Mittelfranken mit Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber – HeimatMomente: 50 Mikroabenteuer zum Entdecken und Genießen
Von Jochen Müssig
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Über dieses E-Book
Jochen Müssig
Jochen Müssig ist Unterfranke, geboren in Würzburg und zur Schule gegangen am dortigen Röntgen-Gymnasium und im Steigerwald. Er hat rund hundert Länder bereist und beschrieben, in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“, „Süddeutsche Zeitung“, „Neue Zürcher Zeitung“ und in etwa 30 weiteren Medien im In- und Ausland sowie in zahlreichen Büchern. Bei 360° medien erschienen zuletzt „HeimatMomente München“, „ReiseMomente Gardasee“ und „Weltreise durch Deutschland“. Die Recherche für das Unterfranken-Buch war für ihn eine Zeitreise zurück in die Heimat.
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Buchvorschau
Mittelfranken mit Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber – HeimatMomente - Jochen Müssig
Ansbach
Rokoko-Fest in Ansbach
Ansbach
1.Ansbach: Kaspar Hausers Grab
2.Schloss Ansbach: Spieglein, Spieglein …
3.Rund um Ansbach: Geräuchertes, Schnabler und Oldtimer
4.Frankenhöhe: die unbekannte Schöne
5.Rothenburg ob der Tauber: Real? Surreal? Romantisch?
6.Feuchtwangen: Wenn ein Kaiser Durst hat …
7.Dinkelsbühl: Es werde Licht!
8.Limes: überall und nirgends
9.Wolframs-Eschenbach: Schöpfer des Parzival
1
Ansbach
KASPAR HAUSERS GRAB
Anschba, so sprechen die Einheimischen ihre Stadt aus, ist die Regierungshauptstadt von Mittelfranken mit rund 40.000 Einwohnern, ist Residenz-, aber auch Kaspar-Hauser-Stadt und glänzt im fränkischen Rokoko. Eine Mittelstadt, in der man gut leben kann und in der man sich freut, dass nicht das viel größere und wichtigere Nürnberg Hauptstadt wurde.
„Hier ruht Kaspar Hauser, ein Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Geburt, geheimnisvoll die Umstände seines Todes. So steht es auf Kaspar Hausers Grabstein auf dem Stadtfriedhof von Ansbach geschrieben. Das Kind von Europa lebte von 1830 bis zu seinem Tod 1833 in Ansbach. Ein paar Jahre zuvor tauchte er an einem Pfingstmontag in Nürnberg (siehe Tipp 10) erstmals auf: damals ungefähr 16 Jahre alt, geistig zurückgeblieben, kaum artikulationsfähig, verwahrlost. Laut späteren Aussagen, sei er, solange er denken könne, bei Wasser und Brot allein in einem dunklen Raum gefangen gehalten worden. Der Zufall brachte ihn nach Ansbach, wo er bei einem Lehrer unterkam. Anselm von Feuerbach, damals der höchste Richter Mittelfrankens, stellte den Knaben unter seinen persönlichen Schutz. Er wurde zu Kaspars Ziehvater und obwohl ihn dieser bedeutende Jurist beschützte, wurde er in einer Winternacht 1833 im Hofgarten niedergestochen. Ein Denkmal erinnert an die Tat: „Hier wurde ein Unbekannter von einem Unbekannten ermordet
, lautet, übersetzt aus dem Lateinischen, der Satz auf der Steinsäule.
In der Büttenstraße
Gerüchte besagten, der kleine Kaspar sei der 1812 geborene Erbprinz von Baden, den man als Säugling getauscht habe, um eine andere Thronfolge einzuleiten. Und als der vermeintliche Erbprinz wieder auftauchte, musste er sterben … Eine Genanalyse von 1996, von der Stadt Ansbach in Auftrag gegeben, widerlegt allerdings diese Annahme. Auch die Stichwunde, die zu seinem Tod führte, erwies sich wohl – gemäß kriminalwissenschaftlichen Untersuchungen – als Selbstverletzung des jungen Kaspar, was eine Fremdeinwirkung ausschließen würde. Wegen dieser Ungereimtheiten rückte Ansbach immer wieder ins Licht der Öffentlichkeit: Eine mysteriöse (Kriminal-)Geschichte um ein tragisches Opfer lässt eben Platz für allerlei Spekulationen … Ein Denkmal in der Altstadt, der Gedenkstein am Ort seiner Ermordung im Hofgarten, eine komplette Abteilung im Markgrafenmuseum, die Kaspar-Hauser-Festspiele und sein Grab erinnern an das Schicksal von Hauser.
Freilich hat Ansbach auch eine heitere Seite und die erlebt man zum Beispiel in der Uzstraße mit Blick aufs Herrieder Tor, dem Wahrzeichen der Stadt. Die Leute blinzeln in die Sonne, lassen sich einen Kaffee schmecken und vielleicht ein Stückchen Kuchen dazu. Seh- und Riech-Erlebnisse gibt es auch auf der Ansbacher Reitbahn: Da galoppieren zwar keine Pferde, aber der belebte und beliebte Wochenmarkt sorgt für ähnlich viel Auftrieb. Er findet zweimal pro Woche mit rund 30 Händlern statt, die neben regionalem Obst und Gemüse, Fleisch- und Backwaren, Fisch, Eier, Nudeln sowie Käsespezialitäten anbieten. Seit 2003 veranstaltet die Stadt Ansbach zudem alle zwei Jahre die Skulpturenmeilen, bei denen immer ein Künstler in den Sommermonaten seine Werke in der Innenstadt ausstellt. Ansbach ist Hauptstadt des Regierungsbezirks Mittelfranken, obgleich nur dessen viertgrößte, und gleichzeitig eine gemütliche Mittelstadt mit 41.000 Einwohnern, in der man offensichtlich gut leben und gut essen, wo man eine gute Arbeit und gute Freizeit haben kann.
Am Markt
Ebenfalls heiter, aber sehr historisch geht es bei den Ansbacher Rokoko-Festspielen zu: Da gibt es Stadtkonzerte, Reiterspiele, Bläserserenaden, Theater und beim Fest am Hofe des Markgrafen Tanz- und Fechtgruppen in historischen Gewändern. Johann Peter Uz, dem zu Ehren ein Denkmal im Hofgarten steht, und August von Platen waren die repräsentativsten Rokoko-Dichter aus Ansbach.
Auf das Jahr 748 gehen die Wurzeln der Stadt zurück, als eine Benediktinerabtei gegründet wurde. 1040 wird das dortige Dorf Onolzbach erstmals erwähnt, 1221 ist sogar schon von einer Stadt die Rede. Mit der Übernahme der Hohenzollern Ende des 14. Jahrhundert kommt der Name Ansbach auf und schon 1456 wird Anschba als Residenzstadt