Die Ukrainischen Ikonen 11. bis 18. Jahrhundert (Von den byzantinischen Ursprüngen bis zum Barock)
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Buchvorschau
Die Ukrainischen Ikonen 11. bis 18. Jahrhundert (Von den byzantinischen Ursprüngen bis zum Barock) - Liudmila Miliayeva
1. Die Heiligen Wladimir, Boris und Gleb. Ende 17.Jh. Nationales Kunstmuseum, Kiew.
Inv. Nr. i-8. Lindenholztafeln, (zwei). Zwei eingebaute Dübel. Verluste der Farbschicht sind toniert. Unten, rechts und links vertikale Risse der Tafel. Herkunft: Aus der Kirche, im Dort Ratno im Gebiet Wolhynien. In das Nationale Kunstmuseum Kiew ist sie 1910 gekommen. Restauriert 1956.
Die Geschichte der Ukrainischen Ikonen
Bei den Ostslawen, wie bei allen anderen christlichen Völkern, ist Byzanz der Ursprung der Verehrung der Ikonen. Byzanz war ein grandioses mittelalterliches Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel, auch «Neues Rom» genannt. Zum politischen und religiösen Einflußbereich Byzanz’ gehörte ab dem 4. Jh. das gesamte christianisierte Europa.
Die Ikonenverehrung wurde im Byzantinischen Reich zu einem unabdingbaren Teil der «Göttlichen Liturgie», obwohl ihrer offiziellen Bestätigung die dramatischen Geschehnisse der Bilderstürmerei vorausgegangen waren. Der Kampf zwischen Bilderstürmern und Ikonenverehrern im 8. und in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts hat nicht nur die dogmatische Begründung der Rolle des Heiligenbildes in den religiösen Zeremonien begünstigt, sondern bildete jene Ästhetik der Bildenden Kunst heraus, die als «Byzantinischer Stil» bezeichnet wird. [1] Er veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte merklich, doch hat die religiöse Malerei aller orthodoxen Länder die byzantinische Tradition bewahrt. Jedes Volk hat in diesem Prozeß jedoch seine eigenen chronologischen Grenzen in unterschiedlicher Weise gesteckt.
Die Einordnung der Ostslawen in die byzantinische Kultur vollzieht sich im 10. Jh. Die Zeit ihrer Taufe fällt in die markanteste Epoche der byzantinischen Kunst. [2] Dies äußert sich in der künstlerischen Kultur des jungen feudalistischen Staates der Kiewer Rus im Stadtbild Kiews mit seiner ersten Steinkirche. Diese Kirche (989-996) wurde Desjatinnaja (Zehnt-) genannt, weil ein Zehntel des fürstlichen Gewinns zum Nutzen des Gotteshauses gegeben wurde. Der Großfürst von Kiew, Wladimir (?-1015), hat mit der Taufe den Eintritt der Kiewer Rus in die europäische Zivilisation, in der Byzanz die führende Rolle spielte, begünstigt.
Die Kiewer Rus nahm einen bedeutenden Platz in der byzantinischen Kirchen-Hierarchie ein, geriet jedoch nicht in absolute Abhängigkeit vom Reich, sondern behielt ihre besondere politische Stellung bei. Der Flußweg «Von den Warägern zu den Griechen», von solchen Städten wie Nowgorod und Kiew gesäumt, verband das Baltische mit dem Schwarzen Meer. Diese Handels-Arterie half allen slawischen Stämmen, die dieses weite Territorium besiedelten, stark und mutig zu werden, wobei das Christentum ihre Konsolidierung begünstigte. Sie eigneten sich die byzantinische Kultur auf ganz eigene Art an, wobei das Fehlen einer Sprachbarriere die Assimilation der theologischen Begriffe erleichterte.
Das in der Mitte des 11. Jahrhunderts gegründete Kiewer Petschersky-Kloster hatte sein Statut vom Konstantinopeler Studios-Kloster übernommen [3]. Unter Jaroslaw dem Weisen (987-1054), dem Sohn des Fürsten Wladimir, erlebte die Kiewer Rus ihren kulturellen Aufstieg. In Kiew, Tschernigow und im fernen Tmutarakan wurden steinerne Kirchen gebaut. Besonders majestätisch und beeindruckend aber waren die mit Mosaiken und Fresken verzierten Kirchen von Kiew. Mit Hilfe byzantinischer Erfahrungen entwickelte man in Kiew eine ganz eigene Tradition, die von anderen historischen Voraussetzungen und einem anderen sozialen Auftrag bestimmt wurde.