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GOING FAST: Ein Cyberpunk-Roman
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eBook419 Seiten5 Stunden

GOING FAST: Ein Cyberpunk-Roman

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Über dieses E-Book

Es ist kinderleicht, sich Zugang ins Bewusstsein eines Mitmenschen zu verschaffen, wenn man über die nötige elektronische Ausrüstung verfügt. Der Handel mit Neurosen, Thrills, Psychosen und aparten Abartigkeiten blüht. Das Franchising von anderen Persönlichkeiten ist an der Tagesordnung. Pathos-Finder sind Spezialisten auf dem Gebiet, sich in anderer Leute Bewusstsein zurechtzufinden, ein ebenso feinfühliger wie knochenharter, gefährlicher Job. Man kann mit ihm reifen, wenn man stark ist - oder sich verlieren und nie mehr zum eigenen Ich zurückfinden...

Going Fast, erstmals im Jahr 1987 veröffentlicht, war der Debüt-Roman von Pat Cadigan, der Queen Of Cyberpunk.

Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Klassiker der Cyberpunk-Literatur als durchgesehene Neuausgabe, ins Deutsche übersetzt von Alfons Winkelmann.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum8. Feb. 2019
ISBN9783743895942
GOING FAST: Ein Cyberpunk-Roman

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    Buchvorschau

    GOING FAST - Pat Cadigan

    Das Buch

    Es ist kinderleicht, sich Zugang ins Bewusstsein eines Mitmenschen zu verschaffen, wenn man über die nötige elektronische Ausrüstung verfügt. Der Handel mit Neurosen, Thrills, Psychosen und aparten Abartigkeiten blüht. Das Franchising von anderen Persönlichkeiten ist an der Tagesordnung. Pathos-Finder sind Spezialisten auf dem Gebiet, sich in anderer Leute Bewusstsein zurechtzufinden, ein ebenso feinfühliger wie knochenharter, gefährlicher Job. Man kann mit ihm reifen, wenn man stark ist - oder sich verlieren und nie mehr zum eigenen Ich zurückfinden...

    Going Fast, erstmals im Jahr 1987 veröffentlicht, war der Debüt-Roman von Pat Cadigan, der Queen Of Cyberpunk.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Klassiker der Cyberpunk-Literatur als durchgesehene Neuausgabe, ins Deutsche übersetzt von Alfons Winkelmann.

    Die Autorin

    Pat Cadigan, Jahrgang 1953.

    Pat Cadigan ist eine preisgekrönte US-amerikanische Science-Fiction-Autorin, deren Werke mehrheitlich dem literarischen Cyberpunk zugeordnet werden.

    Pat Cadigan wurde in Schenectady/New York geboren und wuchs in Fitchburg/Massachusetts auf. Sie studierte Theaterwissenschaften an der Universität von Amherst/Massachusetts und besuchte überdies die Universität von Kansas (KU), wo sie Science Fiction und das Schreiben von Science-Fiction-Literatur bei dem Autor und Redakteur Prof. James Gunn studierte.

    Cadigan verkaufte ihre erste professionelle Science-Fiction-Geschichte im Jahr 1980; ihr Erfolg als Autorin ermutigte sie, ab 1987 Vollzeitschriftstellerin zu werden. Sie wanderte 1996 mit ihrem Sohn Rob Fenner nach London aus, wo sie heute mit ihrem dritten Ehemann Christopher Fowler (nicht zu verwechseln mit dem Autor des gleichen Namens) zusammenlebt. Sie wurde Ende 2014 britischer Staatsbürger.

    Bereits Cadigans erster Roman, Mindplayers (1987 – dt. Bewusstseinspiele, 1994), nimmt vorweg, was für viele ihrer Werke zum gemeinsamen Thema werden sollte: In ihren Erzählungen verschwimmen die Trennlinien zwischen Realität und Wahrnehmung, indem der menschliche Geist als ein tatsächlich erforschbarer Ort beschrieben wird.  Ihr zweiter Roman, Synners (1991 – dt. Synder, 1993), baut das gleiche Thema weiter aus:  Beide Romane beschreiben eine Zukunft, in welcher der direkte Zugang zum Geist über die Technik möglich ist.

    Während ihre Geschichten viele der düsteren, ungeschönten Elemente des Cyberpunk-Genres beinhalten, spezialisiert sie sich als Autorin in ihren nachfolgenden Werken - wie z.B. in den Romanen Fools (1991) und Tea From An Empty Cup (1998) – mehr und mehr auf die Erforschung des spekulativen Verhältnisses zwischen Technik und der Wahrnehmung des menschlichen Geistes.

    Sie schrieb darüber hinaus auch die Romane zu den Filmen Lost In Space (Lost In Space: Promised Land, 1999 – dt. Planet aus Stahl, 1999) und Jason X (2005); zu letzterem schrieb sie unter dem Titel Jason X: The Experiment auch eine Fortsetzung.

    Als herausragend gelten ihre Kurzgeschichten-Sammlungen Patterns (1989), Home By The Sea (1992) und Dirty Work (1993). Einige ihrer Kurzgeschichten und Erzählungen sind auch in deutscher Sprache erschienen, u.a.: Einmal zurück – gar nicht so teuer (1981, Second Coming – Reasonable Rates), Hexe wider Willen (1982, The Sorceress In Spite Of Herself), Rock On (1984, Rock On), Meines Bruders Hüterin (1988, My Brother's Keeper), Pretty Boy Crossover (1986, Pretty Boy Crossover) und Der mehrfache Sovay (1990, Fool To Believe).

    Pat Cadigan wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet, u.a.  mit dem 2013 Hugo-Award für The Girl-Thing Who Went Out For Shushi (in der Kategorie Beste Erzählung), sowie in den Jahren 1995 und 1992 mit dem Arthur C. Clarke-Award für die Romane Fools resp. Synners.

    Robert A. Heinlein widmete 1982 seinen Roman Friday (1982 – dt. Freitag, 1983) Pat Cadigan.

    GOING FAST

    Meinem Gatten, Arnie Fenner,

    für seine Liebe und Treue

    über alle Maßen,

    und

    in liebender Erinnerung an

    Tom Reamy.

    Werd' Dich nicht vergessen, Tom

    Ich möchte folgenden Menschen meinen Dank aussprechen, für ihre beträchtliche Hilfe und Ermutigung:

    Gardner Dozois, Terry Matz, Lisa Tallarico, Ellen Datlow, Merrilee Heifetz, Victoria Schochet, Susan Casper, Tom Abellara, Jim Loehr, Ken Keller, Kathye McAndrew, Parke Godwin, Barry Malzberg, Jeannie Hund-Stuart, Robert Haas, James Gunn, Renee Duvall, Caroly Hoppe, Cheryl Hawkinson, Mr. und Mrs. Robert A. Heinlein, Mr. und Mrs. George W. Fenner und nicht zuletzt meiner Mutter, Mrs. Helen S. Kearney, deren Beiträge ein eigenes Buch füllen würden.

    Und natürlich herzlichen Dank an Shawna McCarthy, betreuende Herausgeberin, mehr als gute Freundin.

      Erster Teil: VERÄNDERTE ZUSTÄNDE DES BEWUSSTSEINS

      Die Narrenkappe

    Ich tat's, weil ich dazu herausgefordert worden war. Was ein Fehler ist, und das weiß man genau, aber man tut's dennoch, weil es eine Zeit der Fehler zu sein scheint.

    Natürlich war jede Zeit, in der ich etwas mit Jerry Wirerammer zusammen tat, eine Zeit der Fehler. Das war anscheinend Jerry Wirerammers Lebenszweck. Er war ein fröhlich aussehender Bursche, sehr blond, Zähne in Ordnung, Haar und Kleidung gepflegt. Er war gleichfalls ziemlich durchgedreht. Sein Standpunkt der sonstigen Realität gegenüber lag reichlich daneben; eine jener Kolorit verleihenden Anomalitäten der menschlichen Haut, welche die Dinge stets interessant aussehen lassen wollten.

    Er war mit der Narrenkappe zu mir gekommen, ich hatte nicht nach ihm gesucht, was beweist, dass es, wenn es Zeit für Fehler ist, einem nicht gut bekommt, sich in seinem Appartement zu verstecken und sich zu fragen, wie man die Kücheneinheit überziehen kann, ehe sich der Essenswähler sperrt.

    Selbst so, nehme ich an, hätte ich es besser wissen und ihn nicht einlassen sollen, aber ich hatte mir gedacht, was soll's, zum Teufel - er hatte sich alle Mühe dabei gegeben, das Sicherheitsprogramm am Eingang zu überlisten, und so könnte ich ebenso gut nachsehen, womit er jetzt herauskäme.

    Die Narrenkappe war eine Überraschung. Jerry handelte hauptsächlich mit geschmuggelten Pharmazeutika - Hypnotika, Limbos, meditative Befreier, Halluzinogene. Hardware lag normalerweise jenseits seiner Möglichkeiten, es sei denn, er stahl sie, und er stahl nicht gern. Stehlen war etwas zu Physisches, hatte er mir einmal gesagt.

    »Aber die hier ist bloß geliehen«, sagte er und reichte mir die Narrenkappe. Ich hielt sie hoch und untersuchte sie, während er es sich auf meinem Futon gemütlich machte. Sie war offenbar professionell angefertigt worden; nicht zusammengehauen (oder zusammengejerryed) - gepolsterter Helm, Rundum-Augenschild, eingebaute Reservoirs für abgemessene Dosen von Anästhetika, Sedativa und Wahnsinn. »Los, mach schon, Allie! Ich hab' sie extra für dich mitgebracht. Leg sie an! Trau dich!«

    Den Geschmack an einer Psychose gewöhnt man sich selbst an, und ich war mir nicht sicher, ob ich ihn mir angewöhnt hatte. Aber es war ein Spiel. Schließlich war Spiel der Name des Spiels. Ich setzte sie auf. Das Innenpolster passte sich meinem Kopf geschmeidig und bequem an, ich vergaß, dass ich aufstand, und wäre fast gestolpert.

    »Hoppla! Sei vorsichtig!«, kicherte Jerry und zog mich auf den Futon zurück, wo ich mich setzte. »Eine Minute noch, und du wirst in Ordnung sein.«

    Weniger als eine Minute. Hinter dem Augenschild erhielt ich bereits eine örtliche Betäubung. Dann schlängelte sich die Verbindung unter meine Lider und um die Augäpfel herum und traf den Sehnerv. Großartige Farbexplosionen, als sie den Kontakt schlossen. Wo hatte Jerry etwas dermaßen Gutes herbekommen? Ich war mir bewusst, dass sich meine Augäpfel teilweise gelöst hatten, aber der Schild hielt sie so sicher, dass ich sie nicht wirklich spüren konnte. Dann traf mich die Psychose wie ein Schlag.

    Sehr glatt - der Übergang von geistiger Gesundheit zu geistiger Krankheit verlief sehr glatt. Alle erforderlichen Neuronen wurden gleichzeitig getroffen, also gab es kein Gefühl von fehlerhafter Verbindung. Das Richtige wurde unterdrückt, ebenso, wie anderes stimuliert wurde und dabei eine Veränderung in der Gehirnchemie hervorrief, die sich ebenso natürlich anfühlte wie eine Veränderung der Sichtweise. Kein bisschen Schwindelgefühl oder Schmerz. Ich wurde wahnsinnig.

    Die tatsächliche Psychose selbst war ziemlich konventionell, paranoide Wahnvorstellungen, die sich rasch aufbauten, und jede verursachte eine andere substantielle Vorstellung. Jerry hatte ein weißes Hemd getragen, was also bedeutete, wenn ich irgendjemanden, mich selbst eingeschlossen, innerhalb der nächsten paar Minuten husten hörte (was ich auch tat), konnte ich mir sicher sein, dass es auf dem Dach eine Maschine gäbe, die Gedanken auf mich herabstrahlte. Wessen Gedanken jedoch genau, war nicht deutlich, aber ich musste sie empfangen: ich war die Eine Auserwählte, und nur Augenblicke, nachdem mir das klargeworden war, vernahm ich eine Stimme im Ohr, die das bekräftigte.

    Du bist die Eine Auserwählte, sagte eine angenehme männliche Stimme. Verrate das jedoch nicht Jerry. Du weißt, was das für ein Fehler sein könnte.

    Natürlich tat ich das. Ich ließ die Gedanken in mich einfließen, beobachtete eine Weile ein paar halbwegs interessante Halluzinationen, und dann signalisierte der Wecker das Ende. Die Narrenkappe trennte die chemischen Stoffe ab, die sie meinen eigenen hinzugefügt hatte, wusch sie aus, betäubte mich, löste die Verbindung und setzte meine Augäpfel in einer einzigen glatten Bewegung zurück.

    Jerry streifte mir die Kappe vom Kopf. »Gut, was?«

    »Alles in allem nicht schlecht. Wie hast du die gekriegt?«

    Er hob fröhlich die Schultern. »Wie ich dir gesagt habe. Hab' sie mir geliehen.«

    »Ju, aber wen kennst denn du, der dir sowas leihen würde?«

    Er hob erneut die Schultern. »Hab' nicht nachgefragt.«

    »Womöglich dieselben Leute, welche die Maschine aufs Dach gestellt haben.«

    »Was?«, fragte Jerry, immer noch fröhlich.

    »Die Maschine auf dem Dach. Die Maschine, die...«

    Ich habe dir gesagt, du sollst nichts verraten!, sagte die männliche Stimme, die jetzt von einem Punkt leicht oberhalb und rechts von mir herkam. Ich blickte in ihre Richtung. Jerry bemerkte das, und seine Fröhlichkeit schwand etwas dahin.

    »Öh...«, sagte er.

    »Was meinst du mit öh

    »Nichts.«

    »Nein, du hast etwas damit sagen wollen, und ich möchte wissen, was.«

    »Nichts, Allie. Ich schwöre es. Das ist nur so ein Ausdruck.«

    »Aber ja.«

    »Wirklich. Hand aufs Herz. Ist nur was, das ich so von Zeit zu Zeit sage. Öh. Siehst du?«

    Ich versuchte, wissend dreinzusehen. »Also gut, Jerry. Wie du willst. Aber ich bin dabei.«

    »Wirklich?«

    »Da kannst du jede Wette drauf eingehen. Und daran kann niemand was ändern.«

    Nun, was das betraf, so lag ich völlig daneben. Jerry wartete lediglich, bis das Sedativum ein bisschen mehr durchschlug, und setzte mich daraufhin in einer Ausputzer-Notstation ab, wo mich, nachdem ich wieder alle Sinne beisammen hatte, die Gepo, die Gehirnpolizei, in Gewahrsam nahm.

    Natürlich spürten sie die Psychose auf, die zu Jerry und seiner geliehenen Narrenkappe führte, und erwischten ihn gleichfalls. Jerry war alles andere als ein Händler mit Lizenz für Psychosen, und die Narrenkappe erwies sich als ein Modell im Versuchsstadium, das er aus irgendjemandes Hinterzimmer geangelt hatte.

    Lange Zeit fand ich nicht heraus, was sie mit Jerry angestellt hatten. Aber was sie mit mir anstellten, war ziemlich interessant.

      Der Wirklichkeitsfixierer

    Nach dem Ausputzen verliert man das Bewusstsein; anschließend träumt man oder lässt sich treiben. Als sich der Nebel hob, lag ich nackt auf einem Podest in einem kistenartigen grauen Raum, während die Gehirnpolizei drinnen und draußen alles fotografierte. Ich sah, wie das Fahndungsholo an der Decke der Butze allmählich Gestalt annahm. Unglaublich. Mein erstes Verbrechen, und schon machten sie ein Fahndungsholo, als wäre ich ein hartgesottener Bewusstseinskrimineller, und zwar wegen etwas, das im Grunde ein Verbrechen ohne Opfer war. Stand dieses Jahr etwa jemand zur Wahl?, fragte ich mich. Oder war ich vielleicht noch immer in der Reinigung und wartete auf eine Behandlung, und dies hier war ein psychotischer Traum?

    »Haas, Alexandra Victoria«, sagte eine weibliche Stimme. Keine paranoide Vorgaukelung falscher Tatsachen, sondern ganz real. Sie gehörte zu dem weiblichen Officer der Gehirnpolizei, der mich durch das dicke Überwachungsfenster betrachtete.

    »Ja?«, fragte ich und versuchte, beiläufig und sachlich zugleich zu wirken.

    »Sie können sich jetzt ankleiden«, sagte sie.

    Ich setzte mich auf. Am Fußende des Podests lag ein Gefängnisoverall. Ich streifte ihn über, ein Bein nach dem anderen, während ich versuchte, die Gedanken beisammen zu halten.

    Ich wusste nicht viel über die Gehirnpolizei - nicht eben viele Leute wissen etwas über die Gepo, bis sie mit ihr aneinandergeraten, und jene Leute verlieren später darüber nicht viele Worte in diesem Augenblick jedoch hätte ich mich lieber der Steuerbehörde gegenüber gesehen. Die Steuerbehörde konnte wenigstens deine Gedanken nicht prüfen. Die Frau auf der anderen Seite des Fensters sah nicht so aus wie jemand von der Gestapo; mit ihrem sandfarbenen Haar und dem ungeschminkten Gesicht lag sie hart an der Grenze zur Nicht-Attraktivität. Die Uniform wirkte eher wie etwas, das man sich anzog, wenn man selbst ein wenig malern wollte. Sie blickte gefühllos in meine Richtung, ohne mich direkt anzusehen. Nachdem ich mich angekleidet hatte, öffnete sich dem Podest gegenüber leise eine Tür, und ich trat in einen weiteren kistenartigen Raum.

    »Nehmen Sie Platz!«, sagte der weibliche Officer und wies auf einen Tisch und zwei Stühle mitten im Raum. Sie blieb am Schreibtisch unterm Fenster sitzen. Ich sah ein kleineres Duplikat meines Fahndungsholos, das sich in einem der beiden Monitore zwischen den Kontroll- knöpfen drehte.

    Ich setzte mich. »Was nun?«

    Eine weitere Tür auf der anderen Seite des Raums öffnete sich, und ein rundlicher Mann in beigefarbenen sackartigen Kleidern kam herein. Der Officer wandte sich ab und tat ungeheuer geschäftig am Schreibtisch. Der Mann sah harmlos genug aus; er war nicht größer als ich, aber eine ganze Masse schwerer. Kaum, dass er mir zunickte, als er zu dem Officer hinüberging. Ein paar Minuten lang flüsterten die beiden miteinander. Ich starrte meine Hände auf der Tischplatte an, während ich versuchte, ein paar Worte aufzuschnappen, aber ich verstand überhaupt nichts.

    Abrupt durchquerte die Frau den Raum und ging. Ich sah ihr nach und schaute anschließend fragend den Mann an; der jedoch war damit beschäftigt, die Monitore zu studieren. Ich wartete ein Weilchen und räusperte mich dann.

    »Könnten Sie mir nicht wenigstens sagen, ob heute Abend was Gescheites im Fernsehen läuft?«

    Er spähte über die linke Schulter zu mir herüber. Er sagte, sein Name sei Paolo Segretti und ihm sei mein Fall anvertraut worden. »Wie ich sehe, hast du noch immer deine eigenen Augen«, sagte er nach einer Pause. Seine Augen waren fleischfarbene Biogems. »Ungewöhnlich für jemanden in deiner Lage.«

    »Und welche Lage ist das?«

    »Bewusstseinsverbrechen.«

    »Oh, zum... ich habe für vielleicht zwei Minuten eine Narrenkappe übergestreift. Zwei Minuten! Ich bin nicht hingegangen und habe Kinder unter zwölf Jahren dazu gedrängt, gleiches zu tun, und ich habe niemanden körperlich bedroht. Die Narrenkappe war gestohlen, ja, aber ich habe sie nicht gestohlen. Das ist mein erstes Vergehen!«

    »Das ist das erste Mal, dass man dich erwischt hat«, korrigierte mich der Mann. »Aber so ist's besser.«

    »Was ist besser?«

    »Das Jammern in deiner Stimme. Jetzt hörst du dich mehr nach dem an, was du bist, nämlich eine Frau knapp über der Volljährigkeitsgrenze - ein Alter, das ich persönlich für zu niedrig halte, aber ich bin mir sicher, das interessiert dich nicht -, die eine falsche Abzweigung benutzt hat.« Er lächelte. »Du hast sehr viel Glück, und das meine ich wirklich.«

    »Weiß ich«, sagte ich ein wenig in der Defensive. »Ich habe keine Ahnung gehabt, dass einen eine Narrenkappe völlig verändern würde, nachdem sie die Psychomimikry ausgelöscht hat. Ich hatte gedacht, es wäre vorüber, nachdem es vorüber gewesen ist.«

    »Die Narrenkappe, die sich Wirerammer ausgeliehen hat, war unvollständig; sie hatte keine Wiederherstellungs-Vorrichtung, die man braucht, selbst mit der Reinigungssequenz. Sobald man sie überstreift, ist man verrückt, bis man sich einer Heilbehandlung unterzieht. Ist das sein wirklicher Name - Wirerammer?«

    »Weiß ich nicht. Habe ihn nie gefragt.« Ich holte tief Luft und setzte mich ein wenig aufrechter. »Sie können das womöglich leichter herausfinden als ich. Werfen Sie einen Blick in seine Akte.«

    Segretti blickte wieder auf die Monitore. »Kann ich nicht. Er ist nicht mein Fall. Ich kann nicht einfach in irgendjemandes Kopf herumschnüffeln, wenn mir danach zumute ist. Ich war einfach nur neugierig. Wirerammer.« Er sprach das Wort sorgfältig aus. »Nee. Kann nicht sein, ist einfach zu gut.«

    Ich stand auf und ging hinüber, um einen Blick auf die Monitore zu werfen. Auf dem einen lief irgendein Programm mit irgendwelchem numerischen Quatsch; auf dem anderen drehte sich noch immer langsam meine nackte Gestalt neben einer Liste besonderer Kennzeichen - zwei Muttermale auf der linken Schulter, Nase einmal gebrochen undsoweiter. Ich runzelte die Stirn angesichts meines ziemlich quabbeligen Abbilds. Das Haar zeigte ein wenig mehr Rot, als wirklich darin war, und es kräuselte sich auf meine Schultern herab, als befände ich mich unter Wasser.

    »Was ist los, einzigartige Haas? Gefällt dir nicht, was du da siehst?«

    »Im Gegenteil. Ich hätte nicht gedacht, so gut auszusehen.«

    Segretti unterdrückte mühsam ein Kichern. »Hast du jemals den Spruch gehört: Niemand erfreut sich größerer Unbeliebtheit als ein Klugscheißer

    »Ja, und ich bin nicht der Meinung, dass das notwendigerweise zutrifft.«

    »Na ja, er ist wahrer, als sich mancher Klugscheißer zuzugeben traut. Vor einer kleinen Weile habe ich gesagt, dass du Glück gehabt hättest, damit meinte ich nicht nur, du hast Glück gehabt, dass Wirerammer genügend Anstand hatte, dich bei einer Ausputzerei rauszuwerfen, als ihm aufging, dass du in Schwierigkeiten warst. Ich habe damit gemeint, du könntest von Glück sagen, dass man dich geschnappt hat.«

    »Man? Sollte das nicht besser wir heißen? Oder sogar Sie

    Er schüttelte den rundlichen Kopf. »Ich gehöre nicht zur Gehirnpolizei. Ich bin dein Anwalt. Und dein Wirklichkeitsfixierer.« Er warf einen Blick auf die Uhr an seinem Hemdärmel. »Ah ja, es ist Zeit.«

    »Zeit wofür?« Ich versuchte noch immer, die Tatsache zu begreifen, dass ich einen Anwalt hatte, der ein Wirklichkeitsfixierer war - oder umgekehrt.

    »Für einen kleinen Abstecher. Wir werden zu mir ins Büro hinübergehen, um deine Wirklichkeit zu fixieren.«

    Ich wich zurück. »Einen Augenblick mal! Was ist, wenn ich nicht möchte, dass man meine Wirklichkeit fixiert?«

    »Tut mir leid. Das ist Vorschrift nach einer Not-Ausputzerei aufgrund einer illegalen Psychose.«

    Großartig. Ich wusste nicht so recht, wen ich verfluchen sollte, Jerry Wirerammer, Segretti oder mich selbst. »Nein, Sie dringen in niemandes Bewusstsein ein, wenn Ihnen danach zumute ist, nicht Sie. Sie respektieren wirklich jemandes Privatsphäre, genau Sie.«

    »Du bist mein Fall«, sagte er strahlend. »Ich werde dich nicht als Gefangene behandeln, und ich werde dich sogar mit einem Essen traktieren.«

    Juchuu!, dachte ich säuerlich.

    Überwachung war kaum notwendig. Da mein Fahndungsholo im File lag, hätte ich keinen Kredit nutzen können, und ich hätte noch nicht einmal in mein eigenes Apartment zurückkehren können, ohne die Behörden aufzuschrecken. Ich war kein Jerry Wirerammer. Ich wusste nicht, wie man das Sicherheitsprogramm überlisten konnte. Ich sah allmählich ein, wie schlecht ich auf ein Leben als Kriminelle vorbereitet war, selbst auf ein so niedliches Verbrechen, wie verrückt zu sein, ohne eine Lizenz dafür zu haben. Andererseits wiederum war Jerry Wirerammer darauf vorbereitet gewesen, und man hatte ihn auch geschnappt.

    Segretti führte mich einen Seiteneingang hinaus, und er stellte klar, dass ich unter seiner Obhut stand, indem er meine linke Hand auf einen Schirm drückte und den eigenen Abdruck darüberlegte. Der große Officer der Gehirnpolizei an der Tür sah nicht wie jemand aus, der viel von jemandes Gehirn wusste; er war mehr wie ein Killer gebaut. Ihm fehlte ebenfalls jeder Ausdruck im Gesicht, genau wie dem weiblichen Officer.

    »Bin froh, dass ich da raus bin«, sagte ich, als wir in das schwächer werdende Sonnenlicht des Spätnachmittags traten. »Sind die immer so gefühlvoll?«

    Segretti sah mich an, als könne er sich nicht entscheiden, ob er belustigt sein solle oder nicht. »Sie haben sich das so angewöhnt beim Umgang mit Bewusstseins-Verbrechern. Zeugs wie Bewusstseins-Aussaugen, Bewusstseins-Vergewaltigung. Selbst so niedliches Zeugs wie unlizensierte Psychose. Defensive Unterdrückung der Emotionen bei all dem mentalen Zeugs, wo sie sich durchwühlen müssen.« Er fasste mich am Ellbogen und führte mich über den Bürgersteig bis zur Ecke.

    Die Stadt wurde gerade wieder lebendig, weil der Abend anbrach. Der Luftverkehr über unseren Köpfen in Richtung auf den Commerce Canyon wurde dichter; ein umlaufendes Holo auf der Unterseite eines Stadtexpress forderte jeden auf der Suche nach einem neuen Leben dazu auf, irgendeine der 57 örtlichen Power-People-Filialen aufzusuchen. »Und blättern Sie durch unseren Katalog von über 1000 franchised Personen! Erstaunlich geringe Kosten, aber Reservierungen sind erforderlich!« Mich schüttelte es leicht, während es mich kalt überlief; franchised Leute verursachten mir mehr Gänsehaut als die Gehirnpolizei. Segretti bemerkte das, gab jedoch keinen Kommentar dazu ab.

    »Der Verkehr auf dem Boden hat erheblich nachgelassen«, sagte er. »Wir werden zu Fuß gehen. Es sind lediglich acht Blocks, und zu Fuß gehen ist gut fürs Gehirn. Ist dir jemals aufgefallen, wie dir neue Einfälle kommen, nachdem du auch nur einen kurzen Spaziergang unternommen hast? Oder bekommst du alle neuen Einfälle, nachdem du eine Narrenkappe benutzt hast?«

    Ich versuchte das ausdruckslose Gesicht der Officers der Gehirnpolizei zu kopieren. Segretti lachte, und sein fülliger Körper wabbelte in seinem Overall. »Bemerkenswert«, sagte er. »Man könnte dich für einen von denen halten. Und das meine ich wirklich.« Daraufhin musste ich irgendwie aufgeschreckt gewirkt haben, weil er noch lauter lachte.

    Wir gingen in Richtung auf den Commerce Canyon; durch die Lücken im Luftverkehr sah ich gerade eben die verschleierten Umrisse der Gebäude, die sich zu beiden Seiten der von Menschenhand erbauten Wände des innerstädtischen Bereichs und der Hauptstraßen erhoben. Nach acht Blocks würden wir kaum in die Nähe dieses Bereichs kommen, was mir gut passte: die Filtersysteme von Commerce Canyon ließen eine Menge zu wünschen übrig. Ich hielt nicht viel davon, Luft einzuatmen, die ich sehen konnte.

    »Hat dir jemals irgendjemand gesagt, dass deine Gehirnstruktur einzigartig ist?«, fragte Segretti, der während des Gehens meinen Ellbogen fest umklammert hielt. Eine Frau in einem roten Plastikarbeitsanzug blickte angewidert auf meinen Gefängnisanzug, aber sie blickte ebenso angewidert auf Segretti.

    »Jedermanns Gehirnstruktur ist einzigartig«, sagte ich und blickte der Frau über die Schulter nach.

    »Nun ja, ich habe mir deine Aktivitätsanzeigen angesehen, und es sieht so aus, als speichertest du eine Menge Informationen an Orten, wo die meisten Leute lediglich solche Dinge speichern, die sie in der wirklichen Zeit erlebt haben. Du führst ein schreckliches mentales Leben. Es überrascht mich, dass dir niemand deswegen nähergetreten ist.«

    »Mir nähergetreten? Was meinen Sie mit mir nähergetreten

    »Mit dir nach einem Bewusstseinsspiel drüber geredet.«

    »Ich spiele keine Bewusstseinsspiele.« Zwei Torfköpfe, die von einer ein Meter langen Kette zusammengehalten wurden, umschifften uns weiträumig, wobei sie uns so heftig übersahen, wie sie nur konnten. Eine Heirat zwischen zwei Torfköpfen ist etwa so verrückt, wie man ohne Drogen werden kann. »Augenblick mal! Wenn ich's recht verstanden habe, sollten Sie doch in der Lage sein zu sagen, ob jemand Bewusstseinsspiele spielt oder nicht.«

    »Ju.«

    »Und? Stand das nicht in meinen Aufzeichnungen?«

    Segretti warf mir jenen Blick zu, den ich für mich allmählich als Standard-Herzlich-Blick bezeichnete. »Nö. Du hast die Gehirnchemie von jemandem, der regelmäßig Bewusstseinsspiele gespielt und einen modifizierten Bewusstseinsstatus erreicht hat.«

    »Kommt von der Narrenkappe her.«

    »Nein, eben nicht. Die Narrenkappe hinterließ eine völlig andere Spur. Und, nur nebenbei, die Narrenkappe ist, technisch gesehen, eine Art von Bewusstseinsspiel. Wenn auch, wie wir beide wissen, nicht der Art, von der ich gerade spreche.«

    Wir passierten ein Traumland, und das freistehende Holo eines silbrigen Vogelmenschen lockte uns mit einem gefiederten Arm hinein. Eine melodiöse Stimme vom Band versicherte uns, dass wir alles, was wir uns vorstellten, auch träumen könnten. Und weil sie eine solch fortgeschrittene Technik hätten, könnten wir den Unterschied zwischen einer wirklichen Erfahrung und dem Traumland niemals bemerken. Klasse, wirklich; sogar ohne Verstärkung habe ich niemals gewusst, ob ich träumte oder nicht. Wie dem auch sei, was sie behaupteten, stimmte einfach nicht. Das menschliche Bewusstsein würde im REM-Stadium ein Drehbuch niemals hinnehmen. Ich hatte es probiert.

    »Bewusstseinsspielen ist, verdammt noch mal, wesentlich sicherer als Narrenkappen oder Drogen, weißt du«, sagte Segretti, unempfindlich gegenüber der Einladung des Traumlands.

    »Und, verdammt noch mal, wesentlich weniger privat.«

    »Wärst du aber überrascht! Wie privat ist es, in irgendeinem Raum einer Ausputzerstation zu enden, wo du mit höchster Lautstärke jeden Gedanken herausblubberst, der dir gerade durch den Kopf geht?«

    »Das ist mir noch nie passiert. Vielleicht wegen meiner einzigartigen Gehirnstruktur.«

    »Es passiert oft genug, dass du deine einzigartige Gehirnstruktur verlierst. Und noch 'ne Menge anderes Zeugs. Wenn du 'ne einzigartige Gehirnstruktur hast, blickst du noch lange nicht automatisch durch.«

    Ich hob die Schultern. »Wenn du durchblickst, blickst du nicht unbedingt durch.«

    »Aber du wirst dadurch ein Klugscheißer.«

    An der nächsten Straßenecke stand ein Neurosenhändler, der aus einer Backentasche glitzernde kleine Sterne hervorspuckte, während er die Passanten anmachte. »Sind Sie paranoid genug? Wirklich? Paranoia ist die Modewelle der Zukunft. Sei dabei, sei paranoid!« Er entdeckte Segretti und trat einen raschen Rückzug über die Straße an, ohne sich dabei umzuschauen.

    Segretti lächelte mich wohlwollend an. »Ist ein alter Bekannter. Seine Lizenz ist vor einer guten Weile eingezogen worden, und was er verkauft, sind im Grunde seine eigenen Ängste und Unsicherheiten. Traurig, wenn Talente den Bach hinuntergehen.«

    »Warum ist seine Lizenz eingezogen worden?«

    »Weil er die eigenen Ängste und Unsicherheiten verkauft hat. Schlechte Moral. Man benutzt das Rohmaterial seiner Klienten. Man stülpt anderen Leuten nicht den eigenen mentalen Zustand über.«

    »Was kann man dagegen tun?«

    »Es gibt Möglichkeiten. Training.«

    Aus gewissen Gründen dachte ich an die Gehirnpolizisten und deren ausdruckslose Gesichter.

    Mitten im dritten Block veranstaltete eine der Franchise-Filialen eine große Eröffnungsfeier; sie hatte das Holo einer laufenden Party auf dem Bürgersteig vor dem Geschäft stehen. Es wurden kaum mehr als 1000 Personen gezeigt; vielleicht bloß einige ihrer Bestseller, vermischt mit den Typen, die sich langsamer verkauften. Ein nordisches Paar, vor Liebe völlig aus dem Häuschen, mit einander entsprechendem goldblonden Haar und fein geformten Nasen besprach etwas mit einem großväterlichen Mann, der eine Schüssel mit Brezeln hielt. Unmittelbar neben ihm lachten das lizenzierte Abbild des heißesten Holostars des Monats mit dem lizenzierten Abbild des heißesten Holostars des vergangenen Monats einander an, während eine hochgewachsene schlanke Frau mit großen, traurigen Smaragdaugen durch einige andere Abbilder wanderte. Ein sehr trickreiches Arrangement - es war so eingerichtet, dass sich alle umdrehten und jeden grüßten, der das Schaufeld betrat. Wenn auch stumm; es lief ohne Ton ab. So trickreich war's nun auch wieder nicht.

    Der Großvatertyp hielt die Schüssel mit Brezeln hin. Sie glitt durch meine Schulter, und ich schaute gerade rechtzeitig weg, um zu entdecken, dass ich durch eine stämmige braunhaarige Frau hindurchwanderte, die ihre Arme zu einem Willkommensgruß ausgestreckt hielt. Natürlich spürte ich überhaupt nichts, dennoch fühlte ich mich dabei ziemlich unbehaglich.

    »Eine unausweichliche Entwicklung der Methode, wie Filialketten ihre Waren anpreisen«, sagte Segretti und lächelte mich an. »Die Leute können sich so geben, wie sie miteinander umgehen wollen, und wenn sie anders sein möchten, können sie sich ohne große emotionale Probleme verändern.«

    »Ju, jeder möchte jemand sein, doch niemand möchte irgendjemand sein.«

    »Missgönnst du ihnen ein bisschen Vergnügen, weil sie mit sich selbst so unzufrieden sind, dass sie lieber mit einer aufgesetzten Persönlichkeit leben möchten? Das ist lediglich eine andere Form von Schauspielerei.«

    »Schauspieler mieten sich keine Persönlichkeit, um Schauspielen zu können.«

    Segretti legte einen Schritt zu, als der Nachmittag verblasste. »Nein, aber eine Menge von ihnen lizenzieren sich selbst. Schauspielen ist, was es immer gewesen ist. Ist nichts anderes als ihre Gesichter für Sweatshirts herzugeben, sozusagen, oder Flieger, oder auch Drogen.«

    »Wenn Sie meinen. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich es für wunderbar halten muss.« Ich erinnerte mich daran, als man Franchising von Persönlichkeiten schließlich legalisiert hatte. Meine Eltern hatten ihr Gesuch am gleichen Tag eingereicht und genehmigt bekommen. Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, wusste ich immer noch nicht, wer sie gewesen waren. »Hören Sie, mir ist nicht danach zumute, großartig herumzuposaunen, wie wundervoll es ist, in diesem Zeitalter der mentalen Wunder zu leben. Fixieren Sie einfach meine Wirklichkeit, lassen Sie mich die Gebühren bezahlen, und ich verspreche, dass ich niemals mehr ohne Lizenz meschugge werde.«

    »Ich glaube dir nicht«, sagte Segretti schlicht und erheitert.

    Nun ja, da hatte er ins Schwarze getroffen, aber ich sagte nichts weiter. Die Straßen wurden ein wenig belebter, als die Lichter angingen; offenbar gab es an diesem Abend eine Menge Partys. Den restlichen Weg zu seinem Büro legten wir schweigend zurück.

    Segrettis Büro war total schizo; die eine Hälfte quoll über von Bildschirmen verschiedener Größen, und Cassettenbehälter stapelten sich vom Fußboden bis fast zur Decke. Auf den Fensterbänken lagen so viele Bücherstapel und Schachteln mit Prospekten, dass man fast nicht aus dem einen Fenster sehen konnte. Er hatte zwei Schreibtische, die Rücken an Rücken standen, und auf beiden gab es kaum einen Quadratzentimeter freie Fläche, weil er dermaßen viele Tafeln, Stifte und noch mehr Bücher darauf verstreut hatte.

    Die andere Hälfte war völlig abgetrennt, als verliefe eine

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