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Engel Ayahmah: Und die Suche nach Gabriel
Engel Ayahmah: Und die Suche nach Gabriel
Engel Ayahmah: Und die Suche nach Gabriel
eBook522 Seiten7 Stunden

Engel Ayahmah: Und die Suche nach Gabriel

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Über dieses E-Book

Engel Ayahmah unterwegs im Einsatz für das Gute. Hierbei erlebt Ayahmah viele Abenteuer, nicht nur im Himmel sondern auch im All, in fernen Sphären und sogar auf der Erde. Spannende Geschichten heiter, witzig und dennoch tiefgründig und emotional. Der Kampf Gut gegen Böse wird auf eine völlig andere Weise erzählt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Apr. 2023
ISBN9783347877382
Engel Ayahmah: Und die Suche nach Gabriel
Autor

Sandra Paixmont

Sandra Paixmont lebt im Herzen der Fränkischen Schweiz. Bereits als vierjähriges Kind hat sie zu Gott geredet und war der Natur zugetan. Durch ihren von Geburt an tiefen Glauben und inspiriert durch ihre Naturverbundenheit und Feinfühligkeit gelingt es ihr, wundervolle und einzigartige himmlische Geschichten zu erzählen. Ihr eigener Erzählstil lässt den Leser in eine andere Welt eintauchen.

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    Buchvorschau

    Engel Ayahmah - Sandra Paixmont

    Gabriels Uhr

    Ach, war das ein schönes Treffen bei Raphael, mit dem lieben Gott, mit Jesus, mit Michael und Uriel - kein Ärger, kein Stress, keine Hektik – schwelgt Ayahmah und freut sich.

    »Akamaniju, Fred, seid ihr hier?«, vergewissert Ayahmah sich und tippt vorsorglich auf ihren Rucksack.

    »Selbstverständlich sind wir hier!«, antworten Fred und Akamaniju im Gleichklang. Wieder begleiten sie Ayahmah in ihrem Rucksack: Akamaniju, das blaue Krebswesen mit Fühlern, an deren Enden sich kleine Sterne befinden; er ist ja auch ein Glückssternchen vom Planeten der Ostalgier, und Fred mit seinem spitzen Hut, ein Gnomina vom Steinplaneten, der sich gern einen Erfinder nennt, weil er Ayahmahs Schwert gefunden hat, als es ihr abhandengekommen war.

    »Oh – habt ihr einen Gleichklang für euch gefunden?«

    »Ja, das haben wir, damit du nicht immer überlegen musst, wer von uns spricht.«

    »Es denkt aber schon noch jeder einzeln?«, forscht Ayahmah interessiert nach.

    »Selbstverständlich!«, antworten sie erneut im Gleichklang. Ayahmah muss lachen. Es gefällt ihr, dass die beiden sich so gut angefreundet haben und sie weiß, was sie an ihnen hat. Ich möchte zu Jesus, überlegt Ayahmah, denn ich muss ihn noch etwas fragen. Ich weiß nicht genau, was auf dem Planeten, auf dem ich Fred begegnet bin und mein Schwert Santa Mare wiederbekommen habe, geschehen ist. Ich habe nur sehr schwache Erinnerungen daran. Danach hatten sie sich alle bei Raphael getroffen, haben gefeiert, getrunken, gegessen und sich unterhalten. Jetzt aber bin ich nicht mehr bei Raphael auf dem Planeten. Ich weiß auch gar nicht, wo ich hier bin – stellt Ayahmah für sich fest. Wo sind eigentlich die anderen alle? Bin ich eingeschlafen – und wieder anderswo gelandet? Ayahmah dreht sich um, um hinter sich zu blicken. Sie bemerkt, dass sie einen großen Schatten wirft. Sie dreht sich zurück und schaut wieder nach vorn in eine schöne, große, strahlende Sonne. Wenn ich nach vorn schaue, ist es viel angenehmer, als wenn ich nach hinten blicke und diesen langgezogenen Schatten sehe. Uhrballerdung, wo ist denn Uhrballerdung. Ich habe Gabriels Uhr diesen Namen gegeben. Ich will Gabriel finden. Ich möchte Jesus fragen, möchte mich mit dem lieben Gott unterhalten, und auch Uriel würde ich gern etwas fragen. Ayahmah setzt sich und bemerkt das Rumpeln in ihrem Rucksack.

    »He, was ist denn los? Streitet ihr euch etwa?«, fragt Ayahmah.

    »Ja, wir streiten uns!«, antwortet Fred erbost.

    »Was ist denn, warum denn? Kommt raus aus meinem Rucksack! Ich muss wissen, worum es geht. Ihr habt euch doch gerade noch richtig gut verstanden und habt harmoniert. Ich habe auch einmal mit Frederico gestritten – man soll nicht streiten, das tut nicht gut.« Frederico ist Ayahmahs Kamilomanenfreund, der sie seit ihrer Engelskindheit im Himmelreich begleitet. Kamilomanen sind wunderhübsche Tiere. Sie haben riesengroße, süße, Kulleraugen, dazu eine winzig kleine Knubbelnase, kleine Ohren, eine lange Schnauze und vier Beine. Und sie haben einen Schwanz in der Mitte ihres Rückens; das ist sehr interessant, denn damit lenken sie, wenn sie fliegen. Kamilomanen gibt es in vielen verschiedenen Farben. Frederico zum Beispiel ist rot. Fred hält einen Finger hoch:

    »Schau, er hat mich gezwickt!«

    »Was? Akamaniju! Du hast Fred gezwickt?«

    »Ja!«, antwortet er kurz und knapp.

    »Wieso das denn?«, tadelt Ayahmah.

    »Weil er mich nicht beachtet hat. Ich war zuerst auf dem Platz gelegen. Dann ist er gekommen und hat gesagt, er würde sich jetzt dorthin legen, aber da habe ich ja schon gelegen und das hat mir weh getan, als er sich da so breit gemacht hat«, erklärt Akamaniju.

    »Wieso bist du nicht einfach ein bisschen auf die Seite gerückt?«, versucht Ayahmah zu ergründen.

    »Weil ich gerade so bequem da lag.«

    »Fred, warum wolltest du dich genau dorthin legen, wo Akamaniju lag?«, forscht Ayahmah weiter.

    »Weil der Platz sehr bequem ausgesehen hat.« Ayahmah blickt die beiden an:

    »Ihr wisst aber schon, dass es viel harmonischer ist, wenn man sich miteinander abspricht«, belehrt Ayahmah sie.

    »Das wissen wir selbstverständlich, dass das schön ist«, stimmt Fred zu, »aber ich möchte auch einmal &«

    »Was möchtest du auch einmal?«, hakt Ayahmah nach.

    »Ich möchte auch einmal so im Rucksack liegen wie Akamaniju«, erklärt Fred.

    »Du hast aber doch eine ganz andere Körperform als Akamaniju. Du wirst nie so darin liegen wie er. Es wird bei ihm immer anders aussehen als bei dir!«, führt Ayahmah aus.

    »Da hast du wohl recht«, frotzelt Akamaniju.

    »Akamaniju, zeig es ihm doch, lass ihn doch einmal auf deinem Platz liegen. So wird er bemerken, dass ihm deine Mulde gar nicht behagt, und er wird sich wieder dorthin legen, wo er zuerst lag, auf seinen Platz. Wir haben doch schließlich keine Zeit, uns über Liegepositionen zu streiten«, ist Ayahmah verärgert über solche Nickligkeiten. Im selben Augenblick, in dem Ayahmah das ausspricht, sticht es in ihrem Herzen. »Selbstverständlich«, korrigiert sie sich, »wir müssen über alles sprechen können. Wir müssen alles aus dem Weg räumen, denn wir haben noch eine große Mission vor uns. Wir müssen unbedingt Gabriel finden! Wollt ihr ihn mit mir suchen? Könntet ihr euch einigen? Das ist nämlich sehr wichtig!« Akamaniju und Fred atmen tief durch, schauen sich kritisch an, doch dann beginnen sie, sich anzulächeln, und schließlich müssen beide lachen. Ayahmah freut sich darüber und ist ganz darin vertieft, weshalb sie zusammenschrickt als ihr jemand auf die Schulter tippt.

    »Huch! Jesus!«, ruft Ayahmah erstaunt aus, »Hallo Jesus, schön, dass du da bist. Ich wollte dich gerade suchen.«

    »Grüß dich, Ayahmah! Du hast mich gerufen?«

    »Ja, ich habe dich gerufen. Weißt du, ich habe ein seltsames, merkwürdiges Gefühl in meinem Herzen. Kannst du mir helfen? Wie war es denn bei dir, als du auf der Erde warst? Wie war es denn? Wurdest du bedroht?«

    »Komm her, Ayahmah, setz dich neben mich«, antwortet Jesus, und beide setzen sich hin. »Schau doch einmal zum Himmel! Was siehst du?«, fragt Jesus.

    »Ich sehe schöne Wolken, zwar nicht so schön wie Ernst, denn er ist wirklich voluminös, eine besondere Wolke, aber die Wolken dort sind trotzdem schön.« Ernst ist eine Wolke und ein alter Freund von Ayahmah. Er ist behäbig und spricht laaangsaaam. Als Engelskind im Himmelreich legte sich Ayahmah gern auf ihre Wolke Ernst. Er gibt ihr immer wieder Kraft. Bei ihm konnte sie sich immer auftanken, wenn sie müde war. Er vermittelte ihr so ein schönes Gefühl der Geborgenheit.

    »Was siehst du weiter?«, fragt Jesus erneut.

    »Ich sehe den blauen Himmel«, antwortet Ayahmah.

    »Was siehst du noch? Was siehst du hinter dem Himmel, Ayahmah? Blicke weiter!«

    »Hinter dem Himmel?«, fragt Ayahmah verwundert, »was soll ich denn hinter dem Himmel sehen?«

    »Schau in die Ferne, weiter, immer weiter.« Ayahmah konzentriert sich und versucht zu sehen, was er meint.

    »Lass nicht ab von deiner Suche, blicke in die Ferne!«, fordert Jesus sie auf.« Das Blau des Himmels wird dunkler und weiter; die Wolken formen sich zu einer langgezogenen Wand, so erscheint es Ayahmah. Mit der Zeit vermischt sich das Blau des Himmels mit dem Weiß der Wolken; doch es wird dadurch nicht heller, sondern dunkler und immer dunkler, bis es mitternachtsblau ist. Ayahmah konzentriert sich weiter und sieht Punkte, die mehr und mehr zu funkeln beginnen.

    »Ah, Sterne!«, stellt Ayahmah fest, »Sterne sind das.«

    »Ja, Ayahmah, und nun sieh in noch größere Ferne. Lass nicht nach!«, fordert Jesus sie erneut auf. Ayahmah späht weiter und erkennt etwas wie einen Mond und andere Planeten.

    »Jesus, ist das der Mond? Er sieht aus wie eine Sichel.«

    »Entdecke mehr!«, ermuntert sie Jesus. Ayahmah bemerkt eine große, gelbglühende Kugel.

    »Ist das die Sonne?«, fragt Ayahmah erstaunt.

    »Weiter!«, spricht Jesus erneut zu ihr, und Ayahmah wird eines Schiffs ansichtig, dessen Farbe sich verändert. Anfangs noch blau, verändert sich die Farbe in einen Ockerton; dennoch ist alles ineinander verflochten.

    »Ist das die Arche Noah?«, möchte Ayahmah wissen. Jesus lächelt sie an.

    »Du warst doch in Erdenkundestunde?«

    »Ja, da war ich«, antwortet Ayahmah verdutzt.

    »Wieso denkst du, dass das die Arche Noah ist?«

    »Na ja, weil es das einzige Schiff ist, das ich kenne!«

    »Du wirst noch ein anderes Schiff kennenlernen. Schau noch weiter, Ayahmah«, bittet Jesus sie erneut. Hinter dem Schiff sieht Ayahmah, wie sich ein See bildet, der immer größer wird und zu einem Meer heranwächst. Große Wellen türmen sich dort auf.

    »Schau doch Jesus, dort sind richtig große Wellen!« Ayahmah wird unterschiedlicher Tiere gewahr; sie sieht Delfine, Wale, Tintenfische und viele bunte Fische, Seepferdchen, Robben, Walrösser, Krabben, Krebse und noch vieles mehr.

    »Das ist ja das Meer!«, ruft Ayahmah begeistert. »Sitzen wir auf dem Meeresgrund? Dann würden wir aber doch den Himmel nicht sehen.« Ayahmah richtet ihren Blick nach unten und bemerkt, dass ihre Füße in der Luft baumeln. »Wo sind wir denn jetzt? Wo hast du uns denn hingebracht, Jesus?«

    »Wir sitzen im Moment auf einer Wolke«, antwortet Jesus. »Komm mit, Ayahmah, ich möchte dir etwas zeigen!«, lädt Jesus sie ein und steht auf.

    »Ich kann doch nicht auf Wolken laufen oder auf dem Himmel laufen«, zweifelt Ayahmah einen Augenblick.

    »Ayahmah – ›kann doch nicht‹ gibt es bei mir nicht!«, antwortet Jesus bestimmt. »Nun komm!«, fordert Jesus sie erneut auf und reicht ihr seine Hand als einladende Geste, ihm nachzufolgen. Ayahmah steht auf, fällt aber gleich wieder hin:

    »Das ist aber wackelig, hier in der Luft zu laufen. Wieso schwebst du denn nicht?«

    »Ich laufe«, antwortet Jesus, »und du läufst auch.« Ayahmah steht auf und bemüht sich hinterherzueilen.

    »Jesus warte doch, lauf doch nicht so schnell«, ruft Ayahmah ihm nach, doch Jesus geht einfach weiter und dreht sich nicht mehr um. Ayahmah fühlt sich, als sei sie in einem Wasserfall, den sie nach oben steigen müsste. Unter ihr gleitet der Boden weg und sie findet keinen Halt. Durch eine Gegenströmung der Wellen, die sie nach unten ziehen, wird sie immer wieder hin und her geschaukelt. Sie möchte Jesus nicht verlieren und ruft ihm nochmal nach:

    »Jesus, warte, ich komme, ich komme!«

    »Lauf!«, hört Ayahmah Jesus sagen. Sie konzentriert sich und läuft, sie bemüht sich; es ist ihr egal, wie es aussieht und ob sie tatsächlich vorwärtskommt, sie will einfach nur zu Jesus - und mit einem Mal ist sie dicht an seiner Seite.

    »Hä? Ich dachte, ich sei nicht vorwärtsgekommen und bin dennoch an deiner Seite?«, stellt Ayahmah verwundert fest – und fällt im selben Augenblick wieder zurück. Das gibt's doch nicht, ärgert sie sich, nimmt ihren ganzen Mut und ihre ganze Kraft zusammen und springt und läuft zu Jesus. Ayahmah bemerkt nun, dass sie läuft, ohne Zweifel zu haben, ohne sich zu fragen: warum, weshalb, wieso, und ohne ›ich kann doch nicht‹. Ayahmah läuft neben Jesus her und nur so kann sie mit ihm sprechen. Jesus wartet nicht, er geht weiter und wer ihm folgen möchte, wer mit ihm mitgehen will, der muss ihm nachfolgen; das hat Ayahmah nun verstanden. »Hier bin ich! Ich bin da!«, sagt sie freudig und etwas außer Atem, und versucht dennoch, gelassen zu klingen.

    »Siehst du, Ayahmah? Zweifle niemals an deinen Fähigkeiten, denn das ist eine Tür, die du sonst mir gegenüber verschließt, all deinen Lieben gegenüber ebenso, sowie all der Kraft und all dem Wunder, welche Gott dir, in dir, mit dir, durch dich, offenbaren will. Er spiegelt sich dadurch; er spiegelt sich durch dich. Glaube an dich, immer und immer wieder – und konzentriere dich immer auf das Ende des Planes. Das habe ich dir schon einmal gesagt.«

    »Ja, ich weiß«, antwortet Ayahmah, »das habe ich mir natürlich gemerkt. Ich habe es auch schon umgesetzt. Jesus, wohin gehst du denn?«

    »Folge mir nach!«, fordert Jesus sie auf.

    »Grmmm« grummelt Ayahmah in sich hinein. Jesus könnte auch etwas kooperativer sein. Jesus wendet sich ihr zu:

    »Könnte gibt es nicht«, antwortet er. »Es ist. Es ist genau so, wie es ist. Hörst du? Du solltest keinem anderen Wesen, ganz gleich welche Art von Wesen vorschreiben, was es zu tun hat. Denn jeder ist sein eigenes Sein!«

    »Wie ist das denn dann? In der Schule heißt es doch auch, wir müssen dies und das machen, oder hieß es zumindest. – Michael hat mir doch auch gezeigt, wie ich mit Santa Mare umgehen sollte, und ich habe es auch dementsprechend angewandt?« Ayahmah erinnert sich daran, wie sie ihr Schwert Santa Mare vom lieben Gott erhalten hat. Sie zweifelte lang, ob sie immer einen solch großen Gegenstand mit sich herumtragen und somit eine neue Art zu leben beginnen wollte; sie musste den Umgang mit dem Schwert erst von Erzengel Michael erlernen, zum Beispiel, wie man mit dem Schwert um sich herumfährt, um alles von sich abzulösen, was nicht zu einem gehört. Als sie es konnte, wollte sie sich das Schwert zu eigen machen und es taufen. Die Taufe wurde ihr schließlich zur langen, gefährlichen Abenteuerreise. Endlich, in einer geheimnisvollen Höhle voller Lebewesen, tauchte sie es ins Wasser. Das Wasser sprudelte. Erfüllt mit strahlendem Licht begann das Schwert zu sprechen und stellte sich selbst als Santa Mare vor. Das Schwert verfärbte sich; Licht floss aus ihm nach allen Seiten. Das Wasser schillerte in den buntesten Farben, die Tiere pfiffen und es ertönte eine wunderbare Musik. Ayahmahs Flügel wurden größer. Sie hörte Engelsklänge, Engelschöre, die Santa Mare besangen. Von da an war sie mit ihm vereint.

    »Das ist etwas ganz anderes«, holt Jesus sie aus ihren Gedanken. »Denn wenn dir jemand etwas zeigt, dich etwas lehren will, dann ist das zu deinem Besten. Aber wie jemand spricht oder sich bewegt, das solltest du jedem selbst überlassen, Ayahmah-Seraphina.«

    »Und wie ist das dann mit Gabriel?«, fragt Ayahmah.

    »Wie kommst du denn jetzt auf Gabriel?«

    »Na ja, weil er doch auf einmal verschwunden ist. Sollen wir es dabei belassen, dass er einfach verschwunden ist?«

    »Ayahmah!«, blickt Jesus sie eindringlich an, »du weißt genau, wie ich es meine!«

    »Ja, ich weiß! Ich meine nur & Woher weiß ich denn dann, ob es der eigene Wille ist, oder ob er fremdbestimmt war?«

    »Erzengel entfernen sich niemals endgültig. Sie sind im Herzen immer miteinander verbunden. Wenn ein Engel einen anderen um Hilfe ruft, so wird immer jemand für ihn da sein. Immer! Deshalb rufen die Engel auch selten bestimmte Engel, sondern immer die, die in dem Moment gerade für sie da sind, weil genau die, die in dem Moment für den Ruf offen sind, genau die sind, die in dem Moment wichtig und hilfreich sind, und genau die, die gerade benötigt werden. Du warst auch schon an vielen, unterschiedlichen Orten, erinnere dich!«

    »Das stimmt«, antwortet Ayahmah und wird traurig und nachdenklich.

    »Was ist denn, Ayahmah?«, fragt Jesus und blickt sie erfüllt mit Liebe an.

    »Ich sehne mich nach meinen Freunden – und weißt du, was mir wirklich sehr weh tut, ist, dass Frederico meinetwegen traurig war, und dass auch ich zuerst seinetwegen traurig war. Ich habe ihm gesagt, er könne zurück zu Rosalie, aber ich hätte nicht gedacht, dass er mich wirklich verlassen würde. Deshalb war ich traurig, deshalb war mein Bewusstsein offen für die Einflüsterungen von Marengomare – und ich war gespalten. Wie ist das denn? Darf ich denn jemanden zurückhalten, weil ich es möchte, wenn er aber nicht möchte?«

    »Tja, Ayahmah, das ist eben der Lauf des Lebens, dass zwei unterschiedliche Wesen miteinander verbunden und dennoch unterschiedlich sind.«

    »Das ist schon so«, bestätigt Ayahmah, »wenn ich also niemals jemandem etwas vorschreiben darf, dann darf ich ihn doch auch um nichts bitten!«

    »Ayahmah, nein! Es ist sogar deine Pflicht, den anderen um etwas zu bitten. Sieh das doch wie Regentropfen, die nebeneinanderher tanzen und dann vom Himmel ins Meer fallen. Im Meer sind sie dann eins. Im Meer sind sie verbunden, verschmolzen zu Einem, riesig und prachtvoll – und wenn der Lauf des Lebens einen neuen Zyklus beginnt, dann werden sie wieder hinaufgezogen, um erneut in einzelnen Regentropfen auf das Meer oder auf die Erde zu fallen. Wenn sie auf die Erde fallen, dann werden sie eins mit dem Boden. Dort wirkt das Element Wasser zusammen mit dem Element Erde – und dennoch wird der Wassertropfen eins mit der Erde, weil er jedes kleinste Teil der Erde berührt und sich mit ihr verbindet.«

    »Löst er sich nicht auf, dieser Wassertropfen, wenn er sich verbindet?«, möchte Ayahmah wissen.

    »Nein, er löst sich nicht auf, sondern er wird eins. Er fließt ein in einen Grashalm; der Grashalm bekommt Feuchtigkeit, und die Feuchtigkeit wird von der Sonne emporgezogen. So kehrt diese Feuchtigkeit nach oben zurück und fällt eines Tages wieder als Regentropfen hinab«, erklärt Jesus.

    »War ich auch ein Regentropfen, als ich auf die Erde gegangen bin? Ich war auch schon auf der Erde, im Regenwald. Weißt du noch? Sourie, oder auch Rashida &«, kommen Ayahmah weitere Erinnerungen hoch. Sourie war ein beinahe stummer Junge, der bei den Ureinwohnern im Regenwald lebte, und dem Ayahmah drei himmlische Schmetterlingswesen als Schutzengel zu Seite gestellt hatte. Hingegen war Rashida ein behindertes Mädchen, das nahe der Wüste lebte, die Tochter eines Scheichs. Ayahmah hat sie geheilt und das Fohlen Herzchen unter ihren Schutz gestellt. Dessen Mutterstute Rosalie war kurz vorher gestorben und deren Seele war durch Ayahmahs Heiligenschein hindurch in das Himmelreich gesprungen.

    »Da warst du im Dienst deiner Mission tätig. Da hast du Menschen, Tiere und Bäume beschützt«, lobt sie Jesus.

    »Und wie war das mit dem Berg?«, hakt Ayahmah weiter nach und erinnert damit an ihr Abenteuer auf der Erde, auf einem Berg, als sie auf den Menschen Werner traf, den sie vor einem zornigen Berggeist rettete.

    »Da hast du einen Menschen und auch die Berggeister behütet«, antwortet Jesus.

    »Wie war es mit Gelbi?«, fragt Ayahmah weiter und spielt damit auf ihre Reise zur Erde an, als sie ein Ameisenvolk vor dem Feuertod rettete und es in ein anderes Revier führte, wobei sie auf das Ameisenwesen Gelbi traf, das sie selbst wegen seiner gelben Augen so benannte. Schließlich nahm sie Gelbi mit ins Himmelreich, weil es von ihrem eigenen Volk, den Ameisen, ignoriert wurde.

    »Da hast du uns im Himmelreich eine neue Spezies gebracht, die Gott mit dem himmlischen Sein verbinden lies.«

    »Wo ist denn nun Gabriel?«, fragt Ayahmah unvermittelt. Jesus berührt sanft ihre Schulter:

    »Wo Gabriel ist? Er hat dir das Geschenk gegeben, das er ein Werkzeug genannt hat. Erinnerst du dich?«

    »Selbstverständlich erinnere ich mich!«, antwortet Ayahmah und ihre Augen leuchten. »Ich habe es getauft, ich habe ihm einen Namen gegeben. Uhrballerdung habe ich es genannt.«

    »Jetzt sag, Ayahmah, Uhrballerdung, ist das denn ein Name?«, gibt Jesus zu bedenken. »Santa Mare ist ein Name, Akamaniju ist ein Name, Fred, Jesus, Ayahmah sind Namen; es gibt viele Namen – aber Uhrballerdung? Ist das nicht nur eine Beschreibung der äußeren Erscheinung des Werkzeugs? Hast du denn eine tiefe Beziehung, eine tiefe Verbindung zu ihm hergestellt?«, fragt Jesus. »Spüre doch in dein Herz!« Ayahmah fehlen die Worte.

    »Ich war sogar stolz drauf, auf diesen Namen gekommen zu sein«, antwortet sie ein wenig pikiert.

    »Ja!«, sagt Jesus, »und Stolz ist das Gegenteil von Demut. Demut ist, mutig zu sein und etwas Neues zu wagen. Dazu gehört auch der Mut, eine Verbindung, eine Beziehung aufzubauen. Wenn du dein Schwert rufst, dann antwortet es. Du spürst es. Es antwortet, indem es unterschiedliche Farben annimmt, oder es wandelt seine Gestalt in einen Baum oder eine Wand, um dich zu schützen, oder es teilt dir ein Gefühl mit, ja, es hat sogar für dich geschrieben, als du bei den Einhörnern in der gelben Masse gefangen warst.«

    »Stimmt!«, stellt Ayahmah nachdenklich fest.

    »Weißt du noch?«, fragt Jesus weiter, »wie entschlossen du losgegangen bist, um Santa Mare zu taufen? War es nicht dein Schwert, das dir selbst seinen Namen nannte?«

    »Ja, ich erinnere mich.«

    »Wenn nun Gabriel dir dieses Geschenk gemacht und gesagt hat, es solle dir seinen Namen offenbaren, wieso gibst du ihm dann einen Namen, den du dir selbst überlegt hast? So kann es dir seinen Namen nicht offenbaren.«

    »Ach! So ist das!« Ayahmah versteht nun.

    »Ja, genau!«, betätigt Jesus.

    »Ich habe es aber gar nicht dabei, denn ich bin dir gefolgt und konnte nichts mitnehmen. Ich habe überhaupt nichts dabei!« Ayahmah blickt an sich hinab und bemerkt nun, dass sie eine Rüstung trägt, ihr Schwert in seinem Futteral dabeihat, ihr Heiligenschein oberhalb ihres Kopfes schwebt, und dass sie sogar ihren Rucksack auf dem Rücken trägt, in dem Akamaniju und Fred fröhlich umherhüpfen. In der anderen Hand hält sie das Werkzeug von Gabriel.

    »Jesus schau! Das ist aber interessant!«, ruft Ayahmah begeistert. »Jesus? Jesus!« Jesus ist weg. Ayahmah steht mitten auf dem wolkenfreien Himmel und betrachtet das Werkzeug in ihrer Hand, eben jenes Werkzeug, welches sie von Gabriel bekommen hat. »Uhrballerdung ist dann wohl doch nicht der richtige Name«, flüstert Ayahmah und nestelt Santa Mare in seinem Gurt zurecht. Die Rüstung, die sie nun trägt, ist neu und nicht mehr rosa, sondern rot, mit einer sehr langen, weißgoldfarbenen Schleppe. Ich fühle mich auch ganz anders, stellt Ayahmah für sich fest. Ich fühle mich leicht und groß und dennoch &, ach, ich mache mir jetzt keine Gedanken darüber, wie ich mich fühle, unterbricht sie sich selbst. Ayahmah nimmt stattdessen das Werkzeug in beide Hände und betrachtet diese Kugel, diesen runden, taschenuhr-ähnlichen Ball. Sie bemüht sich, dabei nichts zu denken. Ayahmah lässt alle Gedanken, die aufkeimen, durch sich hindurchfließen und in die Leere des Universums hineingleiten. Ayahmah atmet regelmäßig und ruhig ein und aus. Dabei betrachtet sie fortwährend, wie nun Wasser aus dieser Kugel heraussprudelt, die sie Uhrballerdung nannte, und wie sich die Kugel zu einem runden Kieselstein umformt, der vor ihrem inneren Auge zum Ursprung eines Flusses wird. Sie sieht, wie der Fluss an einem Stein immer wieder eine Welle schlägt und wie sich aus der einen Welle mehrere Wellen bilden. Es sieht gleichmäßig aus für Ayahmah, und dennoch fließt das Wasser im Fluss immer weiter, bis er schließlich außerhalb von Ayahmahs Sichtweite verschwindet. Ein neues Bild formt sich ihr, sie sieht, wie sich aus einzelnen Steinen Hügel bilden, an denen Wassertropfen nach oben schnellen. Erst einer, dann zwei, dann mehrere wie in einer Formation. Sie nimmt nicht nur das Rauschen des Wassers wahr, sondern nun auch unterschiedliche Klänge, wunderschöne Klänge, die einer Flöte gleichen, einer Geige und einer Gitarre. Ayahmah hört Frösche und riecht das Wasser. Sie spürt, wie ihre Hände feucht werden – die Kugel in ihren Händen ist tatsächlich zu Wasser geworden. Ayahmah hält nun eine Kugel aus Wasser in ihren Händen, eine Kugel von Wasser, wie ein Fluss, der über einen Stein fließt, und dessen starke Strömung das Wasser aufschäumen, dadurch weiß erscheinen und immer wieder Tropfen nach oben spritzen lässt.

    »Kannst du mir deinen Namen sagen? Wie ist denn dein Name?«, bittet Ayahmah. »Sag mir deinen Namen, und ich werde deinen Namen annehmen, werde dich so nennen. Du bist Teil von Gabriel, und er hat gewollt, dass ich dich finde, eins mit dir werde, und dadurch das Geheimnis erfahre, die Aufgabe bewältige und so auch Gabriel finde.« Ayahmah schließt ihre Augen und sieht vor ihrem inneren Auge, wie das Wasser der Kugel seine Farbe von Weiß in Rosa verändert, wie es zäher fließt, wie es sich orange verfärbt und dann klar wird. Sie öffnet ihre Augen und versucht das Bild in ihrem Herzen wahrzunehmen, in ihr Herz aufzunehmen, in ihr Herz einkehren zu lassen. Ich habe keine Angst. Ich öffne nun mein Herz. Ich öffne mein Herz und lasse diese Welle des göttlichen Wassers, das von Gabriel ist & Sie lässt das Bild sich in ihrem Herz niederlassen, lässt es eins werden mit ihrem Herzen. Sie spürt, wie diese Kugel, die sie in den Händen hält, in ihr Einkehr hält, immer größer und eins mit ihr wird, wie sie Wohnung nimmt in ihrem Herzen, und wie Ayahmahs Herz mehr und mehr im Einklang mit der Strömung des von der Kugel kommenden Wassers schlägt. Ayahmah nimmt in diesem Moment so viel wahr, dass sie ihren Atem nicht mehr spürt. Ihr Herz schlägt gleichmäßig. Das Engelswasser in ihren Adern fließt nach oben, nach unten und durch sie hindurch. Ihr Kopf gleicht einem Stein, gleicht der Kugel, gleicht dem Werkzeug von Gabriel, das aus sich heraus immer mehr sprudelt und mehr und mehr Licht und Liebe verteilt. Das Wasser der Kugel wird von Sonnenstrahlen beschienen, die in Ayahmahs Herz hinein reflektieren; die Wellen werden flach und ruhig, es ist kein Stein mehr vorhanden. Ayahmah legt sich auf das ruhige, sonnenbeschienene Wasser und lässt sich treiben. Sie ist in diesem Augenblick das Wasser. Sie ist das Wasser, ist die Quelle, die Strömung – sie lässt sich einfach treiben. »Gut, dann bring mich zu Gabriel und nenne mir deinen Namen!« Ayahmah schließt erneut die Augen und konzentriert sich. Sie folgt dem Fluss, folgt ihrem Herzen und nimmt die sanfte Strömung wahr, die einer angenehmen Stimme gleicht.

    »Ambienciera.«

    »Ambienciera! – Das bist du! Ambienciera!« In dem Moment, in dem Ayahmah den Namen ausgesprochen und in ihrem Herzen aufgenommen hat, springt die Kugel aus ihrem Herzen nach außen, bläst sich vor ihr auf, wird riesengroß, quietscht langgezogen, wird winzig klein und verpufft schließlich vollends vor ihren Augen. Heißt das, dass ich Ambienciera in mein Herz aufgenommen habe, fragt sich Ayahmah. Ist es das? Kann ich daran etwas ändern? Kann ich das überhaupt, die unterschiedlichen Kräfte eins werden lassen? Wieso bin ich nur so traurig, warum fühle ich mich so leer? Was ist los? Irgendetwas stimmt nicht mit mir! Ich müsste mich freuen, dass ich nun den Namen weiß. Ich bin aber nicht fröhlich. Ich bin in mir traurig. Wo ist meine Kraft? Ayahmah setzt sich hin, schließt erschöpft die Augen und fällt in einen tiefen, unruhigen Schlaf. Sie wird hin und her geschleudert, nach oben geworfen und nach unten geschmettert, sie wird nach vorn geschoben und nach hinten gedrängt. Sie wird an den Füßen wild umhergewirbelt, so dass sie den Widerstand der Luft spüren kann. Sie spürt Wasser, doch ihr Herz kann sie nicht spüren. Was ist los, fragt sich Ayahmah, wo ist meine Energie? Meine Energie ist weg. Ich finde meine Energie nicht mehr. Wie komme ich zu meiner Energie?

    »Ayahmah, besinne dich!«, nimmt sie wahr, »Ayahmah werde groß! Ayahmah, konzentriere dich auf dich und auf deinen Weg! Beginne die Kraft neu zu schöpfen! Erkenne, dass du neu geboren wurdest, jetzt in diesem Moment. Eine neue Geburt! Du wurdest neu geboren, um Großes zu vollbringen. Verzage nicht! Nimm diese Kraft, die nun in dir ist und die sich nahe bei deiner eigenen niedergelassen hat, und vereine sie mit deiner Kraft. Vereine diese freie Kraft, die doppelte Kraft, die Kraft der Liebe in deinem Herzen mit Ambienciera, die dein Herz mehr und mehr stärkt. Fördere die Kraft der Liebe zu Tage; lass sie in den Vordergrund treten. Nimm deine Kraft und die Besonnenheit deines Schwerts Santa Mare, nimm sie in die Verbindung deines Herzens mit Ambienciera auf, und verbinde dies alles mit deinem Heiligenschein. Der Heiligenschein ist die Verbindung zum göttlichen Sein, zu Gott Vater, zu Jesus, zu allen Engeln, zu allem Sein. Diese Kraft, die du in dir trägst, sie muss dir mehr und mehr bewusst werden. Das ist sehr wichtig und von großer Notwendigkeit. Zu diesen Kräften hinzu nimm die Kraft der Freunde und der Freundschaft. Das ist das Größte, was du in anderen Sphären, auf anderen Planeten und auf der Erde überall sehr hilfreich anwenden kannst. Es ist das, was dich ausmacht. Nimm dies wahr und freue dich daran, lebe es. Das ist unermesslich wichtig.«

    »Ja, das muss ich tun. Ich darf nicht verzagen, nein, ich darf es nicht.« Ayahmah schüttelt sich und blickt sich selbst an. Das Gewand, ihre rote Rüstung schaut wirklich interessant aus, stellt sie nun fest. Jetzt sehe ich ähnlich aus, wie Michael, nur dass ich nicht blau bin, sondern rot. »Dann hat es also seinen Sinn«, murmelt Ayahmah und greift nach ihrem Schwert, streckt es nach oben und ruft: »Hier bin ich! Ich komme und ich folge Jesus nach, der mich rief – und ich suche dich, Gabriel! Ich suche dich!« Im selben Augenblick wird sie in einen Tunnel geschubst. Sie fällt durch die Röhre des Tunnels und dreht sich dabei immer wieder um sich selbst. Sie rutscht immer tiefer hinab, und urplötzlich scheint es ihr, als sei sie auf dem Kopf gelandet, und dass sich ihr Heiligenschein tief in die Erde gebohrt hätte. Vor sich hält sie das Schwert fest in ihren Händen. »Wo bin ich?«, fragt Ayahmah.

    »Hey!«, beschwert sich Akamaniju empört. »Du hast mich aus meiner Stellung gebracht! Ich war so gut gebettet.«

    »Ich weiß nicht, wo wir sind«, antwortet Ayahmah, »ich kann meine Augen nicht öffnen. Ich kann nichts sehen, ich höre nichts, ich fühle euch nur. Seht ihr etwas? Hört ihr etwas? Akamaniju? Fred?« Akamaniju krabbelt aus dem Rucksack heraus:

    »Ich sehe, ich höre, ich fühle, ich rieche und ich spüre – und du Ayahmah?«

    »Nichts!«, antwortet Ayahmah. »Ich spüre nichts, ich sehe nichts, ich fühle nur euch. Ich weiß nicht, wo ich bin – Fred?«

    »Ja, Ayahmah?«

    »Spürst du etwas? Siehst du etwas?«

    »Ja – ich sehe.«

    »Könnt ihr mir beschreiben, wie es hier aussieht?«, bittet Ayahmah.

    »Es fühlt sich an wie Gestein, und um uns herum ist alles dunkel!«, antwortet Fred.

    »Und wo ist mein Kopf? Steckt mein Kopf irgendwo oder in etwas? Ich spüre nichts!«

    »Ayahmah, du liegst!«, sagt nun Akamaniju.

    »Ich liege? Ich bin doch mit dem Kopf voraus irgendwo hindurchgefallen.«

    »Du hast dich während des Falls immer wieder gedreht. Wir haben dir geholfen. Akamaniju hat dich rechtzeitig in die richtige Richtung gedreht.«

    »Das habe ich gar nicht bemerkt. Danke, Akamaniju.«

    »Immer gern, Ayahmah!«, grinst Akamaniju.

    »Ich weiß aber trotzdem nicht, wo ich bin, und ich weiß nicht, was das hier ist. Ich weiß nichts. Es ist wie eine Art Leere. Mein Herz ist leer. Wieso ist das so? Ambienciera? Ambienciera! Ich muss mit dem Herzen sehen! Da, wo ich im Moment bin, kann ich nur mit dem Herzen sehen. – Akamaniju?«, fragt Ayahmah, aber es bleibt still. »Fred?« Auch Fred antwortet nicht mehr. »Santa Mare?«, fragt Ayahmah ihr Schwert. Doch auch Santa Mare gibt keine Antwort. »Wo bin ich? Hilfe!«

    Das Schiff des Vergehens

    Akamaniju erschrickt.

    »Wo ist Ayahmah?«

    »Ayahmah ist weg!«, entsetzt sich Fred.

    »Ayahmah? Ayahmah!«, ruft Akamaniju verzweifelt, doch Ayahmah hört es nicht und nimmt nichts davon wahr. Auch Fred ruft nach ihr:

    »Ayahmah! Ayahmah!«, auch er bekommt keine Antwort. Fred und Akamaniju blicken sich erstaunt an.

    »Hast du das mitbekommen? Sie war auf einmal verschwunden, weg! Sie ist weg! Wo ist sie denn? Wo sind wir?«, versucht Akamaniju herauszufinden. Sie blicken sich um.

    »Wir sind hier immer noch an diesem steinigen Ort, umgeben von Dunkelheit, aber schau, dort oben, da leuchtet etwas!«, bemerkt Fred.

    »Oh ja, da leuchtet etwas«, erkennt nun auch Akamaniju. »Was ist das denn für eine Farbe?« Fred schaut ihn verwundert an.

    »Kennst du denn nicht alle Farben?«

    »Doch, schon, aber diese Farbe, die kenne ich nicht!«, antwortet Akamaniju.

    »Das ist kristallfarben«, antwortet Fred, zwinkert prüfend die Augen zu und bestätigt dann: »Doch, ja, es ist kristallfarben.«

    »Kristallfarben?«, will Akamaniju wissen, »was ist das denn?«

    »Das ist weiß, durchsichtig, glänzend, leuchtend, blinkend.« »Dann sag doch gleich weiß!«, frotzelt Akamaniju Fred an.

    »Zick doch nicht schon wieder rum, Akamaniju!«

    »Ich zicke nicht rum, Fred. Los, wir müssen Ayahmah suchen. Sie hat gesagt, wir dürfen uns nicht streiten. Wir müssen zusammenhalten und sie suchen. Jetzt wissen wir, wie es ihr geht. Sie hat die ganze Zeit nach Gabriel gesucht und wir sind einfach nur mitgegangen. Aktiv geholfen haben wir ihr dabei aber nicht.«

    »Doch, das haben wir! Mach dich nicht so klein!«, fordert Fred Akamaniju auf. »Ayahmah hat sich mehrfach bei dir bedankt. Bei jedem Abenteuer hast du sie unterstützt – und ich auch!«

    »Du hast recht«, bestätigt Akamaniju, »außerdem darf ich auch nicht an mir zweifeln. Ich muss auch an mich glauben, denn das haben wir von Jesus gelernt. Wir dürfen nicht zweifeln, denn wenn wir zweifeln, berauben wir uns unserer eigenen Kraft, und das ist nicht im göttlichen Sinn.«

    »Oh, du hast aber sehr gut aufgepasst. Du passt mehr auf, als dir bewusst ist«, stellt Fred erstaunt fest.

    »Ach, wenn du wüsstest, was mir alles bewusst ist«, antwortet Akamaniju ein wenig erhaben. Fred lenkt ein, denn er mag Akamaniju; er hat ihn sehr liebgewonnen, selbst seine manchmal etwas hochtrabende Art, oder selbst dann, wenn er sich recht breit macht und noch runder wird, als er ohnehin bereits ist. Auch Akamaniju ist erfreut darüber, dass Fred sein Begleiter ist, denn er weiß, wenn er jetzt allein wäre, dann wäre er sehr traurig, denn er war lang genug allein. Auf seiner Suche nach Achtung, nach Beachtung, eben vor seiner Zeit mit Ayahmah, da war er immer allein unterwegs. Niemand hatte ihn gesehen, aber Ayahmah hat ihn gespürt. Sie war die einzige. Jetzt sind es schon zwei, also sind sie nun drei, denn einer ist immer einer mehr – überlegt Akamaniju in seiner Logik, und die stimmt schließlich auch, denn sie sind ja nun zu dritt, drei gute Freunde, freut er sich. Fred lächelt Akamaniju an und klopft ihm sanft auf die Schulter. Akamaniju wird rot.

    »Schön, dass du hier bist und schön, dass wir uns gut verstehen. Ayahmah hat es uns geboten. Wir müssen sie suchen! Sie muss doch hier sein! Sie war doch gerade noch hier. Meinst du, Ambienciera hat etwas damit zu tun, dass sie weg ist?«, fragt Fred.

    »Nein, das glaube ich nicht«, antwortet Akamaniju. »Sie muss hier auf diesem Planeten sein, auf dem wir sind. Wir sind doch auf einem Planeten? Oder sind wir auf einer Steinschale? Dieser Ort hat eine merkwürdige Form, und das einzige Licht ist dieses kristallfarbene, das bis zu uns herabschimmert und das hier unten lange Schatten wirft. Mir kommt es so vor, als wären wir in einer Art Nussschale aus Stein. Die wäre dann leicht gewölbt, und wir könnten nicht über deren Rand sehen.«

    »Akamaniju, du kannst doch flink krabbeln. Geh doch vor und versuch, die Wand hinaufzuklettern«, bittet Fred. Akamaniju läuft mutig los, rutscht aber immer wieder ab. Es gelingt ihm nicht, an dieser Steinschale nach oben zu klettern.

    »Vielleicht klappt es, wenn ich mich eng an die Wand stelle, und du stellst dich auf mich, auf meinen Panzer, Fred? So kannst du dich doch größer machen«, schlägt Akamaniju vor.

    »Mich größer machen?«, fragt Fred erstaunt.

    »Ja, das habe ich gesehen!«, bekräftigt Akamaniju.

    »Ich?«, fragt Fred verwundert nach.

    »Ja, du hast deinen Hut groß werden lassen.«

    »Ich?«

    »Ja, du! Versuch's doch mal«, bittet Akamaniju.

    »Na gut, wenn du das so gesehen hast, dann versuche ich es.« Fred stellt sich auf Akamanijus Rücken und bemüht sich redlich. Er kneift seine Augen fest zusammen und reckt seinen Körper in die Höhe. Er streckt die Arme nach oben, aber nichts tut sich.

    »Siehst du, es geht, es funktioniert!«, ruft Akamaniju voller Begeisterung. Fred schaut um sich.

    »Was, es funktioniert? Ich bin aber doch überhaupt nicht größer?«

    »Doch, doch, mach weiter!«, feuert Akamaniju ihn an. Fred drückt und streckt weiter seine Arme nach oben und spürt tatsächlich selbst, dass er etwas größer geworden ist. Nicht viel, aber etwas.

    »Siehst du, spürst du? Du bist größer, du bist größer«, bestärkt Akamaniju ihn weiter. »Du kannst jetzt nach oben schauen. Sieh doch!« Durch seine Anstrengung sind Freds Arme tatsächlich länger geworden, so dass er an den Rand der nussähnlichen Schale, in der sie sich befinden, greifen und sich festhalten kann.

    »Zieh dich nach oben Fred! Mach einen Klimmzug, wie die Menschen es nennen würden.«

    »Mach einen Sprung, Akamaniju, und gib mir einen Impuls. Hüpf doch! In Ayahmahs Rucksack bist du auch immer herumgesprungen und wenn ich auf deinen Platz wollte, dann bist du schnell dorthin gehüpft. Also spring! Du hüpfst wie ein Weltmeister.« Akamaniju bemüht sich zu hüpfen und schafft tatsächlich einen kleinen Luftsprung, das erste Mal außerhalb von Ayahmahs Rucksack und auf einem anderen Planeten. Er gibt somit Fred einen leichten Impuls, so dass es ihm gelingt, kurz über die Schale zu blicken.

    »Hhhhhh!«, ruft Fred, »wir sind in einer Mulde! Hüpf nochmal, Akamaniju!« Akamaniju folgt und hüpft; Fred fliegt ein Stückchen nach oben:

    »Jaaa! Es ist schön da draußen! Nochmal, nochmal!« Akamaniju nimmt nun richtig Schwung; Fred springt so hoch, dass er aus der Steinnussschale heraus auf deren Rand springt und nun von dort zu Akamaniju hinabblicken kann.

    »Ich bin frei!«, ruft Fred, »ich bin hier oben!«

    »Ja, dann hol mich doch auch raus«, fordert Akamaniju. »Komm schon! Wir müssen Ayahmah suchen! Wie ist es denn da draußen? Sind wir dort in Sicherheit? Oder lauert dort Gefahr?«

    »Es schaut friedlich aus, aber es ist alles bedeckt mit Steinen. Es ist angenehm hell und es duftet sehr gut. Der Duft erinnert an Erdnüsse, und es weht ein sanfter Wind. Siehst du meine Haare, wie sie sanft auf die Seite wehen?«

    »Duck dich! Fred! Schnell!«, ruft Akamaniju entsetzt, »in Deckung! Ich sehe einen Schatten hinter dir.« Geistesgegenwärtig legt sich Fred auf dem Rand der Schale auf den Bauch. Der Schatten zieht an Fred vorüber. Fred hält den Atem an.

    »Danke!«, flüstert er Akamaniju zu. »Merkwürdig, der Wind ist verschwunden und der Erdnuss-Duft auch. Der war so lecker!«

    »Hilf mir raus!«, wiederholt Akamaniju hektisch.

    »Bleib dort und beweg dich nicht! Ich komme gleich zu dir zurück!«, schlägt Fred stattdessen vor.

    »Okay, pass bloß auf!«, ruft ihm Akamaniju warnend hinterher. Fred hüpft vom Rand der Nussschale nach draußen hinab und robbt am Boden entlang, um nicht gesehen zu werden. Um Fred herum sind nur Steine, die ihm die Fortbewegung erschweren. Ich muss vorsichtig sein, denkt er sich und sieht erneut den Schatten, vor dem ihn Akamaniju gewarnt hatte. Er bemerkt, dass er ihn nur sieht, wenn er sich flach auf dem Boden vorwärtsbewegt. Steht er auf, so sieht er ihn nicht mehr, denn dann scheint der Schatten tiefer zu sein als er. Es ist gut, wenn ich liege, beschließt Fred deshalb. Er nimmt einen länglich geformten Stein und robbt damit zurück zur Schale, in der Akamaniju wartet. Er erkennt nun, dass es tatsächlich wie eine Erdnussschale aussieht. Ah, daher kam auch der Geruch, wird ihm nun klar. Wir sind in einer Riesenerdnuss gelandet. Das kann doch nicht sein &

    »Akamaniju,

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