ihm dann auf, dass er vor lauter Abenteuern vergessen hatte, seinen Mitschülern Streiche zu spielen. Ignazius war eindeutig erwachsener geworden, aber Roberta hätte er an diesem Tag trotzdem gerne einen Streich gespielt.

    Ein ereignisreiches Jahr

    Das folgende Schuljahr wurde schwer, aber schön. Mit Streichen wollte Ignazius noch warten, bis die Zeit reif war. Nachdem es heuer noch kein Nachsitzen gab, waren alle Abenteuer auf einen Zeitpunkt nach der Schule verschoben und Ignazius war zumindest körperlich anwesend. Auch wenn er körperlich in der Schule war, dachte er doch den ganzen Unterricht lang nur an die Abenteuer, die er draußen bestehen konnte. Zum Glück schaffte er es immer wieder in die kleine Bucht zu schwimmen und die Affenmenschen zu beobachten. Im Menschenunterricht döste er dafür immer vor sich hin. Die Praxis war ihm also immer noch lieber.

    Eines Tages gegen Ende des zweiten Schuljahres mussten Mama und Papa Seestern für ein paar Tage verreisen. Es war eine ideale Gelegenheit gleich nach der Schule aufzubrechen. Die Hausübungen konnte er ja abends oder kurz vor Unterricht machen und die Höhle kann man ja noch am Tag vor der Heimreise der Eltern aufräumen. Ausnahmsweise mit genügend Freizeit ausgestattet, legte sich Ignazius in der Bucht auf die Lauer. Die Bucht wurde auch bei den Affenmenschen immer beliebter und dieses Jahr waren auch seltsame vierbeinige und sehr haarige Tiere mit am Strand.

    Es schien, als würden die Affenmenschen gar nicht so intelligent sein, denn sie ließen sich dauernd herumkommandieren. »Wuff« und ein Vierbeiner wurde gefüttert. »Wuff Wuff« und ein Vierbeiner wurde gestreichelt. Und wenn so ein Vierbeiner sich ganz ungeniert in aller Öffentlichkeit erleichterte, was man ja an einem stillen Örtchen tun sollte, hechelten ihm Affenmenschen hinterher, um sofort alle Spuren des öffentlichen Schauspiels zu beseitigen. ‚Dafür gibt es doch abgetrennte Teile in der Unterwasserhöhle, das stille Örtchen‘, dachte sich Ignazius. Auch die Menschenaffen schienen abgetrennte Behausungen weiter hinten am Waldrand zu haben, wo sie vermutlich ihre Notdurft verrichteten, also ihre Häufchen machten. Schließlich sah er aus der Entfernung diese Menschenwesen immer gut gelaunt aus diesen Behausungen kommen. Diese haarigen Vierbeiner waren also eindeutig Despoten. Sie herrschten über die Affenmenschen und diesen schien das auch noch zu gefallen! Alles sehr seltsam.

    Aber seltsamer war es heute, dass sich eines der Affenmenschenkinder im Wasser nicht mehr viel zu bewegen schien. Delphine haben ein unglaubliches Gehör und jagen ja auch mit Hilfe ihres natürlichen Sonars. Dass Delphine enorm viele Informationen gleichzeitig wahrnehmen und verarbeiten können und nicht so eingeschränkt sind, wie die weniger entwickelten Landbewohner, war ja auch selbstverständlich.

    Gefunden. Kurz hatte das Kind noch den Kopf aus dem Wasser bekommen und Wasser gespuckt und schon hing es wieder vornüber mit dem Kopf unter Wasser. ‚Diese komischen Dinger an den Armen sind wohl kaputt‘, dachte Ignazius. ‚Die anderen Kinder haben ja auch zwei?? Gefahr!!!‘

    Ignazius reagierte sofort. Schnell schwamm er aus dem Versteck zwischen den Felsen hervor und schwamm auf Sichtweite heran. Er schaffte es mit der Schwanzflosse zu wedeln und den Kopf aus dem Wasser zu erheben. Das hatte ihm Papa einmal gezeigt und Delphine sind ja intelligent und lernen schnell, »Hey, ihr Affenmenschen. Eines eurer Kinder ertrinkt!« Doch nur die vierbeinigen Herrscher bemerkten ihn und riefen, »Wuff Wuff Wuff«

    Ignazius schwamm näher heran und rief nochmal, »HALLO, DA ERTRINKT JEMAND!«

    Jetzt wurde er gesehen. Alle Blicke waren auf Ignazius gerichtet. Freudig erregt tobte die Affenherde, zeigte mit dem Finger auf ihn und schrie durcheinander, »Ugh Ugh Ugh Ugh Ugh Ugh Ugh Ugh« Übersetzt hieße das, »Schaut, ein süßer Delphin. Und der redet mit uns, so wie der schnattert. Hol den Fotoapparat, Schatz!«

    Arghh!‘, dachte sich Ignazius. ‚Von wegen intelligent! Und aufpassen können sie nicht einmal ohne fremde Hilfe auf ihren Nachwuchs.‘ Mit einem einzigen kräftigen Schlag seiner Schwanzflosse machte er einen Satz nach vorn und tauchte wieder unter Wasser. Mit raschen Schlägen war er schnell beim Kind, welches auch immer weiter abdriftete. Das zweite Dings am Arm war auch schon weg und das Kind war schon ganz unter Wasser. Ein kurzes Bremsmanöver und schon war er unter dem Kind. Langsam schob er den leblosen Körper mit dem Kopf durch die Wasseroberfläche nach oben. Die Rückenflosse verhinderte, dass das Kind von Kopf und Rücken runterrutschen konnte. Ignazius spürte, wie ihm das Kind Wasser über den Rücken spuckte und langsam und gequält wieder zu atmen begann. Ignazius war erleichtert und schlug vorsichtig einen Kurs Richtung Strand ein. Dieses ganz seichte Wasser machte Ignazius Angst, denn für ihn bedeutete das selbst Lebensgefahr, wenn er strandete. Bei den Affenmenschen mischte sich jetzt helles Kreischen und seltsame Laute zu den Ugh-Lauten. Im Wasser war plötzlich viel Bewegung, als ob die Menschen endlich das ertrinkende Kind bemerkt hätten und ins Wasser kämen, um zu helfen. Ignazius konnte ja den Kopf nicht heben, um nachzusehen, da ansonsten das Kind heruntergerutscht wäre.

    Es war schon extrem seicht, das Wasser, da wurde das Kind endlich von seinem Rücken gehoben und kurz darauf auf den Strand gelegt. Einer der haarlosen Affenmenschen, der dennoch eine erstaunliche Behaarung aufwies und eher an die Vierbeiner erinnerte, drehte das Kind auf die Seite und ermutigte es mit Ugh-Lauten dazu, irgend etwas zu tun. Das Kind spuckte immer wieder Wasser aus und hechelte dann nach Luft. Alle wirkten angespannt und starrten auf das Kind. Ignazius schwamm langsam rückwärts und versuchte wieder in tieferes Gewässer zu gelangen. Erst als das Kind wieder halbwegs normal atmete, entspannten sich die Affenmenschen bis auf jene, die dem Kind am nächsten standen. Eines dieser Wesen, wegen der drahtigen Gestalt und den zwei großen Beulen am Oberkörper vermutlich ein Weibchen, schien besonders besorgt. Wasser lief ihm auch aus den Augen und es streichelte das Menschenkind heftig.

    Ignazius hatte seine Pflicht getan und wollte verschwinden. Er schlug einen Kurs aufs offene Meer ein und schwamm langsam los. Da sah er noch aus dem Augenwinkel, wie die Affenmenschen mit den Armen wedelten und Ugh-Laute von sich gaben. Einmal drehte er sich noch um und streckte den Kopf aus dem Wasser. »Und passt doch bitte besser auf!«, rief er. Natürlich hatten sich die Menschen mit den Ugh-Lauten bedankt und gute Reise gewünscht, als Ignazius davon schwamm. Doch verstanden haben sich Menschen, Hunde und Delphine wegen der Sprachbarriere natürlich nicht.

    Nach diesem Abenteuer schwamm der junge Held gleich nach Hause. Durch die Aktion war er auch aufgeflogen, zumindest bei den Menschen. Die Wächterdelphine versteckten sich oft bei den Felsen, welche dem Strand am offenen Meer vorgelagert waren. Hoffentlich hatten sie ihn nicht von dort aus beobachtet. Es wäre der kürzeste Weg gewesen, an diesen Felsen vorbei zu schwimmen und geradewegs am Wächterposten vorbei Richtung Siedlung abzutauchen, aber den konnte er nicht nehmen, wegen dem Risiko erwischt zu werden. Ignazius manövrierte geschmeidig in Bodennähe um Hindernisse herum und erst beim nördlichen Korallenwald entspannte er sich. Der nördliche Korallenwald war wunderschön und es gab kein Verbot, sich dort tagsüber aufzuhalten. Manchmal verirrte sich auch ein Hai in den Wald, aber Ignazius konnte sie alle mit einem Zick-Zack Manöver durch die dichteren Korallenbäume oder durch die Hohlwege rasch abhängen. Auch so manches Delphinpaar kam hierher und hatte sich hier bei hellem Mondschein verliebt. Das Mondlicht, welches durch die Wasseroberfläche brach, brachte diesen wunderschönen Wald erst so richtig zur Geltung. Angeblich kamen sogar Meermänner und Meerjungfrauen hierher, aber gesehen hatte Ignazius hier noch nie einen der Meermenschen.

    »Das war aber jetzt ein unauffälliger Abgang«, lachte Bob. Bob war ein auszubildender Wächterdelphin, also war er ein Azubi. Zusammen mit Frau Nordstrom, der Mutter von Roberta und Bobs Ausbilderin, war er tatsächlich hinter dem Felsen versteckt gewesen und sie hatten Ignazius beobachtet. Das kleine Mädchen war ihnen auf die große Distanz auch nicht aufgefallen und sie waren froh, dass Ignazius eingegriffen hatte. Die kleineren Felsen in der Bucht selbst, waren eindeutig der beste Platz, um die seichte Bucht zu überwachen und Ignazius war schon öfters dort bemerkt worden. Erwachsene Delphine konnten sich bei den Felsen im seichten Wasser aber nicht gut verstecken, denn dafür war ein Erwachsener einfach zu groß.

    »Ein Schwarz-Weißer Delphin, der sich auf einem hellen Meeresgrund am Boden entlangschlängelt wie ein Aal, ist schon ein sehenswerter Anblick. Er könnte genauso gut ‚Hier bin ich!‘ schreien«, gab Frau Nordstrom von sich. Bob kicherte. Bob war sieben Jahre alt und galt damit schon als erwachsen. Doch verheiratet war er noch nicht und wurde daher immer noch beim Vornamen gerufen. Delphinkinder blieben die ersten drei Lebensjahre bei den Eltern und besuchten von vier bis sechs die Pflichtschule. Für einen Kindergarten, wie bei den Menschen, war einfach keine Zeit, denn Delphine wurden zu schnell erwachsen. Natürlich benötigten Delphine nur drei Schuljahre, denn sie waren ja auch viel intelligenter als alle anderen Völker. Das weiß doch jeder – Delphin.

    »Es war toll, wie schnell er dort war. In meinem letzten Schuljahr kam der gerade in die erste Klasse und am Ende des Jahres war er sogar schneller als alle Schüler der gesamten Schule. Seestern hieß seine Familie, glaub ich«, sinnierte Bob. »WAS? Ignazius Seestern vielleicht?«, fragte Frau Nordstrom entsetzt. Bob nickte verdutzt. Das war also der kleine Lausedelphin, der in der ersten Klasse seinen Mitschülern so viele Streiche gespielt hatte. Soweit sich Frau Nordstrom erinnerte, war er auch schon vor der Schule ein ziemlicher Schlingel gewesen. Seine derzeitigen Ausflüge wurden auch regelmäßig beobachtet und die Wächter hatten schon seit vorigem Jahr ein Auge auf ihn. Vor allem, da er eine Patrouille mit zwei sehr schnell schwimmenden Kollegen einfach abhängte, als sie ihn zur Rede stellen wollten. Roberta nannte ihn seit heuer auch Blödfisch anstatt Trottelfisch.

    Ignazius war im Menschenunterricht wieder einmal eingeschlafen und Frau Mondschein klopfte ihm drei Mal mit ihrem Schnabel auf den Kopf. TOCK-TOCK-TOCK

    »Wer ist da?«, hatte Ignazius sofort gefragt. Die ganze Klasse kringelte sich vor Lachen und Frau Mondschein schwamm leise kichernd zurück zu ihrem Rastplatz, ohne ihm die übliche Standpauke zu halten. Also stieg Ignazius in Robertas Ansehen vom Trottelfisch

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