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Rollenspiele
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eBook286 Seiten3 Stunden

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Über dieses E-Book

Im Zuge einer Einweihungsfeier, die in den neuen Praxisräumen seines guten Freundes Doktor Hubert Brencken stattfindet, macht Jakob Johansson die Bekanntschaft mit Marlene Bergbrüstling. Die agile Powerfrau betreibt eine Agentur für professionelle Rollenspiele, die sich mit ihrer außergewöhnlichen Dienstleistung darauf spezialisiert hat, nicht nur hochbezahlte Mitarbeiter an die Grenzen ihrer gelobten Kompetenzen zu bringen, sondern auch ein grobes Fehlverhalten vorlauter Führungskräfte aufzudecken. Seit ein paar Monaten steht der erfolgreiche und angesehene Therapeut der jungen Firmenchefin nicht nur beratend zur Seite, sondern wirkt auch mit Vergnügen hin und wieder bei einem verdeckten Einsatz mit, indem er die Rolle einer wichtigen Schlüsselfigur übernimmt. Während die gesellige Dreier-Runde mit einem Glas prickelnden Champagner in der Hand über ein erlebtes Abenteuer philosophiert, gelingt es dem großartigen Taktiker, seinen Freund Jakob von der genialen Geschäftsidee zu überzeugen und ihn als Agent für temporeiche Undercover- Einsätze zu gewinnen. Parallel zum aufregenden Alltag wird Doktor Hubert Brencken plötzlich und ohne nachvollziehbare Gründe zur Zielscheibe eines heimlichen Provokateurs. Obwohl der nervenstarke Psychiater die dubiosen Belästigungen gegenüber seiner Person weder ernst nimmt, noch entsprechend darauf reagiert, erreichen die Nachstellungen des dreisten Unbekannten ihren Höhepunkt während einer mehrtägigen Studienreise, die er für sich und seine ehemalige Studentenclique organisiert hat. Mittlerweile eine bestimmte Person in Verdacht, geht der promovierte Hüne in die Offensive und trifft dabei auf seine große Liebe, die er vor über drei Jahrzehnten aus den Augen verloren hat.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum28. Apr. 2023
ISBN9783347929869
Rollenspiele
Autor

Richard von Ratoll

Richard von Ratoll wurde 1970 in Malente geboren. Seine Liebe zur Schriftstellerei entdeckte er bereits während seines Studiums der Wirtschaftspsychologie, das seit seinem erfolgreichen Abschluss ein tragendes Fundament seiner freiberuflichen Tätigkeit als Coach und Unternehmensberater verschiedenster Branchen ist. Er hat federführend an bedeutenden literarischen Werken mitgewirkt und bereichert bis heute mit seiner facettenreichen Autoren-Kreativität bekannte Theaterstücke an den berühmten Bühnen Europas. Richard von Ratoll, ist passionierter Fotograf und bekennender Hobbykoch, der seine kulinarischen Reisen in traumhaften Bildbänden festgehalten hat und mit Leidenschaft festhält. Er ist glücklich verheiratet und lebt mit seiner Familie abwechselnd in Blankenese und der Holsteinischen Schweiz.

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    Buchvorschau

    Rollenspiele - Richard von Ratoll

    Kapitel 1 – Ein Schlagabtausch im Stehen

    Die stolzen Champagnerkelche verlieren vor Freude über den kaltschäumenden Inhalt nicht nur ihren klaren Durchblick, sondern fast auch noch ihren klaren Verstand, dessen Philosophie sich der Schönheit eines schlichten Serviertabletts bedient und derzeit noch als nüchterne Tatsache über einer geselligen Runde gut gelaunter Gratulanten schwebt. Gespannt wartet ein Dutzend wacher Ohren auf einen bunten Strauß blumiger Worte, die im Nachgang auf ihre verwöhnten Zuhörer herabrieseln und gleichzeitig die hohen Ansprüche einer feierlichen Rede ausgiebig befriedigen.

    „Verehrte Gäste und liebe Kollegen, Sie dürfen mir glauben und Ihrem Bauchgefühl bedenkenlos beipflichten, dass es mir nach über zwanzig Jahren alles andere als leichtgefallen ist, meine vertraute und stammhausvergleichbare Wirkungsstätte gegen diese lebhaften, ansprechenden und modernen Praxisräume einzutauschen. Allerdings werden Sie mir auch kopfnickend zustimmen, wenn ich ihnen unverblümt erzähle, dass es für mich mittlerweile ein unbeschreiblicher Genuss ist, mein trautes Heim ausschließlich als privates Reich nützen zu dürfen, in dessen Räume ich mich nach allen Regeln der Kunst ausleben kann und mich dabei von meiner eigenen Extravaganz nicht mehr nötigen lassen muss, die nur allzu gerne meine geliebte Ledercouch am Abend tagsüber meinen geliebten Patienten überlassen hat. Bitte erheben Sie Ihr Glas und stoßen Sie mit mir zusammen auf die Menschen an, die mit verlässlichem Fleiß und höchster Arbeitsqualität in allen Tätigkeitsbereichen eine Werkstatt geschaffen haben, die jeden Mann mit Stolz erfüllt. Zum Wohl."

    Der erdige Teil des mannshohen Säulenkaktus versteckt sich in einem außergewöhnlichen Blumentopf aus massivem Teakholz, dessen Oberfläche einem echten Baumstamm nachempfunden ist und der seine natürlich wirkende Schönheit vor einem vertikalen Lamellenvorhang in reinweiß optimal zur Geltung bringt.

    „Stammt die stachelige Pflanze aus Ihrem privaten Fundus Herr Doktor Brencken oder handelt es sich bei der imposanten Dekoration um einen Neuzugang, der Ihre neuen Praxisräume zusätzlich verschönern soll? Das ist ja ein Bild von einem Zimmerkaktus."

    Die zierliche Nase kräuselt sich unter einem sympathischen Lächeln und unter zwei lebensfrohen Augen, die mit der Energie spielender Kinder durch ihr eigenes Blickfeld toben.

    „Eine dreikantige Wolfsmilch. Der Grund für ihre weite Verbreitung ist neben ihrer Attraktivität vorwiegend ihre Fähigkeit, lange und unauffällig auch unter schlechten Bedingungen auszuharren. Sie ist somit in der Lage, auch sehr ungünstige Pflegeumstände jahrelang zu ertragen, ohne dass der Laie Anzeichen eines Leidens erkennen kann." Die informative Aussage entweicht einem nachdenklich wirkenden Mund, der zu einem in Gedanken verlorenen Gesicht gehört.

    „Vielen Dank Hubert für die kleine Weisheit aus der großen Welt der Botanik, durch die nicht nur die Frage von Frau?"

    „Bergbrüstling."

    „Durch die nicht nur die Frage von Frau Bergbrüstling beantwortet wurde, sondern die auch die Ideologie Deines überdurchschnittlich großen Daumens verrät, dessen Nagel mit Sicherheit alles andere als grün lackiert ist."

    Dankend nimmt der charmante Kommentator den lachenden Beifall entgegen und wartet gespannt auf ein amüsantes Kontra seines engen Freundes.

    „Frau Michaelsen, würden Sie bitte umgehend meine Verteidigung übernehmen und Herrn Johansson aufklären."

    Die elegante Kurzhaarfrisur der damenhaften Sekretärin sitzt perfekt und schmeichelt dem gepflegten Gesicht reiferen Alters, dessen Rosé schimmernde Lippen das Wort ergreifen: „Der Kaktus wurde zusammen mit weiteren Blumenglückwünschen und als Präsent verpackt, von einem Boten angeliefert.

    Leider befand sich keine Absenderkarte an dem guten Stück. Entweder ist sie auf dem Transport vom Blumenladen bis hierher verloren gegangen oder sie ist während der nicht ganz stressfreien Umbaumaßnahmen unabsichtlich abgerissen worden und versehentlich im Müllcontainer gelandet."

    „Aber dann wissen Sie ja nicht, Herr Doktor Brencken, wer oder welches Unternehmen Ihnen mit dem außergewöhnlichen Geschenk zur Praxiseröffnung eine Freude machen wollte?"

    „Das ist richtig, Frau Bergbrüstling."

    Den unteren Teil seines Gesichts süffisant verzogen, legt Jakob seinen Arm um die vertrauten Schultern und hat weder Berührungsängste noch Hemmungen, seine eigene Theorie zu verkünden: „Anstatt auf ein Einweihungspräsent Hubert, tippe ich auf eine enttäusche Liebhaberin, die mit jedem Stachel ein deutliches Zeichen setzen will und wollte. Was der unbekannten Dame in meinen Augen übrigens perfekt gelungen ist."

    „Johansson?"

    „Ja bitte, Herr Doktor Brencken?"

    Unter Einfluss einer zeitlichen Entspanntheit baden die geladenen Gäste in einer lockeren Atmosphäre und genießen gleichzeitig eine unterhaltsame Konversation, die sich als idealer Spielball zwischen einem aufrichtigen Interesse und einer höflichen Aufmerksamkeit versteht. Bedenkenlos befolgt Jakob die gesellschaftlichen Regeln seiner Kultur und lässt sich dabei auf ein gefahrloses Vorstellungsritual ein.

    „Jakob, darf ich Dir Frau Bergbrüstling persönlich vorstellen. Frau Bergbrüstling, Herr Johansson ist ein guter Freund und enger Vertrauter, mit dem ich zusammen auf eine erfolgreiche und bewegende Vergangenheit zurückblicken darf und mit dem ich hoffentlich noch viele interessante Erlebnisse und glückliche Momente in der Gegenwart und Zukunft erleben werde."

    „Marlene Bergbrüstling, ich bin sehr erfreut, Herr Johansson."

    „Ganz meinerseits, Frau Bergbrüstling."

    Ohne erotische Schwingungen reicht Jakob einer sympathischen Karrierefrau die Hand, die ihren hohen Wuchs in einem eleganten Hosenanzug perfekt zu Geltung bringt und sich über eine souveräne Ausstrahlung profiliert.

    „Frau Bergbrüstling ist Inhaberin, Lebensader und ideenreicher Kopf eines außergewöhnlichen Dienstleistungsunternehmens, mit dem ich als beratende Funktion seit einigen Monaten eng zusammenarbeite. Vielleicht haben Sie ja Lust, Frau Bergbrüstling, Herrn Johansson einen kurzen, aber intensiven Blick durch das Schlüsselloch auf Ihre innovative Tätigkeit zu gewähren."

    Mit gesunder Neugierde infiziert öffnet Jakob die Tür zu seinem kommunikativen Bewusstsein und signalisiert der herb-schönen Endzwanzigerin mit einer typischen Handbewegung die Funktionalität seines aufnahmefähigen Gehörs.

    „Frau Bergbrüstling, ich bin gespannt."

    „Herr Doktor Brencken hat in der Tat die richtige Beschreibung gewählt. Ich biete Unternehmen sämtlicher Branchen und Größen eine außergewöhnliche Dienstleistung an, die speziell auf den dafür fokussierten Mitarbeiter situationsbedingt zugeschnitten wird."

    „Sie betreiben also eine mobile Yogaschule, die sich auf autogenes Training spezialisiert hat."

    Äußerst überzeugend präsentiert Jakob seine nicht ganz ernst zu nehmende Annahme und hält dabei Blickkontakt mit zwei imposanten Menschen, die eine ähnliche Körpersprache sprechen und die ein fast identisches Lachen verbindet.

    „Der Holzweg unter Deinen Füßen ist leider eine offizielle Sackgasse, mein lieber Jakob. Sobald Frau Bergbrüstling die ihr übertragene Regie übernimmt, beginnt für den auserwählten Mitarbeiter eine stressüberladene Zeitphase, in der an geistige und körperliche Entspannung leider nicht mehr zu denken ist."

    „Herr Doktor Brencken, ich glaube, wir sollten Herrn Johansson nicht länger auf die Folter spannen."

    „Ich bin ganz Ihrer Meinung, Frau Bergbrüstling. Herr Johansson wirkt auf mich wie ein aufgeblasener Luftballon, der vor Neugierde fast zu platzen droht."

    „Ich beneide Deine wundervolle Menschenkenntnis, die glaubt, sich in der Gefühlswelt anderer Menschen prinzipiell besser auszukennen als in der eigenen. Frau Bergbrüstling, darf ich bitten?"

    „Ich habe mich mit meinem Team darauf spezialisiert, Mitarbeiter, die eine Führungsposition anstrebenden, oder diejenigen, die bereits eine entsprechende Position im jeweiligen Unternehmen innehalten, hinsichtlich ihrer Sozialkompetenzen auf Herz und Nieren zu testen."

    „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch Frau Bergbrüstling, aber mit fehlt trotz Ihrer verständlichen Erläuterung der eindeutige Bezug zur Außergewöhnlichkeit."

    „Das liegt daran Herr Johansson, dass Sie lediglich einen Bezug zu völlig abgehobenen Workshops und ineffizienten Seminaren für aufstrebende Führungskräfte haben, die ausschließlich der Unterhaltung dienen und ihren desinteressierten Teilnehmern ein buntes Rahmenprogramm von der Vollpension bis hin zum Bordellbesuch bieten. Machen wir uns doch nichts vor Herr Johansson, das abgedroschene Schlagwort praxisnah ist doch nur ein eleganterer Ausdruck für den negativen Begriff praxisfremd."

    Mit einem aufgeweckten Interesse beobachtet Jakob die agil wirkende Geschäftsfrau, die ihre weibliche Burschikosität mit Stolz nach Außen trägt und gleichzeitig mit Elan die eigene Werbetrommel rührt. Geruhsam nippt er an seinem Glas und lässt seinem zielstrebigen Blick freien Lauf, der die blond gelockte Walküre von den breiten Schultern bis zu ihrem halbhohen Schnürpumps genau unter die Lupe nimmt.

    „Und welches ultimative Konzept bieten Sie Ihren Kunden an, Frau Bergbrüstling?"

    „Unser Konzept basiert auf der simplen Theorie eines nüchternen Berufsalltags, der den ahnungslosen Prüfling vor zwischenmenschliche Herausforderungen stellt und ihn mit unangenehmen Situationen konfrontiert. Anschließend kann man für den hochpreisigen Problemlöser nur hoffen, dass sein im Vorstellungsgespräch angepriesenes stahlhartes Nervenkostüm, die hervorragenden Führungsqualitäten und sein Hang zur kooperativen Diplomatie sich nicht als haltlose Verkaufsargumente entpuppen, sondern wirklich der Wahrheit entsprechen."

    „Vielleicht sollten Sie Herrn Johansson einen Fall erzählen, der sich tatsächlich ereignet hat."

    „Sehr gerne Herr Doktor Brencken. Haben Sie Lust, Herr Johansson, oder langweilige ich Sie bereits?"

    „Ich bitte Sie Frau Bergbrüstling. Mein Busenfreund und Seelenverwandter ist mir mit der Aufforderung nur leider zuvorgekommen."

    Liebevoll drückt eine breite Fingerkuppe die farbintensive Garnele in ein Bett aus würziger Mayonnaise und schüttelt anschließend mit Unterstützung eines gefühlvollen Daumens das in Mitleidenschaft gezogene Sträußchen zarten Dills wieder vorsichtig auf, bevor das aromatische Feinschmeckerhäppchen endlich Zunge und Gaumen befriedigen darf.

    „Köstlich diese fantasievollen Kleinigkeiten. Frau Bergbrüstling, wenn ich einen Wunsch äußern dürfte. „Aber natürlich Herr Doktor Brencken.

    Gewissenhaft säubert die dünne Papierserviette den sich noch leicht bewegenden Mund samt seinen glänzenden Winkeln, während Jakob mit einem dezenten Kopfschütteln die ordentliche Arbeit kommentiert.

    „Bitte erzählen Sie Herrn Johansson doch den Fall des rheinländischen Herstellers für Insektenschutz, der mir noch sehr gut in Erinnerung ist und an dem ich im Vorfeld und im Nachgang intensiv mitgearbeitet habe."

    „Oh ja, Herr Doktor Brencken, Sie sagen es. Ein kurioser Fall mit einem dramatischen Ende, das lediglich durch Ihr beherztes Eingreifen in letzter Sekunde nicht aus Kontrolle geraten ist."

    „Frau Bergbrüstling, meine Ohren sind mittlerweile überspitzt und ich bin vor Neugierde gleich überreizt."

    In Begleitung eines erfrischenden Lachens sucht eine stattliche Frauenhand den direkten Kontakt zu Jakobs Oberarm und verweilt für ein paar Sekunden auf der besagten Stelle.

    „Entschuldigen Sie, Herr Johansson, ich lasse Sie nicht länger warten und hole Sie umgehend ab. Der Inhaber eines großen Produktionsunternehmens für Insekten- und Sonnenschutz bat uns auf Drängen seiner Ehefrau um Unterstützung. Und zwar hatte er eine Produktionsstätte für Fliegengitter in Rumänien errichtet und die Werksleitung der Empfehlung eines Bekannten übertragen, der wiederum im Management eines weltbekannten Elektronikkonzernes am gleichen Standort saß. Die Zielperson war ein begnadeter Diplom-Ingenieur mit den allerbesten Referenzen."

    „Sie sagten vorhin auf Drängen der Ehefrau?"

    „Korrekt, Herr Johansson. Die Gattin und der gepriesene Manager hatten sich flüchtig auf der Eröffnungsfeier des neuen Werks kennengelernt. Die Ehefrau unseres Auftraggebers war eine Wissenschaftlerin aus der Welt der

    Esoterik und erforschte permanent den spirituellen Erkenntnisweg. Sie warnte Ihren Mann eindringlich vor einer negativen Aura, die sie bei dem Werksleiter intensiv gespürt hatte."

    „Ein erfolgreicher Geschäftsführer und Inhaber eines gewinnorientierten Unternehmens hört tatsächlich auf den Rat seiner angeheirateten Hobbyhexe. Interessant Frau Bergbrüstling."

    „Nicht nur interessant, sondern eine weise Entscheidung Herr Johansson."

    „Und, über welches märchenhafte Ende durfte sich die rumänische Geschichte freuen?"

    „Über eine bewaffnete Geiselnahme."

    „Meine liebe Frau Bergbrüstling, ich muss mich für meine giftige Zunge entschuldigen, aber Ihr Talent, mit freierfundenen Geschichten aus dem eigenen Werbeprospekt gutgläubige Zuhörer zu unterhalten, ist wirklich beneidenswert."

    „Frau Bergbrüstling, ich übernehme an dieser Stelle."

    „Sehr gerne, Herr Doktor Brencken."

    „Richtig, Sie erwähnten ja bereits Frau Bergbrüstling, dass Herr Hubert B. aus H. eine kriegsentscheidende Schlüsselposition besetzte."

    Auf das hämische Lachen des charmanten Provokateurs folgt eine niveauvolle Bestrafung in Form eines überlegenden Lächelns, dass mit einer diktatorischen Handbewegung das Kommando übernimmt und seinen verdienten Sieg im gleichen Atemzug ankündigt.

    „Bitte legen Sie los, Herr Doktor Brencken."

    „Ich spielte in diesem Fall einen autoritären Betriebsleiter aus Deutschland, der seinen neuen Chef täglich mit Hiobsbotschaften konfrontierte. Angefangen von wilden Streiks der Mitarbeiter über einen Bombenalarm bis hin zum kompletten Ausfall der Anlagen. Es war alles perfekt inszeniert."

    „Hat sich die Mühe denn wenigstens gelohnt, Huber?"

    „Das ganze Team erwartete bereits nach wenigen Tagen einen genervten Werksleiter, der seinen unfähigen Betriebsleiter letztendlich feuert und der trotz vergoldetem Ingenieurstitel eine gewisse Hemdsärmeligkeit beweist, bevor ihm die eignen Sicherungen restlos durchbrennen. Aber trotzdem, es hat sich gelohnt Jakob."

    „Und was hat das ganze Team stattdessen vorgefunden? „Einen hysterischen Psychopathen, der von der ersten Stunde an nur durch die geschlossene Tür seines Chefzimmers kommunizierte.

    „Bis zu einem rabenschwarzen Freitag, Punkt zwölf Uhr."

    „Hubert, bitte lass Dich von Frau Bergbrüstling nicht unterbrechen."

    „Völlig aufgelöst klopfte ich an seine Zimmertür, in dessen Vorraum seine ahnungslose Sekretärin saß und bat ihn eindringlich, mich reinzulassen. Er öffnete die Tür einen minimalen Spalt und antwortete mir, dass ich ihn am Arsch lecken könnte und ich mich gefälligst verpissen sollte."

    „Der Herr wählte aber nicht gerade die vornehmste Ausdrucksweise."

    „Ich teilte ihm gut hörbar mit, dass sich in der Werkshalle soeben ein tödlicher Arbeitsunfall ereignet hat und dass der Tod des Arbeiters alleine in seiner Verantwortung liegt, da er in letzter Instanz das vorgeschriebene Sicherheitskonzept nicht konsequent umgesetzt hat. Das war eindeutig zu viel für den vorbildlichen Werksleiter und sein aufgeweichtes Nervenkostüm."

    „Und was passierte dann."

    „Er stürmte aus seinem Zimmer und auf seine ahnungslose Sekretärin zu und drückte ihr eine geladene Schusswaffe an die Schläfe.

    Anschließend erpresste er mich mit den Worten, dass er der verzweifelten Frau eine Kugel in den Kopf jagt, sollte ich nicht auf der Stelle ein Schuldanerkenntnis unterschreiben, indem ich den tödlichen Unfall auf meine Kappe nehme. Die irrsinnige Verzweiflungstat eines unberechenbaren Menschen."

    Ein ungläubiger Blick schwebt langsam durch die Luft und verrät Jakobs eindeutigen Wankelmut, der auf einem schmalen Pfad zwischen reiner Wahrheit und dreister Lüge vorsichtig spazieren geht.

    „Das ist ja Wahnsinn. Wie hast Du darauf reagiert?"

    „Ich habe dem Kerl ohne zu zögern die Waffe aus der Hand geschlagen, ihn mit vollem Körpereinsatz gegen die Wand gedrückt und somit die hilflose Sekretärin aus seinen Fängen befreit. Den Rest kannst und darfst Du Dir denken."

    „Respekt Hubert, Du scheinst Dich immer wieder neu zu erfinden. Eine wirklich außergewöhnliche Geschichte. „Die in dieser Form Gott sei Dank nicht ganz alltäglich ist, Herr Johansson.

    Mit einer vertretbaren Dominanz und ohne vorherige Nachfrage überreicht der weibliche Teil der anregenden Gesprächsrunde Jakob ein weiteres Glas Champagner, das dankend in Empfang genommen wird.

    „Durch meine Dienstleistung gewinnt das kundenseitige Unternehmen wertvolle Zeit. Es dauert auf normalem Wege oft Monate, wenn nicht sogar Jahre Herr Johansson, der parfümierten Laus im übel riechenden Pelz auf die Schliche zu kommen. Ich rede von eingeschüchterten Mitarbeitern, die das grobe Fehlverhalten ihrer hoch bezahlten Vorgesetzten jahrelang auffangen und ausbügeln, sowie von undurchsichtige Seilschaften und diverse Vetternwirtschaften, die sich gegenseitig perfekt decken. Um nur einige Verschleierungstaktiken zu nennen."

    „Täusche ich mich Frau Bergbrüstling wenn ich hinter jedem Spezialauftrag einen immensen Arbeitsaufwand vermute?"

    „Sie liegen mit Ihrer Vermutung haargenau richtig, Herr Johansson. Da ich keine Dienstleistung von der Stange anbiete, liegt der tatsächliche Erfolg in einer akribischen Vorbereitung bis ins kleinste Detail. Mein Team besteht zusammen mit mir aus vier Vollprofis, die im Vorfeld und im Nachgang eng mit beratenden Psychologen und entsprechenden Stellen zusammenarbeiten. Apropos Vollprofi Herr Johansson. Ich sehe in Ihnen von der Haarspitze bis zur Fußsohle das perfekte Bild eines grandiosen Geschäftsmannes. Was halten Sie von der Idee, sich wie Herr Doktor Brencken einfach neu zu erfinden und Ihr komfortables Hamsterrad für einen interessanten Spezialauftrag kurzfristig zu verlassen?"

    „Ich kann Ihnen nicht folgen Frau Bergbrüstling."

    „Falsch, Sie wollen mir nicht folgen Herr Johansson."

    Überschüttet von einem sympathischen Zweigeschlechterlachen, leert Jakob sein halb volles Glas in einem Zug und fordert eine plausible Erklärung aus einem dezent geschminkten Mund, der dicht neben einem groß karierten Flanellanzug steht, der in verschiedenen Grautönen leuchtet.

    „Frau Bergbrüstling?"

    „Ich fasse mich kurz Herr Johansson. Ein Mitarbeiter von mir liegt nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus. Es wird noch Monate dauern, bis er wieder einsatzbereit ist."

    „Das tut mir für den armen Mann wirklich außerordentlich leid."

    „Jakob, Du solltest Frau Bergbrüstlings Angebot annehmen."

    „Ich soll bitte was?"

    Energisch stellt Jakob den leeren Glasgegenstand in seiner rechten Hand auf der nächstgelegenen Möglichkeit ab und erwartet umgehend eine verträgliche Antwort auf seine mehr als deutlich in den Raum gestellte Frage.

    „Das lukrative Angebot annehmen und die einmalige Chance nutzen, aus Deinem verstaubten und eingefahrenen Alltag auszubrechen, um interessante Lebenserfahrungen zu sammeln. Außerdem hätten wir somit endlich noch einmal die Möglichkeit, für ein paar Tage intensiv zusammen zu arbeiten."

    Im nächsten Moment identifizieren sich zwei dunkle Augenbrauen ausschließlich über eine tiefe Zornesfalte, die bemüht ist, sich ihren Weg über eine steile Stirn bis hin zu einem dichten Haaransatz zu bahnen.

    „Mein Alltag ist genauso wenig eingefahren, wie ich verstaubt wirkte. Außerdem bin ich nicht scharf darauf, mit Dir endlich noch einmal und wenn auch nur für ein paar Tage intensiv zusammen zu arbeiten. Punkt."

    „Frau Bergbrüstling, bitte versuchen Sie genau auf Herrn Johansson zu achten. In dem Moment, wenn er seine Unterlippe weit nach vorne schiebt, schlüpft er gleichzeitig in seine Paraderolle als beleidigte Thusnelda im maskulinen Herrenfrack, die er nicht nur perfekt beherrscht, sondern auch überaus authentisch verkörpert."

    „Frau Bergbrüstling, bitte versuchen Sie genau auf die klein karierte Flanellschürze neben Ihnen zu achten, auf deren Vorderseite ich gleich eine volle Tube Delikates- Mayonnaise ausdrücken werde."

    Peinlich berührt über den zänkischen Auftritt des ungewöhnlichen Männerduos, entscheidet sich der weibliche Kopf augenblicklich für einen Ausstieg aus der hitzigen Diskussionsrunde und zieht das spontane Angebot vorsorglich zurück.

    „Entschuldigen Sie meine Herren, ich wollte wirklich nicht für eine schlechte Stimmung unter Ihnen sorgen. Bitte vergessen Sie meine fixe Idee, Herr Johansson."

    Mit Vergnügen hört Jakob auf das Kommando seiner leidenschaftlichen Dominanz, die seine muskulösen Beine in eine hüftbreit stehende Position bringt und synchron dazu seine Arme vor der Brust verschränkt. Anschließend neigt sich sein Kopf leicht nach hinten und das markante Kinn wandert selbstbewusst nach oben, während ein stechender Blick von zwei angriffslustigen Augen tatkräftig bei seiner Arbeit unterstützt wird.

    „Wenn ich Ihre fixe Idee vergessen soll Frau Bergbrüstling, muss ich leider Ihr vorlautes Gerede über das perfekte Bild eines grandiosen Geschäftsmannes als eine billige Verarschung meiner Person gegenüber hinnehmen. Wollen Sie das?"

    „Herr Johansson, ich bitte Sie. Jetzt halten Sie aber mal die Luft an."

    „Ich werde mit Sicherheit nicht die Luft anhalten, nur weil Ihnen langsam die Puste ausgeht und gleichzeitig die Spucke wegbleibt. Es ist für mich als kleiner Amateur überhaupt nicht nachvollziehbar, warum ein erstklassiger Vollprofi wie Sie Frau Bergbrüstling, nach einem peinlichen Eigentor auch noch versucht, sich aus der eigenen Reserve zu locken und dabei ein klares Abseits provoziert."

    Zwei weibliche Fäuste kommunizieren mit einem angespannten Oberkörper und spielen in derselben Liga mit einer bebenden Oberlippe, die das perfekte Bild einer schockierten Person komplettiert, die sich kaum noch imstande sieht, ihre Wut zu kontrollieren.

    „Herr Johansson, Sie. „Sind hiermit für die Rolle engagiert!

    Begleitet von einem lauten Applaus wird der unvollständige Satz von einem vergnügten Zuschauer nach eigenen Wünschen und Vorstellungen ergänzt, bevor er das energiegeladene Paar rechts und links in seine Arme nimmt.

    „Meine liebe Frau Bergbrüstling, ich freue mich, das Sie Herrn Johansson in Bestform erleben durften und das er als facettenreiches Naturtalent ohne Aufwärmphase überzeugen konnte. Wir werden Sie gemeinsam unterstützen."

    „Das freut mich sehr, Herr Doktor Brencken. Herr Johansson, vielen Dank."

    „Bedanken Sie

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