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Der Primus
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eBook619 Seiten8 Stunden

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Über dieses E-Book

Dies ist die Geschichte von fünf Jungen, deren Leben sich schlagartig verändert, als das Grauen ihre Kleinstadt heimsucht: Es sind Jakob, das sensible Kind wohlhabender Eltern, der dicke, gutmütige Schnute, der gerne Videospiele spielt, der schlaksige Roland, auf den man sich immer verlassen kann, der etwas zurückgebliebene Mehlsack und schließlich der introvertierte Peter. Ihre Rolle als Außenseiter an der Schule hat sie fest zu einer Gruppe zusammengeschweißt. Doch eines Tages gerät ihre heile Welt aus den Fugen. Scheinbar aus dem Nichts tauchen mysteriöse Bahngleise und seltsame Wesen auf, die alles Leben auslöschen. Auf ihrer Flucht hilft ihnen ein ortsansässiger Sonderling, ein junger Mann, der sich ihm angeschlossen hat, und ein unheimlicher Junge, der angibt aus einer anderen Zeit zu stammen.
SpracheDeutsch
HerausgeberAtlantis Verlag
Erscheinungsdatum30. Okt. 2023
ISBN9783864029097
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    Buchvorschau

    Der Primus - Patrick J. Grieser

    1

    Die näselnde Stimme des Mathelehrers riss Jakob Großmüller aus seinen Träumen. Er hatte an das burschikose Mädchen mit den kurzen roten Haaren gedacht, das in der großen Pause immer im Kreis ihrer Freundinnen in der Ecke an der Cafeteria stand. Ob sie ihn gesehen hatte, als er an ihr vorbeigelaufen war?

    Eigentlich konnte er Mädchen nicht leiden, hatte sie noch nie gemocht. Sie, die sich früher immer lustig über ihn gemacht hatten, so hatte er es jedenfalls empfunden, kratzten, petzten oder bissen sogar, wenn man sie ärgerte. Manche von ihnen hasste er dafür. Umso erstaunlicher war es für ihn, dass es da plötzlich Gefühle gab, vor allem für ein spezielles Mädchen. Am Anfang wollte er diese Gefühle unterdrücken, in den Hintergrund schieben, aber das gelang ihm nicht. Im Gegenteil, je stärker er dies versuchte, umso mehr brannte sich das Bild dieses rothaarigen Mädchens in sein Gehirn ein.

    »Großmüller, Großmüller …« Lehrer Tempels baute sich triumphierend vor dem Jungen mit den blonden halblangen Haaren auf. Irritiert sah dieser auf. Zwei dunkle Knopfaugen starrten ihn hinter den Rändern einer hässlichen Hornbrille an. Tempels schwitzte, seine Billardkugel glänzte, Schweißflecken zeichneten sich auf seinem weißen Hemd ab. In seinen Händen hielt er einen Stapel Hefte in gelben Umschlägen. Die Mathearbeit! Jakob wünschte sich auf einmal ganz weit weg. Er wollte heraus aus der bedrückenden Enge des Klassenzimmers.

    »Junge, Junge, ich werde es wohl vor meiner Pensionierung nicht mehr schaffen, aus dir ein Mathegenie zu machen«, seufzte Tempels und knallte ihm sein Heft auf den Tisch. »Schon mal an Nachhilfe gedacht?« Einige Mitschüler lachten.

    Jakob sagte kein Wort und wagte es erst, das Heft zu öffnen, als Tempels ihn nicht weiter beachtete und zum Nachbartisch ging.

    »Wow! Eine glatte Sechs. Glückwunsch, Alter!« Sein Kumpel Schnute klopfte ihm auf die Schulter. Von fünfzig Punkten hatte er gerade mal sieben erreicht.

    »Verdammt!« Jakob schlug das Heft wieder zu und blickte zur Tafel, wo Tempels wenige Minuten zuvor die Verteilung der Noten sowie den Durchschnitt angeschrieben hatte. Ausgerechnet ich muss die einzige Sechs in der Klasse haben! Nicht einmal zu einer jämmerlichen Fünf hat es gereicht. Das ist eine absolute Katastrophe!

    »Erzähl es bloß keinem weiter!«, wandte er sich an Schnute.

    »Nach dem Spruch, den Tempels dir reingewürgt hat, kann sich eigentlich jeder denken, wer die Arschlochkarte gezogen hat.«

    »Du hast recht. Scheiße!«

    Tempels kehrte zu ihrem Tisch zurück und reichte Schnute wortlos sein Heft.

    »Und?«, fragte Jakob, obwohl er keinerlei Neugierde verspürte, Schnutes Note zu erfahren.

    »Eine Vier. Nicht schlecht, Herr Specht!« Schnute strahlte über beide Backen. In diesem Augenblick sah er Schweinchen Dick zum Verwechseln ähnlich.

    »Glückwunsch!« Jakob klopfte seinem dickleibigen Freund auf die Schulter.

    Manchmal verstand er die Welt nicht mehr. Schnute war alles andere als klug. Wie er es jemals aufs Gymnasium geschafft hatte, würde wohl immer ein Mysterium bleiben. Jakob wusste, dass Schnute nichts für die Arbeit gelernt hatte. Den ganzen Tag hing der Fettsack vor seiner Konsole und spielte so lange, bis seine Augen schmerzten und er Gleichgewichtsstörungen bekam. Jakob dagegen hatte sich fast zwei Wochen lang auf die Mathearbeit vorbereitet. Während seine Kumpels ins Freibad gegangen waren, hatte er zu Hause auf der Veranda gesessen und versucht, den Stoff zu verstehen. Sein Ziel war es gewesen, nur dieses eine Mal eine Vier zu schreiben. Warum bin ich nicht mit den anderen schwimmen gegangen? Jakob wurmte es, dass niemand seine Anstrengungen honorierte. Seine Eltern kamen jeden Tag erst spät von der Arbeit heim. Keiner bekam mit, dass er den ganzen Tag über mit Formeln und komplexen Sätzen kämpfte. Selbst am Wochenende zeigten sie kein Interesse an seiner Paukerei. Sie blieben bis zum Mittag im Bett, und sein Vater schraubte dann, bis es dunkel wurde, in der Garage an den Autos herum. Samstags bekam Jakob seinen Vater nur zu sehen, wenn er sich ein Bier aus dem Keller holte oder über den Videotext den Live-Ticker der Bundesliga abrief.

    Früher, als seine Mutter noch nicht berufstätig war und sich mehr um ihn kümmerte, hatte er richtig Spaß am Lernen gehabt. Seine Noten waren viel besser gewesen und zeitweilig war er sogar Klassenbester. Aber gerade da, wo es richtig gut lief, machte seine Mutter eine Art Midlife-Crisis oder Selbstfindungsphase, wie sie es nannte, durch. Der Seelenklempner, den sie daraufhin aufsuchte, machte ihr klar, dass sie sich wieder mehr um sich selbst kümmern und ihr Selbstwertgefühl stärken müsse. So besuchte sie mehrere Ringelpiez-mit-Anfassen-Seminare (wie Jakob es nannte), die mit fernöstlicher Meditationsmusik und Entspannungsritualen die Menschen glücklich machen sollen. Danach mussten Yoga und schließlich Aerobic herhalten, um ihr dieses Glücksgefühl aufzudrücken. Letztendlich fing sie wieder als Anwaltsgehilfin in einer Kanzlei an, um ihrem Leben einen Sinn zu geben, wie sie sich damals ausdrückte.

    Jakob blickte zu Schnute und dachte bei sich, dass dieser entweder unheimliches Glück habe oder doch irgendwie intelligent sein müsse, weil er, ohne zu lernen, eine Vier geschrieben hatte. Er überlegte, ob er nach der Stunde mit Tempels reden sollte. Vielleicht war es wirklich besser, Nachhilfe zu nehmen. Wenn er die nächste Arbeit wieder vergeigte, war er in echten Schwierigkeiten. Er schüttelte den Kopf. Allein der Gedanke mit Tempels zu reden, war lächerlich. Wenn seine Klassenkameraden erfuhren, dass er Nachhilfe bekam, würde er zum Gespött der ganzen Klasse werden.

    »Was machst du heute Nachmittag?«, flüsterte Schnute und fuhr sich durch sein lockiges schwarzes Haar.

    »Keine Ahnung.« Jakob hatte keine Lust mit Schnute zu reden. Er versuchte, an das rothaarige Mädchen zu denken, das ihn auf dem Pausenhof so sehr faszinierte, doch er hatte Schwierigkeiten, ihr Gesicht vor seinem inneren Auge heraufzubeschwören.

    »Meine Oma hat mir gestern das neue ›GTA‹ für die Xbox bestellt. Wenn ich Glück habe, hat es der Briefträger heute schon gebracht. Lust, ein wenig zu zocken?«

    »Nee, nicht wirklich.«

    »Dann treffen wir uns heute Abend mit den anderen?«

    »Was?«

    »Um sieben. In den Stockwiesen.«

    »Ich weiß nicht, ob ich komme. Mal schauen, wie ich drauf bin.«

    Schnute wollte etwas erwidern, doch Tempels hatte jetzt alle Hefte verteilt und bat um Ruhe.

    »Denkt bitte daran, dass wir die letzte Arbeit drei Wochen vor den Sommerferien schreiben«, erinnerte Tempels mit strenger Stimme. Dann fuhr er mit dem Unterricht fort. Jakob hörte nur mit halbem Ohr zu. Besonders aufnahmefähig war er jetzt sowieso nicht.

    Es war viel zu heiß im Klassenzimmer. Erst jetzt bemerkte er, wie sehr Schnute nach Schweiß müffelte. Neben Schnute konnte man es nach dem Sportunterricht keine fünf Minuten aushalten. Der Kerl stank dann wie ein räudiger Hund.

    Jakob blickte auf seine Armbanduhr und unterdrückte ein leises Fluchen. Noch fünfundzwanzig Minuten. Viel zu lange! Wie soll ich es nur so lange neben dem Stinktier aushalten?

    Tempels kritzelte gerade irgendwelche wirren Hieroglyphen an die Tafel. Algebra nannte man das. Ein Kichern ging durch die Reihen, weil Tempels am Rücken so stark schwitzte und die Schweißflecken wie ein riesiger farbloser Tintenklecks aussahen. Auch heute trug Tempels wieder seine hellgraue Hose mit blütenweißem Hemd und eine gestreifte Krawatte. Nie hatte man ihn anders gekleidet gesehen.

    Jakob hasste diesen Sommer. In den Medien war die Rede vom heißesten Sommer seit Jahren und die Bild-Zeitung sprach vom sogenannten Supersommer. Eine gewaltige Hitzewelle rollte in diesen Tagen und Wochen übers Land. Wie lange hat es schon nicht mehr geregnet? Jakob wusste es nicht. Er bevorzugte die kühleren Jahreszeiten, wenn der Wind wieder kräftiger blies und die Bäume anfingen sich zu verfärben. Das einzig Gute am Sommer war, dass die Mädchen kurze Röcke oder Hot Pants trugen und man auf ihre Beine gieren konnte.

    Ein paar schöne Beine wären jetzt toll!, dachte er. In seinen Gedanken wanderte er zurück zu der unbekannten Rothaarigen. Er musste irgendwie ihren Namen herausfinden. Vielleicht wussten seine Kumpels, wer sie war und ob sie einen Freund hatte. Es war ihm peinlich einzugestehen, dass er Gefallen an dem Mädchen fand. Und wie sollte er erst seinen Freunden davon erzählen. Die würden sich doch totlachen. Schon immer verspürte er eine gewisse Abneigung, anderen Menschen gegenüber Gefühle preiszugeben. Als seine Oma gestorben war, hatte er stumm am Grab gestanden und keine einzige Träne vergossen. Er empfand es als ein Zeichen von Schwäche, wenn ihn die anderen Verwandten und Bekannten weinen sahen. Er wollte stark sein!

    Jakob widerstand dem Zwang, erneut auf die Uhr zu blicken. Schnute war in sein Heft vertieft und schrieb etwas auf.

    »Was machst du da?«, flüsterte er.

    »Wir sollen die dritte Aufgabe auf Seite 120 erledigen«, sagte Schnute, der ein Grinsen nicht unterdrücken konnte.

    »War spät gestern.«

    »Ich weiß.«

    Jakob überflog die dritte Aufgabe auf Seite 120: Verkleinert man Zähler und Nenner des Bruches 5/7 jeweils um dieselbe Zahl, so erhält man einen um 3/14 kleineren Bruch. Wie heißt die Zahl?

    »Die hat ja einen roten Punkt. Fies!«

    »So schwer ist sie gar nicht.«

    Für diesen Spruch hätte er Schnute am liebsten erwürgt. Die größte Herausforderung im alltäglichen Matheunterricht bestand für Jakob darin, so zu tun, als würde er die Aufgaben durchrechnen. Tatsächlich schrieb er nur irgendwelche Zahlen nieder und versuchte, immer mal wieder einen flüchtigen Blick auf Schnutes Zahlensalat zu erhaschen. Er hasste es, bei Schnute abschreiben zu müssen und dabei so zu tun, als würde er wie wild rechnen.

    Jakob schrieb einige Zahlen ab und wartete darauf, dass Schnute sein Lineal aus seinem Mäppchen kramte, um das Ergebnis zu unterstreichen. Doch Schnute griff nach dem Tintenkiller. Verdammt!

    Während die Schüler der 9 G4 rechneten, stellte sich Tempels ans Fenster und ließ seine Gedanken schweifen. Er dachte an seine Schüler aus früheren Klassen, die er an die kurze Leine genommen hatte. Vor ihm hatten sie Angst gehabt, vor seinem verletzenden, beißenden Spott hatten sie gekuscht. Sie hatten ihn unter der Hand den Schleifer genannt, weil er sie durch die Mathe- und Physikstunden trieb wie ein Ausbilder in der Armee. Und heute? Heute war es ihm egal, ob dieser Haufen verzogener und neurotischer Schüler etwas lernte oder nicht. Er war froh, dass er nur noch ein Jahr bis zu seiner Pensionierung hatte.

    Auch Jakob blickte aus dem Fenster, sah, dass sich auf dem Weg hinter der Schule ein Jogger über den Asphalt quälte. Wie kann man bei dieser Hitze auch nur einen Gedanken an Sport verschwenden? Diese Idioten werden immer tollkühner. Bei Wind und Regen gehen sie auf die Feldwege und haben keine Angst, sich eine Lungenentzündung einzufangen. Und jetzt scheinen sie nicht einmal Angst vor einem Herzstillstand zu haben. Genau wie meine Mutter, die beim Joggen auch immer so übertreiben muss.

    Jakob wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Schnute sein flaschengrünes Lineal aus seinem Mäppchen fischte, das mit Hanuta-Fußballbildern beklebt war.

    Na endlich! Er warf einen flüchtigen Blick auf das Ergebnis und kopierte es in sein eigenes Heft. Jetzt musste er nur noch zittern, dass Tempels ihn nicht aufrief und den Rechenweg erklären ließ. Noch fünfzehn Minuten bis zur Pause. Er überlegte, ob er auf die Toilette gehen sollte. Nachdem ihm aber das letzte Mal beim Hinausgehen zur Toilette sein Englischlehrer, Herr Kuhn, eine Konfirmandenblase attestiert und die ganze Klasse gelacht hatte, wollte er sich diesmal nicht erneut lächerlich machen. Das Wenigste, was er jetzt brauchte, war ein blöder Spruch. Und so biss er die Zähne zusammen und bemühte sich, die letzte Viertelstunde, so gut es ging, durchzustehen.

    »Wochenende geht klar?«, fragte Marcel Klinger und blickte über den Rand seines Monitors zu dem Mann, der so braun gebrannt war, als wäre er gerade aus dem Urlaub zurückgekommen. Dabei war Simon Hauser schon lange nicht mehr in Urlaub gefahren. Die Bräune stammte vom vielen Sonnenbaden am Marbach-Stausee (im Winter vom Solarium), an dem er im Sommer jede freie Minute verbrachte.

    Ein markanter Ziegenbart zierte Simons spitzes Kinn. Sein schwarzes Haar glänzte und verlieh ihm zusammen mit der starken Bräune ein geradezu südländisches Aussehen.

    »Ich weiß es noch nicht. Wir waren letzte Woche schon auf Tour, und ich glaube nicht, dass mich Judith am Samstag um die Häuser ziehen lässt«, erwiderte Simon hinter seinem PC.

    »Dann lass dir irgendeine Ausrede einfallen. Ich habe die nächsten vier Wochen sturmfreie Bude. Esther fährt mit den Kindern in Kur, und ich will am Wochenende ordentlich die Sau rauslassen.«

    »Ich kann es dir noch nicht versprechen. Lass uns morgen noch einmal darüber reden, dann weiß ich mehr.«

    »Oh, Mann, du bist vielleicht ein Pienser! Immer dasselbe Theater mit dir.« Marcel fuhr sich durch seine stark gegelte Frisur, die wie ein zerstörtes Vogelnest aussah. Simon konnte in diesem Moment nicht verstehen, was das schwache Geschlecht so toll an ihm fand. Der Kerl war zwar groß und athletisch, aber seine Haut war krebsrot und sein Gesicht glich einem auf dem Kopf stehenden Dreieck. Seit einigen Jahren schon litt Marcel an Haarausfall und die Geheimratsecken wurden mit jedem Monat größer. Da half auch das viele Gel nicht mehr, um die Stellen zu vertuschen. Und doch waren die Frauen geradezu wild auf ihn, wenn sie zusammen weggingen. Aber Simon wollte sich nicht beschweren. Dank Marcel hatte er schon viele hübsche Frauen geknallt und jede Menge Spaß gehabt. Da verzieh er ihm gerne, dass er gelegentlich das fünfte Rad am Wagen war, wenn es bei den Frauen darauf ankam.

    Eigentlich hätte er ihm dankbar sein müssen für all die Zuckerstückchen, die er in letzter Zeit vernaschen konnte. Aber irgendetwas in seinem Inneren fing an dagegen zu rebellieren und er hasste sich dann dafür. Er liebte seine Frau und wollte endlich damit aufhören.

    »Erzähl deiner Frau, dass du am Wochenende auf ein Seminar musst.«

    »Nee, die Seminar-Geschichte hatten wir schon mal. Am Ende googelt sie im Internet danach und weiß dann Bescheid, dass ich sie verarscht habe.«

    »Du darfst mich am Wochenende nicht im Stich lassen. Harald leiht uns seinen Porsche.«

    »Echt?«

    »Ja. Er will einen Fuffi für den Abend.« Marcel streckte sich, griff nach dem Tischventilator und hielt ihn unter den Arm.

    »Ich hasse den Sommer. Jeden Tag kann ich ein frisches Hemd anziehen. Esther macht Stress, weil sie so viel Wäsche waschen muss. Sie hat gedroht, dass ich meine Hemden demnächst selbst bügeln muss.«

    »Du hast deine Frau eben nicht richtig erzogen«, sagte Simon und drehte das Radio auf, weil gerade auf HR1 The most beautiful girl von Charlie Rich gespielt wurde.

    »Das sagt der Richtige.« Marcel winkte ab. Von draußen machte jemand mit einer Hupe auf sich aufmerksam.

    Simon starrte aus dem Fenster hinunter in den Hof.

    »Jemand hat Bernie wieder zugeparkt. Saugeil, sieh dir das an.«

    Marcel erhob sich mit einem lauten Ächzen von seinem Sitz und trat vors Fenster, um ebenfalls einen Blick nach unten zu werfen.

    »Unser Bernie kann ja ganz schön sauer werden«, meinte Marcel.

    »Das ist jetzt schon das dritte Mal in dieser Woche, dass man ihn zugeparkt hat. Ich glaube, dass die Leute von der Finanzbuchhaltung das extra machen.«

    »Schau mal, wer da vorne an der Drogerie vorbeiläuft. Wenn das mal nicht unser Cowboy ist.«

    »Tatsächlich! Den habe ich schon lange nicht mehr gesehen.«

    Gebannt blickten die beiden Arbeitskollegen zu einem Mann, der trotz der hochsommerlichen Temperaturen eine braune Lederjacke mit Fransen trug, ein rot-weiß kariertes Tuch um den Hals gebunden hatte und auf dessen Schädel ein Cowboyhut saß, der viel zu groß war. In beiden Händen trug er schwere Plastiktüten.

    »Judith meinte, dass er mal in Heppenheim in der Anstalt gewesen sei«, sagte Simon.

    »In der Klapse? Das würde mich nicht wundern.«

    »Der soll auf der Kerb im Bierzelt eine Schlägerei angefangen haben.«

    »Unser Cowboy?«

    »Ja, unser Cowboy.«

    »Ich dachte immer, der ist harmlos.« Marcel blickte dem zu warm angezogenen Mann hinterher.

    »Das ist er eigentlich auch.«

    »Eigentlich?«

    »Ein paar Typen sollen ihn mit Alkohol abgefüllt haben.«

    »Ach.« Marcel ließ sich wieder hinter seinem Bürotisch nieder und begann, in einem prall gefüllten Leitz-Ordner zu blättern. »Wann machst du heute Nachmittag Schluss?«, fragte er beiläufig.

    »Um vier Uhr, wenn ich bis dahin die Abrechnung fertig habe.«

    »Lust auf ein Bier im Grünen Baum

    »Nee, ich fahre nachher noch kurz an den See. Ich habe Handtücher und Badehose dabei.«

    »Soso.« Marcel grinste. »Da will sich heute Nachmittag noch jemand in der Oase amüsieren.«

    »Du Arschloch!« Simon musste selbst grinsen. Die Oase war früher einmal eine rustikale Pension gewesen, die einsam und verlassen in der Nähe des Stausees im Wald lag. Ende der Siebzigerjahre war sie dann Pleite gegangen (wer kam schon auf die Idee, in den Tiefen des Odenwaldes eine Pension zu eröffnen); kurze Zeit später hatte jemand aus Frankfurt das Haus gekauft und dort einen Puff eröffnet. Das feuchtfröhliche Geschäft schien gut zu gehen, denn auf dem Parkplatz standen abends immer zahlreiche Autos.

    »Ach komm schon, du kannst mir nicht erzählen, dass du nur an den Marbach-Stausee fährst, um zu baden. Da werden heute noch ein paar Ostblocktussis dran glauben müssen.«

    »Ich fahre wirklich nur an den See, um zu baden. Ehrlich gesagt, bin ich noch nie in der Oase gewesen.«

    »Das ist gelogen!«

    »Ach ja?«, stutzte Simon, ohne den Blick vom Computer zu nehmen.

    »Als Bernie seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert hat, seid ihr danach alle mit dem Taxi zur Oase gefahren.«

    »Bernies vierzigsten Geburtstag?«

    »Ja, wo ich nicht eingeladen war.«

    »Ich bin nicht mit den Jungs hineingegangen. Der Taxifahrer hat mich zurück nach Reichelsheim gefahren.«

    »Hör schon auf! Du bist der schlechteste Lügner, der mir je begegnet ist. Ich würde mein letztes Hemd darauf verwetten, dass du in dem Laden warst und die Sektkorken hast knallen lassen«, sagte Marcel und fuhr sich mit dem Taschentuch über sein nass geschwitztes Gesicht.

    »Und was macht dich da so sicher, dass ich lüge?«

    »Simon, wie lange kennen wir uns jetzt schon?«

    »Zehn Jahre?«, schätzte Simon geistesabwesend.

    »Zwölf Jahre!«

    »Das sind zwölf verdammte Jahre zu viel.«

    »Ich glaube, nicht einmal deine Alte kennt dich so gut wie ich.«

    »Und warum soll ich deiner Meinung nach in der Oase gewesen sein?«, fragte Simon und begann sich die Schläfen zu massieren. Er spürte, dass er Kopfschmerzen bekam und überlegte, ob er schnell zum Auto gehen sollte, um eine Aspirin aus dem Handschuhfach zu holen.

    »Alter, bei dir gilt die Devise: In der Not frisst der Teufel Fliegen! Du bist auf Bernies Party gewesen und hast all die geilen Schlampen gesehen. Natürlich hast du keine abbekommen, da die Weiber ja alle mit ihren Ehemännern da waren. Da hast du Udo und den Jungs vorgeschlagen, einen Abstecher zur Oase zu machen.«

    »Es war nicht meine Idee, zur Oase zu fahren, okay?«, sagte Simon genervt.

    »Hab ich’s doch gewusst!«

    Simon erhob sich von seinem Arbeitsplatz und warf Marcel einen giftigen Blick zu.

    »Wo willst du denn hin?«, fragte Marcel, als sein Kollege die Tür öffnete und in den Gang trat.

    »Ich brauche eine Aspirin. Dein Gelaber hält man ja nicht aus!« Das schrille Gelächter von Marcel begleitete Simon den ganzen Gang auf dem Weg zu seinem Auto entlang. Mein Gott, wie mir dieser Kerl auf’n Keks geht!

    »Wie war die Schule heute?«, fragte Jakobs Vater beim Abendessen, ohne den Blick von der Zeitung zu nehmen.

    »Geht so«, antwortete Jakob und stocherte sichtlich lustlos in seinem Rote-Bete-Fitness-Salat (mit der Extraportion Zink und Eisen, wie seine Mutter immer sagte).

    »Irgendetwas Interessantes erlebt?«

    »Nicht wirklich.« Er überlegte, ob er seinem Vater von der Sechs in Mathe erzählen sollte, beschloss aber, die Sache vorerst geheim zu halten. Die nächste Mathedoppelstunde war in zwei Tagen, da konnte er morgen seinem Vater immer noch das Arbeitsheft zum Unterschreiben hinlegen.

    Jakob blickte von seinem Salat auf. Im Wohnzimmer lief der Fernseher auf voller Lautstärke. Seine Mutter stand vor der flimmernden Kiste in Radlerhosen und einem Sport-BH, der so eng war, dass ihre Brüste wie bei einer Mammografie zusammengepresst wurden. Im Fernsehen lief die Aufzeichnung einer Aerobic-Sendung, in der ein farbiger Athlet mit kahl rasiertem Schädel vor einer Gruppe Gruftmöhren herumturnte. Wenn Jakob seine Mutter bei ihren Fitnessübungen beobachtete, wusste er nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Seine Mutter war keine junge Frau mehr, und ihre Dehn- und Streckübungen waren so steif und ungelenk, dass sie einfach nur lächerlich wirkten. Er schämte sich in diesem Moment für seine Mutter. Wenn er irgendwann einmal eine Freundin haben sollte und diese seine Mutter wie einen tollwütigen Zirkusclown im Wohnzimmer herumtanzen sehen würde, wäre er schneller wieder Single als ihm lieb sein konnte. Er fand, dass seine Mutter die Königin unter all den behinderten Freaks war, die es auf dieser Welt gab.

    »Und mitzählen: Eins, zwei, drei, vier … Denkt immer daran: Eure Worte haben Macht! Fünf, sechs, sieben …«, erklang es aus dem Fernseher. Jakobs Vater schien das Trauerspiel im Wohnzimmer überhaupt nicht wahrzunehmen. Nach all den Jahren hatte er sich mit ihr arrangiert. Dies war nicht immer so. Während ihrer Selbstfindungsphase hatte es im Hause Großmüller öfters heftig gekracht. Sein Vater musste täglich von Reichelsheim mit dem Pkw nach Frankfurt zur Arbeit fahren. Dort arbeitete er als Berater in einer Consulting-Firma und wenn er dann spät abends von der Arbeit nach Hause kam, hatte er keine Lust, sich mit den seiner Meinung nach »verrückten Spinnereien« seiner Frau auseinanderzusetzen. So fingen sie an, jeder für sich ihr eigenes Leben zu leben.

    »Ich will mich heute Abend noch kurz mit der Clique in den Stockwiesen treffen«, sagte Jakob schließlich und schob den Teller mit dem Fitness-Salat von sich.

    Wenn ihn sein Vater gehört hatte, dann gab er keinerlei Reaktion von sich.

    »Papa!«, sagte Jakob etwas energischer.

    »Moment, Moment!« Sein Vater legte die Zeitung auf den Tisch. »Hier, schau mal!« Er deutete mit dem Finger auf eine klein gedruckte Anzeige. »Da verkauft jemand in Brensbach einen BMW 325i Touring mit Klimaanlage, Lederausstattung, 192 PS und Leichtmetallfelgen für fünfzehntausend Euro. Das Auto hat gerade mal dreißigtausend Kilometer drauf. Nicht schlecht, oder?«

    »Ist mir egal.«

    »Der Jaguar deiner Mutter hat schon einige Kilometer auf dem Buckel und die letzte Reparatur war nicht gerade billig. Vielleicht sollte ich mir das Auto mal ansehen – wenn es nicht schon wieder weg ist.«

    »Ich gehe jetzt. Ich bin um halb zehn wieder da.«

    »Wo willst du hin?«, fragte sein Vater irritiert und nahm die Lesebrille von der Nase. Jakob dachte in diesem Moment, dass sein Vater in den letzten Jahren ganz schön gealtert sei. Der hagere Körper, der zurückweichende Haaransatz, der stark ergraut war, und das aschfarbene Gesicht ließen ihn um mindestens zehn Jahre älter erscheinen. Es war, als habe man seinen Vater in den letzten Jahren in eine Art Zeitmaschine gesteckt und wie bei einem Videorekorder im Suchlauf nach vorne gespult.

    Sein Vater hatte sich verändert, seit er den anstrengenden Job in einer Consulting-Firma im Frankfurter Bankenviertel angenommen hatte. Meistens kam er erst spät nach Hause und dann war nicht mehr viel mit ihm anzufangen. Seit sieben Jahren arbeitete er jetzt für diese Firma. Davor hatte er noch volles blondes Haar gehabt, war muskulös gewesen und war zweimal die Woche mit dem Diakon der katholischen Kirche Tennis spielen gegangen.

    Papa sieht wie ein Krebskranker aus, dachte Jakob und war überrascht, dass ihn dieser Gedanke erschreckend kalt ließ.

    »Ich treffe mich noch mit den Jungs. Ich bin um halb zehn zurück.«

    »Und keine Minute später, junger Mann. Ich muss morgen um halb fünf raus und da brauche ich meinen Schlaf. Ich muss mal mit den Veltins von nebenan reden. Die Zwillinge fahren spät abends noch Skateboard auf der Straße. Bei dem Krach kann man ja kein Auge zumachen.«

    Jakob erhob sich von seinem Stuhl. »Bis später!«

    »Vergiss nicht, morgen den Rasen zu mähen. Du hast es deiner Mutter versprochen«, rief ihm sein Vater nach.

    Jakob eilte an seiner Muter vorbei, die gebannt den Instruktionen des dunkelhäutigen Hünen auf dem Bildschirm folgte. Er öffnete die Verandatür und verschwand nach draußen. Obwohl die Sonne bereits am Untergehen war, herrschten immer noch tropische Temperaturen.

    Er stieg auf seinen grünen Felt-Cruiser, den er dieses Jahr zu seinem fünfzehnten Geburtstag bekommen hatte. Der Ledersattel fühlte sich wie ein glühender Keil unter seinem Hintern an. Die Straße vor dem Wohnhaus der Großmüllers wirkte wie ausgestorben. Normalerweise tobte um diese Uhrzeit eine ganze Horde von Kindern mit ihren Skateboards auf der Straße, doch heute war von ihnen weit und breit nichts zu sehen. Die ständige Hitze machte die Leute träge, sie abends wie apathisch vor ihren Fernsehgeräten saßen und sich berieseln ließen (abgesehen von Jakobs Mutter). Von irgendwoher drang der Geruch von gegrilltem Fleisch an seine Nase. Vor dem Nachbarhaus parkte ein wuchtiger Möbelwagen mit knallroter Schrift auf der Plane. Die Fensterscheiben des Lasters waren heruntergelassen, leise Radiomusik dudelte aus dem Wageninneren.

    Er trat in die Pedale und fuhr los. Von der Waldstraße in Klein-Gumpen bis zu den Stockwiesen war es mit dem Rad nur ein Katzensprung.

    Die Stockwiesen waren ein Naturschutzgebiet mit einer überschaubaren Anzahl von Wanderwegen, die ins Zentrum und in benachbarte Orte führten. Die Reichelsheimer nutzten die Stockwiesen für ausgiebige Spaziergänge (mit oder ohne Hund) – hier gab es noch unberührte Landschaft, die die Last des Alltags für ein paar Stunden vergessen ließ. Sie waren aber auch ein beliebter Treffpunkt für cool gekleidete Jugendliche, die dort rauchten, Softdrinks tranken und große Reden schwangen. In Gruppen stolzierten sie in Baggyjeans, engen Muscle-T-Shirts, die ihre Schultern und Arme betonten, und Baseballcaps herum, alberten, lachten und riefen den Mädchen dümmlich grinsend hinterher. Junge Mütter trafen sich nachmittags dort, um sich über ihre Kleinkinder und den neuesten Tratsch auszutauschen. Oftmals begegnete man auch Kindern, die Fahrrad fuhren, Ball spielten oder irgendwelche Nonsens-Verse aufsagten (»Ich kenne eine Frau, die hat Augen wie Kakao, eine dicke, fette Leberwurst, das weiß ich ganz genau, und die heißt Zipp, Zippelipp, Zippelonika.«) und sich dabei gegenseitig auf die Handflächen schlugen und mit den Beinen vor- und zurückgrätschten. Während der Wintermonate wurde ein Teil der Stockwiesen geflutet, sodass man Schlittschuh laufen konnte. In den winzigen Schrebergärten in der Nähe der Kurklinik grillte man bei schönem Wetter am Wochenende und lauschte der Bundesligakonferenz im Radio.

    Als kleiner Junge war Jakob mit dem Rad jeden Tag in die Stockwiesen gefahren. In der Nähe des Friedhofs gab es eine alte Mauer, in der sich Eidechsen und Schlangen tummelten. Er hatte sich dort oft stundenlang auf die Lauer gelegt, um die urzeitlichen Tiere zu bekommen: Zauneidechsen, Blindschleichen und Ringelnattern hatte er schon gefangen und wie ein stolzer Jäger mit nach Hause genommen. Die Tiere durfte er in einem großen Holzterrarium halten, das ihm sein Vater gebaut hatte. Er verbrachte Stunden mit dem Dekorieren des Terrariums, mit dem Suchen von Heuschrecken, Regenwürmern und Kellerasseln. Es war faszinierend, den Tieren beim Jagen zuzusehen; die Revierkämpfe der männlichen Zauneidechsen waren ein absoluter Höhepunkt (wobei oftmals eines der Tiere seinen Schwanz verlor). Im Herbst brachte er dann die fett gefressenen Eidechsen wieder zurück zur alten Mauer. Seine Mutter erlaubte es nicht, dass er die Tiere in der Wohnung hielt, und im Winter würden sie draußen im Terrarium sterben. Mit den Jahren war Jakob immer seltener zur Eidechsenmauer gefahren. Waren es vorher die Eidechsen und Schlangen gewesen, die sein Interesse geweckt hatten, war es plötzlich das andere Geschlecht, und das verstand er nicht so richtig.

    Die Häuser flogen an ihm vorbei und der Fahrtwind erfüllte seinen ausgelaugten Geist mit neuem Leben. In einigen Metern Entfernung sah er den winzigen Weg, der ins Reich der Stockwiesen führte. Der Pfad war vor Urzeiten geteert worden, besaß aber mittlerweile so viele Schlaglöcher und Unebenheiten, dass er den Cruiser wie durch einen Hindernisparcours lenken musste.

    Der Himmel leuchtete in einem tiefen Rot, das immer schwächer wurde. Einige Vögel zogen am Himmel in Richtung Westen, wo die Strahlen der Sonne noch hell und warm waren. Bald würde die Nacht hereinbrechen und die ersten Sterne am Himmel leuchten.

    Zu Jakobs Linken erstreckte sich ein großes Waldgebiet. Die alten Baumriesen wirkten im Licht der sterbenden Sonne bedrohlich und einschüchternd. Ihre Ausläufer erinnerten ihn an eine Horde gewaltiger Wächter, die die Pforten zur Unterwelt bewachten.

    Am Wegrand stand ein Mann mit seinem Hund und blickte in Richtung der Birken. Ohne zu grüßen, fuhr Jakob an dem Spaziergänger mit dem schwarzen Eintracht-Adler-T-Shirt vorbei.

    Nach einer Weile gabelte sich der Weg in zwei Richtungen. Links ging es den Berg hoch in Richtung Eidechsenmauer, rechts zu der alten Kurklinik, wo sich seine Freun de regelmäßig trafen.

    Jakob radelte an den gepflegten Schrebergärten vorbei, die heute verlassen dalagen. In der Ferne zeichnete sich die dunkle Silhouette der Kurklinik ab. Die Klinik, früher einmal eine Lungenheilanstalt, war vor einigen Jahren geschlossen worden, weil es im mer weniger Kurgäste nach Reichelsheim zog. Seit der Schließung hatte sich niemand mehr um das parkähnliche Gelände gekümmert, das sich mit der Zeit in ein verwildertes und manchmal unheimliches Areal verwandelt hatte. Jakobs Freund Roland hatte mit einer Drahtschere ein Loch in den Maschendrahtzaun der Klink geschnitten und die Jungs hatten den urweltlichen Garten erkundet. Seit dieser Zeit traf sich die Clique dort regelmäßig, um Neuigkeiten auszutauschen, Bier zu trinken und über Mädchen zu reden.

    Er erreichte das dunkelgrüne Dickicht aus Hecken und Sträuchern, die wie eine natürliche Grenze das Gelände umgaben. Die Stimmen von Roland und Mehlsack drangen an sein Ohr. Der Stimmbruch hatte seine beiden Freunde voll im Griff. Jakob hoffte, dass sich seine Stimme nicht ebenso bescheuert anhörte.

    Er stellte sein Rad an einer unauffälligen Stelle ab, fluchte leise, weil er den Schlüssel für das Fahrradschloss vergessen hatte, und zwang sich durch das Loch im Zaun.

    »Na, wen haben wir denn da?« Roland hob Jakob prostend seine Bierflasche entgegen.

    »Was geht ab, Mann? Ihr habt Bier?«, fragte Jakob.

    »Malzbier!« Mehlsack lachte meckernd. »Der Typ geht tatsächlich in den Edeka und kauft eine Flasche Malzbier. Wie peinlich ist das denn!«

    Jakob tat sich mit Alkohol schwer. Er konnte nicht verstehen, dass die Jugendlichen in seinem Umfeld so gierig auf das Zeug waren. Er war noch nie betrunken gewesen und erntete oft schallendes Gelächter, wenn er sich auf der Kerb im Festzelt eine große Fanta bestellte. Bei Bier musste er schon nach wenigen Schlucken würgen. Es war, als ob sich sein ganzer Körper dagegen sträubte, das Zeug aufzunehmen.

    »Alles roger bei dir?«, fragte Roland und entblößte eine Reihe von Zähnen, die Jakob an das Gebiss eines Pferdes erinnerten. Der liebe Gott hatte Roland wahrlich nicht mit Schönheit gesegnet. Er war groß und dünn, viele sagten deswegen Gerippe zu ihm, und verhielt sich in allen praktischen Dingen des Lebens wie ein unbeholfener Tollpatsch. Alles, was er anfasste, ging kaputt. Im Sportunterricht mussten die Schüler ständig gegen Lachkrämpfe ankämpfen, weil er beim Fußballspielen wie eine Vogelscheuche durch die Turnhalle jagte. Roland besaß einen daumengroßen Adamsapfel, der beim Essen immer in Bewegung war. Sein Gesicht war mit Pickeln übersät und die große Nase setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Die Mädchen an der Schule machten einen großen Bogen um den armen Kerl. Obwohl viele Roland als Witzfigur ansahen, mochte ihn Jakob sehr, denn er konnte sein negatives Äußeres hervorragend durch sein sicheres Auftreten und seine ihm angeborene Hilfsbereitschaft kaschieren.

    »Und wie hat dein Alter auf die Sechs in Mathe reagiert?«, fragte Roland und nippte an seinem Malzbier.

    »Woher weißt du das?« Jakob war schockiert.

    »Das hat mir ein Vöglein im Bus gezwitschert.«

    »Ein besonders fettes Vöglein?«

    »Möglich.«

    »Wenn ich Schnute in die Finger bekomme, dann mach ich Presswurst aus ihm!«, drohte Jakob und ließ sich auf der Bank nieder.

    »Schnute will heute Abend auch noch kommen«, meinte Mehlsack und setzte sich neben Jakob.

    »Der wird heute nicht kommen.« Jakob hatte sichtlich Mühe, den aufkommenden Zorn zu unterdrücken und sich nichts anmerken zu lassen. Schnute hatte mal wieder den Mund nicht halten können. Diese alte Laberbacke!

    »Warum?«, fragte Mehlsack und bohrte ungeniert in der Nase. Eigentlich hieß Mehlsack Thomas Lautenschläger, doch wegen seiner unnatürlich blassen Hautfarbe hatte man ihm diesen unrühmlichen Spitznamen verliehen. Dirk Wolpers – einer der Schläger an der Schule – hatte mal gemeint, dass Mehlsack eine Blitzkarriere in der Filmbranche bevorstünde. Er wäre die perfekte Leiche, da man nicht einmal Geld fürs Make-up und Styling ausgeben müsste. Und tatsächlich sah Mehlsack mit der blütenweißen Hautfarbe, den hellblonden Haaren und den starren blauen Froschaugen wie eine wandelnde Leiche aus. Er war Rolands bester Freund, in seiner ganzen Art und seinem Verhalten nach noch etwas naiv und hinter der Entwicklung seiner Freunde zurück, weshalb diese sich zu seinem Leidwesen immer wieder mal ein Späßchen mit ihm erlaubten.

    »Schnute hat heute ›GTA San Andreas Cheats‹ bekommen. Der sitzt jetzt wahrscheinlich vor dem Fernseher und zockt bis in die Puppen.«

    »Dann weiß ich, wo ich morgen den Nachmittag verbringe. Ein Hoch auf Schnute!« Roland prostete den beiden zu.

    Jemand stellte außerhalb der Hecke sein Fahrrad ab und kletterte kurze Zeit später durch das Loch im Zaun.

    »Wenn das nicht mal Little Peter ist«, meinte Roland und ging dem Neuankömmling entgegen.

    »Oh nein, nicht der schon wieder!«, flüsterte Jakob und warf Mehlsack einen genervten Blick zu.

    »Was hast du gegen ihn?«

    »Er nervt.«

    »Peter? Der macht doch gar nichts.«

    »Eben.«

    Jakob wusste nicht so recht, was er von Peter halten sollte. Er ging mit Roland und Mehlsack in die Parallelklasse und hatte sich in den letzten Wochen mit den beiden näher angefreundet. Wie er das angestellt hatte, war für Jakob ein Rätsel.

    Peter Keller war ein ruhiger, introvertierter Junge, der selten sprach und die meiste Zeit des Tages mit seinem Hobby, dem Fotografieren, verbrachte. Um seinen Hals bau melte immer ein Fotoapparat, eine schwarze Canon-EOS-1DS mit aufgesetztem Blitzschuh, das Geschenk seines Opas. Am liebsten fotografierte Peter Schmetterlinge. Manchmal fuhr er mit dem Rad mehrere Kilometer zu irgendwelchen Feldern oder Wiesen in der Pampa, um die filigranen Insekten vor die Linse zu bekommen. Sein Zimmer unter dem Dach war voll mit Hochglanzbildern, die er geschossen und anschließend auf Fotopapier ausgedruckt hatte. Peter fand es toll, einen Moment festzuhalten, bevor er vorüber wäre.

    In Jakobs Augen war Peter ein Langweiler. Er hatte keine Persönlichkeit; bei den Treffen der Clique blieb er stets im Hintergrund. Er war wie ein Deko-Artikel, den man in einem Möbelhaus mitgenommen hatte und in der Zimmerecke verstauben ließ. In der Schule schrieb er nur Bestnoten, obwohl er seine Zeit überwiegend mit Fotografieren verbrachte. Er lebte in einer großen Villa in Reichelsheim und war auch am Wochenende fast immer allein, da seine Eltern oft zu irgendwelchen Vernissagen oder Events gingen. Bevor er sich mit Roland und Mehlsack angefreundet hatte, gab es in seinem Leben nur eine Person, die ihm etwas bedeutete, seinen Opa.

    »Wie geht’s?«, fragte Mehlsack, als sich Peter zu ihnen gesellte. Wie immer war der Fotoapparat dabei. Jakob fragte sich, ob Peter mit dem Teil auch ins Bett gehe.

    »Geht so.«

    »Was Gutes vor die Linse bekommen?«

    »Nein.«

    »Schon für Englisch gelernt?«, erkundigte sich Mehlsack weiter.

    »Ja.«

    »Und was hast du für ein Gefühl?«

    »Geht so.«

    »Junge, sind das tiefgründige Gespräche!« Jakob seufzte und rollte mit den Augen. Verlegen schaute ihn Peter an, zuckte kurz mit den Schultern.

    »Was machen wir eigentlich am Wochenende? Hat schon jemand eine Idee?«, fragte Roland und leerte die Flasche Malzbier in einem Zug. Kurze Zeit später landete die Flasche im hohen Bogen im Dickicht der Kurklinik.

    »Keine Ahnung. Wir könnten mal wieder nach Viernheim ins Kinopolis gehen.«

    »Tja, dafür brauchen wir aber einen Fahrer.«

    »Vielleicht fährt mein Bruder mit seiner Freundin ins Rhein-Neckar-Zentrum. Da könnten wir mitfahren.«

    »Passen wir denn überhaupt alle in ein Auto?« Jakob war skeptisch.

    »Ich gehe mal davon aus, dass Schnute nicht mitgeht, weil er das Wochenende lieber vor der Konsole verbringt.«

    »Ich wäre dabei!«, sagte Mehlsack.

    »Dito«, schloss sich Peter an.

    »Dann erkundige dich bei deinem Bruder. Ansonsten kann ich auch mal meinen Vater anhauen«, schlug Jakob vor.

    »Okay, dann halten wir das Kino schon mal fest. Weiß jemand, welche Filme gerade laufen?«, fragte Roland.

    »Ich schau nachher im Internet nach.«

    »Super!«

    »Hat heute jemand Lena Hartmann in dem engen T-Shirt gesehen?«, erkundigte sich Mehlsack und grinste vielsagend.

    »Ich glaube, ihre Titten wachsen jeden Tag einen Zentimeter«, bemerkte Jakob trocken.

    »Junge, Junge, ich weiß nicht, wie oft ich schon von der fantasiert habe. Sie ist ein absoluter Traum«, sagte Roland. »So ein Scheiß, dass sie diesen Blödmann Wolpers als Freund hat.«

    »Oh ja, Lena. Warum darf der Blödel und ich nicht?«, seufzte Mehlsack.

    »Seid ihr beiden eifersüchtig? Auf Dirk Wolpers?«, fragte Jakob.

    Mehlsack und Roland blickten sich kurz an. »Ja!«, erklang es gleichzeitig aus ihrem Mund.

    »Okay, die Hartmann hat einen geilen Body, aber die ist doch mindestens genauso dumm wie ihr Stecher.«

    »Ist mir egal«, winkte Roland ab.

    »Mir auch«, stimmte Mehlsack zu.

    »Dito«, schloss sich Peter an.

    Die Blicke der Jungen wanderten zu Peter, der neben der Bank stand und beschämt auf den Boden starrte, so als hätte er gerade etwas Peinliches gesagt.

    »Du bist scharf auf Lena Hartmann?« Roland war fassungslos.

    »Möglich«, wich Peter aus.

    »Ich dachte immer, du stehst nur auf Schmetterlinge!«

    Jakob und Mehlsack brüllten vor Lachen.

    »Na ja, die Hartmann ist megaheiß. Wer fährt da nicht auf sie ab?«, fragte Peter und fummelte nervös an seiner Kamera herum.

    »Wow, das war das Beste, das ich jemals von dir gehört habe«, sagte Jakob und wunderte sich. Allein die Tatsache, dass Peter sich ebenso wie der Rest der Clique für Frauen interessierte, machte ihn in diesem Moment ein klein wenig sympathischer.

    »Auf wen fährst du denn ab, Jakob?«, fragte Peter und ging zum Angriff über.

    »Was?«

    »Auf wen stehst du?«, bohrte er nach.

    »Keine Ahnung«, wich Jakob aus. Er musste an das Mädchen mit den kurzen roten Haaren denken, das er heute an der Cafeteria gesehen hatte.

    »Du Pussy!«, rief Roland und verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

    »Das bin ich nicht!«, entgegnete Jakob trotzig.

    »Peter hat zugegeben, dass er auf die Hartmann steht.«

    »Er hat gemeint, dass jeder in der Schule auf sie steht.«

    »Also du auch?«

    »Ja.« Jakob suchte nach einer passenden Möglichkeit, das Thema zu wechseln. »Mann, ich habe Hunger. Lasst uns doch Karussellfleisch oder eine Assi-Schale holen. Bei uns hat es heute Abend nur einen Fitness-Salat gegeben.« Karussellfleisch war Döner und eine Assi-Schale Pommes mit Mayo, Ketchup und Currywurst. Mit den flapsigen Bemerkungen versuchte er, seine Unsicherheit zu kaschieren. Es fiel ihm ausgesprochen schwer, vor seinen Kumpels zuzugeben, dass er sich ebenso wie sie für Mädchen interessierte und sich sehnlichst eine Beziehung wünschte. Es gab da in seinem Inneren einen Widerstand, und er wusste nicht, warum das so war. Er konnte nicht so frei wie die anderen über dieses Thema reden. In diesem Moment beneidete er Peter für seine Ehrlichkeit.

    »Nein, heute nicht mehr. Vielleicht morgen«, winkten seine Freunde ab.

    Zum Glück wendete sich das Gespräch und sie unterhielten sich wie meistens über die neuesten Spiele und Filme. Nach einer Stunde blickte Jakob zum Himmel. Es fing an dunkel zu werden; einzelne Sterne funkelten bereits am Himmelszelt. Der Mond versteckte sich hinter dem alten Gebäude der Kurklinik. Das Zirpen der Grillen mischte sich unter das ferne Rauschen der vorbeifahrenden Autos. Wind kam auf und fuhr durch das schwärzliche Dickicht. Sträucher und Hecken begannen sich wie von unsichtbaren Fäden gezogen zu bewegen. Jakob fröstelte und fuhr sich geistesabwesend über den rechten Arm. Die Stimmen seiner Freunde wurden immer leiser, bis sie nur noch ein dumpfes Hintergrundrauschen waren. In Gedanken stand er bereits wieder auf dem Schulhof. Ich bin verknallt …, dachte er und wusste nicht, ob das gut war.

    Simon Hauser fuhr erschrocken in die Höhe. Er war in der Sonne eingeschlafen. Es war stockdunkel, und der See sah von Weitem wie ein gigantischer Bottich voller flüssigen Pechs aus.

    Wie lange habe ich geschlafen? Wie spät ist es? Simon griff nach dem Rucksack und fischte seine Armbanduhr heraus. 22:00 Uhr! FUCK! Judith, seine Frau, machte sich bestimmt schon große Sorgen und hatte bereits in der Weltgeschichte nach ihm herumtelefoniert. So konnte das nicht weitergehen; er brauchte dringend ein Handy! Er war der einzige Mensch in der Straßenbaufirma, der keines besaß. Marcel flehte ihn pausenlos an, sich eines der Dinger zu besorgen, doch irgendwie fand er immer eine andere Ausrede. Mal hatte er keine Lust, einen Vertrag abzuschließen, ein anderes Mal hatte er einfach keine Zeit und gelegentlich zitierte er irgendwelche Studien, die er im Fernsehen gesehen hatte, dass Handys gesundheitsschädlich seien.

    Er stand auf, schüttelte das große Badetuch aus und machte sich daran, seine Sachen zu packen. Nachdem er alles im Rucksack verstaut hatte, trank er einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche. Der Rücken schmerzte. Er fragte sich, ob er sich einen Sonnenbrand eingefangen hätte oder ob die Schmerzen einfach nur vom langen Liegen kämen.

    Hastig zog er sich Hose und Schuhe an und eilte den Hang hinunter. In der Ferne fuhren mehrere Autos die Straße am Stausee entlang. Kein Mensch war zu sehen; niemand kam ihm entgegen, als er dem langen Weg zurück zum Parkplatz folgte. Zu seiner Rechten lag ein kleiner Zeltplatz in tiefer Finsternis. Auch hier war kein Laut in der nächtlichen Stille zu vernehmen.

    Der Weg führte an der Holzhütte der Rettungsschwimmer vorbei in ein kleines Waldstück. Im Wald selbst war es so dunkel, dass er plötzlich innehielt und mit klopfendem Herzen wartete, bis sich seine Augen an die Schwärze gewöhnt hatten. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er weiterlief und der verschwommenen Spur des Pfades folgte. Im Wald herrschte Stille; kein Rascheln war zu vernehmen. Vor einiger Zeit hatten Marcel und Simon in Begleitung zweier betrunkener Bräute aus der Disco eine spontane Nachtwanderung zur Burgruine Rodenstein unternommen, einer Ruine, die für die Menschen hier untrennbar mit der Sagengestalt vom »Wilden Rodensteiner« verbunden ist. So soll das Geisterheer des Rodensteiners bei Eintritt eines Krieges von der Burgruine Schnellerts durch das Gersprenztal zur Ruine Rodenstein ziehen. Als sie damals mit den Bräuten dort waren, gab es im dunklen Dickicht des Waldes unzählige Geräusche. Die beiden Frauen hatten eine tierische Angst gehabt, und Marcel hätte vor lauter Lachen beinahe in die Hose gemacht.

    Irgendwie unheimlich! Simon verspürte auf einmal den Wunsch, so schnell wie mög lich, seinen Wagen zu erreichen. Er traute sich aber nicht schneller zu laufen, da zu seiner Linken ein steiler Hang war, der zum See führte. Wenn er dort hinunterfiel, konnte er sich womöglich den Hals brechen. Und so marschierte er mit klopfendem Herzen weiter und schwor sich, so schnell nicht mehr zum Stausee zu fahren. Für ihn stellte der See ein kleines Refugium vor dem Alltagsstress dar. Hier konnte er kostenlos schwimmen und sich sonnen (die Sonnenstudios wurden immer teurer), konnte den zahlreichen hübschen Frauen nachgieren, die unweit von ihm auf der Wiese lagen und ihren aufreizenden Körper von der Sonne liebkosen ließen.

    Endlich lichtete sich der Wald ein wenig und die ersten Parkplätze kamen in Sicht. Nur zwei Autos standen in den Parkreihen. Simon beschleunigte seinen Schritt. Er griff in die Hosentasche und zog seinen Schlüsselbund hervor. In diesem Moment fuhr ein Auto auf den Parkplatz. Instinktiv hob er die Arme, weil er von dem unangenehmen Licht der Scheinwerfer geblendet wurde. Der Wagen fuhr im Schritttempo die Parkreihen entlang und blieb wenige Meter vor ihm stehen. Simon trat zur Seite, weil er glaubte, das Auto wolle weiterfahren. Stattdessen öffnete jemand die Tür und stieg aus dem immer noch laufenden Wagen heraus.

    »Sag mal,

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