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Diarios de Fuerteventura: Ein Reise-Lesebuch mit einer Hommage an Miguel de Unamuno y Jugo
Diarios de Fuerteventura: Ein Reise-Lesebuch mit einer Hommage an Miguel de Unamuno y Jugo
Diarios de Fuerteventura: Ein Reise-Lesebuch mit einer Hommage an Miguel de Unamuno y Jugo
eBook442 Seiten3 Stunden

Diarios de Fuerteventura: Ein Reise-Lesebuch mit einer Hommage an Miguel de Unamuno y Jugo

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Über dieses E-Book

Alissa reiste mit ihrem Mann Rick im Winter 1977 das erste Mal nach Fuerteventura. Beide fanden Gefallen an der kargen Insel mit den unendlich weiten Stränden und kommen bis heute immer wieder dorthin zurück, um einen sonnig-windigen Urlaub zu genießen.
Da die Autorin, insbesondere auf Ferienreisen, ihre Impressionen und Erlebnisse gern in Notizen und Skizzen festhält, sammelten sich im Laufe der Jahrzehnte viele ´Momentaufnahmen` an, die hier - in einer Auswahl zusammengestellt - den Wandel Fuerteventuras aus touristischer Sicht dokumentieren.
Das Fuerteventura-Reiselesebuch enthält neben den chronologischen Tagebuchauszügen, Zitate aus Alissas kriminalem Roman ´Stark-Sturm` sowie satirische Kurzgeschichten, die sie ´Fuerte-Tales` nennt. Es ist illustriert mit mehr als 130 Tintenzeichnungen aus ihrer Feder: zumeist mit Landschafts- und Ortsbildern, aber auch mit Strandszenen oder Pflanzen- und Tierskizzen.
Zusätzlich beinhaltet das Lesebuch ein umfangreiches Kapitel als Hommage an den spanischen Schriftstellergelehrten Miguel de Unamuno (1864-1936), dessen viermonatige Verbannung auf die Kanareninsel sich 2024 zum 100. Male jährt. So sind in Teil IV des Buchs Auszüge aus Unamunos Fuerteventura-Diario sowie 18 seiner Sonette zu finden, die von Alissa Carpentier ins Deutsche übertragen wurden. Der gesamte Teil IV ist zweisprachig in Spanisch-Deutsch gestaltet.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum10. Jan. 2024
ISBN9783384059406
Diarios de Fuerteventura: Ein Reise-Lesebuch mit einer Hommage an Miguel de Unamuno y Jugo
Autor

Alissa Carpentier

Alissa Carpentier ist, wie sie selbst sagt, auf dem ´zweiten Bildungsweg` zum Schreiben gekommen, denn in ihrem früheren Leben war sie eine erfolgreiche Industriemanagerin. Inzwischen schrieb sie die Romane ´Jenseits von Jenen` (eine Persiflage auf John Steinbeck), ´Stark-Sturm`, ´Fern-Endlichkeit`, Tot-Schlaf` und ´So kühl im Grunde`. Außerdem veröffentlicht sie die Serie der Stan-Wrozeck-Kriminalromane (´Schlangen-Grab`, ´Salamander-Chor`, ´Wechsel-Blut`, in Kürze ´Unken-Ruf`) sowie die sogenannten ´Tossing Tales`, die mehrere Bände satirischer US-Reisegeschichten umfassen. Häufig schreibt sie unter Heteronymen, nennt sich dabei Gudrun Tossing oder gar Jeff Sailor ...

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    Buchvorschau

    Diarios de Fuerteventura - Alissa Carpentier

    Teil I:

    Die ´frühen` Jahre (Diarios von 1977 bis 1999)

    Am Anfang war das Blank Book

    Auf die Idee, unterwegs ein Tagebuch zu führen, kam ich auf Anregung eines fürsorglichen Reiseveranstalters, der uns seinerzeit ein kleines Blank-Book in das Kuvert mit dem üblichen Voucher und den Flugtickets gelegt hatte. „Meine Urlaubserinnerungen" stand auf der ersten Seite gedruckt, und alles andere war von mir auszufüllen. Meine ersten Notizen fielen denkbar kurz aus. Doch bald schon wurde ich ausführlicher. Ich bekritzelte, wohin immer ich auch reiste, ganze Kladden mit Einträgen und kleinen Zeichnungen, klebte ebenfalls gerne etwas ein: Bustickets, Museumseintrittskarten oder von Flaschen abgelöste Weinetiketten.

    Mit den Jahren verfeinerte ich meine Methode, indem ich Schreibkladde und Skizzenblock getrennt führte, und noch später suchte ich mir aus der inzwischen stattlichen Zahl an Tagebüchern den Stoff für meine Reise-geschichten und Romane zusammen.

    Das begrenzt die Schauplätze meiner literarischen Werke auf Gegenden, wo ich schon einmal gewesen bin und mich gut auskenne. Und das heißt, dass ich in erster - zweiter und dritter - Linie über die USA schreibe, denn dorthin führten mich zahlreiche berufliche und private Reisen.

    Doch auf halbem Weg zwischen Europa und Amerika gibt es einige von Rick und mir bevorzugte Destinationen, die wir anfliegen, wenn wir uns ´reif für die Insel` fühlen, und dabei kommen unweigerlich Fuerteventura und Lanzarote mit ins Spiel. Irgendwie fühlten wir uns bereits sehr früh und in jungen Jahren ´reif für die Insel` …

    Die Textauszüge aus den Diarios werden noch ergänzt durch einige nachträgliche Kommentare, durch Zitate aus meinem Fuerteventura-Roman Stark-Sturm* sowie durch kleine Satiren, die wie die beigefügten Tinten-Skizzen ebenfalls aus meiner Feder stammen.

    * Alissa Carpentier, Stark-Sturm, kriminaler Roman, Hommage an Albert Camus (mit 45 Bild-Illustrationen zu Fuerteventura), KUUUK Verlag, Königswinter, 2016

    Stippvisite

    Donnerstag, 29.12.77, Wetter: bewölkt mit etlichen Regenschauern

    Schiffstour von Lanzarote nach Fuerteventura mit Zweimastsegler ´Bella Lucia` (ständig schwankend, sehr kalt). Nach Ankunft in Corralejo startete die Busrundfahrt durch den nördlichen Teil der Insel: Stickerei-Schule in Lajares, Haus der Obersten in La Oliva (schaurig), Puerto del Rosario (hübscher Löwenbrunnen), Sandstrände und Dünen mit dem Hotel ´Tres Islas`.

    Corralejo: im Kai-Lokal ´Bei Franzi` Spaghetti mit Muscheln gegessen.

    Auf dieser Schifffahrt sind Rick und ich vor Kälte fast zu Eiszapfen erstarrt. Mit ganz klammen Fingern machte ich mir einige wenige karge Notizen (siehe oben).

    Wie waren wir nur auf die Idee gekommen, lediglich mit T-Shirts, Shorts und Sandalen bekleidet im Hafen von Puerto del Carmen an Bord eines Zweimasters zu klimmen, der uns Ausflüglern keine Möglichkeit bot, sich bei Sturm und Regen unter Deck zu verkriechen?

    Schließlich fuhren wir zu einer der windigsten Inseln der Welt, die ihr Erkennungsmerkmal ´Sturmwetter` schon stolz im Namensbanner flattern lässt: Fuerteventura.

    Wenn bei mir je aus Leidensfähigkeit Neugierde erwuchs, so geschah es an jenem Tag, bei jener Segelfahrt und auf jener Insel. Vielleicht bedeutet ´Fuerteventura` ja doch ´großes Abenteuer`, wie ein zweiter Deutungsansatz seiner Namensgebung anregt.

    Abb.1: Der Zweimastsegler Bella Lucia

    Abb.2: Tagebuchseite mit Zeichnung

    Apartamento Solavento

    Samstag, 22.09.79, Wetter: sonnig

    Nach schönem Flug und einem etwas anstrengenden Transfer über Schotterpisten sind wir gut in Jandía angekommen. Bei der fast dreistündigen Busfahrt hatten wir die beste Gelegenheit festzustellen, dass Lanzarote im Vergleich zu dieser Insel der reinste Garten Eden ist. Uns gefällt es hier allerdings ausnehmend gut. Gleich bei unserer Ankunft riss Rick vor lauter Begeisterung die Jalousie aus der Verankerung.

    Nach der notdürftigen Reparatur kaufen wir erst einmal im ´Supermarkt` ein, und erobern dann den Strand. Wir gehen bis zum gemütlichen Fischerdorf Morro, essen in einer Fischerkneipe ausgezeichneten, gegrillten Tintenfisch und trinken dazu eine gute Flasche Rotwein. Abends machen wir es uns auf unserer Terrasse gemütlich.

    Apartamentos Matorral, so heißt die Ferienanlage, in der wir Quartier bezogen - damals und in allen folgenden Aufenthalten.

    Auch als all die neuen Unterkünfte wie Pilze aus dem Boden schossen, glaubten wir standhaft, nirgendwo schöner zu wohnen als hier, und versuchten gar nicht erst, etwas anderes auszuprobieren.

    Dennoch konnte ich es mir nicht verkneifen, dieses von uns so geschätzte Refugium in meinem Fuerteventura-Krimi Stark-Sturm als ein ziemlich komfortloses Etablissement zu schildern.

    Um eine Millionenklage des Hotel-Managements abzuwenden, gab es im Roman vorsichtshalber eine Umbenennung in Solavento

    Aus Stark-Sturm:

    Claire stieg freudig und erwartungsvoll an ihrem Ziel aus. Die Anlage lag in einem kleinen Hügel und hatte keine Auffahrt, so dass man seinen Koffer über etliche Außentreppen hinauftragen musste.

    „Oh mein Gott, diese elende Schlepperei - und wer weiß wie weit vom Meer weg, stöhnte eines von zwei jungen Mädchen, die mit Claire als Letzte hier ausstiegen. „Was hast du denn da nur gebucht?, wandte sie sich tadelnd und vorwurfsvoll an ihre Freundin.

    „War halt das Billigste", meinte diese lakonisch. Sie hasteten mit ihren Reisetaschen an Claire vorbei die vielen Steinstufen hinauf zur Rezeption der Anlage. Die lag in einem Anbau und bestand aus einem lächerlich kleinen Büroraum mit einem Tresen. Das Solavento zählte zu den älteren Touristenunterkünften. Es lag zwar in einem besonders idyllischen Park, einem Jardín Tropical, mit üppigem Pflanzenwuchs, aber die einzelnen Räume waren höchst spartanisch eingerichtet. Das stellte Claire bald darauf fest, als sie ein Zimmer im ersten Stock des Stufenbaus mit winzigem Balkon bezog.

    Die beiden Betten, die hier durch eine Nachtkonsole getrennt standen, waren schmal, die reinsten Pritschen. Dann gab es noch eine einfache Nasszelle mit WC, Handwaschbecken und Duschkabine, eine Sitzecke mit verschossenen Polstern, ganz so wie Edith es schon angekündigt hatte, sowie eine Kitchenette. Die bestand aus einer altmodischen Einheit mit Gasherd, Kühlschrank und kleinem Geschirrbord, wobei diese durch Raumteiler abgetrennte Kochzeile wohl die Bezeichnung „Apartamento" rechtfertigen sollte, unter der man das Zimmer in den Katalogen anpries.

    Der Minibalkon überblickte den Jardín. Zwei mickrige Plastikstühlchen standen darauf. Dort gab es nicht einmal mehr Platz für einen kleinen Ablagetisch.

    Für Claire alles kein Problem. Sie sah sowieso nur den Garten Eden da draußen, bugsierte ihren Koffer auf eines der Betten, packte rasch aus und ließ sich dann augenblicklich auf dem Balkon nieder. Sie legte die Füße auf den zweiten Stuhl und holte tief Luft, atmete Sonne und Blumenduft ein.

    Die hier als ´Garten Eden` geschilderte Anlage mit Tropengarten und großem Pool fanden wir erst bei unserem nächsten Besuch im Jahr 1988 vor, doch der Roman Stark-Sturm spielt sowieso erst anno 2007, so dass es historisch gesehen ´passt`.

    Das Schwimmbecken der Anlage soll einst - kurzzeitig - der wassermäßig größte Pool der Kanaren gewesen sein, wie ich vom Hörensagen erfuhr. Wegen seiner Tiefe ist das Wasser in der Regel schön kühl, in den Wintermonaten gar kalt. Wie auch immer, ab 17 Grad Celsius gehe ich gerne hinein und drehe ausdauernd meine Runden.

    Abb.3: Anlage des Solavento

    Abb.4: Aloe Vera im Lavagarten

    Finstere Strandburgen

    Im Jahr 1979 gab es im Matorral, alias Solavento, für die Feriengäste lediglich eine Dachterrasse zum Sonnenbaden, die wir nie nutzten. Die beiden oberen Etagen hatten Balkons mit Markisen und die im Parterre liegenden Apartamentos verfügten jeweils über eine kleine separate Terrasse, die an einen Lava-Garten mit Palmen-, Sukkulenten- und Kakteenbepflanzung grenzte. Hinter einer halbhohen Hibiskus-Hecke führte der Weg hinab auf den Ascheparkplatz, von der eine Schotterstraße weiter bergab verlief.

    So thronte das Matorral, ganz allein auf seinem kahlen Hügel. Zum Schwimmen musste man sich damals auf jeden Fall noch bis zum Strand hinabbemühen, konnte aber mangels Bebauung die knapp 200 Meter per Luftlinie zurücklegen. Heutzutage muss man sich um das tiefer gelegene, große Einkaufszentrum Cosmo herumwinden, was den Fußweg zum Meer um ein Stück weit verlängert.

    Der Strand El Matorral (gleichnamig mit unserer Ferienanlage) ist sehr breit und feinsandig, versehen mit Sonnenliegen nebst Schattenschirmchen, deren Areale von hässlichen Windschutzplanen umgrenzt werden. Wir hielten uns selten dort auf, sondern zogen uns in die einsamen Sandbuchten weiter nördlich zurück. Dabei breiteten wir unsere Laken bevorzugt - das müssen wir zu unserer Schande gestehen - in Steinstrandburgen aus, wie sie im Folgenden beschrieben und im Übrigen der Inseladministration stets ein Dorn im Auge waren.

    Abb.5: Strand mit Steinburgen

    Montag, 24.09.1979, Wetter: sonnig

    Nach einem gemütlichen Frühstück im Jardín schreiben wir noch einige Ansichtskarten und machen uns dann wieder an den Strand auf. In der Sonne halten wir es wegen unserer Sonnenbrände nicht sehr lange aus, deshalb beschließen wir gegen Mittag, in das Restaurant El Marabu in Esquinzo essen zu gehen. Rick nimmt gegrillten Fisch und ich Krabben in heißem Knoblauchöl.

    Nach dem Essen finden wir am Strand eine herrliche, verlassene Steinstrandburg, die unterhalb einiger Felsen ganz im Schatten liegt. Dort lassen wir uns für ein paar Stunden nieder. Rick schwimmt mehrmals im Meer. Auf dem Rückweg finden wir Mineralien (Quarze im trockenen Sand unter einer überhängenden Klippe).

    Es war ein für uns bis heute recht typischer Strandtag, außer der Sache mit den Sonnenbränden nach einem eintägigen Aufenthalt im Hochsommer. So etwas kommt heute nicht mehr vor, doch damals verwendete man noch kein Sonnenschutzöl mit Lichtschutzfaktor 50 (30 wohl auch nicht). Strandburgen unterhalb vorgewölbter Klippen boten natürlich ebenfalls einen effektiven Sonnenschutz - solange man sich konsequent darinnen aufhielt, was ja nicht ständig der Fall war, wenn man gerne mal ins Meer ging.

    Auf jeden Fall bezogen wir an den ersten Tagen, wenn die Haut noch empfindlich war, bevorzugt sogenannte „Schattenburgen unterhalb von Felsen. Dabei war darauf zu achten, dass von oben keine Steinschlaggefahr drohte. Nach einigen Tagen konnte man es zunehmend in „Sonnenburgen in Dünenarealen aushalten.

    Zu der Steinstrandburg, die wir an jenem Tag ´verlassen` vorfanden, ist zu sagen, dass man sich nur traute, ein solches Bauwerk, ein sogenanntes ´Hoyo`, zu besetzen, wenn dort die auf eine Holzplanke geritzte Reservierungszeit des Vorbewohners überschritten war.

    Auch wir kennzeichneten an jenem Tag akribisch unseren Abreisetermin und fanden die Strandburg stets zu unserer Verfügung vor, selbst wenn wir sie tagelang nicht nutzten, weil wir mit einem Mietauto unterwegs waren.

    Später wurden dem Reservieren von Strandburgen hohe Ordnungsstrafen auferlegt, was die Touristen doch sehr befremdete.

    Meiner Protagonistin Claire waren die ´Hoyos` bereits bei ihrer ersten Stranderkundung unheimlich, sicherlich eine Vorahnung auf Kommendes, denn sie spielten im weiteren Verlauf der Romanhandlung noch eine ´tragende Rolle` …

    Aus Stark-Sturm:

    „Hoyos, nannten die Einheimischen diese Gebilde verächtlich. Das hieß so viel wie „Löcher. Doch die deutschen Touristen hatten einen stolzeren Namen dafür: „Steinstrandburgen".

    Und die „Alemanes" nahmen ihren architektonischen Beitrag für die Bebauung Fuerteventuras so richtig ernst. Waren diese Steinbauten doch ihre Refugien, ihre Zweitwohnungen des hiesigen Inselaufenthalts.

    Was einem Goldgräber sein Claim war, das bedeutete manchem Fuerteventura-Touristen seine Burg, mit ihren trutzigen Wällen, die über einen Meter hoch erbaut wurden. Das Baumaterial, aus dem die Außenwände aufgeschichtet wurden, bestand aus pechschwarzen Steinen, jeder in etwa so groß wie ein Rugby-Ball, leicht abgeflacht, vom Meer geschliffen und damit ohne scharfe Ecken und Kanten.

    Der Ursprung dieses Gesteins war leicht auszumachen, denn neben hellen, bröckligen Sandsteinklippen, gab es auch immer wieder Zonen mit dunklen Felsen sowohl im Küstenabbruch als auch in Form bizarr geschnittener Zacken, die vorgelagert aus der See aufragten.

    Es handelte sich wohl um eine Art Basalt, dichter und schwerer als die schwarze, poröse Lava, die ebenfalls einen guten Teil der Insel, insbesondere im Norden, bedeckte. Diese glatten schwarzen Steine lagen an bestimmten Strandabschnitten zuhauf herum. In langen Wülsten vorkommend glichen sie Lawinenschotter.

    Die stürmische Brandung schob die abgerundeten Basaltbrocken hin und her, so dass das Tosen und Fauchen der See vom klackernden Unterton der rollenden Steine akustisch ergänzt wurde.

    Wo immer sie lagen oder durch die Wogen rollten, entstanden Steinburgen, in der Regel weit genug vom Höchststand der Flut entfernt und gerne im Schutz einer überhängenden Klippe.

    Die Mauern der Hoyos waren von den ursprünglichen Erbauern recht sorgfältig angelegt und hielten vielleicht schon einer ganzen Generation von Urlaubern stand, wenn die Wälle nur hin und wieder vom jeweiligen Benutzer etwas ausgebessert wurden. Claire waren sie bereits gestern bei ihrer Strandwanderung als besonders seltsam aufgefallen - und als besonders finster. Ihre schwarzen Wälle ragten meist mehr als einen Meter über dem flachen Sandgrund oder über einer Dünen-Böschung empor.

    „Irgendwie unheimlich, diese Steinanhäufungen, dachte sie sich, als sie auch heute wieder unterhalb dieser Gebilde an der Wasserkante entlangging, „so düster, wie die aussehen.

    Sicher, sie hätte die ein oder andere Burg vielleicht gerne mal näher inspiziert, aber man wusste nie, wenn man von außen vorbeiging, ob nicht vielleicht irgendwelche Bewohner darin lagen, um nackt und ungestört ihr Sonnenbad zu nehmen.

    Das wäre Claire unglaublich peinlich gewesen, solche Leute aufzuschrecken. Sie selbst fühlte sich verstört genug durch die Tatsache, dass in dieser abgelegenen Gegend - wenn überhaupt jemand, dann zumeist -Nudisten herumliefen.

    Ja, das hatte auch in ihrem Prospekt gestanden, soweit sie erinnerte, dass hier an den abgelegenen Stellen FKK erlaubt war. Sie selbst hatte noch nie einen FKK-Strand besucht, und es irritierte sie. Immerhin waren bekleidete Menschen ebenfalls geduldet. Es gab zumindest kein Schild, das besagte, dass es nun Pflicht sei, die Kleider abzulegen. Das wurde offenbar toleranter gehandhabt als an deutschen Nudistenstränden, von denen Claire bislang gehört hatte und auf die sie nie einen Fuß gesetzt hätte.

    Sie nahm sich auf jeden Fall und felsenfest vor, einen Badeanzug oder zumindest einen Bikini zu tragen, wo immer sie ins Meer schwimmen ging, ganz egal wie einsam und menschenleer die Gegend auch sein mochte. Claire stand schließlich nicht einmal gerne nackt bei sich zuhause unter der Dusche.

    Die Abbildungen 6 und 7 zeigen die Aussicht aus einer Strandburg auf die Nachbar-Hoyos, die sich über die Klippen verteilen. Von deren Bewohnern sieht man in der Regel nichts, wenn die Steinwände denn hoch genug gebaut sind.

    So begegnet man einem Strandnachbarn eigentlich nur, wenn er zufällig zur gleichen Zeit ins Meer schwimmen geht. Auf die Art wirken meine Zeichnungen bisweilen menschenleer, denn wenn ich mich aufmache, um in der See zu baden, nehme ich in der Regel keinen Skizzenblock mit …

    Abb.6: Blick aus einer Strandburg

    Abb.7: Klippen mit Hoyos

    Jeep-Safari

    Mittwoch, 26.09.79, Wetter: sonnig

    Fotosafari zur Westküste! Um 9 Uhr morgens brechen wir mit acht Jeeps auf. Wir fahren über Morro, dann durchs Westküstengebirge und über einen Pass, an der Villa Winter vorbei zum Strand. Dort werden auf einem äußerst glitschigen Felsen Pfahlmuscheln gesammelt. Weiter geht es dann zum Krebsfelsen, wo wir zwar große Krebse sichten, die sich allerdings nicht einfangen und verspeisen lassen wollen.

    Nach einem längeren Badeaufenthalt fahren wir zum Leuchtturm an der Südspitze der Insel und zum kleinen weißen Fischerdorf Puertito. Wieder in Morro wird im ´Dory` der Staub aus der Kehle gespült. …

    Abends treffen wir auf dem Nachhauseweg einen kleinen Schnuffi, der über Nacht bei uns bleibt und auf dem Balkon schläft, wobei er lauter schnarcht als Rick.

    Eine Safari bedeutet ja im eigentlichen Sinne, eine Reise innerhalb Afrikas mit der Gelegenheit, Großwild zu sehen, wobei in der Regel geländegängige Fahrzeuge vonnöten sind.

    Eine sogenannte Jeep-Safari auf Fuerteventura widmet sich zwar ebenfalls den unwegsamen Straßen und Pisten, doch die Fotomotive beschränken sich dabei mangels Großwilds eher auf Landschaftsaufnahmen. Bereits 1977 wurden geführte Exkursionen zur wilden Westküste Jandías unternommen, wo auf der Playa de Cofete die großen Brecher der Brandung den breiten, feinsandigen Strand erstürmen.

    Abb.8: Blick auf das Westküstengebirge

    Abb.9: Sicht von El Islote zur Playa de Cofete

    Die Gegend stand damals wohl noch nicht unter Naturschutz: Zumindest ging die rasante Fahrt quer über den besagten Strand. Schwimmen war leider kaum möglich, doch es gab eine Ausnahme: El Islote, ein Halb-Inselchen, diente als natürlicher Wellenbrecher. Im Schutz seines massiven grauen Felsens konnte man gefahrlos ins Meer gehen. Das Muschelstechen war dort ebenfalls noch für Krethi und Plethi erlaubt.

    Die Muscheln wurden dann nicht - wie laut Touren-Beschreibung vollmundig angekündigt - bei einem Lagerfeuer am Strand gekocht, sondern nach der Rückkehr in die Zivilisation von den Expeditionsleitern im Fischlokal Dory zur weiteren Verwendung abgegeben (ob verkauft oder im Austausch gegen irgendwelche Bewirtungsvergünstigungen ließ sich nicht ergründen). Rick und ich spülten uns im Lokal nicht nur den Staub aus der Kehle, sondern auch den Ärger über das uns vorenthaltene Lagerfeuer am Strand. Um doch noch in den Genuss unserer Beute zu kommen, bestellten wir uns zum Bier zwei Portionen Mejillones a la marinera, selbstredend auf eigene Rechnung.

    „War ja alles ganz nett, doch es fehlte das Glanzlicht", grummelte Rick auf dem Nachhauseweg. Natürlich ärgerte ihn das gecancelte Kochen am Strand.

    Aber der Zufall setzte unserem Tag doch noch ein Glanzlicht auf: Der kleine Hund, der uns abends zufällig über den Weg lief, begleitete uns - sporadisch - auch in der Folgezeit unseres Aufenthalts und stellte sich als Urlaubsbekanntschaft der erfreulichen Art heraus. Natürlich war er das Vorbild für den kleinen Köter Toby aus Stark-Sturm, und er sah auch genauso aus wie dieser …

    Aus Stark-Sturm:

    Ein kleiner, weißer Hund folgte ihr.

    Der war heute in aller Frühe durch den noch menschenleeren Jardín des ´Solavento` gestreift. Sie hatte ihn gesehen, als sie von ihrem Balkon herabschaute. Schnüffelnd wuselte er von Palme zu Palme und hob an jedem der Stämme kurz sein Bein.

    Markant setzte sich ein handtellergroßer brauner Fleck auf seinem Rücken im sonst weißen Fell ab. Der Hund war eine Promenadenmischung, ein Verschnitt aus Terrier, Pinscher und noch einigen anderen Rassen, nur wenig höher als ein Dackel mit fast ebenso kurzen Beinchen. Er trug kein Halsband. Wahrscheinlich ein kleiner Streuner, dachte Claire.

    Als er unmittelbar unter ihrem Hochsitz angekommen war, machte sie sich bemerkbar, rief „Doggy" und schnalzte mit der Zunge, wobei sie hoffte, dass es freundlich für ihn klang.

    Er hob den Kopf in ihre Richtung hoch, was ihm bei seinem kurzen Hals etwas schwerfiel. Doch er konnte sie ausmachen dort in lichter Höhe, blickte sie aus schwarzen Knopfaugen munter an und wedelte erwartungsfroh.

    Das kleine Hundegesicht rührte sie. Es glich am ehesten noch einem Mops, mit ganz plattgedrückter Schnauze. Das Drolligste an ihm war aber sein merkwürdiges Gebiss. Die beiden spitzigen Eckzähnchen seines Unterkiefers stakten nämlich aus der geschlossenen Schnauze und gaben ihm das Aussehen eines – gewissermaßen inversen - Vampirs, was Claire sowohl belustigte als auch anrührte.

    Wie auch immer, sie waren sich von Anfang an sympathisch, Claire und der kleine Hund.

    So flog bald darauf ein Stück gekochten Schinkens, den sie sich gestern im Supermarkt gekauft hatte, in den Jardín herab und landete vor seinen Pfoten. Gierig wurde der Leckerbissen verschlungen, dann mit leisem „Wuff" wieder zum Balkon heraufgeschaut. Ja, er hatte Charme, der kleine Kerl.

    Sie packte rasch ihre Strandsachen in eine rote Leinentasche und trat, bevor sie die Anlage verließ, noch in den Innenhof zum Jardín hinaus. Dort rief sie wieder „Doggy", und schon kroch der Kleine unter einem Busch hervor und eilte auf sie zu.

    Willig ließ er sich das Nackenfell kraulen und schaute dann munter zu ihr auf. Mit den vorstehenden Zähnchen sah er wirklich zu komisch aus, als würde man in eine kleine Teufelsfratze blicken. Dazu die plattgedrückte Schnauze und die Knopfaugen, irgendwie ein lustiger Gegensatz zum so auffällig bezahnten Unterkiefer.

    Jetzt baute er sich erwartungsvoll vor ihr auf und guckte gerade so, als wolle er sagen: „Und was machen wir nun?"

    „Dann komm eben mit", antwortete sie ihm und zeigte es in einer Geste an. Er verstand schnell, was er verstehen wollte, und lief wie selbstverständlich hinter ihr her aus der Anlage heraus.

    La Cucaracha

    Dienstag, 09.03.82, Wetter: abends Sturm

    Wir landen planmäßig um 12 Uhr auf dem Flughafen von Puerto del Rosario und haben einen Bustransfer nach Jandía. Die Asphaltstraße verläuft mittlerweile bis dorthin, so dass uns die lange Fahrt auf der Schotterpiste inzwischen erspart bleibt.

    Im ´Matorral` beziehen wir ein hübsches, geräumiges Zimmer mit Balkon und einem Seeblick über den Jardín hinweg und versorgen uns nach dem Auspacken im kleinen Lebensmittelladen auf der oberen Etage der Anlage mit dem Nötigsten: Wasser und Wein.

    Ein Begrüßungscocktail mit einem Glas Apfelsekt wird für 16 Uhr im Dachrestaurant angekündigt. Doch die Informationen sind für uns nicht neu, und so machen wir uns lieber gleich auf den Weg.

    Nach einem ausgiebigen Rundgang durch das nahegelegene Fischerdorf Morro Jable kehren wir im ´Laja` ein, das als einziges direkt über dem Strand liegt, das heißt: über den flachen, vorgeschobenen Felsplatten, die den großen Sandstrand von Morro vor

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